Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

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tomtux
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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von tomtux » 11.09.2009, 16:01

natürlich kommt es auf die lage der neutralen ebene an!
je weiter die richtung bauch liegt, desto weniger wird der bauch belastet weil der belastete querschnitt breiter wird. und die grenzwerte werden mit N/mm² angegeben, breiter hält mehr aus.
und zwar bei gleichem zuggewicht, nur den rücken schmäler machen und sagen dann sinkt ja mein zuggewicht ist für die überlegung einfach falsch, die randbedingungen sollen ja gleich bleiben.

rechne es einfach für verschiedene querschnitte an einem kragträger mit gleicher auslenkung bei gleicher belastung mal durch. zugfestigkeit ist durch e-modul und hookschen (dauerelastischen) bereich eindeutig festgelegt, da muss man auch nicht drüber diskutieren.

du musst es auch nicht glauben, biegelinien sind eigentlich ausreichend untersucht und dokumentiert. da muss jeder maschinenbau oder architekturstudent spätestens im 3. semester durch.

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Ravenheart
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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Ravenheart » 11.09.2009, 16:28

Guckst Du:

Bild

Rabe
Zuletzt geändert von Ravenheart am 11.09.2009, 16:31, insgesamt 1-mal geändert.

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skerm
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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von skerm » 12.09.2009, 08:25

Granjow hat geschrieben:Es kommt ja nicht drauf an, wo genau sie liegt.


Oh doch! Siehe die Zeichnung von Rabe!

Ich verstehe, was du sagen willst, und verstehe deine Überlegung auch. Aber da ist doch ein Überlegungsfehler.

Wenn ich Material wegnehme auf der Zugseite, wird die Druckseite entlastet. Das ist klar: Die Neutralebene verschiebt sich zur Druckseite hin, das ist völlig korrekt, aber dabei sinkt die Zugkraft des Bogens.

Aber wenn die Zugkraft die gleiche bleiben soll, dann verschiebt sie sich eben nicht!


Was du haben möchtest, geht nicht. Du kannst nicht Material wegnehmen und gleichzeitig unverändertes Zuggewicht fordern. Das ist widersprüchlich und daraus kannst du vieles folgern, nur nichts, was Sinn ergibt. Was du machen kannst, ist Designs mit gleichem Zuggewicht vergleichen. Eines rechteckig, das andere mit abgerundetem Rücken. Beide haben das gleiche Zuggewicht bei unterschiedlicher Lage der neutralen Ebene (soweit sind wir uns einig, oder?). Bei dem Design, bei dem die neutrale Ebene näher am Bauch liegt, wird dieser weniger belastet, als beim anderen. Im Vergleich zum anderen hat dieses Design also den Bauch entlastet. Siehe Zeichnung von Rabe.
Wenn man das nachträglich bei einem rechteckigen Bogen macht, verliert man natürlich Zuggewicht. Klar.

Mit Zugstärke bei der Diskussion der Lage der neutralen Ebene ist der E-Modul gemeint. Beim Set geht es darum, welche Belastung ein Material noch reversibel aushält. Das heißt Streckgrenze. Wenn man da drüber kommt, bleibt eine Restverformung zurück. Die höchste Spannung, die erreicht werden kann, heißt Zugfestigkeit. Leider ist nicht immer klar, ob jemand umgangssprachlich (also quasi nicht-technisch) mit zugfest eine hohe Zugfestigkeit oder einen hohen Widerstand gegen Zugbelastungen (E-Modul) meint.

Gruß,
Daniel

P.S.: Ein flacher Bauch ist natürlich auch bauchschonend. Ich würde sagen, das ist eine allgemein bekannte und akzeptierte Designgrundlage.
Zuletzt geändert von skerm am 12.09.2009, 08:30, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Granjow » 12.09.2009, 09:04

@tomtux Ja, als Informatikstudent muss man das leider nicht können. Obwohls interessant wäre ;) Muss zuerst mal etwas mehr lesen, bevor ich was ausrechnen kann.

Ich glaube, es liegt da ein Verständigungsproblem vor und wir meinen eigentlich das selbe. Ich versuch mal, etwas genauer zu schreiben.

tomtux hat geschrieben:natürlich kommt es auf die lage der neutralen ebene an!
je weiter die richtung bauch liegt, desto weniger wird der bauch belastet weil der belastete querschnitt breiter wird. und die grenzwerte werden mit N/mm² angegeben, breiter hält mehr aus.


Ja, wenn man davon ausgeht, dass der Bogen im Querschnitt zum Bauch hin immer breiter wird. Dann ist aber mehr als nur der Rücken abgerundet, der ganze Bogen hat einen D-Querschnitt. Stimmt das?

Wenn man aber zwei Bögen hat, gleich breit (natürlich selbe Stärke), der eine rechteckig und der andere mit abgerundetem Rücken (Rücken = nur dort, wo Zugkräfte wirken, dh die Druckseite ist bei beiden Bögen gleich breit), dann hat die Druckseite die gleiche Dicke, oder?


@rabe Super verständliche Grafik! (Aber mach doch nächstes Mal ein png draus … die jpg-Artefakte machen das Bild etwas kaputt.) Danke!


@skerm Das «kommt nicht drauf an» war auf meine Zeichnung bezogen, aber etwas unglücklich formuliert. Ich wollte mit der Grafik zeigen (bzw fragen), dass der rechteckige Rücken gleich stark ist wie der abgerundete (bei gleich bleibendem Bauch), letzterer aber höher ist und darum stärker belastet wird. Die angehängte Grafik, die ich nicht herauskriege (oder geht das beim Beitrag bearbeiten …) wäre das Umgekehrte: Der rechteckige Bauch ist gleich stark wie der trapezförmige, aber höher (übertrieben dargestellt).

Danke für die Aufklärung zum E-Modul und Co.

Simon
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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Galighenna » 12.09.2009, 13:09

Hi Leute

also groß rechnen braucht man da doch gar nicht oder? Ich versteh das so:

wenn man einen rechteckigen WA Querschnitt hat, ist der Rücken von der Fläche her genauso groß wie der Bauch. Darum wirken auf beiden Seiten die gleichen Kräfte gegeneinander und die neutrale Zone ist etwa in der Mitte.

Ausserdem sind wir uns einig, dass mit zunehmender Entfernung von der neutralen Zone nach Aussen die Kräfte stetig größer werden.

Wenn ich den Rücken also abrunde, befindet sich die Mitte des Rückens (der Buckel) am weitesten von der neutralen Zone entfernt. Dort entstehen die größten Kräfte. Je weiter ich nach aussen komme desto näher rückt die Oberfläche an die neutrale Zone und die Zugkräfte dort sinken.
Wenn man jetzt die Gesamtsumme der Zugkräfte, die auf die Oberfläche wirken, betrachtet, so wird man feststellen, dass die Summe der Kräfte bei rundem Rücken kleiner ist als bei geradem Rücken.
Da der Bauch exakt die gleichen Kräfte (nur umgekehrt) aufnehmen muss, ist der Bauch entlastet weil am Rücken weniger Zugkraft entsteht.
Bei gleicher WA dicke ist daher der WA schwächer.
Erhöht man die Dicke des WA, so nimmt die Zugkraft des WA natürlich zu. Der Druck am Bauch steigt und die Zugkräfte am Rücken steigen ebenfalls. Auf dem Buckel erreichen sie das Maximum. Dieses Maximum das der Rücken aufnehmen kann ist aber bei gegebenem Material gleich, egal ob der Rücken rund ist oder gerade. Jede Faser kann nur begrenzte Kräfte aufnehmen. Macht man den WA also zu starkt bricht eher der Rücken als das der Bauch zerdrückt wird, weil das Maximum der Kräfte auf dem Buckel eher erreicht wird. Dort konzentrieren sich sozusagen die Kräfte.

Kehrt man das Beispiel um und rundet den Bauch, so wird dann eher der Bauch zerquetscht, weil sich ein Großteil des Druckes auf dem Buckel des Bauches konzentriert und sich die Zugkraft auf dem Rücken gleichmäßig über den Rücken verteilt.

Daher ganz einfach:
Zugfestes aber druckschwaches Holz: runder Rücken, flacher Bauch
Zugschwaches aber druckfestes Holz: flacher Rücken, runder Bauch

Ich hoffe das war verständlich erklärt

Gruß Gali
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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von skerm » 12.09.2009, 18:03

Granjow hat geschrieben:Wenn man aber zwei Bögen hat, gleich breit (natürlich selbe Stärke), der eine rechteckig und der andere mit abgerundetem Rücken (Rücken = nur dort, wo Zugkräfte wirken, dh die Druckseite ist bei beiden Bögen gleich breit), dann hat die Druckseite die gleiche Dicke, oder?


Nein, es braucht einen gewissen Querschnitt, um die Zugkraft aufzunehmen. Wenn die Breite durch das Abrunden reduziert ist, muss die Fläche in der Dicke geholt werden. Dementsprechend geht die neutrale Ebene in Richtung Bauch im Vergleich zum rechteckigen Querschnitt.

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Granjow » 13.09.2009, 11:39

@Gali ja, so stell ich mir das vor.

@skerm Ja, das ist mir schon klar. Mit selbe Stärke meinte ich die Zugkraft des Bogens. Natürlich wird der mit abgerundetem Rücken im Querschnitt dicker. Aber der Bauch bleibt genau gleich, weil beide Bäuche gleich breit sind, oder?

Also wenn der Druckbereich beim rechteckigen Querschnitt 5 mm dick ist, dann ist er auch beim runden Querschnitt 5 mm dick (da gleich breit). Der Zugbereich ist beim rechteckigen zb auch 5 mm dick, beim runden aber 7 mm (am höchsten Punkt).

Simoni

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von skerm » 13.09.2009, 19:10

Aha, jetzt versteh ich besser, wie du das meinst. Ich schau mal, ob ich im Laufe der Woche dazu komme, das mal zu rechnen! Eine Rechnung sagt mehr als 1000 Worte. Ich muss sowieso Bücher wälzen gehen, allerdings für große Deformationen, da ist das ein bißchen anders.

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Heidjer » 13.09.2009, 19:21

@ skerm,
Wenn Du das rechnen willst, bedenke das Holz allgemein etwa doppelt so Zugstark wie Druckfest ist.
Die Neutrale Zone in einen rechteckigen Wurfarmquerschnitt liegt, also etwa bei einen drittel (von der Zugseite aus gesehen) und nicht in der Mitte.
Ansonsten stimmen die vorigen Beschreibungen nach meinen dafürhalten.

Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von skerm » 13.09.2009, 19:47

Dirk M hat geschrieben:@ skerm,
Wenn Du das rechnen willst, bedenke das Holz allgemein etwa doppelt so Zugstark wie Druckfest ist.
Die Neutrale Zone in einen rechteckigen Wurfarmquerschnitt liegt, also etwa bei einen drittel (von der Zugseite aus gesehen) und nicht in der Mitte.
Ansonsten stimmen die vorigen Beschreibungen nach meinen dafürhalten.

Gruß Dirk


Interessant! Ich hätte mit einem Faktor 1,5 gerechnet, aber das wäre nur geraten. Ich habe dazu leider noch keine Daten gesehen. Bei einigen Kunststoffen ist es so ca. 1,2.

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von tomtux » 13.09.2009, 21:47

z.b. schreiner-seiten.de
unter holzarten gibts e-modul, zugfestigkeit, brinellhärte, ...

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Ravenheart » 14.09.2009, 09:48

Granjow hat geschrieben:...mach doch nächstes Mal ein png draus … die jpg-Artefakte machen das Bild etwas kaputt!



...äääh... ich glaube, das ist nur Dein Bildschirm-Zoom! Rufe das Bild mal auf, und klicke dann noch mal drauf, wenn sich der Cursor in ein (+) verwandelt hat! Bei mir ist es dann grafisch o.k.!!

Rabe

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Granjow » 14.09.2009, 11:05

Nein, ich mein schon die JPG-Kompression. Hab mal ein Beispielbild angehängt, links das jpg, rechts als PNG. Vor allem bei den schrägen Linien. Ja, ich weiss, ich bin Perfektionist, aber mich stört das ;) Das ist wie wenn man erstklassige Schweizer Schoggi mit einem öligen Putztuch aus der Autowerkstatt verpakt :P

@tomtux Tolle Seite! Bin grad froh, dass sie «Holz bestimmen und benutzen» von Terry Porter empfehlen, das ist nämlich bestellt (allerdings in Engllisch weil fast halb so teuer). War also ein guter Entscheid ;)

@skerm Super :)

Simon
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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Ravenheart » 14.09.2009, 13:19

...verstehe...

Du übersiehst aber: Die Originalzeichnung ist in Paint gemacht! Da werde ich die linke Qualität nicht mit erreichen...

Hier ein gleichgroßes Original als png..:

Bild

Rabe

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Re: Stauchrisse im selbstgeschnitzten Bogen

Beitrag von Granjow » 14.09.2009, 13:43

Ja, da hast du natürlich auch wieder recht. Aber besser ists allemal, vor allem kannst du es auch nachbearbeiten ohne Qualitätsverlust.

Inkscape gibts sonst auch als portable zip-Version, kann man so auch ohne Installieren verwenden :)

Simon

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