Fragen zu meinem ersten Haselbogen

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Lemon
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Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Lemon » 15.02.2016, 10:51

Guden Morgen,

Ich war gestern wieder in Niederösterreich und habe dort einen meiner zwei Haselstaves grob in Form zu gebracht, damit er dann schneller trocknet. Bis dahin hatte er bereits 2 Wochen in "Eiseskälte" gelegen.
Länge: 188 cm
Breite: 4-5 cm.
Leider bin ich nicht dazu gekommen, Fotos zu machen. Werde aber auf jeden Fall welche machen, wenn ich wieder draußen bin.

Allerdings ist es kein optimaler Stave. Auf den letzten 20 cm des einen WAs verdreht selbiger sich leicht und der andere WA hat reichlich Äste (4-5). Mit der Verdrehung werde ich wohl zurecht kommen, aber die Äste machen mir etwas Sorgen.
Ich habe versucht sie so mittig auf dem Rücken zu verteilen wie möglich, aber ein oder zwei sind... wie sage ich dazu... naja, halt auf den Seiten. Und da der Stave so schmal ist, kann ich nicht einfach Holz "dazutun".
Außerdem habe ich es geschafft, den Rücken beim entrinden etwas zu verletzen. Bei den Ästen habe ich ziemlich grob gearbeitet und an einer ca. 4 cm langen Stelle habe ich ca. 1 mm Holz weggezogen. Sehr schlimm? Wenn ja, was tun?

War das erste Mal, dass ich mit einem Ziehmesser gearbeitet hab, war also auf diverse Patzer vorbereitet. Insgesamt bin ich aber zufrieden.
Jetzt weiß ich, dass dieser Bogen sicherlich nicht der einzige bleiben wird und noch viele folgen werden! ;D

Schonmal vielen dank im voraus
Lg
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Ravenheart
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Ravenheart » 15.02.2016, 11:04

Lemon hat geschrieben:Außerdem habe ich es geschafft, den Rücken beim entrinden etwas zu verletzen. Bei den Ästen habe ich ziemlich grob gearbeitet und an einer ca. 4 cm langen Stelle habe ich ca. 1 mm Holz weggezogen. Sehr schlimm? Wenn ja, was tun?


Pauschal und ohne Bilder schwer zu beantworten!

Grundsätzlich gilt: Die Rückenfasern stehen beim Auszug unter Zugspannung. Sind sie nicht durchgehend, spalten Sie sich ab, sind sie zu dünn / zu schwach, reißen sie. Beides führt zu Bruch.
Bei einigen Hölzern "kleben" die Fasern so stark zusammen, dass "Lücken" in der Durchgängigkeit auf die (durchgehenden) Nachbarfasern übertragen werden, so dass kleinere Verletzungen unproblematisch sind (z.B. Ulme), bei Hickory ist der Verbund sogar so stark, dass sogar total durchtrennte Ringe oft vertragen werden.
Je leichter ein Holz spaltet, desto größer die Gefahr von Bruch bei Rückenverletzungen.
Hasel spaltet leider sehr gut...

Also kommt es drauf an, WO am Bogen die Stelle ist.
Es gibt im Bogen meist stärker und weniger stark (bis gar nicht) biegende Abschnitte.
Auch sind Faser-Beschädigungen am Rand nicht so gefährlich wie in der Wurfarm-Mitte auf dem Hochbunkt der Rückenwölbung.
UND natürlich die Frage, wie viel % der Rückenrings verloren gegangen ist - je dicker die Ringe, desto besser wird eine kleine Abschälung "weggesteckt".

Rabe

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Lemon
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Lemon » 15.02.2016, 12:14

Hatte ich schon befürchtet, dass es Bilder braucht für konkrete Antworten. Hoffentlich komm ich bald wieder raus nach NÖ (mit aufgeladenem Handy ::) )...

Trotzdem danke für die Mühe. Da die Ringe alle recht dick sind, ~5mm, bin ich jetzt nicht mehr so besorgt.
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"Fertiger" Bogen + Fragen

Beitrag von Lemon » 09.03.2016, 10:16

So, der Thread ist jetzt zwar schon recht alt, ich bin aber erst gestern wieder in NÖ gewesen.

Wer Qualitätsbögen gewöhnt ist, sollte besser nicht weiterlesen, geschweige denn sich die Bilder ansehen. ;D ::)
  • ca. 14#@28"
  • NTN: 183 cm (ich habe von Sehnenkerbe zu Sehnenkerbe gemessen, hoffe, das war richtig)
  • Länge des Griffes: 22 cm
  • Fades: 6 cm oberer WA, 5 cm unterer WA
  • Wurfarme unregelmäßig verjüngt, generell ist an diesem Bogen alles unregelmäßig und nicht sehr sauber
  • Sehne verläuft ca 3 cm links neben der Griffmitte; liegt an der Biegung um Griff
  • Am Anfang zu ungeduldig gewesen, am Rücken hats geknackst, dann einfach Holz weggenommen (Todsünde, ich weiß); aber im Gegenzug hab ich den Bogen auch extra schwach gemacht und bis jetzt hält es
  • An der Stelle wo es geknackst hat, knittert das Holz auch
Also hier sind die Bilder: http://imgur.com/a/a7uXw/

Und hier sind die Fragen:
  • Kann ich die Stelle am Rücken durch ein lokales Backing versorgen? So als Art Ersatz für die fehlenden Fasern.
  • Ist das Knittern schlimm? Bringt ein Facing da etwas?
  • Ist es schlimm, dass die Sehne nicht durch die Mitte verläuft? Kann ich da jetzt noch nachjustieren? Ich halte den Bogen mit der rechten Hand und die Sehne ist links. Theoretisch also sogar vorteilhaft, weil mir die Sehne nicht gegen den Arm schnalzen kann und ich weniger Problem mit dem Archer's Paradox habe, oder lieg ich da falsch?
  • Was haltet ihr vom Tiller? Der obere WA, der mit "Aua-aua" und vielen Ästen, ist nicht gut, aber den unteren finde ich recht gelungen. Vielleicht täuscht mich mein ungeübtes Auge aber auch...
  • Hat jemand Tipps, wie ich dieses "Auge" im Griffbereich säubern kann? Damit meine ich die Rinde oder was das da drin ist rauspulen.


Zu den zwei weiteren Staves die ich in NÖ gelagert habe (sie sind an ein Brett gespannt, damit sie sich nicht verziehen) habe ich noch eine Frage. Bilder: http://imgur.com/a/qHRfb/layout/horizontal
Ich habe den Stave auf den Markkanal mit dem Ziehmesser runtergearbeitet und an den, auf den Bildern gezeigten Stellen, habe ich anstatt zu schneiden das Holz weggerissen. Fällt mir schwer zu beschreiben.
Jedenfalls ist sichtbar viel Holz vom Wurfarm weg und jetzt frage ich mich natürlich, wie das passieren konnte und wie ich es vermeiden kann. Ist bei dem anderen Stave auch passiert.
Ich muss mir unbedingt angewöhnen, nicht gleich so viel Holz wegzunehmen. Vielleicht un(ter)bewusste Ungeduld...

Schonmal danke und liebe Grüße
Lemon/Laurin
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Gringo
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Gringo » 09.03.2016, 16:49

Moinsen,
als erstes würde ich sagen: Bogen gebaut der funktioniert und gut.
Ich würd dieses Projekt nun abschliessen und einen neuen bauen. Keine frickelei mehr.
Du hast dir ja schon viele Fragen selbst beantwortet. * Unterbewusste Ungeduld * ;)
Zu anderen Fragen fällt mir ein: Backing bei Hasel? Nö. Facing bei Hasel? Nö. Knitter? Immer schlecht. Sehenverlauf der nicht durch die Mitte geht korrigieren? Ja, kann man machen, empfehlenswerter ist allerdings, dies schon beim Bau auszuschliessen.
Korrektur mit HLP oder Dampf erfordert einige Erfahrung.

Du bist auf einem guten Weg.
Bau weiter deine Bögen und profitier aus den Erfahrungen die du dabei sammelst und lass den aktuellen Bogen so wie er ist.
Wenn du wirklich Bogen bauen willst, wirst du noch reichlich Gelegenheit haben an ihnen rumzufrickeln. ;)

Und wie immer der Zusatz: M.p.M.

Gringo
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Güssenjäger » 09.03.2016, 18:28

Ich kann mich Gringo nur anschliessen.

Zu der Knitterfalte: die ist schon heftig :o . Da hast Du viiieeellll zu schnell viiiieeellll zu weit ausgezogen.

drum merke: Geduld ist des Bogenbauer´s höchste Tugend ! ;) :D

Gruß

Gerd
Viele Grüße
Gerd

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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von zwirn » 09.03.2016, 18:43

Der Tiller passt nicht so recht zur Knitterfalte.

Die Kanten des Bogens sollten vor dem Tillern gebrochen werden!

LG Zwirn
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Wenn einer, der mit Mühe kaum, gekrochen ist auf einen Baum,
schon meint, daß er ein Vogel wär, so irrt sich der.

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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von schnabelkanne » 09.03.2016, 18:49

Servus, das weggerissene Holz am Bauch des Staves ist nicht so tragisch, wenn das Holz drehwüchsig ist reißen die Faser oft ein, von der anderen Seite mit dem Ziehmesser hilft.
Wo in NÖ bist du? Wenn es in meiner Nähe (3820 Raabs) ist könnten mit uns ja mal treffen.
Gruß Thomas
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Lemon » 10.03.2016, 09:23

Dann werd ich beim nächsten Mal wesentlich mehr Zeit ins Tillern stecken und meine Vorfreude bzw. Ungedult im Zaum halten. ::)
Da ich leider nur alle 2 bis 3 Wochen raus nach NÖ komme, hatte ich halt gehofft, an diesem Bogen noch was ausbessern zu können. Sozusagen als Zeitvertreib. Aber ich werd schon was finden...
Jetzt, nachdem mein erster Bogen fertig ist, habe ich erst richtig Feuer gefangen! Vielleicht schaffe ich es ja irgendwie, eine kleine Werkstatt in meiner Wohnung unterzurbingen.

Bezüglich des Fasern-Ausreißens glaube ich, bei diesem Build-Along von Gordon letztens noch was gesehen zu haben. Danke an Laurinus für den Link übrigens.
"Where there are grain swirls that cause the draw knife to catch, I use a micro-plane instead."
Redet er da von dem Problem, das ich auch hatte? Wenn ja, was ist das für ein Werkzeug, dieses "micro plane"? Sieht aus wie eine Sci-Fi Haarbürste. ;D ;D

@Thomas
Fände ich cool, leider ist Poysdorf (in der Nähe von Mistelbach) laut Google Maps ziemlich weit weg von Raabs.
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von schnabelkanne » 10.03.2016, 09:56

Servus,
micro-plane ist halt eine feine Holzraspel - Raspel ist immer gut wenn Ziehklinge oder Schweifhobel Späne rausreißen, ist halt etwas schwerer und langsamer - dafür aber sicherer.
Gruss Thomas
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Re: Fragen zu meinem ersten Haselbogen

Beitrag von Neumi » 10.03.2016, 17:54

Tach, also die Micro-Plane Raspeln sind eigentlich mehr Messer als Raspel, weil die Raspelfläche sozusagen aus vielen, kleinen Klingen besteht. Der Abtrag ist ganz gut, die Fläche sehr sauber. Die Klinge wird in einen Plastikrahmen eingeklipst. Ich würde Heute so ein Ding nicht mehr kaufen, iss gewichtsmässig zu leicht und die Plastik-Haptik find ich gruselig Bild Aber wie gesagt, die Dinger funktionieren ganz ordentlich.
Grüsse - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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