Bogenholz Lagerung

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Idariod
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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Idariod » 27.06.2016, 12:12

Hasel und Holler aufm Dachboden der Garage liegen gelassen. Dort wirds im Sommer richtig richtig warm. Beide waren bei Bearbeitung so spröde, dass sie beim geringsten Biegen relativ glatt gebrochen sind. Ich weiß nicht ob wieder anfeuchten das reparieren kann, wenn die Trocknung die Fasern glatt brechen lässt, was bei Hasel nicht normal ist.

LG,

Idariod
Teile dein Wissen und gib nicht vor zu wissen was du nicht weißt - ein guter Ratschlag von einem tüchtigen Tischler. Das steht hier um mich daran immer zu erinnern, und für alle denen der Schuh passt.

Holzspanerzeuger
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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Holzspanerzeuger » 27.06.2016, 17:26

BTB Band 1 S.38ff (Ich fasse es mal kurz zusammen)
Sinngemäß steht da:
Feuchtigkeit von 5% und weniger ist sehr kritisch.
OPtimal ist 8-12%

In BTB Band 1 S.163 Steht, dass Holz 65° C beim TRocknen aushält.

Übertrocknet muss nicht schlimm sein, das Holz kann auf natürlichem Weg wieder Feuchtigkeit aufnehmen und kann dann verarbeitet werden. Manchmal hat es aber durch die Trockung Schäden erlitten, dann sieht man viele kleine Riss und/oder voneinander gelöste Jahresringe. (Da muss man dann genau schauen.)

Dann werden ja von euch ja Bögen getempert oder wie manche es nennen, geröstet.
Das ist ja eine enorme Hitzeeinwirkung, bei der sich sogar die Farbe der Holzoberfläche ändert und das ganze Holz wird sehr heiß, deutlich heißer als 70° wie in einem Auto oder Dachboden im Sommer, und trotzdem lässt sich der Bogen biegen und bricht nicht.

Vielleicht lässt sich sagen: Mit großem Pech nimmt das Holz bei Übertrocknung unwiderruflich schaden, weil Schäden im Holz entstehen (s.o.) ansonsten kann es durch Feuchtigkeitsaufnahme wieder in den unkritischen Bereich gebracht werden.

Man könnte es ja mal analog zu feuchtem Holz ausprobieren: erst verwenden, wenn in normaler Umgebung keine Gewichtszunahme mehr erfolgt!

Ansonsten ist es ja auch bei getemperten Bögen so, dass man sie nach dem Tempern Feuchtigkeit wieder aufnehmen lässt. (BTB Band 4: Da wird von bis zu zwei Wochen gesprochen, bevor der Bogen ausgezogen und nachgetillert werden darf.)

Ich stelle das hier mal so in die Runde. Die meisten von euch werden aus diesen wunderbaren Büchern schon sehr viel Freude und Nutzen gezogen haben, allen anderen seien sie hiermit noch einmal ans Herz gelegt.

Grüße aus Neustadt, immer noch auf der Suche nach Kollegen aus der Nähe

Matthias
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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Spanmacher » 27.06.2016, 20:01

Ich denke, Du solltest zwischen einzelnen Holzarten differenzieren.

"Holz" ist mir einfach zu pauschal.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Holzspanerzeuger » 27.06.2016, 20:14

Comstock redet bei der Temperatur von Weißen Hölzern.
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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Spanmacher » 27.06.2016, 21:23

Comstock darf das, denn er weiß, wovon er redet........
Und er ist nicht dazu verpflichtet davon auszugehen, dass das jeder andere ebenfalls weiß, bloß weil Comstock für seinen Buchbeitrag Geld bekommen hat.

Deswegen nach wie vor: Bitte nicht so pauschal. Danke.

;)
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Holzspanerzeuger » 27.06.2016, 21:59

Wir werden es nur wissen, wenn wir es ausprobieren.
Ich mache mal im Winter einen Versuch mit Haselnuss, ist einfach zu bekommen und wird hier im Forum viel benutzt und es wurde hier ein Beispiel mit Haselnuss gebracht, dass es übertrocknet bricht.
Genau das werde ich mit dem Ding dann mal machen, heiß übertrocknen und dann rückfeuchten.
Dann werden wir es wissen.
Gibts noch andere Verrückte, die das mit anderen Holzsorten ausprobieren wollen?
Vorteil wäre, wir könnten unser Wissen erweitern und wir könnten eventuell das Holz schneller trocknen, sowie es die amerikanischen Bogenbauer oft schon tun.
Ist nur ein Vorschlag und ich werde mal anfangen.
Ist das in deinem Sinn? ;)
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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Spanmacher » 27.06.2016, 22:38

Selber trocknen macht schlau.

Klar. Lass uns wissen, was dabei herauskam.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Heidjer » 28.06.2016, 00:05

Es gibt reichlich Erfahrung mit kammergetrockneten Holz, für einen Selfbogen taugt es nicht besonders, unter Glas ist es kein Problem.
Ähnlich sehe ich es mit Holz, das Übertrocknet wurde, es wird spröder und härter. Beim Tempern oder Rösten wird das ja gezielt, selektiv gemacht, damit der Bogenbauch fester wird, auch wenn es danach wieder zu einen Feuchteausgleich kommt, die gerösteten Stellen bleiben fester und einen spröden Bogenrücken möchte ich nicht haben. ;)


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Ravenheart » 28.06.2016, 09:35

Mein früherer Keller war so feucht, dass dort gelagertes Bogenholz immer so zwischen 12 und 15% Restfeuchte hatte.
Einmal übertrocknetes Holz natürlich nach einiger Zeit auch wieder....

Trotzdem war es immer unbrauchbar geworden (Robinie, Eibe, Ahorn, Black Cherry)...

Die Frage, was GENAU im Holz passiert wenn es trocknet, wurde hier schon öfter diskutiert, aber (natürlich) leider nur SPEKULATIV, weil es darüber keine (mir bekannten) wissenschaftlichen Untersuchungen gibt.

Unzweifelhaft befinden sich im "Holzsaft" neben Wasser (je nach Holzart) verschiedene Stoffe: verschiedene Zucker (also Kohlenhydrate bis hin zu Cellulose), Aromate (u. a. Phenole, Flavonoide, Chinone) bis hin zu Lignin, Proteine, Aminosäuren, Fette (Öle), Fettsäuren, Terpene, Harzsäuren/Harze, Sterine, Alkaloide, Gerbstoffe, Farbstoffe u.s.w..

Einige sind im Wasser gelöst, andere nicht, oder emulgiert, wieder andere sind in Öl gelöst u.s.w....

Reduziert sich das Wasser, also trocknet das Holz, beginnen einige der Stoffe sich an den Zellwänden abzulagern, dabei können sie sich vernetzen (kristallieren, polymerisieren) gleichzeitig erhöht sich der Sauerstoffgehalt, was theoretisch, je nach Stoffgruppe, auch zu chemischen Reaktionen (Oxydation) führen kann. Man denke an Leinöl...

Dadurch (so meine persönliche, unbelegte Theorie!) bekommt das Holz seine Festigkeit. NICHT allein durch den Wasserverlust, sondern AUCH durch die Folge-Vorgänge und -Reaktionen.
(Darum ist es auch ein UNTERSCHIED, ob Holz schnell trocknet, langsam trocknet, NUR trocknet oder REIFT! Das beste Bogenholz erhält man mit Geduld und langsamer Trocknung, das ist Praxiserfahrung, MEIN Erklärungsversuch ist:
Bei schneller Trocknung und/oder zu kurzer Reifezeit laufen diese Vorgänge nicht, unvollständig, oder anders ab, was je nach Art (des Holzes UND Art der Trocknung) zu unterschiedlichen (meist schlechteren im Sinne Bogenbau) Ergebnissen führt.

ÜBERtrocknet Holz nun, (so AUCH NUR meine pers. Theorie, unbelegt!) passiert wiederum etwas...
Einige Inhaltsstoffe verdunsten, oder verspröden. Etwa so, wie z.B. Leder hart, spröde und rissig wird, wenn es nicht gut gepflegt wird.
Und dieser "Schaden", der dabei entsteht, ist eben NICHT umkehrbar!
Hart und rissig gewordenes Leder kannst Du fetten so viel Du willst - es wird nie wieder so werden wie es war.
Und übertrocknetes Holz, zumindest viele Sorten, sind, einmal übertrocknet, unbrauchbar für den Bogenbau.

my2ct

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von fatz » 28.06.2016, 10:13

Ich kann da dem Raben 100% zustimmen.

Weiter gibt es m.E. keinen Grund Holz zu uebertrocknen und dann einen Bogen draus zu bauen. D.h. einfach aufpassen und gut is. Und wenn's halt doch passiert ist, probieren ob's geht und die Spreisel einheitzen, wenn nicht. Deswegen muss man da aber keine Wissenschaft draus machen.

Den einzigen Fall, den ich mir vorstellen kann, wo solche Ueberlegungen sinnig sind, ist, wenn schnell was bauen moechte und kein trockenes Holz hat. Das ist aber eh eher ein Anfaengerproblem und ob das Holz dann nach einer Schnelltrocknung seine maximal moegliche Leistung entfaltet oder nicht, wird dann meist eh von diversen Baufehlern "kompensiert". Aber auch hier muss nichts uebertrocknet werden.
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Anasazi » 28.06.2016, 14:05

Die ursprüngliche Frage ging um lange liegendes und möglicherweise zu trockenes Holz ;)

Bei diversen Universitäten gibt es Untersuchungen zu dem Thema: Was passiert beim Trocknen von Holz?
Die Ansätze sind andere als beim Bogenbau gefordert, aber das, was im Holz passiert, ist gleich.
Die meisten Sachen findet man wahrscheinlich bei der ETH Zürich (Für alle, die weniger spekulieren möchten :) )

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Ravenheart » 29.06.2016, 10:16

Gib mal "ETH Zürich" in die Suche ein, dann siehst Du, dass wie hier schon weiter als bei "wahrscheinlich" sind... ;D
Hat aber die offenen Fragen bisher nicht beantwortet (ausgenommen die Schädlichkeit des Temperns...*fg*), allerdings auch nicht den hiesigen Spekulationen widersprochen.

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Eulenspiegel » 06.07.2016, 19:41

Welche Umgebungsbedingungen eignen sich denn für die längerfristige Lagerung von Bogenholz?
Gibt's da Angaben zu Temperatur und vor allem Luftfeuchte?

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Galighenna » 06.07.2016, 21:22

Ja, wenn du Holz bei normaler Zimmertemperatur ( um die 20°C) und einer Luftfeuchte von 50-60% lagerst, bleibt die Holzfeuchte dauerhaft in einem für den Bogenbau geeigneten Bereich.

Holz aus dem ich Bögen bauen möchte, arbeite ich zunächst grob auf die Maße runter, hole es von draussen rein und lasse es dann einige Wochen oder Monate im Haus stehen. Klappt prima...

Was ich noch kurz zum heiß Biegen und Tempern sagen wollte:

Klar wird das Holz dabei trocken, aber eben nur Oberflächlich. Beim Tempern erwärmt man nur den Bauch. Dieser wird fester und das Zuggewicht steigt wie gewünscht. Der Rücken trocknet nicht, und bleibt daher geschmeidig.

Beim Biegen mit der HLP erwärmt man auch nur den Bauch und ggf die Seiten, den Rücken NUR wenn eh noch Jahresringe abgetragen werden sollen. Auch hierbei wird das Holz nur Oberflächlich trocken. Dieses wird im weiteren Bauverlauf ggf. abgetragen, oder man hat halt nur den Bauch geröstet, wo eben kein Zug sondern nur Druck wirkt. Das ist dan Unkritisch. Auch nach 15-20min mit der HLP ist der Kern des Staves noch lange nicht getrocknet!
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

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Re: Bogenholz Lagerung

Beitrag von Eulenspiegel » 12.07.2016, 17:51

20°C und 50% Luftfeuchte, so läßt sichs aushalten! ;D

Leider hab ich nicht diese Idealbedingungen. :(
Unterm Balkon muß ich bald freiräumen, da soll Brennholz hin.
Einziges Lager, wo noch etwas Platz ist, wäre in der Scheune.

Die Temperatur ist dort abhängig vom Klima draußen, aber halt relativ trocken.
So z.B. momentan um die 20-25°C und 30-40% Luftfeuchte.
Stellt sich die Frage, ob das noch i.O. ist, oder schon die Gefahr der Übertrocknung besteht!? ???

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