Metallener Lamellenpanzer

Fragen und Antworten zu Gewandungen.
Taran
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Beeindruckt

Beitrag von Taran » 21.06.2006, 23:52

Was sich hier alles an Info verbirgt: Danke!

ad1: Ich werde mal versuchen, ob ich vom Shop Angaben zum Material kriege.
Aber das Material hat ja noch gehalten, es war eben das schwächste Glied: Das Lederband. Das war für die Durchschüsse verantwortlich.

ad2:
Gute Idee mit dem Hintergrund. Wir müssen ja unter dem Lamellenpanzer einen gepolsterten kaftan, ein Gambeson oder ähnliches annehmen.
Ich werd ihn beim nächsten Mal auf meinen mit Folien gestopften Schießsack legen.

ad3:
Wenn bei Ruesch die Lederunterlage gelocht war und jede Lamelle auch am Leder festgemacht war, dann konnten die sich natürlich auch nicht so leicht verschieben. Aber das ganze wird dann noch schwerer und steifer.
Von Flexibilität war jetzt schon kaum noch ws zu spüren, und leichter als ein Plattenpanzer dürfte das Teil, wenn man es körperdeckend ausführt, auch nicht werden.
Ich hätte auch lieber größere Lamellen. Die hier sind ja eigentlich winzig... meistens waren die Teile zumindest länger.


Byzantine lamellar armour
Dieser Artikel zeigt ein kompliziertes Verbindungssystem, bei dem die Schnüre auch miteinander verflochten weden. Je nach Lamellentyp hat die Lamelle auch mehr Löcher, so dass sich die auftretende Last auch weiter verteilen kann. Das siehtman in Figure 3

Figure 5 zeigt, wie der Rand jedes Lamellenbandes mit Leder eingefasst wird, und die Bindung, die die Lamellenbänder miteinander verknüpft, geht offenbar durch das Leder durch. So wirken sich Risse nicht so arg aus.

Alle diese Finessen verwendet http://www.regia.org/lamellar.htm nicht. Hier können die Lamellen höchstens noch als weiterer Schutz gegen Schwerthiebe dienen, finde ich.


Diese Seite verwendet eine gedoppelte, sich überkreuzende Schnürung in der Mitte der Lamellen, sicher besser als das, was ich gemacht habe, aber die Verbindung der Lamellenreihen zur nächstobern oder -untern ist auch nicht besser oder haltbarer...

Silk road designs armoury gibt 8cm als mittlere Länge der Lamellen an. Bis zu 13 Löcher pro Lamelle werden erwähnt.

Der berühmte Panzer aus Wisby hat auch eine etwas stärkere horizontale Verbindung, aber er lässt sich gerade zwischen den Reihen sicher auch leicht "knacken".

In meinem dritten Bild sieht man ja, dass der Pfeil eigentlich an einer sehr starken Stelle aufgetroffen ist.
Bild
Wo die Kerbe ist, lag das Metall doppelt. Da trifft der Pfeil auf (1).
Er rutscht in die Mitte der benachbarten Lamelle (wo man den Kratzer sieht) und verbiegt sie leicht (2).
In diesem Moment reißen wohl die Bänder.
Die Lamellen knicken wie im Schema im unteren Bildteil gezeigt ein und der Pfeil rutscht nun die Schräge entlang bis in den Spalt zwischen den Lamellen, wobei er die Verbindung sprengt und sich in das darunterliegende Material bohrt (3). Der Verlauf des Kratzers auf der Lamelle im Vordergrund bestätigt das.
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Beitrag von locksley » 22.06.2006, 00:33

Da sag ich mal Respekt Herr Lehrer. :D Ich kam zwqar durch googeln auf dieselben Links aber Meiner Meinung nach macht der reine Metall-Lamellenpanzer nur Sinn in verbindung mit Rohhaut. Auch die Schilde wurden nicht umsonst damit bespannt.

Meine bescheidene Meinung lautet nach wie vor, daß viel Blech in erster Linie einen Standesunterschied aufzeigen sollte und auch abschreckend wirken sollte, aber auch die stabilste Rüstung taugt nichts ohne schützende Dämmmaterialien wie Gambeson etc. Was bringt der beste Panzer, wenn die Aufprallenergie, egal ob von Schwer oder Pfeil, dem Rüstungstragenden, nur die am "bloßen" Leib getrragenen Metallteile in den Körper treibt?

In der Moderne bedeutet dies, daß viel Blech ohne Knautschzone, nicht verhindert daß mir der Motorblock auf die Füße fällt, überspitzt ausgedrückt.
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Wenn das Atmen schwieriger waere, haetten wir weniger Zeit um Unsinn zu reden.

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Damit ist die Versuchsreihe klar

Beitrag von Taran » 22.06.2006, 00:46

1 Nylon (Seide und Baumwolle wird in den Quellen auch genannt). Problem ist halt nur, dass diese Lamellen hier und damit auch die Löcher so klein sind.

2 Rohhautriemen.
Müssen eben auch dünn sein. Und wie's der Zufall will, habe ich gerade welche von Bögli bekommen - wenn auch etwas breit. Mal schauen, ob sie sich doch durch die Löcher zwängen lassen.
Wie ist es bei Regen - wird da die Rohhaut weich und die Rüstung schlapp?
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Beitrag von Mongol » 22.06.2006, 10:15

Rohaut mit klarem Acryllack lackieren - dann ist auch Feuchtigkeit kein Problem mehr.
Meines Wissens wurden bei solchen Lammellenpanzern bei den Steppenvölkern vorzugsweise Seide verwendet. Ich denke man muß sich fürs Durchfädeln eine Art Flechtnadel basteln... ;-)
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Beitrag von Ravenheart » 22.06.2006, 10:24

1. Möglicherweise ist auch die Fadenführung mitentscheidend! Wie "belegt" ist die, die Du verwendet hast?
2. Ein anderer Weg wäre vmtl., hinter jeder Lamellenreihe einen durchgehenden, breiteren Lederstreifen zu haben, auf den die Lamellen quasi "aufgenäht" sind...

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Beitrag von LaCroix » 22.06.2006, 10:40

Die Lamellen sind ja wirklich arg klein, ich tippe auf 4cm länge oder so... das waren welche für arm und beinschützer.. körper war mit 8cm bedeckt. Das könnte eventuell auch das ergebnis verändern.
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Beitrag von Steini » 22.06.2006, 11:10

Die Schwachstelle scheint ja der Lederfaden gewesen zu sein. Diesen durch weniger elastischere und reissfestere Seide zu ersetzen scheint sinnvoll.

Der Vorteil eines Lamellenpanzers gegenüber einem gleich starken Plattenpanzer war aber doch die Beweglichkeit des Trägers. Wenn man die Lamellen jetzt auf eine tragfähige, durchgehende Schicht (z.B. Leder) aufnäht und damit gegen verrutschen fixiert, ist die Beweglichkeit dahin. Und damit der Sinn der aufwändigeren Lamellenpanzerung.

Steini

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RE:

Beitrag von thorstain » 22.06.2006, 11:37

Original geschrieben von Steini
Der Vorteil eines Lamellenpanzers gegenüber einem gleich starken Plattenpanzer war aber doch die Beweglichkeit des Trägers. Wenn man die Lamellen jetzt auf eine tragfähige, durchgehende Schicht (z.B. Leder) aufnäht und damit gegen verrutschen fixiert, ist die Beweglichkeit dahin.

Würde ich nicht ganz so extrem sehen.

Zum Einen besteht ein weiterer und hauptsächlicher Vorteil des Lamellenpanzers in seiner Konstruktion an sich. Lamellen zu schmieden ist ungleich einfacher als eine volle Platte und benötigt eine wesentlich kleinere Grundausstattung der Schmiede (kleinere Esse etc.).
Wird der Panzer im Kampf beschädigt, kann er mit geringem Aufwand - auch in einer kleinen Feldesse (bestehend aus 2 kleineren Blasebälgen und einem kleinen Amboß) - schnell wieder Instand gesetzt werden. Das ist bei einer Platte nicht drin.

Desweiteren behindert das Aufbringen der Panzerung auf eine Schicht weiches und flexibles Leder (z.B. Ziege), den Träger nicht mehr, als z.B. ein dick wattierter Gambeson.

Karl-Heinz

Beitrag von Karl-Heinz » 22.06.2006, 11:43

Ich glaube je starre die fixierung je eher schieße ich durch die Platte durch. Eine gewisse fexililität in der Verschnürung wäre von Vorteil, natürlich nicht so viel das die Platte verrutscht und der Pfeil durchgeht. Wie sieht das mit der Position und anzahl der Löcher aus?

K-H

Matthias Herp
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Beitrag von Matthias Herp » 22.06.2006, 13:27

Hallo Taran!

Super Versuch, sehr interessant!

Ich habe noch eine Frage zu den zerissenen Lederbändern und den Lochern in der Stahlplatte. Haben die Löcher vielleicht eine scharfe Kante, die die Lederbänder durchgeschnitten hat? Oder ist das Leder zerrissen?

Wenn die Kanten scharf sind, dann würde ich sie mit einem Senker abrunden und das Experiment wiederholen.

Nimm am besten immer den Helm, vielleicht kommt der Pfeil ja zurück, wenn die Platten halten...

Liebe Grüße,
Matthias

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Interessante Ausführungen

Beitrag von Taran » 22.06.2006, 14:44

Locksleys und Thorstains Gedanken zu Sinn und Vorteilen von Rüstung und Lamellen fand ich sehr interessant. Werd ich mir merken.

Matthias: Du hast auch Recht. Scharf sind die Kanten auf der Rückseite zwar nicht, aber doch "kantig", nicht so wie auf der Vorderseite. Ein Entgraten wäre also schon angebracht.
Aber dazu brauche ich erst mal einen Nachmittag, an dem ich sonst vor Langeweile sterben würde. November mit Hochnebel, würde ich mal sagen... :D

Das Entgraten wäre sicher wichtig, wenn man das Zeug wirklich tragen will, sonst scheuert sich da ja dauernd was durch.

Hier mein Schnürungsschema von der Rückseite.
Ich will es mal mit Überkreuzung probieren. Da verdoppelt sich die Stärke und die Bänder liegen auch übereinander, so dass mindestens ein Band immer vor der direkten Kerbwirkung geschützt ist.
Bild
Taran von Caer Dallben

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Und es geht weiter

Beitrag von Taran » 22.06.2006, 17:47

Hatte gerade eine knappe Stunde Zeit - da habe ich schnell die zweite Version gemacht:
Bild
Die Schnürung ist aus 6 Strängen Fastflight.
Von hinten sieht man, dass ich die Kreuzschnürung genommen habe, die praktisch alles verdoppelt; außerdem habe ich an den Stoßstellen der Bänder eine zweite Reihe drangerödelt.
Bild
Mal schauen, ob ich heute noch zum Schuss komme...
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shantam

Beitrag von shantam » 22.06.2006, 18:07

lol
erst krieg ich von horsebow einen auf den deckel
weil ich nylon vorschlage und dann probierst du fastflight.
das mit dem "A" krieg ich nicht zusammen.
macht aber nix :D
shantam

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A oder B?

Beitrag von Taran » 22.06.2006, 18:21

Ich hatte keine Zeit und Gelegenheit, etwas "A" zu besorgen. Das Fastflight liegt bei mir im wesentlichen nur faul rum...

Habe Mongols Vorschlag beherzigt und das Ganze richtig mit der Nadel genäht... ging ratzfatz.

Und Schuss!
Hier meine Lamellenpanzertestanlage:
Bild
Hab doch wieder auf das Ethafoam geschossen, ich wollte es den Lamellen scher machen.
Pfeile voll ausgezogen (42lbs),
vier Schüsse (2x Goldtip, 2x Holzpfeil 39gr)

Resultat:
Alles Abpraller: die Pfeile springen 3 Meter zurück. Gut, dass ich 5m weg war...
Holzpfeil vorne angesplittert, eine Nock hinten aus dem GoldTip rausgeflogen.

Trefferbild:
Bild
einer rechts unten (Holz), einer links oben (Carbon).
Die Verformung ist genauso wie gestern, aber es gibt kein Abrutschen der Pfeile, weil die Verschnürung in allen Fällen völlig unbeschädigt geblieben ist. Es fehlen also die Kratzspuren, die wir gestern gesehen haben.

Bild
Hier ist die Spitze genau in ein Loch gegangen, Aber auch hier ist die Bindung intakt geblieben.

Bild
Aus dieser Perspektive ist die doch erhebliche Verformung zu sehen.

Ich würde sagen, dass eine Bindung aus "Fasern" sicher haltbarer ist als ein Lederband, das einfach bricht... Die Kreuzschnürung verteilt die Lasten auch noch viel besser.
Ein weiterer Test mit Seidengarn o.ä. wäre sicherlich interessant. Wer hat Lust? Dann schick ich euch diese Testplatte einfach mal zu...
Taran von Caer Dallben

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Karl-Heinz

Beitrag von Karl-Heinz » 22.06.2006, 18:36

Also
erst krieg ich von horsebow einen auf den deckel weil ich nylon vorschlage und dann probierst du fastflight.
das mit dem "A" krieg ich nicht zusammen


Eh Herr Lehrer da muß ich Bambam recht geben :bash
Fastflight :-( :-( :-( :-(
Aber das Resultat ist erstaunlich, wie ich dachte ist die "Knüpfmethode" sehr wichtig. Hast Du auch was mit mehr wums weil 42 Lippsen ist ja nicht gerade als Panzerknacker bekannt.

K-H

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