Leder und historische Belegbarkeit

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Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Chirion » 13.07.2012, 14:46

so zu lesen in einem wie ich finde ansonsten nicht schlechtem Wikipedia Eintrag zum Thema Rüstungen.


Die deutschen und fränkischen Fußkämpfer und Ritter trugen im 8. Jahrh. eine aus gepolsterter Leinwand oder Leder gefertigte, vom 13. Jahrh. ab mit aufgenähten eisernen Ringen, Ketten, Metallplatten oder dicken, vernieteten Nagelköpfen häufig gitterförmig besetzte ärmellose Panzerjacke Brünne, Bruunika oder Haubert genannt, die bis zur Hüfte reichte und noch lange von unbemittelten Edelleuten und Schildknappen getragen wurde.

Weiters zum Thema wissenschaftliches arbeiten und Historik, ich will den Kollegen Historikern ja nicht zu nahe treten, aber es gibt einen recht bekannten Artikel der in Science publiziert wurde. Dieser belegt nachhaltig, dass es keinen nach modernen wissenschaftlichen Kriterien haltbaren Beweiß dafür gibt, dass das Tragen eines Fallschirms beim Sprung aus einem Flugzeug von Vorteil wäre. Die gleichen modernen wissenschaftlichen Kriterien werden besonders in den Geisteswissenschaften herangezogen. Ich postuliere mal dass so manche historisch belegte Aussage mindestens so bescheuert ist wie die dass es kein Vorteil ist beim Sprung aus einem Flugzeug einen Fallschirm zu tragen.

Auch habe ich in einigen Posts hier gelesen das Wolle doch von Ihren Eigenschaften gegenüber Leder zu bevorzugen wäre, Hm von der mechanischen Beanspruchung und dem Ausgesetzt sein, was die unbilden des Wetters betrifft, fallen mir als Vergleich heute spontan Motorradfahrer ein. und ich frage mich warum ich noch nie einen Hells Angel in einem gestrickten Wolloverall gesehen habe :)
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Galighenna » 13.07.2012, 15:40

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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Chirion » 13.07.2012, 15:43

Ok hätte ich vielleicht dazuschreiben sollen. Wie auch in anderen Foren habe ich hier in mehereren Posts gelesen, dass Lederrüstugen in Europa für das Mittelalter nicht belegt seien. Daher mein Beitrag da mir der gesunde Menschenverstand suggeriert, dass das wohl so nicht stimmen kann.
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Heiner » 13.07.2012, 16:23

Dass die Belege fehlen stimmt nachweislich. Mit gesundem Menschenverstand hat das nichts zu tun.

Was die Existenz unabhängig von den Belegen angeht, kannst Du natürlich spekulieren. Wozu Dir dann solche Spekulationen reichen, musst Du für Dich selbst entscheiden. Es ist die Sache jedes Einzelnen, wie belastbar er seine Grundlagen/Darstellung/Wissen(sdarstellung) halten möchte.

Oder geht es Dir vllt nochmal um was anderes?
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Chirion » 13.07.2012, 17:18

Fehlen die Belege wirklich oder werden sie nur ignoriert, Kürass leitet sich aus dem französischem cuir ab, dies steht für in Wachs gekochtes Leder
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Ravenheart » 13.07.2012, 20:07

Nun, ich denke, Du verwechselst 2 Dinge!

1. Logische Überlegung
2. Geschichtswissenschaftliche Belege

LOGISCH ist, dass sich die Menschen in der Frühzeit nach dem Stuhlgang den Hintern gewischt haben.
BELEGT ist das (meines Wissens) nicht.

Ein seriöser Wissenschaftler KANN aber nur das als SICHER ansehen, was er BELEGEN kann. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht!
(Ein Beleg kann auch indirekt sein, da kommt dann auch Logik in's Spiel, aber wenigstens DAS muss es geben!)

Es gibt leider keinen anderen Weg, denn so NUR so gibt es eine klare, eindeutige Grenze zwischen "Vermutung" und "Beweis".
Und DARUM geht es! Um diese klare Grenze.

THEORIEN, Interpretationen, Deutungen, alles ist richtig, sinnvoll und hilft, beim Suchen, beim Finden, beim Verstehen.
Aber damit es seriöse Wissenschaft ist, muss IMMER klar sein, auf welcher Seite der o.a. Grenze man gerade steht, argumentiert, - und für einen selber auch! - DENKT!

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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von lonbow » 13.07.2012, 20:29

Bei Brigantinen wurde teils schon Leder verwendet.
Hier ein Beispiel aus der 2.Hälfte des 15.jhs. Ich habe das Stück in Paris gesehen.

grüße,

David
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Brigantine.jpg

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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Heiner » 13.07.2012, 20:49

Ha, prima David! Weißt Du noch, in wo in Paris das war? Vllt gibt es ja einen Ausstellungskatalog oder ähnliches.

Ansonsten hat Rabe es ganz gut zusammengefasst...
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von lonbow » 13.07.2012, 21:02

Das war im Musée de l’Armée ;)

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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Chirion » 13.07.2012, 23:01

Nun ich bin Wissenschaftler, Naturwissenschaftler zugegeben , aber ich kenne die Regeln einer wissenschaftlichen Sichtweise, Plausibilität ist wenn Artefakte fehlen (was übrigens nicht stimmt, gehärtetes Leder mit Eisenringen beschlagen der sogenannte Ringpanzer ist unumstritten) dem Nihilismus vorzuziehen.
Im Mittelalter waren ein grosser Teil der Kämpfer zwangsverpflichtete Wasallen, keine stolzen Ritter die auf Wandteppichen dargestellt werden, einfache Männer aus dem Volk. Die wurden auch nicht mit der Standardmontour in Kette und Platte ausgerüstet, sondern die musste sich selbst ausrüsten.
So nun steigen wir mal ein ein ins sagen wir 12. Jahrhundert in einem netten Dörflein lebt ein Kürschner der es soweit gebracht hat das er für den örtlichen Obermotz die klassischen Ringpanzer herstellt. Eines schönen Tages wird eine Heerschau durchgeführt weil der örtliche Obermotz vom nächstgelegenen König zwengs Differenzen mit irgendeinem anderen Kronetragenden Blödel in die Pflicht genommen wurde.
Was macht nun der Kürschner mit seinem einzigen Sohne, Eisenringe sind teuer, wenn du heute einen Ringpanzer in Eigenregie herstellst kannst schon mal 200 Euronen für die Ringe rechnen, und im Vergleich dazu war das Zeug in Mittelalter mehr als unerschwinglich. Was macht nun unser Kürschner der gehärtetes Leder hat aber kein Eisen.
1. Streng historisch belegt: Nöi Nöi Söhnchen ich kann dir nicht helfen Lederrüstung ohne Eisen wird in 800 Jahren net belegt sein, zieh mal die Wollkutte an die Omma dir gestrickt hat.
2. Oder er sagt: Mein Sohn Eisen hab ich keines aber gehärtetes Leder hab ich und wie bei den Sätteln die ich herstelle, werde ich auf das gehärtete Leder 5 Schichten Leinen aufziehen und darüber nochmal Schuppen aus gehärtetem Leder, das wird dich vor den Pfeilen und Schwertern genausogut schützen wie die Ringpanzer die ich für die Männer des Obermotz gemacht habe.
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Heiner » 13.07.2012, 23:50

Chirion hat geschrieben:Was macht nun unser Kürschner der gehärtetes Leder hat aber kein Eisen.


Genau das ist es, was Du eben nicht wissen, sondern nur vermuten kannst. Was dazu wiederum zu sagen ist kam schon vom Raben. Ansonsten eine schöne Story...
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Squid (✝) » 14.07.2012, 00:09

Wir besprechen jetzt aber nur das europäische Mittelalter, oder?
Denn aus Fernost aber auch von den griechen und Römern gibt es - soviel ich weiß - belastbare Überlieferungen von Lederpanzerungen in diversen Versionen (z. B. als Muskelpanzer, in Lamellenbauweise oder als Trägermaterial).
Die Frage die sich mir stellt: Waren nur "wir" im MA wirklich so dämlich, dieses Material nicht zum Schutz einzusetzen?
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Schattenwolf » 14.07.2012, 07:36

Die Antwort liegt wohl in den Klimatischen Bedingungen, ressourcen Mangel und Prakmatismus.
Leder verwittert nun mal leichter als Eisen auch wird ein "Lederpanzer" wenn er seinen Zweck überlebt hat eher recycelt worden sein, als eine teure edel Rüstung bei den Adligen....
Man bedenke nur bei wievielen (geschleiften) Festungen später die Steine von der Landbevölkerung für neue Bauvorhaben "geräubert" wurden.

Aber das sind natürlich nur "Vermutungen" 8)
Abergläubisch? - Pah!
1000 Generationen Erfahrung ist kein Aberglaube, sondern gesunder Menschenverstand.
So möge Thor seinen Hammer schwingen Euch allen Vernunft und Weisheit einzubleuen!

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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Chirion » 14.07.2012, 09:28

Mir geht es nicht darum irgendwelche Geschichtsbücher umzuschreiben, oder eine lederne Brünne in ein Museum zu stellen. Wenn ich allerdings nach ausgedehnter Recherche, für meinen Mittelaltertrupp der eine frühe Marketendertruppe mit fahrendem Bogenbauer ein paar Bogenschützen die sich als Scharfschützen verdingen, einem Aushilfsschmied der Pfeilspitzen recycled und einfach Reperaturen durchführt, sowie ein paar mehr oder weniger kräuterkundige Mädels besteht, zu dem Schluss komme: Die könnten Brünnen aus gehärtetem Leder getragen haben, eben nicht oder nur Teilweise beschlagen weil zu teuer. Dann denke ich das dies durchaus plausiebel ist.
Der Gedanke das auf irgendeinem Fest an dem wir teilnehmen sich irgendein, gerade einem Wandteppich entstiegener, rostfreier hochpolierter Schnösel in blütenweissem Häubchen, berufen fühlt uns mitzuteilen, dass eine lederne Brünne nicht authentisch sei, erfüllt mich allerdings mit einigen sehr authentischen Gedanken :)
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Re: Leder und historische Belegbarkeit

Beitrag von Authomas » 14.07.2012, 11:04

Aber warum diskutierst du das dann nicht mit diesem hypothetischen Menschen aus, sondern bereits in vorauseilender Verärgerung in diesem Forum?
Auf den meisten mittelalterlichen Veranstaltungen ist Fantasy doch eh erlaubt, Naap und "hätte-könnte-wäre" sowiso. Mach doch dein Hobby wie es dir Spaß macht, solange du ehrlich damit bist dass deine Ausrüstung teilweise auf Vermutungen und nicht auf Quellen basiert (was nahezu jede vollständige Darstellung an der einen oder anderen Stelle muss, siehe das Beispiel mit dem Hinternabwischen) ist doch alles gut.

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