Infosammlung für Bambusyumibauer

Alles was zum Bau von Kyudobögen dazu gehört.
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the_Toaster (✝)
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Infosammlung für Bambusyumibauer

Beitrag von the_Toaster (✝) » 25.08.2009, 19:56

So.

In diesem Thread möchte ich mal alles sammeln, was ich bisher über den Bau von Bambusyumis herausgefunden habe und noch herausfinden werde.
Ich bitte im rege Beteiligung wenn Ihr auch was wisst.


Folgende Fragestellungen habe ich bereits bschrieben:

Nodienabstände eines Yumi
Material
Maße der Lagen für einen Bogenrohling:
Die Vorspannung
Die Unsymmetrie
Die Sehne
Schießtechnik
Maße eines fertigen Bogens
Klebstoffe

---

Nodienabstände eines Yumi

Ich hoffe dass das ursprüngliche Bild winkelig fotografiert wurde, sonst wären die Werte, die ich heraus bekommen habe, nicht ganz richtig.
Die, die ich rausbekommen habe, scheinen mir aber recht stimmig zu sein.
Ich habe das Bild auf einen Yumi von etwa 230 cm Länge umskaliert.
Die Maße sind als ca. Maße anzunehmen.
Ich denke aber, dass sie als guter Anhaltspunkt dienen können, um ein passendes Bambusrohr zu finden.

Von oben angefangen habe ich nun folgendes herausbekommen:

Rücken:

Nock zum ersten Nodium: 29 cm

Nodium zu Nodium: 33, 30, 30, 28, 27, 26

letztes Nodium zu Nock: 17

Bauch:

Nock zum ersten Nodium: 49 cm

Nodium zu Nodium: 33, 31, 30, 28, 27

letztes Nodium zu Nock: 32

>edit<

Ich denke, dass die Nodienabstände für einen Bogen anderer Länge andere sein sollten. Man muss sich also vorher im klaren sein, wie lang der Bogen werden soll und danach die Nodienabstände bestimmen.
Wenn man sich entsprechende Rohre aussuchen möchte kann man sich eine Leiste, einen Zollstock oder ein Bandmaß, auf dem die Nodienabstände in verschiedenen Farben für die jeweiligen Bogenlängen markiert sind, zurecht machen und das dann zum Händler mitnehmen.


Material:

Im Original wird Madake Bambus verwendet.
Ein frisches Bambusrohr muss nur etwa acht cm Durchmesser haben und muss drei bis vier Jahre gewachsen sein.
Der Bambus wird direkt nach der Ernte gespalten und dann mindestens sechs Monate in einer Räucherkammer getrocknet.
Alternativ kann auch Moso verwendet werden.
Ein Rohr aus dem Laden ist natürlich schon getrocknet und kann sich nach dem Spalten kaum noch ausdehnen, wodurch es dicker sein muss.
Um sich der Materialeigenschaften sicher zu sein wird die Latte für den Rücken vier Stunden bei 70 bis 75°C nochmals getrocknet und dann mindestens eine Woche an einer Latte festgebunden liegen gelassen.
Die Bauchlatte wird bei 160°C geröstet, bis er gleichmäßig kakaobraun ist und dann auch an der Latte festgebunden liegen gelassen.

Für das Kernholz wird Haze verwendet. Ein japanisches Hartholz.
Da es hierbei in erster Linie auf vergleichbare Elastizität zum Bambus ankommt kann man auch andere Hölzer verwenden.
Bruno Ballweg benutzt laut seiner Webseite Akazie. Eine Anfrage meinerseits bei ihm ergab, dass es sich dabei um Robinie handelt.
Ich denke aber, dass sich auch Hölzer wie Eibenkern oder Ahorn eignen.
Squid meint, dass auch Hölzer wie späte Traubenkirsche, Ulme, Hasel, oder Walnuss ebenso eignen.

Maße der Lagen:

Breite am Griff: 2,5 bis 3 cm >edit< eher 3,5 cm
Maximale Dicke der Mittellage: 9 - 10 mm
Aufbau der Mittellage: drei bis sieben Lagen hochkant verleimtem Bambus. Meistens allerdings wohl fünf Lagen. Die harten Außenseiten müssen jeweils außen sein.
Außen werden jeweils eine Holzleiste angeleimt. Das Verhältnis Holz zu Bambus soll etwa 1:1 betragen.
Alternativ kann auch eine Mittellage aus einem einteiligen Holzstreifen verwendet werden. Das entspricht der Bauweise um das 12. Jahrhundert herum.
Dicke der Decklagen: 3 - 4 mm
Die Dicke nimmt zu den Enden ab. Aber nicht kontinuierlich, sondern je nach geforderten Eigenschaften des Bogenbereichs sind sie verschieden Dick.
Wie dick sie wo sein müssen weiß ich aber noch nicht.
Die Nocks werden auf der Bauchseite aus Holz aufgebaut. Im Original aus Haze.
Alternativ können relativ leichte, harte und nicht spaltende Hölzer verwendet werden.
Dateianhänge
Ideale Nodienverteilung 1 zu 1.jpg
Zuletzt geändert von the_Toaster (✝) am 27.08.2009, 16:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Infosammlung für Bambusyumibauer

Beitrag von the_Toaster (✝) » 27.08.2009, 16:14

Jetzt mal ein richtig dicker Schwung Infos:

Die Vorspannung

Die Vorspannung des Bogens soll bei einem fertigen Yumi etwa 15 bis 24 cm betragen.
Je größer die Vorspannung ist, desto mehr Kraft hat der Bogen. Desto schwieriger ist er aber auch zu handhaben. Sowohl beim Aufspannen und beim Schießen neigt der Bogen mit größerer Vorspannung vermehrt zum Umschlagen.
Da Bambus zwar stark belastbar ist, aber gegen Druck auch recht nachgiebig ist, muss die Vorspannung beim Bau des Bogens größer sein. Sinnvoll ist es, wenn man in etwa die Hälfte der geplanten Vorspannung hinzugibt. Soll der Bogen also 20 cm Vorspannung erhalten, dann baut man ihn mit 30 cm.

Grundsätzlich scheinen Yumis so konstruiert zu sein, dass sie sehr lange aufgespannt bleiben können.
Europäische Langbögen sollen ja nach dem Schießen sehr bald wieder abgespannt werden, da sie sonst Kraft verlieren oder gar brechen. Bei Yumis scheint das anders zu sein. Ein neuer Bambusyumi soll zum Beispiel rund zwei Wochen aufgespannt bleiben und dabei immer wieder überprüft und nachgearbeitet werden.
Dabei wird der Yumi stehend gelagert!
Auch der Yumi verliert Vorspannung, wenn er lange aufgespannt bleibt. Die erlangt er aber wieder zurück, wenn er abgespannt und dann sorgsam gelagert wird.

Die Unsymmetrie

Warum viele japanische Bögen nun unsymmetrisch sind, weiß niemand so genau. Das Geheimnis liegt in den Tiefen der Geschichte verborgen.
Fakt ist, dass irgendjemand mal angefangen hat seinen Bogen nicht in der Mitte zu halten. Warum er oder sie das tat kann heute wohl beim besten Willen niemand mehr sagen. Hier kann man wohl nur Vermutungen anstellen die, gemessen an der damals vorliegenden Lebenssituation, sofern sie uns bekannt ist, plausibel erscheinen.
Fakt ist auch, dass sich die Unsymmetrie bis heute gehalten hat. Sie muss also zumindest unter gewissen Umständen einen oder mehrere Vorteile gebracht haben.
Allerdings wurden in Japan durchaus andere Bogenformen und Längen aus verschiedenen Materialien für verschiedene Zwecke verwendet. Dabei sind Einflüsse aus China und Korea feststellbar.
Die ältesten noch erhaltenen unsymmetrischen Yumis sind aus einem Stück Holz gefertigt. Dazu wird entweder ein Ast, Schössling oder Stamm in der fast fertigen Dicke des geplanten Bogens verwendet, oder ein Teilstück eines dickeren Stammes. Sie kommen einem Selfbow aus dem Rest der Welt am nächsten. Die Griffposition war bei diesen Bögen noch nicht genau an der Position heutiger Yumis festgelegt.
Die Bilder, die ich kenne zeigen den Griff unterhalb 2/5 der Länge des Bogens.
Das Foto zeigt folgende Maße:

Obere Nock zum Griff: 141 cm
Griff zu unterer Nock: 86 cm

Gemessen wurde über die Sehne bis zur Oberkante des Griffes.
Vorausgesetzt, das Foto wurde winklig erstellt, ergibt das ein Verhältnis von 1,64 zu eins.
Gerundet kann man 1,7 zu eins annehmen.

Die Sehne

Die Sehne eines Yumi wird heute häufig aus Karbonfaser gefertigt.
Als Alternativen gehen bestimmt auch Fastflight oder Dacron.
Die Sehnenenden sind umwickelt, um den Druck auf der Nock besser zu verteilen und die Sehne haltbarer zu machen.
An beiden Enden der Sehne befindet sich ein modifizierter Zimmermanns- oder Bogenbauerknoten. Der Unterschied besteht darin, dass das Sehnenende einmal komplett um die Sehne gewickelt wird, bevor sie zweimal in die Schlaufe eingedreht wird. Das Ende der Sehne kann mit einem Achterknoten gegen aufdrehen gesichert werden.

Europäische Bögen ohne Fenster werden im Allgemeinen mit einem mittigen Sehnenverlauf gebaut. Hält man den Bogen an der unteren Nock am gestreckten Arm locker fest, die obere Nock liegt auf dem Boden auf, und peilt entlang der Sehne, verläuft sie mittig durch den Bogen.
Die Sehne eines Yumis läuft nicht durch die Mitte des Bogens. Vielmehr ist sie leicht zu einer Seite des Bogens versetzt. Dies dient dazu, die spezielle Schießtechnik zu unterstützen.
Alle Yumis, über die ich bislang Kenntnis habe, sind für Rechtshandschützen gebaut. Auch Linkshänder sollen aus zeremoniellen Gründen den Yumi rechts schießen.
Linkshänder sollen einem Rechtshänder gegenüber sogar im Vorteil sein, da die Schießtechnik eine aktive Bogenhand erfordert.
Peilt man nun in der genannten Art über einen Yumi liegt die Sehne mehr oder weniger rechts vom Griff des Bogens. Dies unterstützt beim Schuss die Drehung des Bogens um den Bogenarm herum.
Ein Linkshänder, der auch links schießen möchte muss nun beachten, dass es seinen Bogen so baut oder bauen lässt, dass die Sehne links vom Griff liegt.

Schießtechnik

Hier möchte ich nur die Grundzüge beschreiben, da ich selbst noch nicht geschossen habe und die Technik, selbst wenn man die zeremoniellen Aspekte weglassen möchte,  nur in der Praxis unter freundlicher Anleitung gelernt werden kann.
Bei einem Yumi läuft der Pfeil über dem Daumen bzw. über dem Zeigefinger am Bogen vorbei. Also auf der dem Schützen abgewandten Seite des Bogens.
Gezogen wird mit dem Daumen, wobei der Pfeil mit dem gebogenen Zeigefinger, auf Höhe der Nock, leicht an den Bogen gedrückt wird.
Die Hand steckt dazu in einem Handschuh, der die Hand schützt und durch eine rutschfeste Oberfläche die Spannung der Sehne erleichtert.
Der Schuss wird nun nicht durch aktives loslassen der Zughand ausgelöst, sondern durch Verdrehen des Bogens mit der Bogenhand, bis die Spannung auf der Sehne so groß wird, dass sie aus dem Handschuh herausrutscht.
Dann wird der Griff der Bogenhand gelockert, so dass der Bogen um den Arm herum schwingen kann und die Sehne schließlich auf der Außenseite des Arms anschlägt.

Maße eines fertigen Bogens:

Ein fertiger Bogen kann zum Beispiel folgende Maße haben:

Breite am Griff: 2,8 cm
Breite vor Schlagholz: 2,2 cm
Die Breite nimmt kontinuierlich zu den Enden hin ab.
Dicke der Mittellage:
Am Griff: ca. 8 bis 9 mm
Vor Schlagholz:  5 bis 6 mm
Gesamtdicke des Bogens:
Am Griff: ca. 16 - 17 mm
An Schlaghölzern: ca. 12 - 13 mm
Unter dem Schlagholz verjüngt sich die Mittellage auf ca. zwei bis zweieinhalb mm

So ein Yumi ist also ein recht filigranes Teil.
Die Kraft, die in ihm steckt sieht man ihm gar nicht an.

Klebstoffe

Zum Verleimen eines Yumis können verschiedene Klebstoffe verwendet werden.
Ihre Vor- und Nachteile sollen hier beschrieben werden.

Kunstharzbasierter Holzleim ist leicht zu bekommen, leicht zu bearbeiten und gesundheitlich unproblematisch. Alle Leime erreichen hohe Festigkeiten. Unterschiede existieren bei der Feuchtigkeitsempfindlichkeit und der Verarbeitungszeit.
Nachteilig kann die relativ kurze offene Zeit von etwa einer viertel Stunde sein. In dieser Zeit müssen alle Biegungen in den Rohling gebracht und der notwendige Druck auf die Fugen gebracht sein. Danach sind kaum noch Korrekturen möglich. Die Oberflächen müssen absolut plan sein, da Holzleim Ungleichmäßigkeiten nicht ausgleichen kann, da er durch die Verdunstung des Wassers Volumen verliert.
Um die offene Zeit zu verlängern kann man die zu verleimenden Klebeflächen mit einem Schwamm mehrmals anfeuchten, so dass Feuchtigkeit in das Material einziehen kann. Das verlangsamt den Wasserverlust des Leims in das Holz hinein.

Epoxydharz gibt es in verschiedenen Varianten, was Endfestigkeit und Verarbeitungszeit angeht. Dabei kann man sich eine Grundregel merken: Je länger er bei Zimmertemperatur zur Aushärtung braucht, desto größer ist die Festigkeit.
Die Klebefugen erreichen, je nach Fabrikat, die höchste Festigkeit aller Kleber.
Die offene Zeit kann mit bis zu einer Stunde höher sein. Aber nicht alle Harze bieten das an. Epoxy kann in Grenzen Fehler der Klebefugen ausgleichen, da er bei der Aushärtung nicht schrumpft.
Wie beim Holzleim können bei Epoxydharz keine Korrekturen mehr durchgeführt werden, wenn er beginnt auszuhärten.
Zu beachten ist, dass die Anpressdrücke nicht so hoch sein müssen und dürfen wie beim Holzleim, da die Klebefugen sonst zu wenig Kleber enthalten und dadurch Festigkeit verlieren.

Fisch oder Hautleim ist schwer zu bekommen und recht aufwändig zu bearbeiten.
Man braucht einen temperierten Topf, der den Leim auf rund 60°C erwärmt.
Der Vorteil ist die Korrigierbarkeit der Klebefuge. Dies erreicht man durch Erhitzen der Klebefuge im Dampfbad. Nach Abkühlung und erneuter Durchtrocknung erhält man wieder die ursprüngliche Festigkeit, sofern man darauf achtet, dass eine Temperatur von 60°C nicht überschritten wird.
Wie Holzleim schrumpft Hautleim bei der Trocknung, kann Fugenfehler also nicht ausgleichen.
Allen Klebern gemein ist, dass die Entfestigkeit erst nach mehreren Tagen oder sogar Wochen erreicht  wird.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

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Re: Infosammlung für Bambusyumibauer

Beitrag von the_Toaster (✝) » 01.05.2010, 00:16

Hier die Webseite eines Teilnehmers bei einem Yumibauseminar des Herrn Shibata:

http://blogs.yahoo.co.jp/kazuukkk/MYBLO ... l?m=lc&p=5

Auf der Seite gibts fast alles zum Yumi zu finden.
Ist natürlich alles auf japanisch.
Wer dem nicht mächtig sein sollte kann mal die google Übersetzung versuchen.
Es braucht dann zwar viel Phantasie um das dann zu lesen, aber besser als nichts.
Leider sind die Texte in den Bildern nicht von google übersetzbar.

Und auch wenns hier schonmal verlinkt wurde, den Youtube Channel, in dem das Seminar gespeichert ist:

http://www.youtube.com/user/kazuudata
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