Blutohr vs. Fahrradfahren

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shokunin
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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von shokunin » 09.08.2014, 08:09

Danke für den Link :)

Das ist ein offizieller Lehrfilm des japanischen Kyudoverbandes. Schon ein paar Jährchen alt, aber sehr gute klare Bilder. Einer der Übenden ist heute President des Kyudo-Weltverbandes und die Lehrerin im Film ist Japan's höchstgraduierte Schützin, die erste überhaupt, der man den 10. Dan verliehen hat, glaube ich.
Man muss nur etwas aufpassen, die Szenen im türkis-blauen Rahmen sind Fehler, die zu vermeiden sind. ;)

Bei 8:10 sieht man aber z.B. sehr gut die Technik.

Da hat man einen sehr klaren Blick von hinten über den Pfeil und man sieht, die Sehne läuft so, dass das Ohr (und hier auch Brille) in der Schussbahn ist.
Und das ist natürlich völlig ok und korrekt so.


Wir hatten ja das Thema Körperspannung und Abschussgeschwindigkeit usw schon an anderer Stelle...

Ideal wäre, wenn der Schütze sich mittig in den Bogen stemmen könnte... so dass alle Kräfte sich gegenseitig aufheben. Das wäre quasi beide Arme fluchtend mit der Schulterlinie 180 Grad gesteckt... Dann bräuchte er das Minimum an Kraft sich selbst in der Waage, und die Spannung im Bogen zu halten. Praktisch geht das natürlich nicht.
Die Technik hier ist das Optimum, denke ich, das praktisch erreichbar ist.
Wäre es mehr, dann wäre zu viel vom Körper in der Schussbahn, und der Zugarm ist ja einfach etwas vor dem Körper, den kann man nicht in die Flucht mit der Schulterlinie bringen ohne die Schulter hinter zu ziehen. Dadurch würde aber der Torso in sich verspannt und die Fluchtung ginge auch wieder verloren...
Ist das System Bogen-Schütze in sich weniger "fluchtend", dann muss der Rücken mehr tun.
Je weiter der Bogen vor den Körper kommt, desto mehr muss der Schütze den Rücken einsetzen um sich zu stabilisieren und die Zugspannung zu halten.

Die ganze Idee hinter der japanischen Technik ist Effizienz.
Längst-möglicher Beschleunigungsweg, grösst-mögliche Körperstabilität, und damit Druck hinterm Pfeil...
Die Technik schont die Gelenke und bringt doch Dampf auf den Pfeil. Die Drehung des Bogens trägt da massgeblich bei - sie ist zunächst einfach notwendig, dass die Sehne nicht den Körper streif, sie korrigiert aber auch die Flugbahn und erlaubt ein "Auslaufen" des Bogens nach dem Schuss, was die Bogen-Eigenvibration dämpft. Und dann ist da noch die Möglichkeit der zusätzlichen Beschleunigung...

Klar, in gewissem Maße ist jede traditionelle Technik bestrebt "in den Bogen zu steigen", in Japan hat man das aber eben bis zum Letzten ausgereizt. Mehr in den Bogen kann man nicht und weiter ausziehen auch nicht, ohne sich selbst zu verspannen oder zu behindern.

In sofern ist die Technik hier eben für uns im Kyudo ein Absolut - weniger darf nicht und mehr geht nicht.

Der Vergleich mit Fahrrad und intuitiven Schiessen hinkt da wie immer, weil es eben nicht "intuitiv" gemacht wird, sondern ganz bewusst und mit höchster Sorgfalt. Und zum ich-weiss-nicht-wie -vielten Mal... wir zielen auch bewusst (zumindest beim Erlernen der Technik).

Die Sehne muss also hinters Ohr... nicht irgendwie sondern auf ganz bestimmte Weise. Und dann muss sie da eben auch wieder vorbei. Das ist Technik und wird auch so geübt - am Anfang nur mit Gummiband, damit es eben nicht zu Verletzungen kommt.
Trotzdem kommt es am Anfang gelegentlich auch mal vor, dass die Sehne den Schützen streift oder 'ne Brille mitnimmt.

Primär ist der Grund fehlende Torsionsspannung auf dem Bogen im Lösen, es kann aber auch an der Haltung liegen. Ist der Bogen zu stark (oder der Schütze ermüdet) dann kommt im Aufziehen gern mal der Kopf nach vorne... man hängt sich quasi in den Bogen hinein...
Ein eher selteneres Problem, denke ich, ist dass man den Kopf nicht genug dreht...kommt aber auch vor. Da schlägt die Sehne aber dann eher am Wangenkrochen an... Ich hatte das gelegentlich bedingt durch Probleme mit der Halswirbelsäule. :'(


Gruss,
Mark
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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Wilfrid (✝) » 09.08.2014, 09:02

Also, erstemal, mein Stil ist nicht von mir , ich habe ihn vielleicht etwas verwässert, aber so habe ich Bogenschießen gelernt,

Und dann ziehen die Jungs die Sehne zwar "hinters Ohr" aber nur von der Seite gesehen, sieht auch von oben so aus, aber selbst beim nicht "gelenkten "Schuß würde die Sehne nur die Haare berühren. Der Kopf ist nämlich leicht gedreht ;-)

Man kann also den Pfeil an der Wange fühlen, ohne das etwas in der Bahn der Sehne ist. Der Schaft kitzelt sozusagen ein wenig hinterm Mundwinkel. Durch Daumenablaß und Drehung hebt der Pfeil bis zu der Stelle die nötigen mm ab,

Im Film von Nightbow nehmen aber alle die Rübe fein aus der Bahn ....

Aber das hat jetzt nur bedingt mit dem Thema zu tun,,,
Hier gehts darum, das gesehene umzusetzen, also wie wird an die Abschußlinie getreten, wo geht der Blick hin, wann und wie wird der Stand eingenommen, wie werden Bogen un Pfeil gegriffen usw.
Wer das nämlich nicht richtig macht, schießt sich das Ohr ab ,,,
Shokunin, was Du meinst, an der Stelle 8:10, auch da ist nichts in der Sehnenbahn. Das liegt ein wenig an der Perspektive. Ein Dreitagebart würde rasiert, ohne Drehung

Ein kleines Zittern, und es passiert, da sind wirklich nur so 1-2mm höchstens Differenz ...
Aber 1/10 mm reicht, denn dicht daneben ist auch vorbei ..

Das Beispiel mit dem Fuß am Fahrrad Schutzblech ist vielleicht etwas flapsig, aber wenn Dir der Fuß auf nem kurzen Fahrrad zu weit nach vorn rutscht, sollte man auf den Gedanken kommen, das man nicht mehr mit den Zehenballen tritt...
Und klatscht dir die Sehne irgendwo hin, bist Du schlicht mit mindestens einem Körperteil an der falschen Stelle. Kopf, Zughand, Bogenhand, Körperhaltung und/oder Füße.
Zum Zielen/Visieren: Welches wären die Marken???

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von shokunin » 09.08.2014, 10:01

Was Du tust oder gelernt hast ist natürlich Dir belassen - und viel Spass dabei.

Dass Du hier aber ständig Kyudo-Leuten ihren Sport und ihre Technik erklärst wird langsam ermüdend.

Hier die Welt-Kyudoverbands-Homepage...
http://www.ikyf.org/shahouhassetsu.html
Klicke auf "Kai" und schau' das untere Bild an..
Da kragt das Ohr über den Pfeil hinaus. So ist es und so soll es auch sein.
Je nach Körperbau usw sieht das schon mitunter verschieden aus, das ist aber das Ideal.


Gruss,
Mark
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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Wilfrid (✝) » 09.08.2014, 12:19

also , nach dem Bild bilden Bogen und "Körperachse" einen Winkel. Auf dem von Dir erwähnten Bild ist der Bogen leicht nach rechts gekippt.
In Körperrichtung gesehen verdeckt zwar das Ohr den Pfeil, aber die Sehne verläuft schräg nach oben weg....
Gut, das ist jetzt eine Zeichnung, denn so wie auf der Zeichnung dargestellt, wäre der Bauch dem unteren Sehnenabschnitt im Weg. Der kopf ist zum Pfeil gedreht, der Pfeil berührt die Wange kurz hinterm Mundwinkel.
kyudokavo.jpg
kyudokavo.jpg (8.49 KiB) 9748 mal betrachtet

Im Film ist das übrigens auch der Fall, die Bögen werden nicht senkrecht gehalten. Im Film bei 8:11 siehst Du das ganz genau, so 5° nach rechts gekippt. Das Ohr und der obere Kopf sind also ganz klar aus dem Weg, auch wenn der Pfeil das Gesicht berührt.

Ich will hier keinesfalls jemandem das Schießen mit nem japanischen Bogen erklären, was ich kann, ist beschreiben, was ich sehe.
Und das ist ein nach rechts gekippter Bogen, der Ansatz der Kackstuhlstellung der Warbowyer usw.

Geht ja auch nicht anders, denn, selbst wenn Kyudo eine der effizientesten Arten des Boenschießens ist, es ist nun mal Schießen mit einem sehr langen Bogen. Und das machen Menschen. An der Geometrie kann man nun mal nix ändern, an der Physik auch nicht. Masseträgheit bleibt Masseträgheit und die Pfeilnocke hängt am Seil.

Und da der Pfeil gerade aus dem Bogen kommt, ist da nix mit Impuls quer zur Schußrichtung, das Teil fliegt von Anfang bis Ende gerade aus, da lenkt , was ich erkennen kann, nichts.

Was beim Lösen passiert:(bei egal welchem Bogen, hier beim japanischen Schießen kann man´s schön sehen)
Der Pfeil rutscht an den gefährdeten Körperpartien mit samt der Sehne nach vorn, dann kippt der Körper nach rechts und der Bogen bewegt sich nach links, die Spannung in der Bogenhand dreht den Bogen weiter und gibt dem Pfeil noch schön was mit ...

Der Bogen ist ja in Ruhe, beim Aufnehmen , im Winkel von 90° zum Unterarm und dreht sich nur scheinbar in der Hand beim Auszug. Anders kann ichs nicht erklären ...
Warum?
Fehlt nach dem Lösen die Gegenkraft der Sehne, werden all die kleinen und großen Spannungen im Körper frei, der Zugarm und der Bogenarm bewegen sich, das Handgelenk klappt, und der Bogen dreht in der Hand, durch das Lösen überdreht er und der Körper knickt nach vorn ein.
Also korrekte Rückenspannung bis ins Becken, Auszug über die Schultermuskulatur, Halten des Bogens mit den Muskeln des Unterarms (und der Hand)

Wenn verreißen, dann aber richtig, würde man bei uns im Westen sagen, eben die effiziente Ausnutzung aller auftretenden Kräfte.

Da das ganze bewußt nicht steuerbar ist, muß man eben von Anfang bis Ende sich an den Weg halten. Denn stehen die Füße nicht richtig, bewegt sich der Oberkörper anders usw. Man schießt daneben.

Beim Flitzebogenschießen z.B. hängt der Winkel des Bogens zur Senkrechten vom Stand der Füße ab, der Bogen soll eigentlich senkrecht bis leicht nach links gekippt sein, die Zughand ist mit dem Daumen Entfernungsmäßig~ am Hinterkopf/Höhe der Schulterkugel, Daumenlänge Abstand, der Kopf senkrecht, parallel zum Pfeil, der Bogenarm ist ~10-15° nach rechts raus, der Oberarm des Zugarms bildet eine Linie mit der Schulterpartie, der Unterarm hängt da fast ohne Kraft am Ellebogengelenk, der Pfeil geht sozusagen am Hals vorbei, der Kopf ist leicht nach hinten gekippt. (Wegen des Ohrs und dem nach links gekippten Bogens). Die Sehne hängt auf den Fingerkuppen der ersten 3 Finger. Das Handgelenk des Bogenarms steht von der Achse des Unterarms ganz leicht rechts versetzt.

Nach dem Lösen passiert das selbe wie beim japanischen Bogen, alles kommt in Bewegung, nur nicht so weit/so schnell, weswegen der Spinewert wichtig ist. Allerdings gibts, weil das nun ein nicht so auf Naht gestrickter Schießstil ist, noch unbewußte Möglichkeiten den Schuß/die Haltung zu korrigieren (oder voll zu verreißen).

Trotzdem muß man, wenn man den Stand nicht richtig fühlt, komplett neu ansetzen, wenn der Bogen nicht festgeschossen ist, dto und Pumpen, den Bogen nicht richtig gegriffen oder das Teil hat sich verdreht, auch usw.
Sonst fliegt die Brille ;-)

Hier in diesem Thread gehts ja aber nicht darum, wie Schießen die Japaner oder die Wilddiebe zwischen Harz und Heide, sondern wie/was kann man einem Schüler erklären und wie kriege ich den dazu, Fehler zu erkennen und abzustellen.

Beim Fahrradbeispiel:
Der kommt gegens Schutzblech, weil der Fuß zu weit nach vorne kommt. Dies passiert, weil er nicht mit den Ballen tritt, das, weil er so keine Kraft auf die Pedale bringt, denn er kann mit Fußballen das Bein nicht weitgenug durchstrecken, das weil der Sattel zu niedrig ist , das, weil er Angst hat, mit höherem Sattel im Stand umzufallen...

Wenn ich dem jetzt einfach den Sattel höher mache, helfe ich ihm dann???? Nö, beim nächsten Fahrrad passiert ihm dasselbe, kommt er von selber drauf, weiß ers und kann sich drauf einstellen.

Die Kausalketten beim Bogenschießen sind noch ein wenig verzwickter ...

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von the_Toaster (✝) » 09.08.2014, 16:42

Ich glaube das ist der Grund warum Japaner Kopfbänder tragen.
Da können sie ihre Ohren drunter stopfen und dann tut nix mehr weh, wenn man im Eifer des Gefechts die Feinheiten der Technik etwas schleifen lässt oder Segelohren hat...

Und ansonsten gehts hier ausschließlich um Physik...

Wenn ein Objekt A einem Objekt B mit hoher Geschwindigkeit begegnet, dann kann es Subjekt C nunmal ziemlich weh tun, wenn er Eigentümer des Objektes B ist, dieses Objekt über Schmerzrezeptoren verfügt und Subjekt C über ein Zentralnervensystem...
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Wilfrid (✝) » 09.08.2014, 18:05

Toaster, so is dat...
Schmeißt die Frau mit Geschirr, ducken .....
Gut, wenn man vorm Fernseher steht und anschließend Fußball gucken will, .....
Man sollte das Szenario vielleicht doch vorher kurz im Geiste durchspielen ::)

Fitzlibutz
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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Fitzlibutz » 09.08.2014, 18:13

Juhu kra, bitte mach hier zu!

Theoretisieren nur damit die Luft scheppert bringt's nicht.
Zumal wenn da so gar keine Ahnung von Kyudo da ist sondern nur gepflegte Borniertheit.

@Wilfrid,
gönn dir mal des Wittgenstein's Abhandlungen:
    "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen."

//Stefan

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Wilfrid (✝) » 09.08.2014, 18:51

Stefan, ich trage zwar ne Brille, aber gucken kann ich noch ....
Und nur über das, was mir hier gezeigt wurde, habe ich geschrieben. Und wenn du Dir mal die Mühe machst, so ganz unbefangen einfach hinzugucken, bei einem Film ist das ja einfach, man kann ihn mehrfach ansehen, Schwerpunkte setzen beim Hingucken etc. wird Dir einiges auffallen.....
Dieses nette Gerücht, die Sehne würde um den Kopf gelenkt...
Hierzu müßte der Pfeil hinten vom Schützen weg bewegt werden, also würde er sich um den Schwerpunkt drehen und dann in schräger Lage beschleunigt. Damit müßte er so eigentlich seitlich schwänzeln oder komplett schräg fliegen.

Die Pfeile fliegen aber stracks gerade aus, viel ruhiger übrigens, als wenn sie sich um den Bogen rumwinden müßten wie z.B. beim ELB. Somit bewegt sich die Sehne auf einer geraden und der Bogen auf einer Kurve. Wer genau hinguckt, kann das sehen.

Aber die Ausgangsfrage war eben, warum sagt mir der Lehrer nicht, warum ich mir ein blutiges Ohr hole, sondern läßt zu, das mir das passiert.
Hier wird jetzt diskutiert, warum die sich keins holen...

Nun, scheinbar machen die Leute im Video alles richtig...

Jeder Mensch hat Augen zum Sehen und Ohren zum Hören. Andere tun sich nicht weh, der Schüler hats richtig vorgemacht bekommen ....
Soll jetzt der Lehrer alles aufzählen, was zum blutigen Ohr geführt hat??? Da ist man bei manchen Menschen ja ne halbe Stunde beschäftigt !!!!

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von the_Toaster (✝) » 10.08.2014, 00:49

Also wenn ich als Lehrer es nicht schaffe dem Schüler den Sport so bei zu bringen, dass er sich nicht verletzt, wo auch immer, dann habe ich als Lehrer einen Fehler gemacht. Da ist die halbe Stunde zur Fehlerkorrektur noch ein geringes Investment.
Als Lehrer muss ich erstmal versuchen zu erkennen wo der Schüler steht und dann mindestens zwei Stufen unterhalb seines Niveaus beginnen.
Wenn ich mein eigener Schüler bin, dann ist das natürlich etwas schwieriger.
das verlangt besonders viel Disziplin und Selbsterkenntnis.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Zoffti » 10.08.2014, 02:25

Hm, will auch ein bisschen Garn mitspinnen....
hab die Filme alle angesehen und mir auch früher schon Kyudo-YTclips angekuckt.... Und wenn ich sehe wie sie da, bewusst bis in die letzte Zelle, durch die Halle zirkeln und ihre weissen Socken übers Parkett schieben, dann hab ich den zwingenden Eindruck, dass es um komplett was anderes geht als die beste Technik für eine Sportart zu erlernen. Eher: Allerhöchste Achtsamkeit auf alles gleichzeitig? Nur verlässt man dabei irgendwann die Vorstellungsschiene auf der man sich sonst so bewegt und stellt sich, so wie bei jeder echten Meditation, ausserhalb des "normalen" Zeitverlaufs.
Und deshalb find ich es so schwierig den Unterschied zu beobachten zwischen den Meistern - wo Sehne Arme, Ohren, Pfeil und Bogen als vollkommene Einheit agieren, - und den Schülern die wieder und wieder versuchen genau diese Gesten zu imitieren.
Schätze, es gibt keine Meisterschaft im Imitieren. Solang man noch hofft das technisch lösen zu können gibts halt immer wieder eins auf die Ohren...
So, jetzt aber - Esomodus aus ::) und ab in die Heia!!! :-* :-* :-*
Nightynight!
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Life is like riding a bicycle, to keep your balance, you have to move.
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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Snake-Jo » 10.08.2014, 10:27

Mmmh, ich merke schon, wieder mal so ein Thema, wo die gesamte Weltgeschichte aufgerollt wird... ;D

Ich bringe es mal auf den Punkt (entsprechend dem Eingangspost), sagt mir, wenn ich falsch liege:
Der eine sagt: Alles, was im Wege ist, muss wech!
Die Kyudoka sagen: Egal, wenn was im Wege ist, wir haben die Technik, da vorbei zu kommen!

8) :-*
LG,
Jo

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Wilfrid (✝) » 10.08.2014, 12:35

OT:
Snake Jo, genau so isses....
Nur mit dem Unterschied, das die Kyudoka zwar behaupten, das sie die Technik hätten, drum herum zu kommen, in Bildern aber eben zeigen, das auch sie sich an Satz eins halten.

Zoffti, die Japaner haben eben so die Sitte, jeden Schritt ihres Tuns genau zu zeigen und austzuführen. Dabei machen sie eine Menge Bohei, wie man hier im Norden sagt. Ich gehe mal weg vom Kyudo , hin zu einem Thema, das ich ml studiert habe.

In der Stahlerzeugung für die berühmten japanischen langen Messer ("Japanische Schwerter") wird ja bekanntlich sehr viel beschrieben, in Dokumentationen gezeigt usw.

Jetzt gibts gleich nen fürchterlichen Aufschrei:
Aus der Sicht eines lübschen Mestemakers (Lübecker Messermachers) des 11. Jhdts wären die Teile schlicht Schrott....

Hübsch gemacht, aber mit dem falschen Schneidenwinkel und aus bescheidenem Stahl, denn man kann ja die Lagen noch sehen...
Aus heutiger Sicht gilt das gleiche, denn es handelt sich schlicht um selektiv gehärtete Messer aus recht grobem Raffinierstahl. Um das ganze herum haben dann die Meister einen richtigen Hype gemacht. So ähnlich ist es mit dem Kyudo auch. Nur das hier wirklich eine hochentwickelte Technik des Bogenschießens gezeigt wird.
Was das drumrumlenken angeht, so behaupten sie , dies zu tun. Mag sein, sie glauben es sogar. Sieht man sich die Zeichnungen und Filme an und beachtet die Perspektiven, so ist dem nicht so. Sie lenken nirgends etwas vorbei, sondern gehen nur äußerst !!!!! dicht ran.

Es erscheint vielen so, das der Yumi senkrecht gehalten wird, bei genauem Hinsehen halten die Meister ihn um ~5° nach rechts gekippt, es erscheint so , das der Pfeil im Gesicht parallel zur Achse Mitte Hinterkopf- Nase anliegt, in Wirklichkeit ist der Kopf zum Pfeil gedreht. Geht geometrisch auch schlecht anders, da die Bogenhand in Verlängerung des Schultergürtels zeigt, die Zughand aber seitlich versetzt ist, (der Oberarm der Zughand mit Bogenarm und Schultergürtel eine Linie bildet ), ist schlicht der Bizeps im Weg. Man versuche mal, sich Oberarm in Schulterrichtung ans Ohrläppchen zu fassen, wenn man dabei das Handgelenk nicht stark abwinkelt, sondern parallel zum Schultergürtel hält. Es geht nicht ...

Natürlich kann man trotzdem mit pfeilparallelem Kopf schießen, nur muß man den Kopf dann neigen/schräghalten, was ja ein Fehler sein soll (und auch ist)

Aber die drehen doch, da muß die Sehne doch nach aussen raus !!! kommt jetzt. Nö, es kann auch der Bogen nach innen rein.

Für einen ruhigen geraden Pfeilflug muß der Bogen genau um den Betrag nach links, den die Sehne beim verlassen des Pfeils vom Bogen entfernt ist, also Standhöhe- durchschwingen. Und genau das lassen die Meister zu, das ihre Bogenhand sich um dieses Stück nach links bewegt....

Und schon siehts aus, als ob der Pfeil um den Kopf herum bewegt wird, Bogen und Kopf senkrecht stehen, Pfeil und Gesicht parallel usw....
Alles auf Naht gestrickt mit minimalen Abweichungen von der Theorie, SEHR hohe Kunst!!! Das kann man mit Worten kaum erklären, und wer nicht gucken kann, dem kann mans auch nicht zeigen ..

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von shokunin » 10.08.2014, 12:37

@Snake Joe,
ja schon so etwa... ;)
Ganz egal ist es nicht, aber mit der entsprechenden Technik kann man auch mal kleine Fehler machen und nicht gleich mit Körperteilen dafür bezahlen ;D



@Weltgeschichte... :P ;D
sorry, monsterlanger Post... :-\

naja, ok...

@fitzlibutz

so, nun verstehst Du wieso ich gleich so robust reagiert hatte auf Deinen Post...
Wenn man hier ein Wort des Zweifels an irgendeinem Aspekt unseres Sportes, der Lehrer, der Technik, Verbände usw verliert, dann fühlten sich Gott-Weiss welche Leute, die es nie auch nur live gesehen haben, geschweige denn gemacht, berufen einem zu erklären wie bescheuert wir doch alle sind.
Diese Diskissionen enden immer gleich...
...aber Ok... wir haben uns auf das Gespräch eingelassen, wohlwissend eigentlich, dass das so laufen wird, dann diskutieren wir es halt aus... :-\



@Zoffti & Gehübungen :)

Du stehst dem ganzen unvoreingenommen gegenüber und fragst Dich halt was es mit der befremdlichen Übung aus sich hat... das ist absolut ok :) und versuche gern es meinem Wissensstand entsprechend zu erklären... ::)

Du hast nicht ganz unrecht, es ist auch eine Konzentrationsübung.
Man konditioniert auch hier den Geist, nur in dem zu sein was man gerade tut... ich drücke das etwas unbeholfen aus (war 'ne lange Nacht...) Das Endziel ist ja den "alltäglichen Geist" auch unter Druck usw zu bewahren, dass man also auch unter Druck frei agieren kann, dass man nur das tut was praktisch erforderlich ist, völlig bei sich und bei der Sache ist.

So, wenn man geht, dann geht man... man watschelt nicht irgendwie daher und denkt an sonstwas - sondern, wenn gehen das ist was man tut, dann ist man da mental zu 100% bei eben dieser Sache...
Und man übt sich da eben in Achtsamkeit und Konzentration auf das was man tut, ohne dass der Kopf weis-wo hindenkt anstatt prezise das zu tun womit wir gerade befasst sind.

Das ist das Eine... das Andere ist, es ist Technik....

Der Schuss kommt aus dem Hara (dem Bauch) heraus. Der ist, grob gesagt, der Sitz der Energie im Körper - er ist auch etwa der Schwerpunkt. Wenn wir uns bewegen, dann eben über den Schwerpunkt. Die Bewegung geht nicht vom Kopf aus. Die Kraft ist nicht im Kopf sondern im Körper. Nicht der Kopf will irgendwo hin, sondern die Kraft. Drum läuft man eher starr und aufrecht - Kopf nicht vor dem Körper...
Das sieht etwas befremdlich aus, sieht man aber oft im Kampfsport und war wohl unter den Samurai einfach DIE Bewegungsform. Sich über den Körperschwerpunkt zu bewegen und immer mit Bodenkontakt macht einen stabiler und besser fähig sofort zu agieren.
Macht das Sinn...?

Man übt da also ganz konkret technische Feinheiten und fundamentale mentale Dinge. Wenn man es versteht dann sieht man es auch anders, wenn nicht, dann sieht es nur ulkig aus oder halt wie irgendeine Form die die da nachmachen. Die machen aber nicht den japanischen Moonwalk nach, die üben ihren Geist und trainieren Stabilität im Körperkern in der Bewegung, sie versuchen geerdet zu bleiben und jede Bewegung aus dem Körperschwerpunkt heraus zu leiten.


@Toaster & Lehrer, Übende usw...

ja, ja die Lehrer...

Ich kenne den Lehrer um den es hier geht... mag sein er war da nicht sonderlich einfühlsam... ist aber auch ein paar Jährchen her...

Es ist etwas einfach, sich nur hin zu stellen und zu sagen: ein Lehrer muss so oder so sein...
Wie muss denn ein Schüler sein?
Und ist denn der "Lehrer" ein Lehrer oder einfach nur ein älterer Schützen, der versucht jüngeren zu helfen...?
Im Kyudo - und mehr noch hier vor 20 Jahren - sind "Lehrer" in aller Regel einfach erfahrenere Schützen, die sich ihre eigene Trainingszeit gratis für Andere um die Ohren hauen.
Da muss sich auch der Übende zu allererst mal überlegen, was er da erwarten darf und was dann der Anspruch an ihn ist, denke ich.

Ich denke es ist da sehr zynisch zu sagen, wer unterrichtet tut das doch bloss als Ego-Trip (ich beziehe mich da auf Deine Kommentare im "Kein Kyudo" Thread, höre das hier aber auch schon wieder rausklingen).
Ich unterrichte mehrmas jährlich Praktikanten im Goldschmiedehandwerk. Ich hab' nix davon, ausser Arbeit und Kosten. Und ich kann jedem versichern, darum von irgend einem 15-jährigen Kind bewundert zu werden, das dann nach 'ner Woche auf Nimmer-Wiedersehen verschwindet, geht es mir dabei nicht.
Ich habe aber selbst die Hilfe älterer genossen und will das dann halt auch weitergeben. Ich hab' Freude an der Sache und will Anderen auch den Zugang dazu ermöglichen. Darum geht es mir.
Und darum geht es fast allen Lehrern, die sich unentgeltlich ihre eigene Freizeit für andere um die Ohren hauen.
Ob sie es nun gut, oder weniger gut, machen ist eine Frage der Person und der Persönlichkeit, man muss sich aber auch als Übender bewusst sein, dass einem da was geschenkt wird und man vor allem Anderen dem Lehrer Dank schuldet, dass er es überhaupt macht.

Sich hin zu stellen und zu sagen: der macht das doch für's Ego und nicht für mich, ist in meinen Augen einfach nur eine billige Ausrede um sich selbst aus der Verantwortung zu winden dem Lehrer auch Anerkennung zu zeigen, seinen Rat zu befolgen, und auch mal für Kritik Danke zu sagen.
Das fällt vielen hier furchtbar schwer, einfach mal das zu tun was man gesagt bekommt ohne es erst durch den Filter der eigenen Befindlichkeiten und des eigenen Geltungsdranges laufen zu lassen. Da jammert man lieber über Lehrer die einem gratis in IHRER Feizeit nicht das Wunschkonzert und den Soforterfolg bieten den man sich doch erhofft hat.

Naja,... die Korrektur in Fitzlibutz's Erzählung war salopp... aber es wurden ja wohl dort auch bestimme Techniken bearbeitet - und vielleicht hätte es da offensichtlich sein sollen was es war... zumindest in den Augen des Amateur-Lehrers...
und vielleicht war der "Lehrer" zu dem Zeitpunkt nicht Lehrer sodern ein müder Mensch, der sich gerade 6 Stunden in der Turnhalle den Mund fusselig gequaselt hatte und es halt anstregend fand...

Und evtl war da eben die Anspruchshaltung des Schülers unangemessen: Wieso lässt Du zu, dass ich mir hier weh tue...?
Und der Lehrer denkt sich evtl: Hey! Wir haben das gerade 4 Stunden bearbeitet... mach' Dir mal Gedanken wieso Du Dir weh getan hast... ich kann's Dir noch 100 mal sagen aber Du musst es dann auch machen...

Naja,...
das nur zum ewigen Thema: Kyudovereine, warum kein Wunschkonzert...? :P

@Wilfrid & Lehrfehler, Technik im Kyudo,...

Wer ist schuld wenn Deine Schüler das nicht sofort und mit 100% Erfolg umsetzen was Du ihnen sagst?
Hat Deine Technik versagt, Du als Lehrer,... o-o-o-oder.... ::) ?
Wie gehst Du mit Leuten um, die alles erklärt bekommen haben, es einstudiert, mit Gummiband Trockenübungen gemacht, mit Bogen ohne Pfeil trocken geübt... und dann patsch! klatscht er sich auf den Arm und sagt: keiner erklärt mir richtig wie das geht, dass ich mir nicht weh tue.
Du denkst aber: ich HAB'S Dir gesagt, aber Du musst es halt auch machen...
Das denkst Du... aber was sagst Du?
So ist nämlich die Situation hier. Das wird tagelang mit Gummiband und Bogen ohne Pfeil geübt und erklärt....
Dass sich jemand weh tut passiert in der Regel NICHT, es ist absolut die Ausnahme, aber es kommt halt vor.

Und es ist immer eine Kombination von Faktoren. Meist stimmt die Haltung nicht 100% (Kopf 1cm zu weit vor z.B.) und dann evtl 2 cm überzogen und die Schulter hinter gewuchtet, oder evtl zu fasch gelöst... und patsch!

Es passiert halt mal beim Üben - so wie der Judoka mal dumm fällt und es schmerzt, der Hürdenläufer mal auf die Fresse fällt, der Turner am Barren mal abrutscht und sich den Dingsda einquetscht... es passiert... na und?
Ist da der Lehrer schuld oder der Übende oder der "is-halt-blöd-gelaufen"?

Was mal sicher ist, ist dass nicht die gesamte Technik deswegen totaler Quatsch ist.
So stellst Du es nämlich hier dar: unsere Technik ist Humbug und die Lehrer unfähig...
Du stellst hier Verränkungen an nur um irgendwas besser zu wissen, von dem Du faktisch gar nix weisst, es noch nicht einmal vom Zusehen kennst... nur aus dem Netz halt.
Du hast es nie probiert oder auch nur live gesehen. Du interpretierst ohne jeden Versuch es zu verstehen sofort irgend etwas rein, kritzelst verständnislos in Bildern herum und meinst Dein Wissen ist der letzte Schluss allen Schiessens und Deine Erfahrung ist Masstab des Möglichen.

Sorry,....
aber z.B. Deine Zeichnung über die Skizze aus der IKyF Website zeigt nur eins, und das ist Du verstehst überhaut nicht worum es hier geht.

Was soll der Strich von der Nase bis zum Bogengriff? Soll das die Körperachse sein? Geht bei Dir die Kraft durch den Kopf - ich hab' bald das Gefühl... Wirken die Kräfte im Bogen oder im Körper bei Dir durch die Nase?, ...den Kopf, ...den Hals?... was? Ist die Körperachse da wo ich den Kopf hindrehe?

Im Bild ist doch schon die Schulterlinie eingezeichnet und die ist parallel zum Pfeil - also parallel zu der Linie in der die Kräfte im Bogen arbeiten.
Wenn Du noch eine Linie einzeichnen wolltest von Ellenbogen zu Ellenbogen, dann wäre die auch parallel... und die Hüfte, die Füsse,... alles parallel zum Pfeil.
Wo läuft nun die Körperachse, da wo die Nase hindeutet...oder der Körper?
Und wo laufen die Kräfte im Körper...?
Und wie Stehst Du da wenn Du schiesst...?

Und das Bild ist sogar beschriftet... man soll die Schulterlinie möglichst nah an den Pfeil bringen...
In anderen Worten: man zieht den Bogen so weit es geht an sich heran. Man versucht möglichst nah an das von mir oben beschriebene kraftbneutrale Ideal zu kommen. Wie weit das beim Einzelnen geht hängt u.A. von seiner Wampe ab, von seiner Wirbelsäule (ich meine damit z.B. Haltungsschäden wie sie heute bei "Büromenschen" Gang und gebe sind) usw.
Aber das Ideal ist klar... Pfeil und Sehne liegen am Körper an. Wenn Du da einfach die Sehne los lässt, dann streift sie. Muss nicht sein es tut gleich weh, aber die Sehne läuft nicht frei vorbei - wie auch...?

Wie...?
Na, mit der Drehung eben... jeder, der es probiert oder selbst gesehen hat, weiss es.
Das "Umlenken" der Sehne geht absolut, auch wenn es Deinen Horiziont übersteigt.
Und mit dieser Technik sind eben andere kleine Fehlhaltungen nicht mehr kritisch. Wenn man das mal raus hat, dann kann man bedenkenlos üben. Drum wird das Drehen ja so betont. Dann gibt es keine blutigen Ohren oder blauen Unterarme.

Naja, hier nun ein Bild... es zeigt den Schuss von oben gefilmt mit fluoreszierender Nocke.
(Quelle suche ich noch - kommt nach...)

Man sieht gut das Verhältnis Pfeilachse (also Kraftrichtung Bogen) und Körperachse (Schulterlinie, Ellenbogen-Linie... )
...und man sieht sehr genau den Weg, den die Nocke beschreibt.

Ich denke es steht ausser Frage, dass die Sehne, an der diese Nocke hängt, sich auf Höhe Ohr schon gut 3 cm nach rechts bewegt hat.
Den Bogenwinkel und ob sie ohne Drehung, bei geradem Lösen, hier den Kopf gestreift hätte oder evtl nicht, kann man debattieren - ist aber nicht wirklich der Punkt.
Der Punkt ist: wenn man dreht kann nix schief gehen... wenn man nicht dreht, dann braucht man nur 1cm zu weit vor und es tut evtl richtig weh...
Natürlich spielt da Haltung, Eindrehen der Zughand usw auch mit rein, der Effekt der Drehung wurde aber schon so oft beobachtet, getestet, gefilmt,... das ist einfach Fakt, dass das funktioniert.
Und es ist fundamentaler Teil jeder Kyudo-Technik.
Ich verstehe nicht was das soll da so krampfhaft zu versuchen es zu verneinen.

Wilfrid, Du filterst hier alles was Du ansiehst Durch Dein eingefahrenes Bild vom intuitiven Schiessen und entsprechend verzerrt kommt es dann raus.
Deine persönliche Erfahrung in allen Ehren, aber hier passt es nicht und Du willst es offenbar auch nicht verstehen.
Du willst es nur besser wissen und unserem Sport Deine Sichtweise aufhängen.
Wir sehen es aber anders, wir üben anders und wir zielen anders, arbeiten anders, wir schiessen anders.

Gruss,
Mark
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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von Wilfrid (✝) » 10.08.2014, 14:05

Shokunin, alles voll korrekt ....
OT
Meine Linie zeigt die Stellung des Kopfes zum Pfeil, wenn der Pfeil die Wange berührt. Der Rest soll und ist fast, wie Du schreibst.
Wenn Du genau auf das Bild guckst, sind Pfeil und Schultergürtel nicht parallel . Will ich das, muß der Bogenarm im Schultergelenk nach rechts geknickt sein, irgendetwas, Handgelenk, Unterarm, Oberarm..., Auf Deinem Foto alles ein wenig...

Siehst Du Dir Dein Bild mit der Leuchnocke an, siehst Du, wie weit die Sehne vom Kopf weg ist. Der Pfeil ist hier vom Daumen gerutscht, vom Körper weg und fliegt dann gerade aus, die Nocke selbst befand sich auf dem Foto aber schon vorher "weit" vor dem Kopf/Körper. Da ist eben eine Diskrepanz zwischen der Theorie und der Praxis. Und wenn ich diese Art des Schießens als SEHR hohe Kunst bezeichne, ist das absolut nicht ironisch gemeint !!!

Und eine Winzigkeit anders gemacht, tut dabei eben weh ... Weswegen die westlichen Techniken wesentlich mehr Raum auf Kosten der Performance lassen.
OT off
Wie soll man bitte dem Schüler erklären, das er den Bogenarm 5 mm mehr Links/rechts halten, den Bogen 1° mehr kippen und den Kopf zum Pfeil 1° mehr drehen soll? Diese minimalen Abweichungen von den Füßen bis zu den Handhaltungen unterscheiden eben einen meisterlichen Schuß von einem abgerissenen Ohr ... Und das kann man nur eben zeigen und sehen und üben³

Und dann eben, wenns nicht klappt, wieder von Anfang an anfangen, mit dem Gummiband ...

Beim Flitzebogenschießen nutzt man hingegen alle Freiheiten, die einem das System bietet, vom verschieben des Ankerpunkts über die unterschiedlichen Arm und Fußstellung usw. Selbst der Nockpunkt und der Druckpunkt dürfen in Grenzen schwimmen.


Da ist das für den Lehrer eben viel einfacher, man stellt sich leicht schräg dahinter, sorgt dafür, das der Schüler das Ziel fest im Blick hat, korrigiert ev. den rechten Arm und dann je nach Situation ansagen, mehr links, höher /tiefer ...
Wenn man genug Leute hat mit dem speziellen Bogen schießen sehen oder hat gesehen, wo der erste Pfeil des Schülers hingegangen ist, klappt das. Der Pfeil landet einen halben Meter ~ neben dem Ziel. Kinder haben den Bogen dann mit 5, Erwachsene mit 20-50 Schuß raus.
Während man beim Kyudo quasi fast alles falsch machen kann, kann man beim Flitzebogen fast nichts falsch machen.

Aber das "richtige" Körpergefühl" brauchen beide, um ihr Ziel zu erreichen. Und als Lehrer kann man wie sonst auch, Gefühle nicht erklären. Fühlen ist für jeden anders, den Weg zeigen, das geht

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Re: Blutohr vs. Fahrradfahren

Beitrag von shokunin » 10.08.2014, 15:27

Hier das Bild nun mit Pfeilposition beim Lösen...

siehst Du es nun? Wenn nicht geb' ich es hiermit auf.


Was den Rest angeht...

Köperachsen...

Dass bei 99% aller Menschen der Körper nicht 100% symmetrisch ist, und auch nicht symetrisch trainiert wird, weil wir links- oder rechtshändig arbeiten, ist bekannt, dachte ich...
Wenn nun eine 2cm Diskrepanz existiert ist zwischen tatsächlicher Schulterposition eines reellen Schützen und dem theoethischen Ideal, was schliessen wir daraus?

Du schliesst, dass Du recht hast und unsere Technik Quatsch ist, und ich schliesse, dass es, genau wie ich sagte, körperbedingt variiert, das Ideal aber Parallelität und Gleichgewicht ist.
Und genau aus dem Grund, weil es weder 100% mathematisch exakt ist, noch man es selbst sieht und zu Anfang nicht spürt, braucht man ständige Korrekturen und Beobachtung und Anleitung - und die Drehung hilft da eben auch.
Das ist auch der Grund wieso hier immer jedem, der es lernen will, gesagt wird, er soll sich 'nen Verein suchen. Man kann sich das nur ganz ganz schwer selbst erarbeiten (es sei denn evtl mit der Kamera).
Es ist aber enorm wichtig wenn es funktionieren soll und es hängt eben auch davon ab wie der Körper ist.
Und wenn mal nicht alles 100% fluchtet, dann ist das eben so - der Schütze ist gewachsen und nicht auf dem Reissbrett entworfen. Das tut dem Ideal aber keinen Abbruch.


Lernen der Haltung, Korrekturen...

Ja, es ist schwer - und, wie gesagt, ohne fachgerechte Überwachung fast nicht machbar.
Man hat aber eben schon Hilfen:
So wie die Fita Leute die Sehne an die Nase ziehen, so ziehen wir an die Wange (je nach Schule verschieden). Der Körper soll parallel zum Pfeil sein, Schultern nicht angehoben usw... grob bringt man das schon hin...
Und die Sehne liegt an der Brust satt an.
Man hat so eine Grundform und Referenzpunkte in Bogenhand, Wange, Brust...
Und wenn man bedenkt, dass doch fast jeder, rein aus den Gefühl heraus, mit deinem Flitzebogen auch untrainiert einigermassen trifft... dann kann man ihm auch zutrauen, dass er es mit dem Yumi so in etwa hinkriegt. Beim Flitzebogen ist es ja auch ein Unterschied von 'nem Centimeter hin oder her, der über treffen und nicht-treffen entscheidet. Wieso sollte eine 1cm Toleranz aus dem Gefühl heraus im Kyudo dann unmöglich klein sein?
Das geht wunderbar und schon seit Jahrhunderten... lang bevor es Gummi gab.

Ich persönlich habe schon Dutzende Anfänger lernen gesehen - und es geht. Ein oder zwei fliegende Brillen kann ich bestätigen, Vereletzung in meinem Beisein noch keine Einzige.
Ich versichere Dir es geht.

Natürlich braucht man Anleitung und man versucht heute es trocken ein zu studieren, so dass mit dem Bogen dann nix passiert.
Und natürlich ist es nicht die einfachste Technik.

Wenn man es einfach will kann man natürlich anders schiessen, oder gleich ins Schützenheim fahren und sich bei den Kleinkaliberschützen anmelden. Da ist dann 5cm Ziel auf 50m problemlos machbar.
Aber darum geht es ja nicht.

Genau die Anfälligkeit der japanischen Technik auf Ungleichgewichte - mental oder technisch - macht sie ja so spannend.
All die Esoterik und der meditative Aspekt liegt ja darin. Das Schiessen zeigt Dir genau den Spiegel vor, es geht nur gut wenn Du im Equilibrium bist.
Das trifft natürlich in gewissem Maße auf jeden Bogen zu - beim Yumi ist es aber eben extrem und man hat es eben in Japan zur Kunstform gemacht sich genau damit zu beschäftigen.
Normal, wenn Du triffst ist alles gut. Im Kyudo muss weit mehr stimmen, als dass Du triffst. Es muss auch die Form stimmen und Du musst den Eindruck vermitteln, der Schuss wurde aus dem entsprechenden Geist geboren...

Drum ist das hier eigentlich eine völlig müssige Diskussion.
An der japanischen Technik hängt eine ganze Kultur. Wer die nicht will braucht nicht erst mit Kyudo anfangen, und wer es leicht oder schnell haben will auch nicht.
Und es ist weder "instinktiv" noch ist es "wer mehr trifft hat mehr recht"...

Belassen wir es also einfach vielleicht dabei, dass Dich unser Üben nicht wirklich interessiert und mich Deines auch nicht.
Es ist eben nicht das selbe - oder auch nur ähnlich.
Man kann da technisch kaum was übertragen.

Gruss,
Mark
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