Wie lang muß ein Bogen sein ?

Sammlung von Bauanleitungen zum Thema Bogenbau
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acker
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Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von acker » 17.05.2011, 14:12

Ja wie lang muß ein Bogen denn nun sein ?

(eine Betrachtung zur Auslegung der Bogenlänge für Anfänger )

Hier werden ausschließlich selfbow´s und traditionell ,einfach, laminierte Holzbogen betrachtet !
Extrem Designe bleiben aussen vor wie Recurves , laminierte R/D´s , sowie Zuggewichte über 55 # , Sehnenbackings etc...

Natürlich ist es , wie tomtux weiter unten schon schreibt eine sehr einfache Betrachtung !

Diese Berechnungen sollen Anfängern eine Hilfe sein um sich beim bauen eines Bogens zurecht zu finden in der Auslegung der Länge .
Es ist ja auch immer ein Zusammenspiel dessen was die Fähigkeiten des Bogners und Holz hergeben.

Länger lassen und später kürzen geht immer , etwas zu kurzes länger machen ist dagegen schwierig.


Die Berechnung der erforderlichen Bogenlänge, gemessen über den Rücken, real , von Sehnenkerbe zu Sehnenkerbe ist so einfach wie simpel.

Steifer Griff /zB Flatbow und gutes Holz :

Man nimmt seinen Auszug, oder den Auszug mit dem der Bogen geschossen werden soll , der wird mal 2 genommen dann werden die Längen der fades addiert und der Griff .


Beispiel 1:
Auszug : 30"
Fade- Länge : 2" -> da wir ja zwei fades haben das ganze mal 2 nehmen .
Länge des Griffes : 4"

Rechnung:
2* 30" (Auszug) + 2* 2"(fades) + 4" (Griff)
= 68" Bogenlänge VON Sehnenkerbe zu Sehnenkerbe !!
~ ca 173 cm !

Dafür brauchen wir dann ein gutes Holz und einen sehr guten Tiller , ich empfehle je nach erfahrung und Holzart / Eignung noch min 2" - 3" Länge dazu zu geben + den Überstand an der Nocke .


Beispiel 2 :
Griff arbeitet voll mit !

Nun wirds einfach und aber auch kompliziert...

theoretisch könnten wir nun einfach die Auszugslänge mal 2 nehmen und hätten die Mindestlänge errechnet :
Auszug 30"

2 * 30 " = 60" ~ 152,4 cm

ABER : der Bogen macht dann einen vollkommenen Halbkreis , stellt höchste Ansprüche an´s Material und die bognerischen Fähigkeiten .
Es gibt nicht viel Holz das das auf dauer mit macht .
Bei derart kurzen Bogen müssen oder sollten die Enden dann auch leicht reflex gebogen werden um einen ansprechenderen Sehnenwinkel zu erreichen .

Deshalb empfiehlt es sich auch hier mit einer großzügigen , notwendigen Toleranz nach oben zu bauen .
Je nach Güte des Holzes, Zuggewicht und Design ( zB die Breite des Bogens ! ) würde ich min 4" - 8" an Längenzugabe empfehlen .

Je weniger der Griff mitarbeitet , je mehr muß an Längenzugabe noch zusätzlich aufgeschlagen werden.

Je Höher das Zuggewicht wird , je länger sollte der Bogen werden. ( je nach Güte des Holzes und der eigenen Bogenbauerfähigkeiten )

Beispiel :
Gutes Holz , Eibe , Griff arbeitet nur leicht mit
Auszug 30"

2*30 +4"(sicherheit) + 4"(Griff) = 68"

Holz mittlerer Qualität Esche , Griff arbeitet nur leicht mit .
Auszug 30"
2*30 + 8" Sicherheit + 4" Griff = 72"

Gruß acker
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Chirion
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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von Chirion » 17.05.2011, 15:19

ist es beabsichtigt acker dass, dein Beispielbogen3 mit leicht mitbiegenden Griff um 1-2" (72")länger ist als der mit starrem Griff mit Sicherheit (68"+2-3"=70-71")aus Bsp1
Chirion lehrt Pfeil und Bogen zugleich zu sein und eins mit dem Ziel zu werden

Den Bogen gespannt, durchstreifst du, der Beute entgegen, die Schattentäler der Nacht

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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von acker » 17.05.2011, 16:10

Na der andere als Flatbow ( stand aber nicht dran , habe es mal geändert) ist ja breiter , zudem wurde da von einem guten Holz ausgegangen
Bei dem anderen nur von einem Mittelmäßigen.

Es ist und bleibt immer eine Frage dessen was das Holz , Design und Bogner zusammen als dauerhaften Bogen hergeben können im Zusammenspiel .
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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von Frankster » 17.05.2011, 18:32

Bei geringerer Zugstärke kann der Bogen durchaus kürzer sein. Auch sind die Holzarten unterschiedlich elastisch. Z.B. bei Wachholder kann der Bogen wesentlich kürzer ausfallen. Vielleicht ließe sich noch irgendwie das Zuggewicht mit in die Formel einbauen?

Grüße
Nimm nicht den ganzen Baum wenn Dir ein Ast genügt

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Morten
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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von Morten » 17.05.2011, 23:13

Aber das soll doch bestimmt ein richtwert sein, oder?

Einen ELB mit Kreisbogentiller von 150cm mit tiefem quadratischem Querschnitt wird es bei 28" Auszug eher zerreissen, als einen flachen Bogen mit nah am Griff biegenden WA.

Und eine 5mm dünne Leiste aus Buche oder Eiche (keine Bogenhölzer) kann ich mit etwas Glück über 180° biegen, bis sie bricht.
Einen guten Bogen würde die Leiste aber deshalb nicht abgeben... ::)

Morten

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acker
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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von acker » 17.05.2011, 23:26

Es geht hier um realistische dauerhafte Bogen , Bogen die auch halten ...steht doch oben ganz klar !

Keine extreme , kein wenn ich das mit dem und dann so ja dann könnte es aber gehen , interessiert hier in der Betrachtung nicht.

Ob Tante Frida aus dem Holz vom Teebaum nen 50" Bogen mit 35" Auszug gebaut hat ist total uninteressant

Frankster: Wacholder kann man kurz bauen , klar aber dann muß was gemacht werden ? Richtig die Enden reflex und am besten ein Sehenbacking .
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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von tomtux » 18.05.2011, 00:59

die länge eines bogens ist natürlich von ein paar mehr faktoren abhängig als diese faustregeln wiedergeben können.
die beispielrechnungen und angaben von acker decken aber gut 90% der normalen bögen ab und sind für einsteiger eigentlich ein mindestmass!
etwa die hälfte der vorgestellten anfängerbögen halten sich nicht an diese regeln und scheitern kläglich.

ja, man kann kürzere bögen bauen.
dazu braucht man in so ziemlich allen bereichen des bogenbauens vor allem eines, erfahrung. dazu ein wenig talent und gefühl fürs holz und die grundlegenden physikalischen zusammenhänge.

brauchbares bogenholz ergibt nach diesen regeln brauchbare bögen.

ein paar leute können nach vielen gebauten bögen aus fast jedem holz gute bögen bauen. die müssen, um gut zu werfen vielleicht länger, kürzer, breiter, getempert, gebackt oder sonstwas sein und passen nicht in diese faustformeln. für jeden halbwegs normalen, annähernd geraden bogen passt das aber sehr gut.
"snake-jo hat aber eine zwetschgenbogen mit 35#auf 28" ohne backing mit 54" gebaut" ist KEINE faustregel sonder ein extrembeispiel was mit SEHR viel erfahrung und gefühl alles machbar ist.

die einzige ergänzungen, die ich machen möchte:
1.)der biegende, also der wirklich arbeitende bereich eines wurfarms sollte mindestens der auszugslänge entsprechen.
2.)je zweifelhafter die holzqualität desto länger sollte der bogen werden.
breiter hilft bei sprödem oder kurzfasrigem oder sehr feinjährigem (laub)holz nicht, länger schon.

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Theron
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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von Theron » 18.05.2011, 01:02

Ich bin Anfänger und baue meine Bögen immer reichlich überdimensioniert, gebrochen ist noch nie einer :-)
So Anhaltspunkte braucht es wenn man anfängt, extremer wird es von ganz allein!
Als Hirnstütze ist das Klasse

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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von gian-luca » 18.05.2011, 11:31

@ tomtux:
der wirklich arbeitende Bereich des Wurfarmes sollte dem Auszug entsprechen? Was machst Du mit den steifen Wurfarmenden, die bei jedem gut getillerten Bogen vorhanden sind und die nicht mitarbeiten? Werden die dazugezählt, sprich verlängerst Du den Bogen um 15-20cm? Das würde dann Wurfarme von rund 90 cm bei 28 Zoll Auszug ergeben und das wäre doch ein bisschen viel.

Ich denke bei Zuggewichten so gegen die 60 Pfund reichen bei einem Flatbow 50-55 cm arbeitender Bereich völlig aus, natürlich bei angemessener - d.h. der Holzdichte angepasster - Breite.
Je 'möllegabetischer' der Bogen dann wird, desto breiter muss auch der arbeitende Bereich ausfallen.

Je nach Tillerbild und Massenverteilung kann die Wurfarmlänge massiv varieren, drum sollte das auch mit in die Berechnung einbezogen werden. Das ist ja das was ein guter Bogenbauer beim Tillerprozess auch 'von selbst' macht ;)

gruss,
gianni

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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von tomtux » 18.05.2011, 11:51

da hast du nicht unrecht gianni, das gilt eigentlich nur für einen sehr konservativen langbogen.
da wären es 69+-1" für 28" auszug und steifen griff.

ein mölle ist aber auch, wenn er effizient sein soll, nicht wirklich ein anfängerdesign. da habe ich schon zu viele an den fahnenübergängen splittern gesehen.

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Re: Wie lang muß ein Bogen sein ?

Beitrag von gian-luca » 19.05.2011, 09:19

Hallo Tomtux,

ja das kommt hin, für einen 'ELBischen' Bogen. Wenn man das Teil aber nicht aus Eibe oder ähnlich geeigentem ELB-Holz bauen will oder kann und trotzdem schön schmal bleiben will oder ein stärkeres Modell haben möchte, kann man ruhig auch deutlich länger bauen. So 180-190cm also 70-75 Zoll bei leichtem Holz schaden gar nix...

Für Anfänger die Ihren ersten Bogen alleine angehen wollen empfehle ich immer einen pyramidalen Flachbogen mit etwa 25-30cm steifen Griffbereich (inkl. fades) und Wurfarmen die 1-2cm länger sind als der Auszug.
Durch die die pyramidale Verjüngung der Wurfarme kann unmittelbar nach den Fades ein ein schön gleichmässiger Kreistiller angestrebt werden. Wenn zudem beim Zusägen die Wurfarme schön gleichmässig dick gehalten werden, dann ist der richtige Tiller schon 'eingebaut'. Mich dünkt auch, dass Anfänger mit einem Kreistiller weniger Mühe haben als mit einem ellyptischen.

Die letzten 15cm der Wurfame können dann gut steif belassen werden und es ist noch genug Holz da um etwaige Tillerfehler auffangen zu können. Falls der Bogen zu schwach wird kann zudem noch gut gekürzt werden ;)

Gruss,
gianni

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