Seite 1 von 2

Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 07:10
von shokunin
Es wurde an anderer Stelle mal gesprochen, dass ich evtl Rohteile für meine Tonnenmesser hier mal als "Bausatz" zur Verfügung stelle...

viewtopic.php?f=17&t=19987&start=375

Ich hab' dafür vor einer Weile schon einmal Gussmodelle gebaut, die einen Bau ohne grosse Maschinen, Lötungen usw ermöglichen sollten, kam aber bis jetzt nicht dazu es mal zu probieren.
Naja, nun hab' ich endlich mal eines meiner "Bausatz-Messer" montiert. Etwas handwerkliches Geschick ist schon hilfreich... aber es ist kein Hexenwerk und geht rein mit Handwerkzeugen.
Ausser elektrischer Bohrmaschine hab' ich keine Maschinen verwendet. Ich arbeite mit einer Hängebohrmaschine, Dremel geht aber sicher z.b. auch - und wenn jemand total ohne Motorkraft auskommen will/muss, dann geht sicher auch Drillbohrer oder Dreul.

Hier für den Anfang mal Bilder vom fertigen Produkt und den Teilen...

Danach werde ich Bilder vom Bau mit kurzer Beschreibung reinstellen. Ich will hier keine Romane schreiben - ich stell' einfach viele Bilder ein, die sprechen hoffentlich für sich...

Wir haben ja ein paar Kandidaten, die die Dinger nachbauen werden, da wird man dann schon sehen ob es noch weiterer Erklärungen bedarf. Wäre schön wenn die Leute dann hier auch ihren Bau ein wenig dokumentieren könnten, damit da eine möglichst umfassende Anleitung draus wird.

Oh, und gleich noch vorab...
ich hab eigentlich kein Interesse diese Bausätze gewerblich an zu bieten. Das war eine einmalige Aktion und ich hab' meine Leut'... die gezeigten Teile sind also schon vergeben.
Ich kann evtl schon im Einzelfall mal den einen oder anderen Satz Gussteile liefern, was ich definitiv aber nicht ein zweites Mal machen werde, ist all die restlichen Teile vor zu bereiten.

Ich werde aber auch Bilder vom Bau anderer Modelle dieser Messerart reinstellen, und auch zum Bau der Endkappen z.B.. Es kann also dann hoffentlich auch jeder, der wirklich will, so ein Ding auch komplett selbst bauen.

Ich besitze leider kein original-skandinavisches "Tunnkniv". Ich habe aber ein französisches, das hier Pate gestanden hat.
In Skandinavien hat man in den 50er Jahren aufgegeben die Dinger zu produzieren. Der einzige Hersteller, den ich kenne, der sie noch serienmässig herstellt, ist Jean Michel Remaud in Frankreich.
Die Remaud-Messer sind vergleichsweise simpler - ich werd' hier auch meines noch ablichten. Der Grund wieso ich beschlossen hatte etwas "aufwändiger" zu bauen war zweifach:
1. diese Messer haben alle hinten eine Platte mit Ring dran, durch die der Verschluss-Drücker geht. Das wollte ich möglichst fertig und in möglichst wenigen Teilen haben.
2. Remaud faltet seine Griffe aus einem Blechstreifen - eigentlich die simpelste Methode... aaaaber man muss für eine saubere Faltung etwas tüfteln. Und man muss ja hinten dann immer noch Endplatte und Ring fertigen, vernieten (oder löten) usw. Ich habe den Endteil hier fertig und niete nur meine Seitenbleche dran.
In der Gesamtheit sollt meine Version also nicht aufwändiger sein, sondern einfacher.


Ok,... letzter Kommentar bevor die Bilder kommen...

der Griff hier ist etws kurz. :-[
Das war nicht wirklich gewollt, ich hatte halt ein Rest-Stück Birke...
Länge dieses Messers kann jeder in einen gewissen Rahmen variieren, man muss halt den Griff etwas länger oder kürzer machen...
Ich hab' hier ca 90mm Griff - 95mm wären besser.

Ich werde den Griff wahrscheinlich noch einmal machen ...und dann zum etwas kurzen Griff ein kürzeres Messer. Eigentlich sollte der Angelpunkt der Klinge mindestens zur Hälfte im Griff sein. hier ist er momentan komplett sichtbar - nicht so super-elegant....

Naja, hier aber nun die Bilder...

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 07:28
von shokunin
So, nun zum Bau...

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 07:50
von shokunin
So, Klingenrohling soweit fertig...
Man sollte nun evtl auch schon die Flachseiten des Angelpunktes an der Klinge polieren... die sollten natürlich wirklich plan und parallel sein damit das Gelenk möglichst spiel- und verschleissfrei arbeitet.
Wie schon gesagt, ich hatte nur 3,2mm Stahl, es gibt aber auch fertien Präzisionsflachstahl in 2,5mm. Da muss man dann nix mehr machen ausser polieren.

Naja, nun aber weiter...
Herstellung des Messer-Körpers...

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 07:54
von Laurinus
Mal wieder (Kunst-)Handwerk vom Allerfeinsten!

Danke für´s Zeigen!

LG Laurinus

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 07:59
von shokunin
So,... Enden abgeschnitten und gefeilt, kommt nun die Feder für den Verschluss...

Die ist aus 1.2842 Stahl geschliffen. Man mus sie nicht härten, das was sie leisten muss, kann sie auch so.
Breite wird gefeilt bis sie etwa (...fast) durch das Endstück passt. Feder wird später etwas gebogen, sollte momentan aber plan bleiben.

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 08:20
von shokunin
Nun werden die Endkappen grob angepasst und dann alle Teile vernietet.

Dazu ist es sinnvoll erst einmal alle zu vernietenden Flächen (also eher die Innenseiten) sauber und plan zu schmirgeln. Ich nehm' dazu Schmirgelhölzer in verschiedenen Körnungen.

Man sollte nun auch den Körper mit den Stiften zusammenstecken und alle Seitenkanten bündig feilen.

Durchlassbreite der Kappen ist etwas unter 14mm, man hat also etwas Spiel. Bis man die Kappen aber passend zum Messer-Körper macht, sollte dieser natürlich möglichst auf Fertigmass sein.

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 08:41
von shokunin
Nun haben wir auch eine funktionierende Arretierung, das Messer kann nun fertig montiert werden - bisher ist ja nix fest vernietet.

Ich habe hier die Feder zuerst angenietet - der Grund war weil man sonst schwer was unterlegen kann, da der Nietkopf unten ja innen im Messer ist, da wo die Klinge sitzt. Nieten ist da jetzt am Einfachsten, bevor die Seitenteile vernietet sind.

Nachteil ist, dass die Feder dann aber nach dem Vernieten der Seitenteile das Versäubern dort erschwert...

Bei mir geht es nur so, weil ich die Feder so baue, dass man sie auch nur schlecht nachher rein bringt. Es geht aber auch anders... Herr Remaud baut sehr grazile flache Drücker, die bringt man z.B. immer rein.

Naja, bei mir geht es mit der Feder weiter...
die wird leicht gebogen, und auch etwas flacher gefeilt. Bislang hat sie ja nur gerade mal so gepasst, sie soll aber ja Luft haben um zu federn...

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 08:43
von shokunin
So....

ich mach' jetzt mal eine kurze Pause... ::)

...dann kommt der Griff.

Gruss,
Mark

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 08:56
von Bogenhannes
Ich schau hier gerade rein und dann... :o Wow :)
Meinen allergrößten Respekt vor deiner handwerklichen Kunstfertigkeit.
Danke für das Zeigen und deine Mühe mit den Fotos.

Wofür benutzt man Tonnenmesser?

Gruß
Johannes

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 09:46
von shokunin
Zum schneiden von Tonnen... ;D

ernsthaft...

das Tonnenmesser, "Tunnkniv" im Schwedischen glaube ich, ist eben das "nordische Messer für die Hosentasche". Hat man Ende 19. Jhd in Skandinavien entwickelt und bis in die 50er Jahre gebaut. Es war aber wohl schon eher ein Gimmick, es ist einfach zu aufwändig solche Messer präzise und robust zu bauen. Ich hab' mal eines in der Hand gehabt, weiss allerdings nicht woher, das war derart klapprig - bestenfalls als Brieföffner tauglich.
Die guten skandinavischen sind aber sehr brauchbar und auch sehr sammelbar. Google mal "Barrel Knife"...

Soooo,...
nun der Griff...

Körper und Mechanik ist soweit gemacht, Kappen passen knapp...

Der Verschluss sperrt noch nicht... das kommt ganz zum Schluss.

Ich hab', wie gesagt, hier Birke ausgesucht... die war aber etwas kurz. Ich hatte eigentlich Rüster geplant gehabt, der war aber innen rissig... >:(

Naja Länge ergibt sich eigentlich eben aus der Klinge... ich gebe hier bewusst kaum Maße an, man kann die Dinger ja bauen wie man will. Kommt auf die Hand des Benutzers an...
Die Gussteile hier sind so, dass der Körper ca knappe 5mm x 13,5-14mm Querschnitt braucht. Länge ist aber frei Wählbar.

Also,... nun der Griff...

Ich mache mir normal einen Rohling zurecht - grob "oval-achteckig" ca 23-4 x 27-8mm
Dann zeichne ich die Kappenenden grob an und reisse mit dem Zirkel die Kappenhöhe an (- minus Dicke Kopfplatte, also ca je 2mm oben und unten).
Dann säge ich mit der Laubsäge (sehr feines Blatt) an der Linie für die Kappen-Unterkante ein - ca 3mm für den Anfang.
Nun kann man mit Messer und Meissel die Enden Oval-konisch zuschnitzen.

Wenn man an den Punkt kommt wo die Kappen anfangen zu passen, kann man die Enden mit Kalk/Kreide/Gips einpudern. Wenn man dann die Kappe drauf steckt, zeichnen die Brührungspunkte mit dem gekalkten Untergrund schwarz... dann schnitzt man einfach das Schwarze weg und widerholt...
Zum Schluss wird noch mit der Feile geglättet. Schmirgeln braucht es nicht - rauhe Öberfläche ist gut für Epoxy.

Dann kommt das Loch mitten durch...
ich bohre das mit kleinem Bohrer an, so weit er halt reicht, und pople dann mit Messer, Stichel, Meissel, kleinen Feilen usw die Öffnung aus. Da muss jeder schauen was er hat das gehen könnte...

Zuletzt kommt Verkleben der Kappen... Form fertig schnitzen, feilen (mitsamt Kappen), schmirgeln... und dann erst ganz zum Schluss die Verriegelung...

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 09:55
von shokunin
wenn alles passt wird geklebt...
dazu Messer durchstecken und zusehen, dass zur Klebung alles sauber fluchtet...
Ich nehme zum Kleben das Messer raus, es kann aber auch auch drin bleiben. Dann kann man sicher sein es verzieht sich nix... hat aber das Risiko man baut ein stehendes Messer, wenn man es versehentlich einklebt :P

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 10:27
von MoeM
Hey Mark,
super Anleitung, werd sie bei Gelegenheit ausführlich nachvollziehen...
Als Ergänzung, die deutsche Bez. lautet "Fassmesser", engl. "barrel knife" und nach dem was ich so im Netz gefunden hab wurden sie eine Zeitlang auch als Massenprodukt in Solingen gefertigt. In Skandinavien gibt es heute noch ein paar Messermacher, die sie , zumindest auf Bestellung, herstellen. (z.B. der wiederum aus Solingen emmigrierte Alfred Dobner^^)

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 11:18
von shokunin
Danke für die Infos... :)

Nachdem die Dinger im Skandinavischen "Tunn-kniv" und im Französischen "Cuteaux Tonneau" heissen kam mir Tonnenmesser als der sinnvollste Begriff vor... hatte keine Ahnung, dass die hier auch mal gebaut wurden.

Es stimmt schon, gelegentlich sieht man sie noch als "Messermacher-Spielerei" als Einzelstücke gefertigt... meist mit entsprechendem Preis. Wirkliche "Massenherstellung" gibt es wohl nirgends mehr. Herr Remaud stellt sie in Serienfertigung her, da kosten die Dinger ab €170.- ca. Man findet sie, in gut sortierten Coutelleries in Frankreich noch ganz regulär zu kaufen.

Ich stell' später noch ein paar Bilder zum Bau der Kappen z.B. rein, momentan sitze ich aber vor dem falschen Rechner... :-\

Gruss,
Mark

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 13:28
von Holzbieger
Hallo Mark,

Ganz tolle Anleitung, hat bestimmt ähnlich lange gedauert diese zu machen wie das Messer selbst (oder zumindest den Bauppozess verlangsamt) ::)

Eine Frage. Im Bild in dem Du Deine Nietpunzen zeigst ist eine kleine Kappe mit einer Flüssigkeit drin (Öl?) hat diese eine Funktion oder ist das Dekoration?

Zudem gefällt mir, dass Dein Arbeitsbereich ähnlichh "unaufgeräumt" ist wie bei mir. Für das kantige Werkzeug (Vierkantfeile?) auf der Schieblehre hätte mich mein Ausbilder damals allederdings in den Senkel gestellt (für einen Werkzeugmacher sind seine Messmittel "heilig"). Ich geb aber zu mir passiert das heute auch.

Gruß

Roland

Re: Tonnenmesser zum Mitbauen

Verfasst: 21.06.2014, 13:45
von shokunin
Heilig ist mir kaum was... ::)

Ja, das ist Öl in der kleinen Schale, ist aber zum Eintunken von Bohrern und Fräsern.

Gruss,
Mark