Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
Antworten
Benutzeravatar
Ilmarinen
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1248
Registriert: 09.12.2014, 22:15

Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Ilmarinen » 06.12.2015, 22:09

Hallo zusammen.
Ich habe mir beim letzten Q&D einen Osage-Bogen gebaut. Da der Stave recht kurz war hat er nur einen Auszug von maximal 25''. Mein normaler Auszug liegt bei 28'' mit Ankern am Mundwinkel.

Wie schießt man denn Bögen mit so kurzem Auszug? Ich kann natürlich den Bogenarm gekrümmt lassen und als Ankerpunkt das Handgelenk am Kinn nehmen, aber die Haltung ist dann recht verkrampft.

Könnt ihr mir einen Tipp geben?

Grüße

Jörg
„Der archimedische Punkt, von dem aus ich an meinem Ort die Welt bewegen kann,
ist die Wandlung meiner selbst.“ Martin Buber

Benutzeravatar
SchmidBogen
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1106
Registriert: 09.02.2014, 01:29

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von SchmidBogen » 06.12.2015, 22:13

Instinktiv schiessen ohne zu Ankern.

Auf den Zielpunkt schauen, Bogen anlegen, spannen und gleich bei 25" loslassen, ohne zu Ankern.
Verwende dafür Pfeile die man auch nur 25" ausziehen kann, dann musst Du Dich nicht zu sehr auf das Ausziehen konzentrieren, sondern nur auf Dein Zielpunkt.

Bei Holzbögen ankert man sowiso besser nicht. Dafür gibts Glaslaminatbögen wo das Ankern aushalten.
- Tradition trifft Moderne -

Benutzeravatar
Haitha
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 3648
Registriert: 14.09.2010, 08:31

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Haitha » 06.12.2015, 22:19

Bau die Pfeile kürzer, ansonsten alles gleich, nur evt Brustanker. Wenn überhaupt ankern. :)
Fall down seven times, stand up eight.

Carve a little wood, pull a few strings and sometimes magic happens - Gepetto

Sateless
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4182
Registriert: 02.01.2010, 19:11

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Sateless » 06.12.2015, 22:34

Meiner Meinung nach ist ein zu kurzer Auszug Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.
Frei nach dem Spanmacher ausgedrückt.

Trotzdem gibt es auch diese Meinung
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

tommi370
Full Member
Full Member
Beiträge: 146
Registriert: 12.10.2006, 08:10

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von tommi370 » 07.12.2015, 11:04

sateless

dann waren die Plains-/Prärieindianer mit ihren kurzen Flitzen wohl untrainierte Doofköppe ....

nee, mal im Ernst, ist Übungssache. Ich schieße momentan (wenn ich mal dazu komme) Bögen mit einem Auszug von 18-22 Zoll mit fliegendem Anker.
Es gibt nicht nur ein Art des Bogenschießens ...

Gruß
Thomas

Benutzeravatar
mbf
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1538
Registriert: 01.09.2004, 11:14

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von mbf » 07.12.2015, 11:25

Bei den vielen Arten des Bogenschießens muss man sich immer im Klaren über die Randbedingungen sein. Gab es vielleicht kein Material, um lange Bögen zu bauen? Welche Beute war das Ziel? Welcher Teil der Beute war das Ziel? Beispiel: Buschleute haben häufig kurze Bogen, verwenden dafür vergiftete Pfeile. Da reicht ein Körpertreffer aus, zudem muss man sich nicht mit unhandlichen Bogen abplagen. Unter diesen Randbedingungen passt das. Da schießt aber auch keiner auf Turnierentfernungen von, sagen wir einmal, 60 m. Oder 144 Pfeile am Tag.

Wer etwas nachmacht, sollte sich daher immer in Klaren sein, was er da nachmacht, sonst artet es schnell zu einer Parodie aus.

Einen Bogen schießen zu wollen, der halt gerade da ist, aber unpassende Maße hat, halte ich nicht für zielführend. Ein Bogen muss zum Schützen passen - oder man entscheidet sich bewusst dafür, bestimmte Stile zu erforschen. Dazwischen gibts m.E. nicht viel. Option: ein paar Pfund runternehmen und als Kinderbogen umbauen?

Sateless
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4182
Registriert: 02.01.2010, 19:11

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Sateless » 07.12.2015, 12:29

Thomas, wie bitte willst du das bitte aus meinem Beitrag gelesen haben? Du könntest höchstens der Meinung sein, ein fliegender Anker beinhalte ein Ankern, auch wenn dieses Ankern null Sekunden dauert. Das sehe ich eben anders, und es wurde hier obendrein explizit nach Ankern gefragt, weshalb dies auch in meine Antwort einfließt.
Dieser mögliche Unterschied ist das Einzige, was mir einfällt.

Und ja, ein "fliegender Anker" würde die ganzen Nachteile eines zu kurzen Auszuges kompensieren, allerdings auch wieder zu einem Preis, während man keine Druck hat, auch nur einen dieser ganzen Nachteile in Kauf nehmen zu müssen, außer dem Seelenschmerz um die Nutzbarkeit dieses geliebten Osagebogens. Dieses Dilemma mit der Auszugslänge habe ich selber unzählige male durch ... und es war immer Grütze, wenn der Auszug zu kurz ist. Zu lang ist auch Quark, aber zu kurz ist eben noch untauglicher. Und darum ist meine Meinung eben wie sie ist. Auf lange sicht ists das nicht wert. Mittelfritig auch nicht, und Bogenschießen ist einfach nichts kurzfristiges. Fertig aus.

Und wie bitte kommst du auf die totale Fehlannahme, ich würde nur eine Art des Bogenschießens kennen? Das kann doch nicht dein Ernst sein? Nichts ist mir ferner! Und das ist kein Esogequatsche sondern ich habe auch mehrere unterschiedliche Arten des Bogenschießens erlernt und geübt. Und dann hab ich im selben Beitrach auchnoch 3 unterschiedliche Haltungen gezeigt! ::)

Und um eines noch am glasklarsten zu stellen: Die damaligen Plainsbewohner waren keine untrainierten Doofköppe, sondern Menschen, die mit Hilfe der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen sich die Möglichkeit verschafften, so riesige und wehrhafte Tiere, wie das Bison zu jagen. Das ist eine ganzschön clevere Leistung! Wenn jetzt allerdings behauptet werden soll, dies sei ohne Kompromisse geschehen, dann muss man da auch widersprechen, weil das wiederum Quatsch mit Sauce wäre.

Herzlichst und direkt,
Simon
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

Benutzeravatar
killerkarpfen
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 2855
Registriert: 06.02.2005, 17:15

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von killerkarpfen » 07.12.2015, 12:38

MBF das ist sehr gut formuliert.

Ich darf jammern auf höchstem Niveau, dessen bin ich mir bewusst! Trotzdem, ich schiesse seit einigen Jahren den gleichen Bogen und baue neue, einen nach dem andern. Der alte hat längst ausgedient und sollte schon bei seinen pensionierten Brüdern hängen. Doch es wird kein neuer, der mir so wie der alte in der Hand liegt.

Es ist schon so, das Holz sagt mir was es werden will sonst macht es keinen Sinn. Diese Bögen schiesse ich auch ein, dann finden die meisten einen glücklichen Besitzer. Nur ich nehme nach wie vor den alten mit. Wie das Leben halt so spielt. Natürlich kenne ich das stolze Gefühl auch, wenn etwas neues entstanden ist. Das gibt keiner so leichtfertig weg. Mein Ehrgeiz auf dem Parcour oder am Turnier ist aber genau so gross da darf es nicht am Material liegen.

Meinen Schiessstil einem neuen Bogen anzupassen geht nun gar nicht da müsste ich ja fast bei Null anfangen.
Eppur si muove

Benutzeravatar
Snake-Jo
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 8675
Registriert: 10.10.2003, 11:05

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Snake-Jo » 07.12.2015, 13:23

Ich sehe hier überhaupt kein Problem: Wenn ich einen traditionell kurzen Bogen baue (z.B. einen Indianerbogen), bei denen aufgrund des Materials und der Machart kein langer Auszug möglich ist, dann ankere ich eben mit dem Daumen im Mundwinkel, statt mit derZeigefingerkuppe, strecke die Hand und habe dann bei gleichem Anker einen rund 15 cm kürzeren Auszug. Zugegeben: Schulterspannung und Ellbogenstreckung leiden etwas, aber geht noch.
So kann ich diese kurzen Bögen einschiessen, bis sie eventuell einen neuen Besitzer mit natürlicherweise kurzem Auszug gefunden haben.
Genauso beim Ausprobieren: Ich möchte einen Bogenanfänger anlernen, habe aber nur Bögen mit einer Minimalzugkraft von 35 lb/ 28" , was für manchen Anfänger schon zuviel ist. Da muss dann zwingend ein kürzerer Auszug her, aber bitteschön mit Anker für den anfänglich sauberen Schießstil mit Standardschussaufbau.

tommi370
Full Member
Full Member
Beiträge: 146
Registriert: 12.10.2006, 08:10

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von tommi370 » 07.12.2015, 17:24

Sateless hat geschrieben:Thomas, wie bitte willst du das bitte aus meinem Beitrag gelesen haben?


aus Deiner Formulierung :"kurzer Auszug ist Körperverletzung usw." Gut, ich hätte es etwas "sanfter" ausdrücken können. Es war von mir nicht böse gemeint. Auf mich wirkte das wie das Übliche: "So musst du schießen und nicht anders."

Trainingseffekt sehe ich schon, sofern man regelmäßig so schießt. Will man weiter mit langem Auszug schießen macht das gelegentliche "Zupfen" wenig Sinn. mbf hat es schön beschrieben. Vor zig Jahren habe ich mit langem Auszug angefangen, seit längerer Zeit schieße ich nur noch die kurzen Dinger und es liegt mir besser. Dass das auch Nachteile hat, ist mir schon klar.

Gruß
Thomas

Benutzeravatar
Ilmarinen
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1248
Registriert: 09.12.2014, 22:15

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Ilmarinen » 07.12.2015, 21:16

@all
Danke für die Tipps und unterschiedlichen Meinungen.

@satless
Danke, die Zeichnungen sind hilfreich.

Trotzdem kann ich zustimmen, dass das Wechseln zwischen langem und zu kurzem Auszug nicht gut für das Training ist.

Grüße

Jörg
„Der archimedische Punkt, von dem aus ich an meinem Ort die Welt bewegen kann,
ist die Wandlung meiner selbst.“ Martin Buber

PeterOStecher

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von PeterOStecher » 20.05.2016, 17:36

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man den Auszug am ehesten mit 1. gebeugtem Bogenarm und 2. mit Kopf in Zielrichtung hängen lassen, verkürzen kann - und man kann trotzdem kurz ankern am Mundwinkel. Howard Hill hatte so einen Stil, er war über 185 und schoss 26 1/2" Pfeile (Scheibenpfeile), auf alten Fotos/Videos kann man sehen wie er das machte. Diese Methode ist langfristig präziser als ein "Luft-Anker", denke ich. Die Pfeile sollten entsprechend gekürzt sein. Ein "langer" Auszug bringt keinerlei Vorteile beim "praktischen" Schießen, vielleicht beim Olympic-Schießen.

Anasazi
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 588
Registriert: 17.12.2003, 14:10

Re: Ankern bei Bögen mit "zu kurzem" Auszug?

Beitrag von Anasazi » 21.05.2016, 13:01

Howard Hill lag da dann irgendwo zwischen 2b und 2c (Bild von sateless).

Ansonsten sehe ich das wie Snake-Jo. Es stellt gar kein Problem dar, den Auszug zu verkürzen, um einen entsprechenden Bogen vernünftig schiessen zu können. Mit so einem kurzen Plainsbogen kommt ja auch keiner auf die Idee ne "Fita" Runde zu schiessen. Bei einem normalen 3D Turnier (28 Stationen) muss man sich schon ziemlich anstrengen, wenn man mehr als 84 Pfeile schießen muss ;)


...und damit das Ankern nicht vergessen wird: Man kann mit den Fingern am Ohrläppchen, im Mundwinkel, am Kinn oder an der vorderen oder hinteren Brust ankern. Man kann statt Fingern auch das mittlere Daumengelenk, das hintere Daumengelenk oder die Handwurzel als fühlbare Referenz an die oben genannten Stellen nehmen - alles reine Übungssache. So deckt man dann Auszüge von ca 20" bis hin zu 30" als normal gewachsener Erwachsener ab (bei den großen oder den mit langen Armen sind es dann 23-33" ;) ). Solche Vielfalt mit "Einfalt" kultivieren zu wollen, ist in meinen Augen der falsche Weg, wenn nicht sogar geistige Körperverletzung 8)

Antworten

Zurück zu „Technik“