Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Themen zum Bogenbau
Antworten
Benutzeravatar
killerkarpfen
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 2855
Registriert: 06.02.2005, 17:15

Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von killerkarpfen » 14.07.2017, 12:53

Ja ich spiele etwas mit den Gedanken, da stellt sich mir aus aktuellem Anlass die Frage, was passiert physikalisch wenn ich einen Bogen kürze. Irgend wie will es gerade nicht mit der Vorstellungskraft

Wenn ich einem fertigen Bogen, angenommen 200 cm und 50 lbs
ein Stück von 10% abschneide, was passiert dann?

Klar der Bogen wird stärker sein, denn bei gleichem Auszug wird er partiell mehr biegen.
Kann man das stärker werden auch prozentual berechnen?

Er wird schneller sein, aber warum? nur weil er leichtere Wurfarme hat, oder weil er mehr biegt?
sind da noch andere Faktoren und wie hängen die von einander ab.

Dritte Frage. Hat der Bogen nun mehr Perfomance wenn ich mit dem gleich schweren Pfeil schiesse? Sprich fliegt nun der Pfeil weiter oder bleibt es sich gleich.

Ich kann mir das gerade nicht so vorstellen. Vielleicht hilft mir wer auf die Sprünge.
Eppur si muove

Benutzeravatar
schnabelkanne
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 5553
Registriert: 11.10.2012, 05:36

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von schnabelkanne » 14.07.2017, 15:26

Servus,
In der Bibel Bd. 1 S 307 steht:" für jede Verkürzung um 1% steigt das Zuggewicht um 5%".
Der Bogen wird stärker, er wird aber auch mehr belastet da der biegende Bereich verkürzt wird, kannst du auch mit Recurves erreichen. Wenn du also um 10% kürzt wird der Bogen um 50% stärker sein - wenn er es aushält ;D
Lg Thomas
The proof of the pudding is in the eating!

Benutzeravatar
Grombard
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2038
Registriert: 24.07.2016, 19:35

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von Grombard » 14.07.2017, 22:40

Also das mit den 1% 5% müsste man mal mit Versuchen belegen.

Der Bogen wird schneller, je kürzer er ist.
Genaue physikalische Erklärung hat sicher jemand.
Aber je kürzer um so weniger Trägheit.
Hebel und so weiter.
Nimm einen dicken kurzen Stock und bewege den ausgestreckt schnell hoch und runter.
Nimm einen langen dünnen Stock mit selbem Gewicht und es dürfte schwieriger sein diesen gleich schnell zu wedeln.

Der Pfeil sollte witer fliegen, da ja mehr Pfund in den selbigen gepumpt werden.
Vorrausgesetzt natürlich, der Pfeil bewegt sich in normalen Dimensionen.
Wenn der Pfeil z.B. 500 grain wiegt, hast du bei 50# 10gpp und bei den laut Schnabelkanne theoretischen 75# 6,67 gpp.
Das gibt dann einen schnellen Pfeil und verkürzte Lebensdauer.
Wenn der Pfeil um die 700 wiegt wäre es natürlich passender.
Wenn der Pfeil um die 300 wiegt fliegt er im Zweifelsfall nur ein paar cm, weil dann der 75# Bogen wahrscheinlich beim ersten Schuss platzt. ;D
irgendwas is ja immer

Benutzeravatar
Heidjer
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 6860
Registriert: 16.08.2006, 22:00

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von Heidjer » 15.07.2017, 09:09

Grombard hat geschrieben:Wenn der Pfeil um die 300 wiegt fliegt er im Zweifelsfall nur ein paar cm, weil dann der 75# Bogen wahrscheinlich beim ersten Schuss platzt. ;D


Das stimmt nicht, das wird ein einmaliger Rekordschuss weil der Bogen erst beim verlassen des Pfeiles explodiert, wenn er die nicht an den Pfeil abgegebene Energie verarbeiten muss. ;)


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

Benutzeravatar
Grombard
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2038
Registriert: 24.07.2016, 19:35

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von Grombard » 15.07.2017, 11:33

Das stimmt natürlich.
Denkfehler meinerseits.
War schon spät. :P
Aber anschließend ist die Schussleistung auf jeden Fall nachhaltig beeinträchtigt. ;D
irgendwas is ja immer

AndiE
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1040
Registriert: 30.12.2012, 08:35

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von AndiE » 15.07.2017, 22:18

Hallo

Dann würde beim Flightschießen jeder Bogen nur einen Schuß machen.

MfG
Andi
37#@28" 64" WB Bär Prototyp
40#@28" 66" A&H ACS

Benutzeravatar
Grombard
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2038
Registriert: 24.07.2016, 19:35

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von Grombard » 15.07.2017, 22:45

Man kann natürlich auch jedes Wort auf die Goldwaage legen.

Die Frage des Themenerstellers war unter anderem, ob beim kürzen eines Bogens die vorher benutzten Pfeile weiter fliegen.
Ich habe versucht, die Streubreite der möglichen Ergebnisse mit in alle Richtungen gehenden Beispielen zu beleuchten.
Ich schrieb "wahrscheinlich....platzt" nicht "definitiv". ::)

Entschuldigung, dass ich was zum Thema geschrieben habe.
irgendwas is ja immer

Benutzeravatar
killerkarpfen
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 2855
Registriert: 06.02.2005, 17:15

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von killerkarpfen » 16.07.2017, 13:18

Jep
Irgend wie muss ich die Frage noch präzisieren.
Eigentlich wollte ich wissen wie sich die Energie auswirkt wenn der gekürzte Bogen wieder auf das gleiche Zuggewicht wie vorher gebracht wird.

Der Vergleich mit dem wedelnden Stock geht genau in diese Richtung.
Ist es nun der optimalere Hebel oder die verringerte Masse?
Eppur si muove

Benutzeravatar
Blacksmith77K
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 6025
Registriert: 17.09.2010, 22:55

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von Blacksmith77K » 16.07.2017, 13:53

Nuja, dann hast du weniger zu bewegende Bogenmasse und bei gleicher Auszugsweite einen kleineren Biegeradius. Sofern das Holz sich nicht setzt, hast du bedingt durch beide Faktoren einen messbar schnelleren Bogen.
...du biegst nicht den Bogen, der Bogen biegt Dich!

76" Yew Warbow (ELB) 135#@32"
74" Yew Warbow (ELB) 105#@32"



...and several yew warbows...

Benutzeravatar
Ravenheart
Forengott
Forengott
Beiträge: 22349
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Re: Bogenphysik was passiert beim Kürzen

Beitrag von Ravenheart » 31.07.2017, 12:43

Jaein.

Natürlich gibt es eine Grenze. Da Übertreibung anschaulich macht: Kürzt Du den Bogen auf die Hälfte, wird er nicht die superschnelle Granate sondern Brennholz!

Es kommt also schon gleich darauf an, bei welcher Länge wir starten und über welchen Auszug wir reden.

An der Faustformel:
Bogenlänge = 2x Auszug + steifer Griffbereich
führt im Normalfall kein Weg vorbei. Spezialbogen wie Flightbogen sind zwar manchmal kürzer, haben aber keine "normale" Zielsetzung (also: Leistung UND Haltbarkeit)...

Also was passiert beim Kürzen?
1. Der Bogen wird kürzer... :D
2. Die Wurfarme werden leichter
3. Der erste Schuss danach KANN schneller sein.

Damit hört das sicher Sagbare aber schon auf.

Hatte der Bogen bisher ein steifes Mittelteil, kann es sein, dass es sich nun leicht mitbiegt.
Oder er wurde nachgetillert, u.a. DAMIT es sich nun mitbiegt?
Trifft beides NICHT zu, wird nun das Holz der Wurfarme stärker belastet.

Hatte er vorher noch (im Sinne der o.a. Faustformel!) Reserven (und das Holz ist gut), ist er nun stärker, schneller und damit effektiver geworden.

Ist er nun aber über die Grenze der Faustformel (oder des Holzes, bei suboptimaler Qualität) hinaus gekommen, hat er zwar ein höheres Zuggewicht, ist aber nicht schneller. Denn: Das Holz muss von der Dehnung/Stauchung ja wieder in die Ausgangslage zurück! Und wenn es stärker als "gut" ist gedehnt/gestaucht wurde, braucht es zur Ausgangslage zurück auch länger.
Denkhilfe:
Ein Gummiband (Haushaltsgummi) von 20 cm Länge. Ziehe ich es auf 25 cm und lasse los, fluppt es sofort auf 20 cm zurück.
Ziehe ich es aber auf 40 cm und lasse los, fluppt es auf 22 cm zurück und "kriecht" dann in erst in den nächsten 20 Sekunden auf 20 zurück.
Beim Bogen wäre das "Stringfollow".
Es ist weder gerissen noch hat es Schäden, aber die Überdehnung hat seine "Spontanität" auf den letzten 2 cm beeinträchtigt.
Mache ich das mehrmals, "leiert es aus" und bleibt fortan 22 cm lang.
Beim Bogen würde man sagen, er hat Set bekommen.

Holz, das bis an die Belastungsgrenze gebaut wird, verhält sich ebenso.
Je näher man an die Grenze geht, desto eher gibt es Stringfollow, Set und die Haltbarkeit leidet. Schlimmstenfalls treten sofort oder kurzzeitig Stauchrisse auf oder er bricht gar.
Ein kluger Bogenbauer lässt dem Holz daher etwas Reserve bis zur Leistungsgrenze.

Das heißt:
Beim Kürzen muss genau überlegt werden, was ich will:
Kurzzeitige, im Extremfall einmalige Mehrleistung zu Lasten der Dauerhaftigkeit?
Oder weiterhin einen dauerhaften Bogen? DANN muss eine Grenzbelastung vermieden werden, z.B. indem man ein vorher steifes Mittelteil nun mitbiegen lässt.
ABER: Wenn das Mittelteil nun mitbiegt, hat man quasi gar nix gewonnen! Es ist lediglich so, als hätte man im Griffbereich ein Stück raus genommen. Der Bogen wird unkomfortabler, aber nicht leistungsfähiger.

Fazit:
Kürzen zur Leistungssteigerung mach nur Sinn wenn
a) die Mehrleistung nur kurzfristig benötigt wird, und man hin nimmt, dass der Bogen danach quasi "verbraucht" ist, oder
b) wenn er vorher noch ZU VIEL Reserve hatte, also DEUTLICH über die s.o. Faustformel hinaus ging.

Rabe

Antworten

Zurück zu „Bogenbau“