Bau eines türkischen Bogens

Sättel, Zaumzeug, Reiterbogen, Kompositbogenbau, usw.
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skerm
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Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von skerm » 09.08.2009, 14:11

Hallo!

Mein Umzug ist fast geschafft und die Werkstatt so halbwegs fertig, also kann es weitergehen. Obwohl ich die Optik im Vollauszug bei türkischen Bögen seltsam finde,
interessiert mich die Konstruktion und die Teile sind einfach Kunstwerke. Ich habe im Urlaub im Reflexbogenbuch gelesen und schon vorher das Buch von Adam Karpowicz studiert, jetzt ist es echt Zeit anzufangen. Ich zeige hier immer wieder mal ein paar Zwischenschritte, detailierte Bauanleitung wird es aber keine. Was die betrifft empfehle ich oben genannte Bücher, gerade "Ottoman Turkish bows" von Adam Karpowicz ist sehr detailiert.

Ich werde das Horn mit Epoxy ankleben, Hautleim hebe ich mir für den zweiten oder dritten Bogen auf.

Los geht es mit dem Rahmen aus Silberahorn (Danke, Jo!). Das Griffstück aus Zwetschge und die Ahornwurfarme wurden erstmal ausgearbeitet.

Bild

Eine Seite ist bereits quasi auf Endmaß gehobelt, die andere noch nicht. Bei dieser habe ich etwas Spielraum gelassen, um die Flucht nach dem Verspleißem exakt einstellen
zu können. So zusammengesteckt liegt die Mittellinie aber nur 1mm aus der Flucht, ist also kein Problem. Das V ist noch nicht ganz ausgesägt und den Millimeter kann ich
da noch holen:

Bild

Die Bauchseite habe ich verzahnt. Laut Karpowicz ist das Verzahnen mit ausgerichteten Rillen historisch nicht üblich gewesen, mir gefällt es aber und es erscheint mir auch leichter zu bewerkstelligen als
nicht abgestimmte Rillen.

BildBild
Zuletzt geändert von skerm am 09.08.2009, 14:14, insgesamt 1-mal geändert.

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Commerz
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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Commerz » 09.08.2009, 14:20

Yeah,
bin begeistert. Mach schön viele Fotos und schreib ruhig ordentlich.
Viel Glück bei Deinem Vorhaben
Ich freu mich drauf
--Commerz
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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von skerm » 18.08.2009, 09:18

Danke, aber ich fürchte, daß das Popcorn ziemlich fad werden wird, so langsam wie es hier weitergeht ;)

Zur Bezeichnung der einzelnen Bereiche, so wie ich das verstanden habe:

Sal: biegender Bereich des Wurfarms, in etwa die griffnahe Hälfte.
Kasan: steifer Bereich in der griffernen Hälfte bis zum Siyahknie.
Tip: Der steife Bereich nach dem Kasan.
Siyah: Kasan & Tip.
Erinnert mich an ein Foto des fertigen Rahmens, wo die Bereiche beschriftet werden!

Inzwischen habe ich Formen für die Siyahs und die Wurfarme gemacht. Im gemeinsamen Kasanbereich sollten beide Formen ungefähr übereinstimmen. Ich hab das mittels Zentimeterrasters am Holz angezeichnet, ausgesägt und dann am Bandschleifer abgerundet. Wer mit der Bandsäge besser unterwegs ist, kann sich den Bandschleifer sparen. Hier sind die beiden Formen mit den Kasanbereichen übereinander gelegt.

Bild

So genau ist das mit der Form nicht, weil der Wurfarm nach dem Dämpfen ja wieder etwas in die Originalform zurückgeht. Bei den Siyahs ist das nicht der Fall, da sie aus Schichtholz verleimt werden und die Verleimung für das Halten der Form sorgt. Damit der Wurfarm aber nicht unter zu viel Biegung aufgeleimt wird, habe ich ihn schon vorgeformt.

Die Siyahs habe ich aus Holunder und Baumhasel (Vermutung) gemacht:

Bild

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von skerm » 26.08.2009, 18:27

Also das Verleimen der Wurfarme unter Biegung ist mühsamer als gedacht. Ich habe deshalb eine Form gesägt, die etwas über das Ziel hinaus biegt und nochmal gedämpft. Überhaupt sind die V-Spleiße sehr stressig. Das nächste Mal mache ich den Rahmen aus drei Teilen, Stoß auf Stoß im Griff und Griffholz draufgeleimt.
Auf jeden Fall kenne ich jetzt noch zwei weitere Gründe, den Rahmen erst nach Aufkleben des Horns auf seine endgültige Dicke zu bringen:

- Es ist leichter, den V-Spleiß perfekt zu sägen
- Die Schraubzwingen oder Seilwicklung anzubringen geht leichter, weil das Holz nicht umknickt. Bei 4 bis 5 mm Dicke passiert das nämlich leicht.

Gelungen ist es trotzdem:

Bild Bild

Sonst sieht es eigentlich in Ordnung aus.

Bild Bild

Jetzt muss ich dann mal das Horn vorbereiten.

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Commerz » 30.08.2009, 16:06

Hallo Skerm,
laut Snake-Jo müsste der Bogen doch jetzt schon einen Auszug von 28" aushalten ansonsten ist die Mittellage nicht geeignet.
Ob aber Dein Spleiß dass aushält bezweifel ich :-\
Dein Spleiß ist super geworden nur der hat keinen halt von Rücken und Bauch.
An Silberahorn kommt ja hier in Deutschland auch nicht so einfach ran.
Riskiere lieber nichts. Nur wäre ja auch Schade wenn am Ende die Mittallage nichts taugt und unter Belastung und nach etlichen Arbeitsstunden bricht.
Das Holz gilt als weich.
Allerdings wird Snake-Jo Dir kein schlechtes Holz zukommen lassen sodass Du es wohl bedenkenlos benutzen kannst. ::)
Kann man da jetzt blind vertrauen oder sollte man sowas vorher schon testen. Evtl ja auch nur 20" ziehen oder so??

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von skerm » 30.08.2009, 18:27

Weiß nicht, das musst du Snake-Jo fragen. ;) Ich nehme an, er wird auf einen Bruchtest verweisen. Vom Gefühl her is es gut, zum Arbeiten mag ich es auch. Ich werde mir im Winter dann Bergahorn besorgen.

Was den Spleiß angeht, hmm, da bin ich mir auch nicht so sicher, ob der beim Griff 28" Auszug aushalten würde. Um das zu testen müssten aber vorher der Griff und die Siyahs geformt werden und mir fehlt dafür noch ein Hohlbeitel. Aber wie schon gesagt ist es sicher ein großer Vorteil mit einem dicken Kern zu beginnen. So ist der Spleiß minimal, aber es gibt ja noch das Horn und die Sehne. Das Horn ist schon drauf, Fotos mach ich noch.

Das Ding ist übrigens so kurz (~44"/112cm), da wird es bei 28" Auszug sicher so oder so spannend.

Gruß,
Daniel

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Snake-Jo » 31.08.2009, 13:59

Ich gehe von dem kompletten Holzrahmen aus, also mit Griffsektion und Siyahs, zudem von der publizierten Holzstärke im Wurfarm von 4-4,5 mm. Dieser Rahmen muss den Auszug von 28" aushalten. Bislang habe ich das jedesmal getestet und auch der inzwischen schießbare Hunne mit 60 lb hat diesen Test hinter sich.

Ahorn:
Bergahorn: weiß und eher kurzfaserig, mittelhart bis weich
Feldahorn: bräunlich, langfaseriger, mittelhart
Spitzahorn: wurfstark, hart
Silber-Ahorn (Acer  saccharinum) aus Nordamerika wächst bei uns als Alleebaum im Stadtbereich. Mein Stück stammt aus Tübinger Zeiten. Ist mittelhart und wurfstärker als Bergahorn. 

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von skerm » 31.08.2009, 14:55

Hast du wo Bilder von dem Hunnen?

Wo ich so unterwegs war war viel Bergahorn. Da kenne ich auch jemanden, der mir vermutlich einen Baum spendieren würde. Er hat nämlich zwei, die immer seinen Sandtennisplatz mit Samen und kleinen Pflänzchen beglücken und die stören. :D
Feld- und Spitzahorn dürfte nicht so schwer zu finden sein. Silberahorn ist eine seltene Perle, mir ist noch nirgends einer aufgefallen.

Gruß,
Daniel

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Snake-Jo » 31.08.2009, 17:42

Bilder vom Hunnen hab ich auf meinem Rechner und ich darf keine zeigen, weil das
ein neues Projekt ist. Authentischer Nachbau eines Fundes, wird erst noch publiziert.  :o :o

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Commerz » 31.08.2009, 18:01

Ohhhhh Snake-Jo damit machst Du Dir Feinde  ;) ;D
Das ist ja eine ganz böse Folter
Ab wann kann man mit Bildern rechnen? Ich würds dann gerne im Kalender notieren.
Ich finde diese Bögen faszinierend und der Aufbau interessiert mich sehr.
Ich werde aber wohl noch 100 Bögen brauchen bis ich "reif" für einen Composite bin :-[
Mit Brüchen und Fehlversuchen bin ich schon bei Nummer 19  :)
Führe so ne Art Buch drüber. Damit ich weiß warum und wie welcher Bogen kaputt gegangen ist. Schlecht ist das nicht.

Skerm ich hoffe DU puplizierst da nichts und machst schön weiter Bilder :D
lieben Gruß

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von the_Toaster (✝) » 31.08.2009, 20:53

@skerm.

Das sind ja mal amtliche Nuten, aber müssten die nicht auch in den Griff hinein reichen?
Täusche ich mich, oder hat das Griffholz einen ordentlichen Ast? Wenn ja würde ich den für eine potentielle Bruchstelle halten.

@snake jo.

Wo soll das denn veröffentlicht werden?
Reflexbogenbuch Teil zwei?
Mit ausführlichen Bauinformationen für einen Yumi?  ;D

@ commerz.

Laut Reflexbogenbuch müsste sich der Kern schon auf Vollauszug bringen lassen, auch wenn er nur fünf bis zehn Pfund bringt.
Das was skerm bereits gebaut hat müsste schon ein fertiger Bogen sein. Sehne und Horn verschaffen ihm gewissermaßen nur noch >etwas< mehr bums...
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Snake-Jo » 31.08.2009, 22:04

the_Toaster hat geschrieben:@snake jo.

Wo soll das denn veröffentlicht werden?
Reflexbogenbuch Teil zwei?
Mit ausführlichen Bauinformationen für einen Yumi?  ;D


@Toaster: Mal unter uns: Ich hatte damals vor ca. 6 Jahren nichts Vernünftiges in der deutschsprachigen Literatur über den Kompositbogenbau gefunden und fing an, auch anderweitige Literatur zu studieren: aus China in englischer Übersetzung, aus der Türkei, aus Russland. Vieles wurde von den Altvorderen übernommen, übersetzt, aber kaum einer hat jemals versucht, so eine Bauanleitung aufzusetzen. Das mußte ich dann selber tun....
Gibt dir das zu denken? Wenn ja, dann weißt du nun, was zu tun ist!  ;) ;) Der Yumi wartet schon!

Die Publikation Hunnenbogen wird federführend von Holger Riesch (Merowingerbuch, Reflexbogenbuch) voran getrieben und soll in einem archäologischen Blatt erscheinen.

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von the_Toaster (✝) » 31.08.2009, 22:37

Snake-Jo hat geschrieben:[...]
Gibt dir das zu denken? Wenn ja, dann weißt du nun, was zu tun ist!  ;) ;) Der Yumi wartet schon!
[...]


Ach du gute Güte...  ;D

Ich mein Du hast ja bestimmt mitbekommen, dass ich mich hier gerne darüber auslasse, was ich wie mache.
Gibt mir ja auch irgendwie Bestätigung, gell.
Ich bemühe mich dann auch, dass das was ich schreibe verständlich und unmissverständlich ist.
Aber eine veröffentlichungsfeste Anleitung schreiben ist dann nochmal ein Schritt weiter. Ein grooooßer Schritt.
Ich habe allerdings irgenwie den Verdacht, dass eine fundierte Anleitung für den Bau eines Yumis eine echte Marktlücke sein könnte, denn um die Teile wird ja echt ein großes Geheimnis gemacht. Es müßte dann eine sein, nach der man einen Yumi hinbekommt ohne erst zehn Jahre Erfahrungen gesammelt zu haben.
Die kann aber nur jemand schreiben, wer auch immer, der bereits diese Erfahrung gesammelt hat und gute Yumis bauen kann. Er sollte aber auch über den Tellerrand traditioneller Fertigungsmethoden schauen können um Methoden aufzeigen zu können, die ein Hobbybogenbauer mit einiger Erfahrung nachvollziehen können sollte.

Zum Hunnenbogen:

Wäre schön, wenn das archäologische Blatt dann auch für uns Normalsterbliche erreichbar ist.
Zuletzt geändert von the_Toaster (✝) am 31.08.2009, 22:44, insgesamt 1-mal geändert.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von skerm » 01.09.2009, 08:32

@Snake-Jo: Da bin ich auch neugierig!

@Commerz: Nur keine Angst vor den Kompositbögen! Den Kompositbogenbauthread kennst du, leider fehlen wahrscheinlich im Moment einige Bilder, aber es steht viel dort. Ich sage jetzt mal, wenn man ordentlich verklebt und die Maße genau vorarbeitet, kann nicht viel schief gehen. Rückwirkend betrachtet hätte ich bei meinem ersten noch ein wenig Setback im Griff einbauen sollen. Dadurch hätte sich die Hauptbiegung von Griffnähe je nach Winkel des Setbacks mehr oder weniger in Richtung Mitte des Wurfarms verschoben und ich wäre die Sorgen über einen möglichen Knick am Fadeout los gewesen.

the_Toaster hat geschrieben:@skerm.
Das sind ja mal amtliche Nuten, aber müssten die nicht auch in den Griff hinein reichen?
Täusche ich mich, oder hat das Griffholz einen ordentlichen Ast? Wenn ja würde ich den für eine potentielle Bruchstelle halten.


Ja, unbedingt, ich hab sie vor dem Ankleben des Horns in den Griff weiterverlängert.
Die zwei Äste, die man auf der Bauchseite sieht, bleiben im steifen Bereich. Sonst kracht es dort vermutlich schnell. Im Kernholz ist auch irgendeine Verwachsung, die beim Ausformen verschwinden wird. Der Teil, der am Ende übrig sein und biegen wird, ist in Ordnung, darauf hab ich geachtet. Ich hoffe, gut genug. Hinterher werde ich mehr wissen, was ja auch Sinn der Übung ist! :)

Gruß,
Daniel

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Re: Bau eines türkischen Bogens

Beitrag von Snake-Jo » 03.09.2009, 17:48

@Commerz, Toaster: Der Hintergrund ist ja der, dass man bei einem authentischen Nachbau sehr viel an Arbeit und auch Berechnungen/ Forschung/ Literaturstudien investiert und nicht möchte, das jemand mit diesen Daten vorab etwas publiziert. Der Hunnenbogen-Nachbau ist einmalig. Es gibt sowas bislang noch nicht.
Nach der Publikation sind die Daten und Bilder frei zugänglich und die Autoren geben gerne Sonderdrucke oder Kopien der Publikation her. :)
Nur soviel: Das Ding besteht aus über 18 Einzelteilen und ist komplett mit Hautleim verklebt. (Reklamemodus aus).  ;D

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