Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

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Nacanina
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Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Nacanina » 29.11.2022, 17:15

Früher fand ich das ganz einleuchtend.
Die Krieger mit den Reflexbögen haben Daumenringe mit Daumen-Ablass genutzt.
Weil: machen ja alle so.
Mittlerweile kommen mir immer mehr Zweifel wegen der Argumentation.
Bei Holger Eckhardt: der schwirrende Tod… wird folgendermaßen argumentiert:
Erst mal die Nocken:

„Die Schaftenden oder Nocken sind leicht verengt gearbeitet, um einen klemmenden Griff an der Sehne zu erzielen…. Ihre Form erlaubt Rückschlüsse auf Art und Beschaffenheit der Sehne und auf die Auszugsstärke des Bogens „...

„Das verengte Schaftende ist besonders wichtig für berittene Bogenschützen, darüber hinaus wurde nach der Art des Schießens die Nocke vermutlich nicht durch die Finger der Zughand geführt. Die Nockausformung bildet bei der „mongolischen Spannweise“ eine Art Hafthilfe….“

„ Als Schutz des Daumens wird der sogenannte Spannring benutzt, der allerdings in Befunden skythischer Zeit bislang noch nicht bekannt ist. Vom speziell reiterkriegerischen Standpunkt aus und in Rückschau auf die historischen Reitervölker, könnte man auch für die Skythen die über ganz Asien verbreitete mongolischer Spannweise vermuten (Bulanda 1913).“

Das ist zwar alles im Konjunktiv geschrieben aber als Argument doch etwas dünn.
In meiner Literatur (die ist zugegeben lückenhaft) sind keine Daumenringe in Gräbern bezeugt, obgleich das ja ein ganz wichtiges Utensil für einen Bogenschützen wäre.

Es stellt sich ja auch die Frage, was denn für Alternativen genannt werden können.
Da wäre z. B. Eine Art Daumenrelease ev. unter Zuhilfenahme von weiteren Fingern.
Das würde auch die verdickten Nocken erklären.
Auf assyrischen Reliefs ist das auch schwer zu erkennen und zu interpretieren. Aber ich glaube auch da, dass kein Daumenring benutzt wurde.

Das führt mich zu der Frage: ab wann und wo tauchen den Daumenringe überhaupt im Fundkomplex oder auf Darstellungen auf?
Gemeint sind jetzt nicht die chinesischen Daumenringe. Die sind bei Ralph glaube ich besser dokumentiert.

Bin gespannt, was ihr dazu zu sagen habt. Gerne mit Literaturangaben.

Viele Grüße

Nacanina

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Hieronymus
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Hieronymus » 29.11.2022, 18:50

Die Assyrer haben soweit ich weiß keinen Daumenring genutzt, sondern haben den Zeigefinger auf den Pfeil gedrückt. (siehe Bild, wenn man dem Relief Glauben schenken darf) Lars Andersen schießt genauso. Ich bin auch mal gespannt , ob da jemand was dazu sagen kann....
ashurbanipal-bei-der-jagd.jpg
Gruß Markus
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Hieronymus » 29.11.2022, 19:20

Bei den Ägypter sieht es ähnlich aus wie bei den Assyrer, wobei man es nicht so gut erkennen kann...
Ägypter.jpg
Egypt_Abou_Simbel1.jpg
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Nacanina » 29.11.2022, 20:30

Hi Markus,

das Relief aus Assur ist ist aber hervorragend!
Schöner und deutlicher als die, die ich bis jetzt gesehen habe.
Also einen Daumenring kann man da wirklich nicht erkennen.

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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von benzi » 30.12.2022, 21:21

Diese grobe Unterteilung in mediterran und mongolisch, sprich Daumentechnik, ist ja längst überholt... Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Techniken mit und ohne Ring..
Zu empfehlen wäre da das Buch von Swoboda...
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Nacanina » 30.12.2022, 21:26

Das habe ich. Auch gelesen.
Das bringt mich in der Frage nicht weiter.

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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von benzi » 17.01.2023, 12:12

Nacanina hat geschrieben:
30.12.2022, 21:26
Das habe ich. Auch gelesen.
Das bringt mich in der Frage nicht weiter.
Ne, aber dass Dein zitierter Text absolut für die Tonne ist...

Wenn ich Schãfte vorne UND hinten verjünge, was ihre Eigenschaften deutlich verbessert, dann komme ich um verdickte Nocken nicht drum herum, daraus lassen sich keine Rückschlüsse auf die Griffweise ziehen.

Da wo Schãfte gefunden wurden, müssten auch Daumenringe gefunden werden können.. das war z. B. in den Felsen Gräbern des Altai nicht der Fall..
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Nacanina » 17.01.2023, 12:25

benzi hat geschrieben:
17.01.2023, 12:12
[
Da wo Schãfte gefunden wurden, müssten auch Daumenringe gefunden werden können.. das war z. B. in den Felsen Gräbern des Altai nicht der Fall..
Genau darum geht es mir.
Ab wann sind sie denn wohl belegt?
Dass der Text für die Tonne ist, glaube ich ja auch.
Wobei ich mich schwer tue als Laie einen Archäologen so abzuqualifizieren.

Grüße

Nacanina

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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von benzi » 17.01.2023, 12:46

Nacanina hat geschrieben:
17.01.2023, 12:25
Genau darum geht es mir.
Ab wann sind sie denn wohl belegt?
Ich hatte die Frage auf ATARN gestellt, aber nach einem diskreten Hinweis, dass diese Frage in jungster Zeit zu Streitigkeiten geführt hatte, wieder gelöscht...

Wegen Archäologen korrigieren:
Sie ziehen in Detail Fragen oft völlig falsche Schlüsse... sind halt keine Experten in Teil Bereichen wie Bogenschießen..
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Krolm02 » 13.02.2023, 17:17

benzi hat geschrieben:
17.01.2023, 12:46
Wegen Archäologen korrigieren:
Sie ziehen in Detail Fragen oft völlig falsche Schlüsse... sind halt keine Experten in Teil Bereichen wie Bogenschießen..
Ei Benzi, daß ist aber eine Freude, daß es Dich auch noch gibt! ;D
Hab Mitleid mit den armen Ärchäologen. Wie sollen sie denn auch Experten für all das Zeugs sein, daß sich - zumindest im Fragment - im Boden erhalten hat.
Absurd isses halt schon bisweilen. Der Bogen (und das sonstige Geraffel) des Fürsten vom Glauberg erinnert die Leut vom zuständigen Museum an nordamerikanische Indianer.
Sehet und staunet: https://www.keltenwelt-glauberg.de/medi ... -glauberg/

Und wenn Du viel Zeit hast und breit schmunzeln magst, gönnst Du Dir die Lektüre von
The horse, the wheel and language : how bronze-age riders from the Eurasian steppes shaped the modern world / David W. Anthony
Sicher ein ausgewiesener Wissenschaftler. Sicher ein Wissenschaftler, der keinen rechten Schimmer vom Reiten hat.
Denn er will die Existenz von Reitpferden ärchäologisch beweisen. Die Spuren des Gebisses müssen sich nämlich auch nach Jahrhunderten noch an ausgegrabenen Pferdeschädeln nachweisen lassen. Mag ja sein. Bloß gibt es jede Menge Reitweisen, die ohne Gebiss auskommen. Also ist ein Pferd mit Gebißspuren an den Zähnen wohl geritten worden, eines ohne diese Spuren aber halt möglicherweise auch. Und all der Scharfsinn, all die drittmittelfinanzierte Messerei war für die Katz. :D :D :D
Halt die Ohren steif, großer Meister.
Es grüßt vergnügt wie eh und je -
the fabulous K02

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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von benzi » 13.02.2023, 18:13

Hallo Peter! 😊

Freut mich ebenso von Dir zu lesen... 😊
Ja mich gibt's gerade noch... keine Zähne mehr und verlassen von der Frau, quäle ich immer noch jeden Tag ein Pferd mit meiner schlechten Reitkunst... 😂
Ist ja nicht schlimm keinen Plan zu haben, nur wenn man, in diesem Fall die Archeologen, vorgibt einen zu haben, wirds halt schräg... Aber warum nicht nachmachen was unsere Politiker jeden Tag vormachen... 😂
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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Spanmacher » 13.02.2023, 21:58

Ich freue mich darüber, dass es euch beide noch gibt. :)
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von Krolm02 » 15.02.2023, 13:00

benzi hat geschrieben:
13.02.2023, 18:13
Ja mich gibt's gerade noch... keine Zähne mehr und verlassen von der Frau, quäle ich immer noch jeden Tag ein Pferd mit meiner schlechten Reitkunst... 😂
Öha - das klingt ja bitter. Mich hats im letzten Jahr auch gebeutelt. Zu Neujahr ist unser Schimmelchen auf die Rentnerkoppel umgezogen, zu Ostern mußte ich mit meinen eigenen Händen das Grab für Babyboy-Killerbeastie (siehe Bild) ausheben :-\ und keine 2 Wochen später lag der Isi-Wallach morgens tot auf dem Paddock. Immerhin hat sich mein Mädel nicht anderweitig orientiert. Zumindest weiß ich nix davon. >:) >:) >:) >:)

Schön das Du immerhin noch reitest.
Denn -

Es geht kein Reitersmann verlor'n,
wenn unter ihm ein Rößlein schnaubt
und er noch an sich selber glaubt.

(Ernst Weber)

Zum skythischen Daumenring: Es gab keinen. Zumindest läßt sich keiner belegen.
Ich verwende hier "skythisch" im weiteren Wortsinn für die (wahrscheinlich) iranischsprachigen Träger verschiedener Kulturen im Steppengürtel zwischen Schwarzmeergebiet und Altai. Den Archäologen ist bekanntlich eine Reihe von spektakulären Ausgrabungen "skythischer" Gräber gelungen. Die Ausrüstung/Bewaffnung dieser berittenen Bogenschützen (Bogen, Pfeilspitzen, Gorythos, Beiwaffen, Sättel, Zäumung etc.) ist gut belegt. Aber obwohl sich organisches Material sehr gut erhalten hat, wurde meines Wissens nie ein Daumenring gefunden!

Auch in den antiken Quellen zu den Skythen (Herodot und Konsorten) wird er nicht erwähnt. Bildliche Darstellungen zeigen zwar bereits seit dem ersten Auftauchen berittener "kimmerischer" Bogenschützen im Bannkreis der alten Hochkulturen klassische Manöver wie den "parthischen Schuß" - aber es wäre m.E. allzu kühn, aus der Handhaltung etc. auf die Verwendung von Daumenringen zu schließen.

Es gab eh immer wieder Kavallerien, die berittene Bogenschützen en masse einsetzten, ohne Daumenringe zu verwenden. Der polnische Towarzysz pancerny und irreguläre leichte Reiter wie Rembrandts Lyzowczyk kämpfte mit einem "osmanischen" oder "krimtatarischen" Bogen, doch "mediteranem Ablaß", obwohl bisweilen kostbare türkische Exemplare erbeutet wurden.

Und jetzt verschwinde ich wieder für ein paar Monate/Jahre in der Versenkung.

So kiss me and lie for me
Tell me that you'll wait for me
Hold me like you'll never let me go ...

mein Ritter (m/w/d) will halt seine bucklige Verwandschaft im Hunnenland besuchen, das Grab unsres Herrn von den Musulmanen befrein oder doch noch den Heiligen Gral finden und ich muß auf meiner Rosinante hinter im herzuckeln ob ich nun will oder nit.

Aber gib Dir einen Ruck, Meister Benzi und komm im Sommer nach Sünna!
Dann kaspern wir bei Tag mit Pfeil und Bogen auf der Wiese herum und abends hocken wir vor dem Zelt und erzählen Anekdoten unserer guten alten Zeit, als das Bier noch dunkel, die Burschen noch schneidig und die Dirndl noch sittsam waren. ::) Wenn dann die Sonne untergeht schickt uns Allvater Krom seine pneumatischsten Schwanenjungfern vorbei, damit sie uns Haferschleim und Soma kredenzen, die morschen Knochen salben und auch ansonsten alles tun, was einem Alten Weißen Mann Leib und Seele wärmt. Tandaradei - schön ist der Mai. Bis der Ruf des Wächters von der hohen Zinne klingt.

So - ich habe fertig.
Wer glaubt, all die Anspielungen in diesem Geschwafel Geschwafel Geschwafel aufdröseln zu können, soll mir eine PN schicken.
Für 6 Richtige gibt es - na was wohl -
das Replikat eines orginal echten skythischen Daumenrings. ;)

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Re: Daumenringe bei den Skythen und im mittl. Osten

Beitrag von benzi » 15.02.2023, 19:13

Jetzt hast Du doch mit Deinem Weber Zitat einem alten Mann Tränen in die Augen beschert... 😊

Ja, Gräber ausheben ist eine verbreitete Tätigkeit geworden in den letzten beiden Jahren... da sind Du mit Hund und Pferd und ich mit zwei Katzen doch noch ganz gut weggekommen....

Bei dem Wort Sünna wirft selbst mein Psychiater eine seiner eigenen Pillen ein... das lasse ich lieber.... außerdem sind wir beide doch im Internet viel lustiger als in echt... 😊
Tja so ist das halt mit der Archeologie.... Mein Wallach wird fast jeden Tag geritten und hatte noch nie ein Gebiss drin... Ich schieße fast jeden Tag Daumentechnik ohne Ring... 😊

Haben wir aber gut die Kurve zum Thema bekommen... 😂
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