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Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 13.07.2023, 21:29
von Klausi1967
Hallo Zusammen,

hab hier schon viel gelesen und mich jetzt registriert.
Ich habe da eine Anfängerfrage zum Hasel-holz. Wahrscheinlich ist die Frage dumm, aber durch Fragen wird man ja hoffentlich dann klüger :-).

Also, hier im Forum wird gesagt, dass Hasel-holz ganz gut zum Bogenbau taugt. Es ist sehr Zugfest, aber wenig Druckfest.

Aus anderen Bereichen des Internet habe ich Techn. Daten zum Hasel-holz gesucht.
Druckfestigkeit ca. 62N/mm²
Zugfestigkeit ca. 127N/mm²

Im Vergleich dazu Esche:
Druckfestigkeit ca. 50N/mm²
Zugfestigkeit ca. 130N/mm²

Und Robinie
Druckfestigkeit ca. 60N/mm²
Zugfestigkeit ca. 148N/mm²

Diese Techn. Daten widersprechen der geringen Druckfestigkeit. Könnt Ihr mich da vielleicht erleuchten?

Ich baue gerade einen Primitivbogen aus Hasel. Mein 3. selbst gebauter Bogen nach gescheiterten versuchen mit PVC-rohr und einer Buchenleiste. Schimpft nicht. Nachdem die Leiste gebrochen ist, hab ich hier gelesen, dass Buche nicht zum Bogenbau taugt :-(
Dachte nun, ich könnte entweder den Bogenbauch mit Eschefurnier (ich hab halt bei mir Esche, Ahorn und Eiche Furnier rum liegen) belegen um die Hasel Druckfester zu machen. Lt. den Techn. Daten macht das aber nicht so recht Sinn.
Oder aber ich spanne den Bogen verkehrt herum auf und belege den vorgespannten Rücken mit Seide.
Waren erst mal nur Gedanken. Ich muss natürlich erstmal den Bogen so weit fertig bringen, dass ich tillern kann.

Aber vor der Praxis kommt meist die Theorie. Bin also für Eure geteilten Weisheiten dankbar.

LG

Aber

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 13.07.2023, 22:21
von Doughal
Hallo,
Ich denke das es beim Bogenbau nicht nur auf die druckfestigkeit sondern auch auf die drucktoleranz ankommt.
Eibe zB ist weniger druckfest wie Hasel das Kernholz kann die Komprimierung im Bogenbauch aber besser wegstecken.
Hasel ist zugstark am Rücken, soll heißen das es die Dehnung die am Rücken beim biegen entsteht recht gut ab kann. Aber die Komprimierung die im Bogenbauch entsteht kann es nicht so gut wegstecken. Darum baut man Haselbögen meisten recht breit und eventuell am Bauch etwas breiter als am Rücken.
Grüße,
Daniel

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 13.07.2023, 22:50
von Rotzeklotz
Guck mal her, Bendikt hat einen schönen Beitrag dazu verfasst.
Vllt. klärt es sich dann schon für dich ;) :
https://fletchers-corner.de/viewtopic.p ... nz#p468070

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 13.07.2023, 23:08
von Klausi1967
Yup, vielen Dank, jetzt hab ich's kapiert :-)

Hasel hat eine sehr hohe Zugfestigkeit und eine sehr hohe Druckfestigkeit. Beide würde ich sagen, liegen bei den Besten.
Hasel hat ebenfalls eine hohe Zugtoleranz aber eine niedrige Drucktoleranz!
Hoffe das ist dann so richtig, wie ich es mir zusammen gereimt habe?

So, bei meinem Primitivbogen.
Den Querschnitt wollte ich Halbkreisförmig machen. Rücken rund, Bauch flach.
Oder ist ein Trapezquerschnitt besser, wo der Bauch breiter ist als der Rücken? Was ist besser?
Zusätzlich
1. Den Bauch mit Esche-furnier zu belegen oder
2. Den Rücken des verkehrt rum vorgespannten Bogens mit Seide belegen?
3. Oder ist das dann nicht mehr notwendig.

Ziel, den Bogen langlebiger zu machen und etwas mehr Auszug als meinen persönlichen Auszug erlauben (bisschen Reserve). Ich habe so ca. 75cm Auszug. Zugkraft will ich so um die 20# bekommen. Bogen wird 1,70m lang.

LG

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 14.07.2023, 08:31
von Doughal
Ich denke um den Bogen langlebiger zu machen sollte er vorallem gut getillert sein.
Ich würde mich mit dem Gedanken anfreunden das man das aber beim ersten Bogen nicht unbedingt hin bekommt.
Also mit dem Bogen anfangen und parallel schon den nächsten Hasel holen.
Ich stehe auch noch ziemlich am Anfang und besonders einen Blick fürs tillern zu entwickeln fand und finde ich immernoch recht schwierig.
Grüße,
Daniel

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 14.07.2023, 08:57
von Doughal
Hattest du schon mal ins Wiki geschaut als es online war? Durch Umwege kommt man an die meisten Artikel noch ran.
https://web.archive.org/web/20160804025 ... e=Bogenbau

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 14.07.2023, 10:07
von kra
3. ist richtig ;-) - laß erst mal die Versuche mit Backing (Seide) und Esche am Bauch. Ein ordentlich getillerter Haselbogen kann die 20# gut ab. Es wird sicher nicht dein letzter Bogen sein. Zeit für Spielereien hast du also immer noch ;) .

Zum Querschnitt, im Allgemeinen ist Holz zugfester als druckfest. Also ist eine Trapezform mit breiterem, flacherem Bauch zu Anfang vorteilhaft, weil weder am Rücken noch am Bauch Spannungsspitzen auftreten.
Es hängt aber auch vom Querschnitt des Rohling ab. Wenn der Rohling eher dünn ist macht dein Vorschlag mit rundem Rücken durchaus Sinn. Der äußere Jahresring bestimmt die Krümmung des Rückens!

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 14.07.2023, 11:19
von fka
Ein Punkt den man noch bedenken muss, ist, wie akkurat diese Daten aus dem Netz sind...
Hasel ist definitiv nicht druckfester als Robinie... Versuch mal einen Fingernagel in Hasel und Robinie rein zu drücken, da merkt man schnell was mehr Kraft erfordert...
LG Felix

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 14.07.2023, 12:31
von Roby-Nie
Klausi1967 hat geschrieben:
13.07.2023, 23:08
Ich habe so ca. 75cm Auszug. Zugkraft will ich so um die 20# bekommen. Bogen wird 1,70m lang.
Ich fasse mal zusammen: 20#@29" und 170 lang.
Da ist jedes Backing / Facing überflüssig und macht den Bogen nur schwer und langsam.
20lb geht quasi mit jedem Hasel über 3cm Durchmesser.

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 15.07.2023, 09:10
von Klausi1967
fka hat geschrieben:
14.07.2023, 11:19
Versuch mal einen Fingernagel in Hasel und Robinie rein zu drücken, da merkt man schnell was mehr Kraft erfordert...
Das wäre dann allerdings die Härte des Holzes. Das ist nicht die Druckfestigkeit oder Drucktoleranz. Würde ich zumindest denken?

Zum Beispiel Carbonstahl (für Schwerter, Messer, Schneiden usw.) hat eine deutlich höhere Härte als einfacher Baustahl, trotzdem ist der einfache Baustahl in Punkto Zug- und Druckfestigkeit überlegen.

Weiches Holz sollte wohl höhere Drucktoleranz haben?

Auf alle Fälle aber, danke für alle Beiträge.

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 15.07.2023, 09:26
von Klausi1967
Zu den Daten aus dem Internet würde ich folgendes sagen: Die sind korrekt in Bezug auf das was gemessen wurde.
Allerdings wird es bei Holz eine menge Faktoren geben, die für eine große Toleranz sorgen. Holzfeuchte, Wuchs usw.

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 15.07.2023, 11:05
von benzi
Kann mir jemand in einfachen Worten den Unterschied zwischen Druckfestigkeit und Drucktoleranz erklären, das wäre super!

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 15.07.2023, 11:38
von Becknbauer
@Benzi
schau dir doch mal den Link von oben, Rotzeklotz/Benedikt an, einfacher geht wirklich nicht.
hier nochmal

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 15.07.2023, 12:19
von fka
Härte und Druckstärke sind zwar nicht das gleiche, gehen aber Hand in Hand. Es gibt verschiedene Messmethoden, eine davon ist, Druck von oben auszuüben, sowohl um Härte als auch Druckfestigkeit zu prüfen, es wird halt anders gemessen.

Das carbonstahl weniger Zug und druckfest als baustahl sein soll, ist mir neu. Auf die schnelle habe ich mal die Zugfestigkeit von c100 und s235jr gefunden und der c100 ist doppelt so zugstark.
Zug und Drucktoleranz sind sicher höher bei baustahl...

Auch wenn hart meistens druckfest bedeutet, bedeutet weich nicht gleich drucktolerant sondern idr weniger druckfest.
Gummi ist weich, wenig druckfest aber sehr drucktolerant. Knete ist noch weicher, aber kein Stück drucktolerant zb...

LG Felix

Re: Hasel-holz vs. andere

Verfasst: 31.07.2023, 20:24
von Heidjer
Für Benzi in einfachen Worten.
Ein Fahrradreifen mit etwa 3,5 Bar aufgepumpt und eine einfache Wachskerze bei etwa 40°-45° C haben annähernd die gleiche Druckfestigkeit (sie setzen einer Kraft den gleichen Widerstand entgegen). Wird nun eine kurze Zeit punktuell eine Kraft von ca. 100N bzw 10Kg (kräftiger Daumendruck) auf beides ausgeübt, sieht man nach Ende der Krafteinwirkung einen deutlichen Unterschied was den Druck toleriert hat und was nicht.
Der Reifen wird den Druck zu 100% tolerieren, die Kerze nicht und mit einer bleibenden Verformung reagieren.
Der Reifen ist um ein vielfaches Drucktoleranter als eine Kerze.

Gruß Dirk