Was tun mit dem krummen Stecken?

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Markus
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Was tun mit dem krummen Stecken?

Beitrag von Markus » 04.04.2005, 19:20

Ich habe folgendes schöne Stückchen Goldregenholz geschenkt bekommen und irgendwie inspiriert mich die Form dazu, einen Bogen zu bauen.

Ich habe auch schon eine Idee, wie ich daraus ein schießbares Etwas zaubern kann, hätte dazu aber gerne die Meinung von Fachleuten.

So siehts aus:
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10219/Goldregen1.jpg]
Bild[/url] [url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10219/Goldregen2.jpg]
Bild[/url] [url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10219/Goldregen3.jpg]
Bild[/url] [url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10219/Goldregen4.jpg]
Bild[/url]

der schwarze Punkt ist der Überrest eines Astes und geht nicht mehr tief in das Holz rein



Wegen der kurzen Länge (oder langen Kürze) bietet sich m.E entweder ein sauschneller Reiterbogen oder ein Kinderbogen an. Ich habe mich für den Kinderbogen entschieden und würde folgendermaßen vorgehen:

1. das Splintholz entfernen
2. den Stab im Griff dämpfen, um a) einen einigermaßen geraden stave zu bekommen und um b) den reflex deutlich zu reduzieren
3. den Bogen mit Seide oder Leinen backen und
4. versuchen einen Bogen draus zu schnitzen.

Könnte ich so vorgehen oder dieser Versuch von Beginn an zum Scheitern verurteilt? Wenn ja, warum? Was könnte eine bessere Vorgehensweise sein?

Besten Dank für Eure Ratschläge,
Markus
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Ravenheart
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Beitrag von Ravenheart » 05.04.2005, 11:27

Also Kinderbogen wäre ja fast schade, Goldregen SOLL (hatte ich leider noch nicht!) ein sehr leistungsfähiges Holz sein!!

Schwierig dürfte werden, die Mittellinie zu finden! Der Stab ist ja leider in 2 Dimensionen gekrümmt.

Ihn erst mal (er ist ja wohl STARK reflex..?) etwa gerade zu machen, ist bei so kurzem Holz sinnvoll; ich würde ihn sogal leicht deflex in der Mitte machen; verlängert den Auszug und bringt Standhöhe ohne Materialstress..

Außerdem lässt er sich dann besser Tillern!
;-)

Schwieriger wird, wie gesagt, die Ausrichtung der Längsachse! Du darfst natürlich nicht ZU weit aus der Faser laufen, daher könnte er auch in der Hinsicht noch eine Biege-Aktion erfordern! leider kann ich Dir NICHT sagen, wie gut er sich überhaupt biegen lässt..
8-|

Auf jeden Fall eine Herausforderung, wie ich sie liebe...
:D

Vorgehen:

1. Auf gleichmäßig durchgehende Dicke in beabsichtigter Griffdicke herunterarbeiten.

2. Den Griffbereich nur LEICHT schmaler machen und dann biegen.

3. Die WA auf beabsichtigte Dicke + 5 mm runter arbeiten, zukünftige Mittellinie anzeichnen, auch wenn die noch schlängelig verläuft, daran die Breite + 5 mm (am Griff, + 1 cm am Ende) je Seite herausarbeiten, und dann ggf. seitlich biegen, damit die Mittelinie gerade wird.

4. Nach dem Biegen (und Trocknen!) Mittellinie korrigiert neu festlegen. (SO genau bekommt man es nie hin!)

5. Bogen fertig bauen.

Viel Erfolg!!!

Rabe

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Beitrag von Holzbogenbauer » 05.04.2005, 12:07

Wenn der Zollstab in 20 er cm je Glied ist, komm ich auf 100 cm Länge bis 110 cm (wegen Reflex. Hehe viel Spass, aber wenn du es schaffst einen Bogen daraus zu bauen mit 24-26" Auszug um die 40 lbs hast du meinen vollen Respekt. Ansonsten besorg dir noch so einen Stave und spleisse ihn zusammen. Würde mich sher interessieren wie Goldregen wirft.

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Markus
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Beitrag von Markus » 05.04.2005, 18:23

@ holzbogenbauer

Du hast (leider) richtig gesehen, das Stück ist nicht länger als etwa 1 m.
Das Stück Goldregen war ein Geschenk und ich kann kein weiteres Holz für einen gespleißten Bogen bekommen und kaufen will ich nicht.

@ rabe

Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Herangehensweise. Es beruhigt mich, dass ich mit meinen Ideen nicht auf dem Holzweg bin.
Kinderbogen wäre schon ein wenig schade, aber mir ist ein funktionierender Kinderbogen allemal lieber, als ein kaputter "Erwachsenen" Bogen.

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, würdest du den Bogen in zwei Schritten biegen (1x reflex raus und 1x begradigen). Gibt es keine Probleme, wenn man das Holz an einer Stelle zwei Mal dämpft und biegt? Ich hätte versucht, dies in einem Rutsch zu biegen. Oder spricht etwas dagegen?

Gruß,
Markus
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Beitrag von Holzbogenbauer » 05.04.2005, 21:04

Miss doch bitte mal die dickste Stelle (Breite und Höhe) , wenn er 7cm breit und 3-4 cm hoch im Quadrat ist, rate ich dir ihn zu spalten und dann verspleissen. Vorteil du brauchst ihn seitlich nicht begradigen, da sich die abweichungen dann aufheben und so ein snaky Bogen enstehen kann. Den Reflex kannst du beibehalten, aber sicherheitshalber doch mit ner Bandsäge auftrennen, nicht das er beim spalten seitlich wegläuft. So hast du 190 cm für einen Bogen (-10 cm Reserve)

Gruß und gutes Gelingen: André

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RE:

Beitrag von Ravenheart » 06.04.2005, 09:25

Original geschrieben von Markus
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, würdest du den Bogen in zwei Schritten biegen (1x reflex raus und 1x begradigen). Gibt es keine Probleme, wenn man das Holz an einer Stelle zwei Mal dämpft und biegt? Ich hätte versucht, dies in einem Rutsch zu biegen. Oder spricht etwas dagegen?


Das Problem ist, dass Du nach dem Erhitzen nur ca. 30 sek. hast, um zu biegen, dann wird das Holz wieder hart!

Stimmt schon, eine gebogene Stelle kann beim erneuten Erhitzen wieder etwas zurück "kriechen"; aber dann erhitzt man sie eben noch mal und richtet das wieder. Ggf. danach für die 2. Biegung ein 3. Mal. Irgendwann "hat er's dann schon kapiert", hihi...

Aber ist das hier notwendig?

Wenn Du den Reflex im Griff rausbiegst, und danach die WAe anpasst, MUSST Du den Griffbereich ja evtl. gar nicht noch einmal erhitzen! Da Holz ist doch breit genug....

Ach, leg einfach mal los, dann ergibt sich das Weitere schon!!
:-)

Rabe

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RE:

Beitrag von Markus » 07.04.2005, 09:38

Original geschrieben von Holzbogenbauer

Miss doch bitte mal die dickste Stelle (Breite und Höhe) , wenn er 7cm breit und 3-4 cm hoch im Quadrat ist, rate ich dir ihn zu spalten und dann verspleissen.

Hallo André,

der Stecken ist an der breitesten Stelle gerade mal 4,5 cm breit, d.h. zum spleissen fehlt es an allen Ecken und Enden. Den Gedanken hatte ich ursprünglich auch, aber schnell wieder verworfen.

@ rabe
dann reden wir beide von der gleichen Herangehensweise. Erst mal den Reflex raus und anschließend sehen, wie die WA liegen.
So soll es werden, ich werde berichten.

Markus
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Beitrag von kra » 07.04.2005, 13:06

Und wie wäre es eigentlich mit nem kurzen, sehnenbelegten Bogen im "indianischen" Stil?
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
– George Bernard Shaw

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Markus
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RE:

Beitrag von Markus » 07.04.2005, 13:17

Original geschrieben von kra

Und wie wäre es eigentlich mit nem kurzen, sehnenbelegten Bogen im "indianischen" Stil?

Hallo Axel,

auch keine schlechte Idee, aber ehrlich gesagt, fehlt mir zum einen die Erfahrung, aus solch einem Holz einen funktionierenden, sehenbelegten Bogen zu bauen und zum anderen fehlt es so ein bischen an der Traute.
Mit meinem bogenbauerischen, praktischen Wissen ist es nicht so weit her, dass ich mich an Projekte dieser Art trauen würde. Und zudem wäre es schade, wenn dieses Stück kaputt gehen würde, da es mein einziger Goldregen ist.
Statt der Sehne hatte ich an Leinen oder Seide gedacht. Das verstärkt zwar nicht das Zuggewicht, ist aber eine kleine Bruchversicherung.

Gruß,
Markus
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Snake-Jo
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Beitrag von Snake-Jo » 07.04.2005, 15:02

Hallo Markus,
ich würde den Reflex drin lassen, aber nur, weil ich damit Erfahrung habe.
Anleitungen hast du ja genug bekommen. Tendenz sollte sein, einen möglichst breiten, möglichst flachen Bogen mit mitbiegenden Griff zu erhalten, bei dem zumindest am Bauch die tolle Farbe von Goldregen herauskommt. Wird unter Lichteinfluss schokoladenfarben dunkelbraun. Es ist das dunkelstes Holz, was in Deutschland so wächst.:-o
Nun wird es eventuell auf einen leichten Bogen hinauslaufen bei einer Wurfarmtiefe von ca 9 mm. Wenn er so 25-30 lbs hat, dann schieß ihn eine Weile und dann beleg ihn mit Sehnen und mache einen 40 lbs Indianerbogen draus. Der ist dann auch vom Pferd zu schießen und sollte dann mindestens 25" Auszug haben.
Ich kann ja beim Sehnenbelegen helfen, mache ja zur Zeit nichts anderes (s. Khotanbogen).
Ja, ich habe Goldregen schon benutzt beim Bogenbau. Habe gerade aus einem Reststück (10 Ringe auf 12,5 mm) den Standard-Bruchtest gemacht. Hier die Ergebnisse: Set bei 11 cm, bei 16 cm noch nicht gebrochen. Anschließend mit Gewalt zerbrochen für Beobachtung des Bruchverlaufs. Dieser ist beim Splint direkt quer durch und im Kernholz verläuft er lang entlang den Jahresringen. Im Vergleich zu anderen Hölzern: Das Holz hält gut durch, zeigt wahrscheinlich etwas Stringfollow und Splint sollte nicht benutzt werden. Breite Jahresringe sind vorteilhafter.

Ansonsten schließe ich mich dem Holzbogenbauer an: Es ist eine Herausforderung und eine Leistung, wenn es gelingt.

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