Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

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TDErdmann
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Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von TDErdmann » 14.10.2021, 12:09

Moin ihr Lieben,
ich lese hier schon einge ganze zeitlang mit und möchte jetzt auch von eurer gesammelten Erfahrung profitieren...
Nein, im Ernst: Es ist wirklich beeindruckend, was hier in der Community alles zusammenkommt!

Aus regelmäßigen Bogenbau-Workshops/-Kursen hat sich eine Gruppe von 5 Bogen-Infizierten herausgebildet, die gemeinsam das Ziel haben, jeder einen Horn-Sehnen-Bogen zu bauen, also ohne Holzkern. Im ersten Schritt wollten wir Wasserbüffel-Hornstreifen im Griffbereich geschäftet/überlappend verkleben und danach mit Holz den Griffbereich ausbilden.
Hierzu möchten wir aufgrund der Feuchteanfälligkeit ungern Haut-/Hasen- oder Fischleim verwenden, da wir an diese Stelle ja nie wieder für eine mögliche Reparatur herankommen.

Nun zur konkreten Frage - zu der wir aber jetzt eigentlich schon eine Antwort haben (s.u.):
Wir haben Testweise die Hornstreifen mit BINDAN-CIN verklebt.
Nach 48 Stunden in den Zwingen haben wir die Klebefuge belastet: KNACK!
Auf der Hornoberfläche hat der Kleber gut gehalten, die Klebefuge ist jedoch in der Mitte gerissen.

Ich habe jetzt seit ein paar Tagen einen Emailverkehr mit Herrn Schönleber, Geschäftsführer der Fa. Bindulin (Hersteller von BINDAN) An dieser Stelle: Ganz grosse Klasse, wie sich Herr Schönleber meiner Frage gewidmet hat! Ein toller, nicht selbstverständlicher Service!

Herr Schönleber empfiehlt ein Epoxid-basiertes Klebesystem.
Die Begründung ist, dass Horn ein eher unpolarer Stoff ist und dass sich die Klebstoffmoleküle deshalb in der Klebefuge nicht gut ausrichten können.
("Aufgrund des unpolaren Materials bildeten sich keine Molekül-Ketten zwischen den beiden Klebeflächen. D.h. Sie hatten zwar eine Benetzung auf der Oberfläche, aber der Leim dazwischen konnte sich nicht orientieren (die Moleküle anhand elektrostatischer Ladung ausrichten).
Dadurch bildeten sich keine Ketten zwischen den beiden Oberflächen. Keine Ketten = kein Verbund = keine Festigkeiten."
)

Ich werde es jetzt nochmal mit Epoxidkleber probieren, sowohl mit BINDENORM als auch mit Endfest300 und berichte dann.

Hat jemand von euch schon mal eine solche Verklebung probiert und kann Erfahrungen beisteuern?

Herzlicher Gruß
aus dem herbstlichen Kiel

Thorsten
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1-Klebefuge.jpg
2-Pressung.jpg
3-gebrochene Klebung.jpg

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Snake-Jo
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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Snake-Jo » 14.10.2021, 13:00

TDErdmann hat geschrieben:
14.10.2021, 12:09

1. Hierzu möchten wir aufgrund der Feuchteanfälligkeit ungern Haut-/Hasen- oder Fischleim verwenden, da wir an diese Stelle ja nie wieder für eine mögliche Reparatur herankommen.

2. Nun zur konkreten Frage - zu der wir aber jetzt eigentlich schon eine Antwort haben (s.u.):
Wir haben Testweise die Hornstreifen mit BINDAN-CIN verklebt.
Nach 48 Stunden in den Zwingen haben wir die Klebefuge belastet: KNACK!
Auf der Hornoberfläche hat der Kleber gut gehalten, die Klebefuge ist jedoch in der Mitte gerissen.
Hallo Thorsten,
ich habe den Titel oben etwas spezifischer gestaltet.

Zu 1.: Feuchtigkeit spielt keine Rolle, weil man den Bogen in der Endbehandlung schützen kann: Lacke, Öle etc.
Die Altvorderen haben auch Hautleim genommen, der ideal geeignet ist für Horn.
Zu 2.: UHU-Endfest 300 geht auch gut. Die zu verklebenden Flächen müssen absolut plan aufeinander liegen oder verzahnt werden

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Re: Hornbogen-Experiment

Beitrag von fatz » 14.10.2021, 20:08

Hallo Thorsten erstmal willkommen im Forum.
Ohne etwas zum Kleber sagen zu koennen sieht mir deine Klebefuge suboptimal aus. Mittig sieht das nach sehr wenig Kleber, aussen dagegen nach zuviel Spalt aus. Wenn das nicht nur auf dem Foto so aussieht, wird da auch Epoxid nicht halten.
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von kra » 14.10.2021, 21:02

Da möchte ich Fatz ausdrücklich zustimmen. Für Verklebungen mit Epoxy wird (am Bsp von UHU endfest 300) eine Fugenbreite von ca. 1/10mm als optimal angegeben. Von daher scheinen die gezeigten Hälften nicht passend zugerichtet zu sein.

Zum Anderen, wie Jo schon schrieb, spricht wenig gegen Hautleim, wobei auch hier die Passung makellos sein muß.
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Ravenheart » 15.10.2021, 11:12

Hier siehst Du eine Hornschicht, die mit korrekter Verzahnung geklebt ist:
viewtopic.php?f=15&t=31311&p=563475#p563466
(...auch wenn der Bogen später aus anderen Gründen gebrochen ist...)

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Neumi » 15.10.2021, 11:34

Ein nettes Projekt. Wie bereits geschrieben müssen die zu klebenden Flächen exakt zueinander passen. Auch wenn z.B. UHU Plus Endfest 300 ein spaltfüllender Kleber ist, sollte die Klebefuge 0,2 mm nicht überschreiten.
Eine Verzahnung ist unnötig und außerdem bei dieser Konstruktion nicht durchführbar (beide keilförmige Verbindungsflächen laufen auf Dicke 0 aus, somit ist eine Verzahnung nicht möglich).
Das aufrauhen der Klebefläche sollte ausschließlich in längsrichtung erfolgen, nicht kreuz und quer.
Außerdem sollte vor der Benutzung eines Klebers immer die Gebrauchsanweisung gelesen werden.
Staub- und fettfreie Klebeflächen sind von elementarer Bedeutung für eine gute und haltbare Verklebung.
Viel Spaß weiterhin.
Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Ravenheart » 15.10.2021, 16:51

Aaaahh, sorry, da ist die Mitte im Griffbereich auseinander gegangen!! (Ich hab's für'n Overlay gehalten, und Jo hat von Horn geschrieben)... :D :D :D

Dann ist es ein klarer Fall von falscher Schnittlage! Die Fuge muss immer rechtwinklig zur Belastung stehen!
http://www.bogensportwiki.info/index.ph ... ei%C3%9Fen

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Neumi » 15.10.2021, 20:30

Ravenheart hat geschrieben:
15.10.2021, 16:51
Dann ist es ein klarer Fall von falscher Schnittlage!
Diese Art Bogen wird mit überlappendem Spleiß gebaut (oder gestoßenem + Holzgriff), insofern ist das Horn richtig geschnitten, nur eben ungenau ausgeführt. 😉
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Snake-Jo » 16.10.2021, 08:59

TDErdmann hat geschrieben:
14.10.2021, 12:09
Im ersten Schritt wollten wir Wasserbüffel-Hornstreifen im Griffbereich geschäftet/überlappend verkleben und danach mit Holz den Griffbereich ausbilden.
Also zweiteiliger Hornstreifenbogen mit Sehnenbelag verstärkt,
im Griff überlappend verklebt und mit Holz Griffsektion aufgebaut,
so hatte ich das verstanden.

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von TDErdmann » 16.10.2021, 20:18

Noch gibt es keine neuen Ergebnisse - aber durch eure Hilfe eine Menge neuer Erkenntnisse :-)
Vielen herzlichen Dank!

Da ich mich wohl ungenau ausgedrückt habe: Der Aufbau ist tatsächlich ein überlappender Spleiß im Griffbereich - mit horizontaler Fuge (vgl. Wiki: http://www.bogensportwiki.info/index.ph ... ei%C3%9Fen. Im Bild oben ist die Oberseite des einen Streifens und die Unterseite des anderen Streifens zu sehen.)
Zur Verstärkung und zur Ausbildung des Griffes kommt dann noch etwas Holz.
Vielleicht kommt dann noch eine Hanfwicklung (wie ein gewickelter Ledergriff), die mit Hautleim getränkt wird. Dass sollte die Stelle dann noch zusätzlich stabilisieren.

Ich habe vor der neuen Verklebung die Passung verbessert und hoffe, zumindest durch die Zwingen beim Verkleben, überall unter 0,2mm gekommen zu sein. Gut in Längsrichtung angeschliffen, gründlich entfettet und mit Endfest 300 verklebt. Beim Mischen etwas mehr Härter als Harz - laut Datenblatt soll damit die Flexibilität des ausgehärteten Klebers erhöht werden. Zur Aushärtung die ersten 7 Stunden unter einer Wärmelampe. Morgen Abend erfolgt dann der Belastungstest. Ich lasse dann wieder von mir hören...

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Chirurg » 17.10.2021, 09:23

Hallo TDErdmann!
Die original Sheephorn bows wurden tatsächlich mit Horizontalfuge verklebt. Die überlappenden Teile müssen zusammen der dickste Teil im Bogen sein. Die Fuge muss perfekt gearbeitet sein. Hautleim bei der Verklebung hätte den Vorteil, dass Du bei dicker Konsistenz mit Schraubzwingen pressen kannst. Super dichte Fuge. Bitte keine Belastungstests. Da muss erst Sehne drauf! Sehne zirkulär gewickelt im Griffbereich, dann in Längsrichtung über den ganzen Bogenrücken und dann wieder zirkulär im Griffbereich. Dann Trocknen, Am besten 6 Monate. Jetzt erst wären Belastungstests möglich. Bei Epoxy würde ich nicht mit Zwingen pressen. Ich wickle immer nur fest mit Isolierband. Gibt ausreichend Druck und der Kleber bleibt drinnen! Und nach dem Trocknen (Ich würde wegen dem Horn keine Hitze verwenden, der Kleber wird bei Hitze zusätzlich dünnflüssiger und rinnt aus) wieder keine Belastungstests. Auch da muss erst Sehne drauf!
LG
Stephan
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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von fatz » 17.10.2021, 09:32

Chirurg hat geschrieben:
17.10.2021, 09:23
Bei Epoxy würde ich nicht mit Zwingen pressen.
Ja, da hast schnell eine verhungerte Klebefuge. Bei Epoxi willst du nicht auf Null
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Sehnenbelegter Hornbogen: Experiment

Beitrag von Sateless » 05.01.2022, 14:47

Schönes Projekt. Falls ihr mal für Holzkerne zwischen Horn und Sehne offen seid, meld dich bitte falls ich dann mitmachen darf. Grüße aus Kiel.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

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