Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

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RobertGraf
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Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von RobertGraf » 21.09.2009, 21:32

Liebe Gemeinde,

vor einiger Zeit ist einer meiner Lieblingsbögen "von mir gegangen". Die Story dazu ist recht kurz:

Eibe-Snake mit 55lbs, 168 cm (ungefähr ovaler Armquerschnitt) hatte schon locker 3 - 4 tausend Schuss auf dem Buckel. Da das Teil mörder-viele Äste und damit steife Stellen hatte, hat der Griff mitgebogen, was nie ein Problem war. Ich hab dann mal das Griffleder erneuert und nur minimal die Stelle überschliffen - aber das war dann wohl der berühmte Tropfen, der zuviel war. Das Teil hat den Dienst genau an der Stelle quitiert (natürlich an einem Ast - siehe Foto) und meine Hand beinahe mit ins Verderben gerissen :-\ (Aua!). Aber Fleisch wuchs wieder zusammen - das Holz nicht!

Und nun (nach der angemessenen Trauerzeit) wollte ich das gute Stück evtl. wiederbeleben, nur....

1) ist sowas überhaupt aussichtsreich?
2) wenn ja, wie soll ich das pappen?
3) Wegsägen und V-Spleiß/schienen/bandagieren???

Bin schon auf eure Meinungen gespannt...

Schöne Grüße...

Robert
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the visioner99
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von the visioner99 » 21.09.2009, 21:47

Wie ärgerlich. Aber zum Glück ist dir ja nichts passiert.

Ich denke, dass es schwierig wird, den zu reparieren.
Am haltbarsten und sichersten scheint mir noch die 3. Methode. Wobei es natürlich schade um den Bogen wär.

Ich wünsch dir viel Glück beim Versuch des Reanimierens.

Ein dich bemitleidender the visioner

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Heidjer
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Heidjer » 22.09.2009, 00:35

Tut mir Leid um einen schönen Bogen. :(
Aber so Grenzwertig wie Du ihn beschrieben hast, halte ich jeden ernsten Versuch zur Wiederbelebung für Aussichtslos. Es kämme nur ein Bogen mit weniger Auszug und Power herraus, also viel Aufwand für einen Kinderbogen. >:(
Ich täte ihn als Wandschmuck weiterverwenden. ;)

Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

tomtux
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von tomtux » 22.09.2009, 00:58

wenn du bei naturmaterialien bleiben und einen versuch wagen willst:

alle losen splitter die eine saubere passung der bruchstücke  verhindern entfernen, so dass die teile möglichst spaltfrei ineinander passen.
so mit epoxy verleimen, herausquellendes harz sofort entfernen und NICHT über die oberfläche verschmieren. entweder mit geringer temperatur (max. 80°) tempern oder mehrere tage aushärten lassen.
so eine klebestelle hält die druckbelastungen aus, für den rücken fehlt noch eine verstärkung.

bei meinem schlimmsten teil mit über den ganzen rücken aufgesplittertem rückenring habe ich über die querrisse(brücke) ca. 1mm hanf in dünnen lagen langsam auslaufend mit weissleim aufgebracht. darüber kam noch eine lage leinen, alles nass in nass verleimt. zumindest die enden der leinenlage müssen mit wicklungen gesichert werden.

so ähnlich habe ich auch eine vergleichsweise kleine schwachstelle an meinem heckenschnittbogen geflickt, beide bögen haben einige tausend schuss hinter sich.

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Ravenheart
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Ravenheart » 22.09.2009, 16:01

Hmmm.. Also in dem Bereich halte ich das für relativ UNproblematisch!

Ich würde als Material Hickory nehmen, und daraus ein komplett neues Mittelteil machen.

1. den beschädigten WA unter möglichst wenig Holzverlust so bearbeiten, dass die Bruchstelle gerade Kanten und Flächen hat.

2. Den anderen WA in genau der selben Weise an den vergleichbaren Stellen herrichten.

3. Ein Mittelteil so anpassen, dass es die beiden WA aufnimmt. (Vmtl. muss es aus 2 Teilen bestehen: Griff mit Auflager, Backing)

4. Die WA auf den Griff kleben, Übergänge glätten, Backing aufkleben.

5. Spleißbereiche glätten, abrunden und wickeln.

6. Griff bearbeiten (so, dass er wieder mitarbeitet!)

Feddich...

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Rabe
Zuletzt geändert von Ravenheart am 22.09.2009, 16:26, insgesamt 1-mal geändert.

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RobertGraf
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von RobertGraf » 22.09.2009, 21:06

Hallo Rabe,

ähmn....  Aha....   o.K. ....  !?! Tja - also Hick hab ich z. Z. eh noch eine größere Menge herumliegen - daran solls schon mal nicht scheitern. Wenn ich dem Schätzchen was einsetzte, sollte ich darauf achten, dass ich so viel Holz wegnehme, wie ich einsetzte, damit er nicht länger wird, oder? Die Wurfarme sind aber annähernd Oval, den ersten Jahresring mitzunehmen wäre wohl mehr wie sinnvoll, was bei dem Querschnitt ziemlich happig wird, oder? Und das Hauptproblem ist: Das gute Stück besteht eigentlich fast NUR aus Ästen und ich habe bis heute physikalisch nicht die geringste Ahnung, warum er überhaupt geschossen hat und dann auch noch sehr gut. Beim Tillern stand ich wahrscheinlich unter Trance ;) oder eine höhere Macht hatte mich gelenkt ;D.


Dann hoffe ich mal auf noch so eine Eingebung und dann kanns losgehen...

Erstmal Danke und schöne Grüße...

Robert
Zuletzt geändert von RobertGraf am 23.09.2009, 22:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Ravenheart » 23.09.2009, 17:02

...also Du kannst ihn natürlich auch verlängern - ich würd's sogar machen, denn die Spleiß-Wickel-Bereiche werden ja hinterher komplett steif sein....

Für das Backing auf dem Rücken kannst Du ruhig - musst Du vmtl. sogar - den Rücken da planhobeln. Wichtig ist nur, dass der angeschnittene Bereich komplett unter der Wicklung liegt. (Das Backing wird dann, von oben, also vom Rücken her gesehen, parabolisch auslaufen...)

Du KANNST es natürlich auch der Rundung anpassen, wenn Du ganz viel Zeit hast...  ;D  ;)

Rabe

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Snake-Jo » 24.09.2009, 08:16

@Robert: Genau wie Rabe bin ich der Meinung, dass das völlig unproblematisch von sich geht, schließlich spleisst man ja auch Bögen im Griff zusammen, das ist dann nichts anderes. Ich habe massenhaft Bögen gebaut, bei denen ich am Griff ordentlich geklebt habe.
Allerdings würde ich die Methode von Tomtux vorziehen, weil weniger aufwändig.
1. den Bruch wieder zusammenleimen, am besten mit Endfest 300 plus etwas Wärme (normaler Haarfön)
2. Bauch und Rücken plan machen
3. am Rücken und am Bauch mit einer aufgeleimten Leiste (s. Rabe) verstärken und den Griff neu herausarbeiten, schön mit Fade-Out bei den aufgeleimten Leisten (möglichst auch aus Eibe).

Damit hats du dann exakt deinen Bogen wieder, kannst die alte Sehne verwenden, Schussverhalten ist fast gleich, nur der Griff wird ein wenig dicker und biegt nicht mehr mit.

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Ravenheart » 24.09.2009, 18:16

Snake-Jo hat geschrieben:.... nur der Griff wird ein wenig dicker und biegt nicht mehr mit.


@ S-Jo: das war genau der Punkt, der mich zu meinem Vorschlag bewogen hat, in Kombi mit der Start-Ansage:
Da das Teil mörder-viele Äste und damit steife Stellen hatte, hat der Griff mitgebogen, ...


;)

Rabe

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Snake-Jo » 24.09.2009, 19:03

@Rabe: Völlig klar, aber  sehr anspruchsvoll den Griff wieder so hinzubekommen, das er mitbiegt.  ::)

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von RobertGraf » 24.09.2009, 20:55

Genau das ist das Problem:

Vorschlag Snake-Joe: Mit starrem Griff weiß ich nicht, ob das die Wurfarme mitmachen und nicht einer der vielen anderen (und wirklich großen!) Äste aufgeht.
Vorschlag Rabe: Das dürfte hart an die Grenze meiner handwerklichen Fähigkeiten gehen.

Im Fall 1 ist es nicht unwahrscheinlich, dass ich die Latte zum zweiten (und dann zum letzen mal) abbreche.
Im Fall 2 ist es nicht unwahrscheinlich, dass ich das Teil verpfusche - auch nicht schön, denn das Holz ist das geilste, das ich je gesehen hab (bis zu 4 Jahresringe/mm).

Tja - Regen oder Traufe? Ich hab keine Ahnung und sicherlich wieder einige schlaflose Nächte (grübel-grübel).

Schöne Grüße...

Robert
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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Snake-Jo » 24.09.2009, 21:27

@Robert: Tja, das sind richtig Argumente.  ;D

Wie wärs mit einem Kompromiss?
Das Ding sauber entsprechend Tomtux zusammenkleben, dann den Griff etwas  plan runterschleifen, am Rücken und Bauch eine Leiste (Pflaster) von ca. 4 mm Stärke aufleimen und dann das Ganze griffmäßig formen und solange runterarbeiten, bis der Griff wieder mitbiegt. 8)

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von acker » 24.09.2009, 21:37

Warum nicht kleben und Rohhaut drauf ?

Gruß acker
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von RobertGraf » 24.09.2009, 21:57

Hallo Snak-Jo,

das hört sich sehr gut an und so werd ich das wohl auch angehen.

Acker: Rohhaut kommt nur als kleines Pflaster in Frage, denn über den ganzen Bogen sieht man ja die ganzen hübschen Äste nicht mehr  :D.

Schöne Grüße...

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Re: Reanimation eines lieben "Verstorbenen"

Beitrag von Ravenheart » 25.09.2009, 09:24

acker hat geschrieben:Warum nicht kleben und Rohhaut drauf ?


Nee, das geht nicht, weil Rohhaut sich zu sehr dehnt! Nach dem Verkleben sind ja Quer-Fugen drin, das sind immer "Sollbruchstellen". Ein drübergelegtes backing muss gewährleisten, dass sich diese Fugen GAR nicht öffnen. (Täten sie es nur den Bruchteil eines mm's, würde er früher oder später brechen - trotz Backing!)

Rabe

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