leinensehnen, lust oder frust?

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gian-luca
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leinensehnen, lust oder frust?

Beitrag von gian-luca » 10.05.2004, 10:49

hallo,
ich verfolge diese seite schon einige zeit und finde sie sehr anregend und interessant. da ich bemerkt habe, dass noch mehr angefressene bogenbauer hier verkehren, möchte ich eine frage in die runde werfen: wer von euch schiesst mit leinensehnen? ich habe schon etliche versuche gemacht und diese dinger reissen mir immer am nockpunkt, ohne vorwarnung, nach (zuletzt) 2700 schuss. ist das normal oder mache ich schlechte sehnen? hier noch die technischen angaben: ich schiesse einen 55pfund self-flatbow aus robinie. meine leinensehne ist akkurat nach den anleitungen der traditional bowyers bible gemacht, hält das 5fache zuggewicht aus und hat eine mittenwicklung. meine selfnocks habe ich verbreitert, so dass die sehne nicht in zu schmalen pfeilnocks gequetscht und beschädigt wird.

ich habe immer vom 4fachen bogengewicht gehört und gelesen, aber bei mir hält so eine seine nur kurz (paar hundert schuss höchstens), trotz wachsen und gut behandeln. was habt ihr für erfahrungen mit leinensehnen? ist eine schusszahl von 4000 realistisch mit einer sehne, die das 4.5fahce bogengewicht aushält? mache ich was grundlegend falsch?

vielen dank im voraus für eure antworten,
gian-luca

p.s. da es keine "abteilung sehnen" gibt, habe ich die frage hierhin geschickt. ich habe auch die suchfunktion benutzt, aber nichts brauchbares gefunden.

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Mathias
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Leinensehne

Beitrag von Mathias » 10.05.2004, 11:48

Hallo gian-luca,

herzlich willkommen bei Fletchers - Corner

Ich schieße ebenfalls Robinie und benutze ausschließlich Leinen.

Welches Leinen benutzt du?

Ich selbst nehme Schusterleinen, ungefärbt.
Leider fehlen mir Herstellerangaben zur Zugfestigkeit.

Bis vor kurzem verwendete ich nur Endlossehnen, die an der Mittelwicklung oder am Öhrchen rissen.

Die Schusszahl kann ich nicht abschätzen, aber eine ging pro Jahr immer kaputt.

Der Nockpunkt ist auch wenn du lockere Nocken verwendest, hoch belastet. Ich denke hier ist der Riss am logischtsten.

Hinzu kommt, dass eine zu stramme Mittelwicklung eine "einschneidende" Wirkung auf die Sehne haben kann.

Grüße

Mathias

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RE: leinensehnen, lust oder frust?

Beitrag von doralf.vom.wald » 10.05.2004, 13:31

Original geschrieben von gian-luca

wer von euch schiesst mit leinensehnen? ich habe schon etliche versuche gemacht und diese dinger reissen mir immer am nockpunkt, ohne vorwarnung, nach (zuletzt) 2700 schuss. Ist eine Schusszahl von 4000 realistisch mit einer sehne, die das 4.5fahce bogengewicht aushält?



Also erstmal willkommen und herzlichen Glückwunsch zu deinen Leinensehnen. Die Schusszahl von über 2000 Schuss ist für eine Leinensehne enorm. Nach 2000 Schuss wechsle ich vorsorglich sogar meine Dacronsehne.

Als Sehnengarn verwende ich auch Schusterleinen weil das schön gleichmäßig ist. Wichtig ist: immer gut wachsen. Aber selbst eine gepflegte Leinensehne wechsle ich an meinem 43 lbs Robinienbogen nach spätestens 1500 Schuß.

Also sind deine Sehnen perfekt und es liegt am natürlichen Materialverschleiß, daß die Sehne irgendwann reißt.

Also: weitermachen!!!
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Da kann ich meinen...

Beitrag von Archiv » 10.05.2004, 15:11

...vorschreibern nur Recht geben.Wenn du damit über 2000 Schuß kommst ist das doch klasse.
Dem vor ca.15 Jahren noch recht viel verwendeten Kevlargarn gab man nur ca. 1000 Schuß Lebenserwartung.
Wenn ich leinensehnen mache empfehle ich immer 2-3 Ersatzsehnen dabei zu haben weil ich von vornherein nicht mit einer so hohen Schußleistung ausgehe.Ich verwende allerdings auch ganz normales Leinengarn und die sehnen bestehen nicht selten aus 40-60 einzelnen Strängen.
Also mach dir keine Gedanken du machst da nix Falsch.

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merci

Beitrag von gian-luca » 11.05.2004, 11:25

danke für die komplimente für meine leinensehnen, aber ich bin nicht zufrieden. ich schiesse im sommer manchmal 3 mal pro woche 200 shuss und mehr und da sind die mickrigen 2700 schuss schnell erreicht. es kann doch nicht sein, dass alle 4-5 wochen eine neue sehne an den bogen muss. könnt ihr mir nicht ein paar angaben machen zu euren leinensehnen? bruchkraft, anzahl einzelfäden, doppelt oder mehrfach verzwirnt, art des nockpunkts bzw. der mittenwicklung, usw.? gibt es eigentlich informationen über die leinensehnen im MA? ich habe viel gesucht und nix gefunden. ich weiss, ich kann sehr starrköpfig sein, aber um etwas zu erreichen brauchts das manchmal...
danke für die geduld und gruss,
gian-luca

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Frage am Rande

Beitrag von Ravenheart » 11.05.2004, 11:36

Ich bin zwar Dacron-Fan, aber so langsam interessiert mich das Thema; ich denke, das A und O ist ja erst mal konstantes und fehlerfreies Leinengarn! Und das ist gar nicht so einfach zu bekommen....

Daher die Frage: Wo bezieht Ihr Euer Garn? Hat jemand mal ne gute Quelle für Online - Bestellung? Wenn ich vertrauenswürdiges Garn bekomme, versuche ich es auch mal!

Rabe

Wg. Strangzahl: Ich würde erst mal messen (Belastungstest eines Stranges) welche Zugfestigkeit Dein Garn eigentlich hat. Dacron B50 trägt z.B. 49#... Wenn Du "Deinen" Wert kennst, kannst Du die Strangzahl analog zum Dacron berechnen... (siehe Lexikon: Strangzahl)...

gian-luca
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leinenfachsimpeleien

Beitrag von gian-luca » 11.05.2004, 12:13

ich besorge mir meinen leinenfaden, der eine bruchstärke von 5 pfund hat, im bastelshop (nicht ganz billig, aber leinen ist eh teuer).
dann berechne ich das 4.5 - 5fache bogengewicht und nehme entssprechend viele fäden, wachse sie tüchtig und unterteile die vielen fäden (gegen 50stk. für 50pfund) in unterstränge von nicht mehr als 7 fäden und drehe sozusagen in zwei schritten ein dünnes seil. am schluss spleisse ich oben und unten schlaufen in die enden und fertig ist die sehne. noch eine dünne leinen-mittenwicklung, ganz locker gewickelt, und los gehts. arbeitszeit: wohl eine gute stunde. es wird immer behauptet, dass eine sehne mit 4fachem zuggewicht reicht, aber bisher reissen sie zu schnell bei mir. oft wird das von leuten erzählt, die sowieso dacron brauchen...
die schiesseigenschaften von leinen sind gut, da sich das material nicht sonderlich dehnt. die dicken sehnen sind zudem sehr fehlerverzeihend und angenehm zum schiessen, find ich.
das schönste ist aber, ganz vom hässlichen plastik wegzukommen!
auf mehr infos und tips hoffend,gian-luca!

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tja...

Beitrag von Ravenheart » 11.05.2004, 12:29

...damit hat Deine Sehne eine Bruchfestigkeit von rechnerisch 5 x 50 = 250#, meine Dacronsehne (14 Stränge) aber eine von 14 x 49 = 686# .... ;-)

Rabe

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Beitrag von gian-luca » 11.05.2004, 13:41

dacron wird mit einer reissfestigkeit von 35 pfund angegeben, was ich auch gestestet habe. es sind bei meinen test hochstens 36-37 pfund rausgekommen. d.h. eine 14strang db50-sehne hat eine festikkeit von 490 pfund, 9.8x das zugewicht eines 50 pfund bogens. um meine leinensehne so stark zu machen müsste ich 98 fäden nehmen und hätte dann ein 8-10mm dickes seil! sehr unpraktisch. aber das zehnfache bogengewicht ist ja wahrscheinlich auch nicht nötig. wie gesagt, es wird immer das 4fache bogengewicht herumgereicht, aber mich dünkt das zuwenig. im moment bin ich auf 5, aber vielleicht ist das immer noch zu wenig?wer kann und will da etwas mit mir fachsimpeln? ich habe sozusagen keine vergleichsmöglichkeiten, da ich der einzige in meinem bekanntenkreis bin, der leinensehnenangefressen ist!dieses forum wäre doch ideal, um solche "randthemen" auszuleben.
bis bald,
gian-luca

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Leinensehne

Beitrag von Mathias » 11.05.2004, 13:49

Ich kann da gian-luca nur zustimmen.

Vom Leinengarn braucht man natürlich mehr Masse als von Dacron, aber das Abschussverhalten erscheint mir weicher, was nicht heißen soll, dass Leinen entscheidend elastischer ist.

Im Gegenteil, eine Leinensehne hat bei mir schneller ihre endgültige Länge.
Außerdem habe ich bei Dacron das Gefühl ich schieße mit einem Draht!

Preislich ist es auch Rahmen, ein Rolle vom stärksten Schusterleinen (100 Meter ? Länge weiss ich gar nicht genau )8-|
kostet ca. 20 Euro und ich brauche 6 bis 8 Stränge.

Ich habe jetzt meine ersten Sehen als fläm. Spleiß gemacht und bin weiterhin überzeugter Leinensehnenverwender.

Ich hab auch immer zwei eingeschossene Ersatzsehnen dabei. Leinen ist alt ein Naturprodukt und ist de facto schneller entzwei:-(

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Ich beziehe..

Beitrag von Archiv » 11.05.2004, 14:31

.. mein Leinengarn direkt aus einer Spinerei.
Da die immer nicht peilen was ich damit eigendlich machen will, lasse ich mir Proberestrollen schicken. Da sind immer noch einige Kilometer Garn drauf so kann ich immer wieder mal ein anderes Garn ausprobieren.
Ich habe beim letzten mal für drei recht große Spulen 35 Euro bezahlt, das ist ein guter Preis für die Menge.
Schreibt doch einfach mal verschiedene Leinenwebereien an und lasst euch Proben schicken. Ihr werdet sicher eine reiche Ausbeute haben um ohne Ende rum zu testen.

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RE: Leinensehne

Beitrag von gian-luca » 11.05.2004, 16:34

[quote]Original geschrieben von Mathias

Preislich ist es auch Rahmen, ein Rolle vom stärksten Schusterleinen (100 Meter ? Länge weiss ich gar nicht genau )8-|
kostet ca. 20 Euro und ich brauche 6 bis 8 Stränge.

hallo Mathias,
danke für deine angaben. mich würde aber eben grad interessieren wieviele einzelfäden deine komplette sehne hat, bzw. wie hoch die reisskraft, bei gleichmässiger belastung im vergleich zum bogengewicht ist und wieviele schüsse du in etwa machen kannst bis sie reisst. wo reissen deine sehnen meistens, am nockpunkt, beim knoten? wie dick ist deine sehne? du siehst, ich bin neugierig und geb nicht so schnell auf, auch weil ich, ausser in diesem forum, nicht viele andere möglichkeiten habe, um an wirklich brauchbare mitdiskutierer zu diesem thema zu gelangen...
gruss,gian-luca

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Beitrag von horsebow » 11.05.2004, 17:37

@gian-luca: Erstmal willkommen im Forum!
Jawoll, gib' nicht auf!
Ich hab' Respekt vor Leuten, die sich an einem Thema festbeißen können und auch andere an ihren Erkenntnissen teilhaben lassen!
Ich finde den thread schon jetzt sehr interessant und werde ihn weiter verfolgen, vielleicht zwirble ich mir ja auch mal eine Leinensehne für meinen LB...

Gruß, horsebow
I shot an arrow in the air,
it fell to earth, I knew not where;
for so swiftly it flew, the sight
could not follow it in its flight.
Longfellow, Oct. 16, 1845

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RE: Frage am Rande

Beitrag von doralf.vom.wald » 12.05.2004, 09:24

Original geschrieben von ravenheart

Daher die Frage: Wo bezieht Ihr Euer Garn?


Also ich hatte mein Schusterleinen damals bei Conrad Vögele mitgenommen, habe aber keine Ahnung wo der das Zeugs her hat. Also direkt mal nachfragen.

Grüßle

Ralf
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RE:

Beitrag von gian-luca » 12.05.2004, 12:43

Original geschrieben von horsebow

@gian-luca: Erstmal willkommen im Forum!
Jawoll, gib' nicht auf!
Ich hab' Respekt vor Leuten, die sich an einem Thema festbeißen können und auch andere an ihren Erkenntnissen teilhaben lassen!
Ich finde den thread schon jetzt sehr interessant und werde ihn weiter verfolgen, vielleicht zwirble ich mir ja auch mal eine Leinensehne für meinen LB...

Gruß, horsebow



hallo Horsebow,
versuch doch mal eine leinensehne zu testen und erzähl mir dann, wie es gegangen ist. eine gut gemachte leinensehne ist um welten schöner als diese schnöden dacronschnüre und passt auch viel besser zu einem selbstgebauten holzbogen. punkto leistung muss man nicht viel hergeben, ich war selber erstaunt. ich warte also gespannt auf deinen bericht.
gruss,gian-luca

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