Rattan und Backing????

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Janitschar
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Rattan und Backing????

Beitrag von Janitschar » 29.08.2013, 11:20

Grüß euch zusammen,

gleich von Vorne weg:
Ich hab noch nie einen Bogen gebaut und werde dies wahrscheinlich auch in absehbarer Zeit nicht tun, dennoch denke ich, dass ich bezüglich Bogenphysik nicht vollkommen unbedarft bin.

Seit Monaten stellt sich mir folgende Frage und ich muss Sie mal in den FC-Raum stellen:
Warum verbauen hier verschiedene Bogenbauer auf ihren Rattanbögen ein Backing?

Mein Grundverständniss:
Der Rücken eines Bogen muss besonders Zugkräfte aufnehmen und der Bauch muss hingegen Druckkräfte aufnehmen.
Der mittlere Bereich ist als neutral zu beurteilen.
Rattan ist mWn nach in erster Linie Zugfest und weniger druckfest.
Ein Backing hat die Aufgabe die Zugfestigkeit des Bogens zu erhöhen und ein Faceing hat die Aufgabe die Druckfestigkeit zu erhöhen.

Also wäre doch der Logik zur Folge, ein Faceing absolut sinniger als ein Backing!

Was hab ich übersehen?

Gruß
Stephan
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jetsam
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von jetsam » 29.08.2013, 11:45

Meines Wissens ist Zugfestigkeit/-toleranz nicht mit Rückstellkraft gleichzusetzen. Ein Bambusbacking z.B. dürfte einen Rattanbogen einfach schneller machen, als er von sich aus wäre.
Gruß jetsam
Dies ist die Welt.
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bowa
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von bowa » 29.08.2013, 12:25

So wie jetsam verstehe ich das auch, was aber nicht heisst das es stimmt :D
Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen ich bin nicht verrückt.
Die zehnte summt die Melodie von Tetris.

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Squid (✝)
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Squid (✝) » 29.08.2013, 12:47

Ein Backing bei Rattan macht tatsächlich relativ wenig Sinn, wenn nicht besondere Gründe vorliegen.
Denn Rattan ist dermaßen zugstark, das reisst nicht mal eben auf dem Rückn. Gleichzeitig kann so ein Backing kontraproduktiv sein, weil es den Bauch noch stärker bealstet. Aber auch das ist bei Rattan relativ wurscht, ein Rattanbogen mit Stauchfalten schiesst wunderbar.

Die wirklich schnellen Rattanbögen, z. B. aus dem Hause Snake-Jo, HABEN oft ein Facing, z.B. aus Kirsche oder Walnuss, Bambus würde auch gehen.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

Sateless
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Sateless » 29.08.2013, 14:08

Der Witz an Rattan ist, dass es zwar nicht sonderlich druckfest (halt Wabbelnudel) ist, aber sich irre viel Biegung unter Last gefallen lässt, also drucktollerant ist. Es geht einfach. Dabei gehts nicht um Hochleistung, sondern nur um nen robusten Bogen der okay schießt.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

AndiE
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von AndiE » 30.08.2013, 00:02

Rattan mit backing macht wirklich wenig Sinn. Rattan als backing dann schon eher.
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Firestormmd » 30.08.2013, 09:25

Ich habe 2 Rattanbögen mit gleichem Zuggewicht. Der eine ist ein Selfbow mit 140cm Länge und 50#, der andere ein Bambus-gebackter Bogen mit 128cm und ebenfalls 50#. Der Bambus-Rattan ist viel kürzer und viel leichter, viel schmaler und viel dünner, als der normale Recurve. OK, man kann das so nicht pauschal vergleichen, aber ich habe das Gefühl, dass der mit Backing wesentlich effektiver ist. Leider kann ich keine genauen Geschwindigkeitsmessung machen.

Hier die 2 Bögen:

Rattan-Bambus
Rattan-Recurve

Grüße, Marc
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von BulletSix » 30.08.2013, 10:26

Interessante Frage, über die ich auch schon nachgedacht habe...
(der folgende Text erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit, Vollständigkeit oder Kohärenz ;D )

Dazu käme evtl noch: Rattan geschält oder ungeschält? Denn zumindest bei der Bearbeitung ist es ein deutlicher Unterschied, ob man an der Schale (inkl. 1+x mm darunter) "herumraspelt" oder im darauffolgenden Bereich oder einer geschälten Stange.

Dann: getemperter Bauch oder ungetemperter Bauch?

Hier geisterte auch mal ein Video herum (glaube ich) über einen "Bruchtest" eines Manau-Bambus Bogens. Griff in den Schraubstock eingespannt und dann mall am WA gebogen ... schauderlich anzusehen aber dem Bogen gings danach gut ...
Wie Stabil ist Rattan denn nun wirklich? Hat wer denn schon einen (Rattan+X) Bogen gebaut, an dem Das Rattan auf Zug oder Druck versagt hat? (Das soll nicht so klingen als ginge das nicht ;) )

Was auch einen Einfluss auf die Frage "Bau ich Facing oder Backing?" haben könnte ist der Tillervorgang. Kann ich am facing gut tillern? Oder sollte ich dann am Rücken Tillern (was bei Manau ja geht) und dann fragt sich, ob im Grenzbereich durchtrennte Faserstränge nicht doch eine Rolle spielen.

Und was dann noch in Spiel kommen könnte ist eine unterschiedlich gute Eignung für verschiedene Designs...
m.M.n. sind die meisten anderen Hölzer besser "erforscht" was ihre Bogeneignung angeht als Rattan.
Grüßle,
Michael

... ich treff nicht besser wie die Kuh beim kacken.
Aber es macht halt soviel Spass... 8)
*gelesen im Forum und auf mich abgewandelt, ohne Anspruch auf Originalität*

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Squid (✝)
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Squid (✝) » 30.08.2013, 11:22

Firestorm:
Ja, ist nachvollziehbar, weil man einen Teil sehr voluminöses Material (Rattan) durch ein vergleichsweise kompaktes Material (Bambus) ersetzt. Das macht filigraner. Außerdem liegt in der Kürze die Würze...
Es bleibt aber dennoch bei den genannten Gefahren für den Bauch und damit die Dauerhaftigkeit des Bogens.

Bullet:
Geschält oder ungeschält? - Wenn man es bekommt, dann ungeschält. Denn auch bei Rattan (wie bei Bambus) gilt: Je weiter außen, desto kräftiger und kompakter sind die Fasern.
Was den Belly angeht: Wenn er nicht aus der Außenseite des Rohres besteht, tempern. Das kann zumindest nicht schaden.
Ein Facing ist bei entsprechender Dicke bzw. Dünne nicht sonderlich gut zu tillern. Ist ja nur 1,5 oder 2 mm Material da. Also den Bogen fertig tillern und dann das Facing aufbappen. Korrekturen gehen dann sowohl über die Seiten, geringfügig am Facing selber und zur Not am Rücken (wobei es dann ungünstig wäre, wenn der Rücken die Außenseite eines ungeschälten Rohres wäre).

Das Design für Rattan ist ganz gut erforscht. Man kann daraus mäßig leistungsstarke Stabbögen bauen, wie der "berühmte" "Sir Henry". Vorteile: Gehen auch als Kampfstab, Sonnenschutz oder um sich da hinter kurz umzuziehen und sind praktisch unkaputtbar. Das freut den LARPer und den lokalen nachlässigen Bengel.
Als Ideal haben sich kurze (140 und kürzer) Bögen mit knackigen Recurves herausgestellt. Bei entsprechend grenznaher Bauweise (die Rattan aber gut verträgt), werden daraus anständie Wurfmaschinchen, leistungsmäßig im guten Mittelfeld.

Beispiele mögen die Bauanleitungen von Snake-Jo, Eddytwobows und Broken Arrow darstellen.
http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=65&t=21204
http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=65&t=18730
http://www.bogenbau-broken-arrow.de/bauanleitungen/index.php
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Janitschar
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Janitschar » 30.08.2013, 13:27

Bis jetzt lese ich hoch interessiert mit und bei Squid kann ich absolut mitgehen.
Mir persönlich ist klar das ich aus Rattan einen brauchbaren Bogen bauen kann, besonders wenn er kurz und Recurves aufweist.

Den Grund für ein Backing bei Rattan hab ich bis jetzt immer noch nicht verstanden.

Ist ein Backing vielleicht nur einfacher zum tillern?
Oder provokant ausgedrückt:
Nachgemacht und nicht nachgedacht?
Oder:
Es sieht einfach geiler aus so ein Backing.

@Sateless
Der Grund einen Rattanbogen robuster zu machen spricht auch mehr für ein Faceing.

Gruß
Stephan
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Squid (✝) » 30.08.2013, 14:10

Ich denke, da ist Firestorms Beitrag doch recht erhellend.
Er sagt, ein Rattanbogen mit Bambusbacking sei leichter, filigraner, subjektiv bissiger.

Das mag an einer gewissen Gewichtsersparnis liegen. Allerdings besteht natürlich immer die Option, dass der Rattanbelly die Zusatzbelastung aushält. Es mag z. B. sein, dass das Stück Rattan etwas dichter gewachsen ist, oder einfach ein Optimum an Kräfteverteilung vorliegt.
Und DANN denke ich schon dass die recht heftige Rückstellkraft vom Bambusbacking den(?) das(?) etwas schwabbelige Rattan beim Werfen beschleunigt, was ein Leistungsplus ergibt.
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 30.08.2013, 17:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Janitschar » 30.08.2013, 14:26

Ich hab sein Beitrag schon gelesen, nur treffen diese Punkte, ohne Bogenbauer zu sein, doch eben auf ein Faceing aus Bambus genau so zu, aber ohne die Eigenschaften von Rattan außer Acht zu lassen.

Also sehe ich immer noch keinen Vorteil, außer eben den einfacheren Tiller.

Gruß
Stephan
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von YeomanArcher » 30.08.2013, 15:43

Warum einfacherer Tiller?
"I couldn't be a royal. It's like living in a supersonic goldfish bowl" Ozzy Osbourne

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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von Firestormmd » 30.08.2013, 16:02

Nee, das Tillern ist nicht einfacher. Da gibt es keinen Unterschied, ausser dass der kürzere Bogen etwas schwieriger sogar zu tillern ist. Fehler sieht man bei einem langen Bogen einfach besser.

Ich kann dir nicht sagen, warum der Bogen mit Backing besser sein soll. Ich habe es damals einach mal ausprobieren wollen und war vom Ergebnis positiv überrascht. Man müsste die Werte wirklich mal ausmessen. Vielleicht ist es ja einfach so, dass ein Rattan mit Bambusbacking einfach nur halb so schlecht ist, statt besser. ;)

Unzerbrechlicher wird er durch das Backing eh nicht. Rattan macht ja so schon alles mit. Mir gefällt so ein ultra kurzer Bogen einfach sehr gut. Ausserdem sieht er mit Backing besser aus, finde ich. Wenn er dann auch noch schneller sein sollte, wäre ich sehr zufrieden. Durch die unterschiedliche Länge hat er auf jeden Fall ein bissigeres Schießgefühl. Mir macht ein kurzer Rattan ja schon viel Spass. Der super kurze macht dann nochmal mehr Laune. Ausserdem kann man ihn auch mal schnell ins Auto schmeißen und fix Schießen gehen.

Grüße, Marc
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AndiE
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Re: Rattan und Backing????

Beitrag von AndiE » 30.08.2013, 17:58

Hallo

Der Grund wieso man meist ein Backing bei Manau sieht ist warscheinlich dass das Manau selbst am stabilsten ist wenn man die ungeschälte Seite als belly hat und über den Rücken tillert. Sieht auch nicht schlecht aus so ein beidseitig ungeschälter Bogen.

Ich finde auch dass man aus Manau spaßige Bögen bauen kann, aber man kommt nur schwer an richtig gutes Manau. Meistens bekommt man die sinnlosen geschälten Stäbe bei denen die dichten Fasern meist schon zum großen Teil oder komplett fehlen oder ungeschälte Stäbe die entweder total durchfressen oder furztrocken sind.
Mit einer ungeschälten guten Manaustange und einem guten Backing wie eben Bambus kann man auch was richtig flottes bauen. Am Besten einen möglichst kurzen Reiterbogen.

MfG
Andi
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