Deflex zum Auszug dazuaddieren?

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stefan kaletsch
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Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von stefan kaletsch » 01.04.2014, 22:48

Moin FCler,
ich würde gerne mal eine Frage theoretisch beleuchten:
Wenn ich einen Bogen mit gewachsenem Deflex habe,(nicht Set! )macht es Sinn diesen Deflex zur Auszugslänge dazu zu addieren,um eine höhere Leistung zu erhalten? Voraussetzungen wären,dass die Länge des Bogens nach Standardformel den Auszug(ohne addierten Deflex) erlaubt und dass der Sehnenwinkel 90° nicht überschreitet.

Beispiel: Ich habe einen Bogen,der 165 cm lang ist und der 10cm natürlichen Deflex aufweist.Der normale Auszug liegt bei 28 Zoll,nur erweist der Bogen sich da als schlapp.Also addiere ich meine 10 cm Deflex dazu und ziehe den Bogen bis 32 Zoll,was er mitmacht ohne Mörderset zu bekommen und mit merklicher Leistungssteigerung...

Geht nicht,geht mal,geht gut? Nicht Sinnvoll,keine Allgemeingültigkeit?.....was denkt ihr?

Grüße Stefan

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Frankster
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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von Frankster » 02.04.2014, 00:13

Hallo Stefan,

ich glaube der Ansatz ist zu sehr runtergebrochen. Da fehlen wichtige Parameter.

Es gibt eine spezielle Form der Bogenmasseformel, die Deflex/Reflex berücksichtigt.
Nimm nicht den ganzen Baum wenn Dir ein Ast genügt

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Heidjer
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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von Heidjer » 02.04.2014, 00:30

Theoretisch Richtig. ;D

Ich hatte das mal irgendwo ausgerechnet, finde es jetzt nur nicht, die Zahlen sind jetzt nur aus der Erinnerung. Biegt man ein gerades Stück Holz von 170cm Länge und 15mm Dicke zu einen Bogen im Vollauszug, dann ändert sich die Holzlänge um 8mm. Diese 8mm teilen sich auf in Streckung auf den Bogenrücken und Stauchung auf dem Bogenbauch, sowas macht Bogenholz also mit. Davon ausgehend kann man schliessen, dass die Form relativ egal ist, reflex, gerade oder deflex spielt keine große Rolle, man kann das Holz aus seiner Ruhelage ebend soweit biegen bis es bricht. Ein deflexes Stück kann man somit in einen engeren Biegeradius bringen wie ein reflexes Stück Holz, überschreitet die Längenänderung die Festtigkeitsgrenzen des Holzes bricht es halt. ;)


Gruß Dirk
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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von kra » 02.04.2014, 05:59

Dto, da aber der Auszug eine an den Schützen gebundene Größe ist, ist es eher eine theoretische Überlegung.
Was ich noch interessanter fände wäre die Frage - kann ich einen solchen Bogen (also aus einem deflexen Stave) nicht etwas kürzer bauen - bei gleicher Lebensdauer und verbesserter performance?
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
– George Bernard Shaw

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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von Heidjer » 02.04.2014, 17:27

Bei gleicher Belastung des Holzes im Vollauszug, klar geht das Axel, die Frage ist nur um wieviel kürzer oder länger ein deflexer bzw reflexer Bogen sein muß?
Ich hasse Kreissegmentberechnungen, aber ich werde Morgen auf der Arbeit mal die Längenänderungen durchrechnen für einen Bogen von 170cm Länge und 15mm Dicke. Das sollte dann wenigstens einen Anhalt liefern in welcher Größenordnung die Unterschiede sind.


Gruß Dirk
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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von stefan kaletsch » 04.04.2014, 23:03

Hi,
sorry,dass ich mich jetzt erst wieder einblende,war verhindert...also zugegeben sind weder Physik noch Bogentheorie meine Stärken.Mein Grundgedanke entstand eher impulsiv,angeregt durch den thread von Chirions saplingbow 6,den Pharao-Bogen mit Decurves.Dieser Bogen,der leider während des Baus kaputt ging,sollte ja (trotz seiner Länge) bis einen Meter ausgezogen werden .
Die Standhöhe war dabei noch nicht klar,doch dass der Sehnenwinkel 90°überschreiten würde,war abzusehen.
Stark vereinfacht war meine Schlussfolgerung:
Decurves entsprechen Deflex,das System Standhöhe/ Auszug verschiebt sich nach hinten.Dass da irgendwas dran sein muss,zeigt sich schon daran,dass ich den Mutanten bei 172cm NtN bis 32 Zoll ausziehen kann.Chirion geht in seinem thread davon aus,dass er einen Osage-Decurve -Bogen mit 140cm Länge bis 32 Zoll ausziehen könnte.
Dirk,die unterschiedlichen Biegeradien können das, glaube ich, nicht erklären!
Kra,(stehst Du immer so früh auf?),ich habe nicht verstanden,wie Du darauf kommst,einen deflexen Bogen kürzer zu machen,denn durch das Kürzen verliert er ja Deflex.Einfach weiter ausziehen bringt schon bessere Performance...

Gruß Stefan

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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von Heidjer » 05.04.2014, 02:10

Doch, gerade die Biegeradien sind die Erklärung dafür.

Ich habe es noch nicht durchgerechnet, aber im Prinzip läuft es auf folgendes hinaus:
1. Du kannst ein Stück Holz in Bogenform um ~50cm biegen dann bricht es.
2. Hat das Holz 10cm Reflex und Du bringst es auf 15cm Standhöhe, dann hat es eine hohe Vorspannung und Du kannst es durch den Auszug noch um 25cm weiter ziehen bis zum Punkt wo es bricht.
3. Hat das Holz 10cm Deflex, hat es bei Standhöhe eine niedrige Vorspannung, es kann aber wesentlich weiter Ausgezogen werden.
Die Frage ist jetzt, wie setzt man das in einen Bogen um, der auch Leistung bringt?
Bei der klassischen Bauform ist das Auszugslimit erreicht wen der 90° Winkel an den Bogentips erreicht wird, dann kehrt sich die Kraftspeicherung im Wurfarm um und was vorher als Druck im Holz gespeichert war, wird wieder "heraus" gezogen. Der Wirkungsgrad des Bogens sinkt und es "fühlt" sich im Auszug besch..eiden an, Stichwort Stacking.
Baut man den Bogen gleich so, das der Sehnenwinkel auf Standhöhe schon 90° hat, dann wird die Leistung vom Anfang des Auszuges an als Dehnung im Holz gespeichert und man könnte den Bogen bis zum Sehnenwinkel von 180° ohne Stacking ziehen. Kombiniert man das mit einen niedrigen Vorspannung, hat man einen sehr laaangen Auszug, oder aber man kann den Bogen passend zu seinen Auszug gleich kürzer bauen. Der Nachteil ist dabei ein Sehnenwinkel an den Zugfingern der einer Kneifzange ähnlich kommt. ::) Der Vorteil ist, es muß im Verhältnis zum Auszugsweg weniger Holz bewegt werden, weniger bewegte Bogenmasse bedeutet, es kann mehr Energie in die Pfeilbeschleunigung einfliessen.

Auf jeden Fall ein Interessantes Experimentierfeld.


Gruß Dirk
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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von Wilfrid (✝) » 05.04.2014, 10:03

Nö, dirk. Mit den Biegeradien hast Du recht. nach xy% Dehnung/Stauchung bricht der Bogen. Also xymm Längenunterschied Rücken /Bauch zur Ausganslage. Bei einem Reflex habe ich davon schon auf Standhöhe viel/alles verbraucht, am Ende kann ich ihn ich behaupte jetzt 50 cm weiter als Standhöhe ziehen. In Wirklichkeit ist der Bogen bei 10 cm Reflex 60 gezogen.

Bei 10 cm gleichmäßige Deflex kann ich ihn 60 cm ziehen, kommt der Sehnenwinkel dabei über 90°ziehe ich am Holz, statt ihn zu biegen, is mist und bringt auch nix. Stimmt auch noch.

Baue ih den Bogen so, das der Sehnenwinkel auf Standhöhe 90° ist, biege ich den "geraden" Teil ganz normal , den deflexen aber auf, es sei denn da ist der Bogen zu steif. Irgendwo an wechselnden Stellen wird zwar auch gezogen, aber das kostet keine Kraft.

Baue ich den Bogen so, das er durch die Vorspannung auf 90° kommt (Tiller), bleibt der Sehnenwinkel bei 90°, die Biegung auf Standhöhe geht auf, der gerade Teil biegt sich ganz normal und Du bekommst mit Glück eine degressive Biegekurve. Der Bogen wird hintenraus "weicher"
Deswegen kann man einen Flitzebogen, so er richtig gut ist, ziehen bis es kracht, ohne das Du was merkst.

In den tiefen dieses Forums war mal eine Drawcurve, mühsam von Hand, von meinem ersten Bogen , den ihr hier verrissen habt. Der hatte diese Eigenschaft + der netten , das er bei 34" stackte. Von 27"-32" kaum Kraftzunahme, danach ging die Kraft bis 34" steil nach oben.
Ganz richtig gebaut, fällt die Kraft von Mitte Oberarm bis Ohrläppchen sogar ab. Aber DAS habe ich nur einmal geschafft , vor 35 Jahren. Die Latte damals war 2,20m lang und hatte Spitze 55#, "Let-off" ~47#. Das Teil war sehr angenehm zu schießen, allerdings "fraß" der Pfeile, weil einmal das Pfeilmaterial damals für sowas nicht geeignet war und zum anderen es eben einen richtigen "Schag" auf den Pfeil gibt, wenn der auf dem "Rückweg" übern "Punkt" kommt.

Die Enden des Bogens gehen nämlich erst sehr spät in die Endlage. Der Bogen wird erst gerade, dabei biegt sich der "Weiche Teil" noch mehr, und dann kommt der Rest mit Wucht. Das gibt dann das typische Geräusch,von dem der Boge seinen Namen hat: Fllllitz

Blacky hat sowas mal gebaut, wo man das gut sieht:
http://www.youtube.com/watch?v=bNDKAfnZOpI

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stefan kaletsch
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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von stefan kaletsch » 05.04.2014, 23:21

N'abend die Herren,
Dirk, das fand ich schon sehr gut und anschaulich,was Du geschrieben hast.Mich würde jetzt aber schon interessieren,wie weit ich den deflexen Bogen aus Deinem Beispiel denn ausziehen kann
Heidjer hat geschrieben:. Hat das Holz 10cm Deflex, hat es bei Standhöhe eine niedrige Vorspannung, es kann aber wesentlich weiter Ausgezogen werden.
.Logisch wären nach Deinem Beispiel ja 60 cm,was auch meine Eingangsvermutung untermauern würde.Aber was, wenn ich die Standhöhe erhöhe,um mehr Grundspannung zu haben? Wie wirkt sich das aus?
Wilfrid,ich finde Deine Aussagen sehr spannend und denke,dass da auch viel Wissen und Erfahrung hintersstecken.Leider sind sie mir für heute abend zum Teil zu kryptisch-ich versuche morgen nochmal durchzusteigen...kann es sein, dass Du da noch eine alte Rechnung offen hast? Muss mich mal mit diesem Flitzebagen näher auseinander setzen!
Kalinichta Stefan

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Re: Deflex zum Auszug dazuaddieren?

Beitrag von Wilfrid (✝) » 06.04.2014, 07:33

Stefan, nö....
Erhöhst Du die Standhöhe, bleibt der Auszug gleich, nur der Federweg ,-die 60 cm-, wird weniger.

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