Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

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Taran
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Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Taran » 06.09.2015, 23:29

Hallo liebe Freunde,
Nachdem ich mit meinem KEA zienlich viel Freude habe, soll jetzt einer für jemand mit kurzem Auszug und relativ leichtem Zuggewicht entstehen.

Bis jetzt sieht der Stack so aus:
Glas (Rücken)
Zierlaminat
Bambus
Bambus getoastet
Zierlaminat
Glas (Bauch)

Jetzt soll der Bogen natürlich alles hergeben, was geht.
Als erstes fällt das Zierlaminat am Bauch weg (Hintergedanke: eine Schicht weniger, also weniger Kleber, also weniger Gewicht).
Und dann nehme ich an, dass es Sinn machen würde, das Zierlaminat am Rücken durch eine Carbonlage zu ersetzen.

Hintergedanke: Carbon steigert das Zuggewicht, also kann ich den Wurfarm dünner machen, also spare ich wieder Gewicht usw.

Daher meine Frage: Stellen wir uns vor, ich würde zwei identische Langbögen bauen und nur bei einem das Rücken-Zierlaminat durch einen Streifen Carbon gleicher Dicke ersetzen, wieviel mehr Zuggewicht gibt das eurer Erfahrung nach?

Der Kea Eryri ist ein ziemlich gerader, nur ganz leicht reflexer Langbogen ohne Deflex. Wurfarmbreite 3,2 an den Fades, Stackdicke an den Fades 8mm. Länge 60".

Ich könnte den Stack für das neue Zuggewicht schon leicht berechnen, nur eben wie sich das Carbon auswirkt, weiß ich überhaupt nicht. Hab noch nie welches verwendet...

Hoffentlich habe ich mich klar ausgedrückt O0
Danke im Voraus!

Rainer_K
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 07.09.2015, 16:54

hallo Taran,
ich nehme an, dies wird ein längeres Thema für Dich werden. Hier mein Beitrag dazu:
ich habe mit Deinen Daten einen einfachen Composit Biegebalken modelliert (rein analytische Rechnung mit Excel) und die Erbnisse versucht in komprimierter Form in ein PDF zu bringen.
Den von dir genannten Ausgangsquerschnitt mit 8mm Bambus Kern und jede Seite 1mm Glas habe ich dann modifiziert.
a) wie von Dir beschrieben nur das 0,5mm Zierlaminat unter dem Glas durch 0,5mm Carbon ersetzt. Ergebnis ist, der Querschnitt wird 30% steifer und ca. 7% schwerer
b) Das Glas auf dem Rücken entfernt und die 0,5mm Kohle ganz nach aussen geschoben. -> ca. 30% steifer und 17% leichter.
c) den Querschnitt dünner gemacht, so dass wieder die gleiche Steifigkeit wie bei der Referenz ist. Glas auf der Druckseite gelassen, 0,5mm Kohlefaser auf dem Rücken -> 1mm dünner, ca. 22% leichter
d) Das Glas auf Bauch und Rücken durch Kohlefaser ersetzt bei gleicher Steifigkeit wie Referenz. -> 2,6mm dünner, 40% leichter.
Langbögen wie die unter c) habe ich schon einige gebaut, wie unter d) bislang einen, hat aber einige Versuche gedauert.
Die Excel Liste und genauere Angaben kann ich gerne liefern, wen es interessiert. Die Materialdaten habe ich überwiegend aus Zugversuchen. Glas war das standard 1m UD Glas, was man immer so bekommt und die Kohlefaser die Sreifen von R&G. Dort ist eine hochfeste Faser extrudiert mit noch vernünftiger Bruchdehnung.
Die Bögen mit Auflistung der Bauweise findest du unter meiner Seite www.bogensport-krafft.de, die Mit Kohlefaser auf dem Rücken sind die LK2,6,11,12,13,15,16, der mit Kohlefaser auf Bauch und Rücken ist der LK17.
Auch wenn sich 10% Gewichtseinsparung viel anhören, das sind 10g auf den ganzen Wurfarm verteilt. Das erreichst Du mit Deinem Antritt, wenige Klebefugen = weniger Gewicht leichter. Ich hatte ja mal in einem früheren Beitrag gezeigt, was bei einem 40lbs Langbogen 30g extra Gewicht an den tips befestigt an Geschwindigkeitseinbußen bringt. Vielleicht findest du darin auch einige Antworten

Rainer
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Djog
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Djog » 07.09.2015, 21:51

Hallo, so dann werde ich mal meine Computer-Sommer-Allergie beenden und das olle Ding mal wieder ab und zu einschalten.
Ich habe gerade den ersten versuch mit Carbon in der Mache und bin erst einmal ernüchtert. Nicht das Carbon nichts bring,
der Weg zum ersten merklich besseren Bogen ist halt etwas länger als mit Glas. Ich habe einen R/D 64" gebaut, mit 1mm
Glas, 0,5mm UD Carbon, 5,5mm Bambus, 1mm Glas. Der war noch vor dem Zuschnitt so schwach ( wäre wohl ca 25# geworden)
das ich mich entschloss auf den Bauch noch eine Lage 1mm Glas zu kleben. Den habe ich heute zum ersten mal geschossen.
Er hat jetzt 35#, ist nicht der schnellste ( die zweite Lage Glas auf dem Bauch wird ihn ganz schön ausbremsen ), dafür schießt
er aber sehr genau.
Ohne lange Test machen zu wollen, bist Du denke ich gut beraten im Kern mit Walnuss und außen mit Glas zu arbeiten.
Walnuss ist sehr leicht und sieht gut aus unter Glas, so dass man sich die Klebefuge für ein Furnier sparen kann.
Aber ich möchte dich nicht von Carbon abhalten, wenn Du Deine Erfahrungen mit uns teilst.
Das waren meine ersten Erfahrungen mit Carbon, ich hoffe da sie Dir etwas geholfen haben.
Gruß Djog

Taran
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Taran » 08.09.2015, 00:07

Ich danke euch für eure Antworten und dass ihr eure Erfahrungen mit mir teilt.

Rainer, ich werde mal deine Beiträge durchforsten. Vielen Dank für deine Messungen und Grafiken. Ich werde mich damit und dem Link zu deiner Seite mal in Ruhe beschäftigen. Dass das Carbon natürlich schwerer ist als das Furnier, hatte ich völlig übersehen.

Die Frage bleibt, wie optimiere ich den Bogen. Was mir gerade so durch den Kopf geht: Der Kea ist ca. 30-32mm breit an den Fades. Wenn ich ihn breiter mache (sagen wir 38) wird er im griffnahen Bereich, wo Gewicht nicht so schadet, stärker.
Und dann machen wir die Enden so richtig schmal, und zwar schon 15-20cm vor den Nocken (aha, Holmegaard/Andaman stand Pate. Ja doch. Vielleicht nicht ganz so extrem). Damit es keinen Peitschentiller gibt, wird ein Keil eingesetzt, nicht dick, nur genug, um den Steifigkeitsverlust, der durch die geringere Breite entsteht, wieder zu kompensieren (etwas überkompensieren). Das lässt sich berechnen und sollte eine kleine Gewichtsersparnis bringen bzw (weil mehr Klebefugen) einigermaßen gewichtsneutral ausfallen.
Trapping wäre eine Methode, den Rücken (wo das Carbon ja mehr Gewicht macht) weiter zu verschmälern, ohne die seitliche Stabilität zu sehr zu gefährden. Da es ein moderater Reflex ist, kein Hybrid oder was ähnlich Wildes, sollte die Sache stabil bleiben.

@Djog
Was du von deinem zu leichten R/D 64" schreibst, ist mir genauso mit dem zweiten KEA Eryri gegangen. Waren auch ca 25lbs. Weil ich ein sehr kurzes Mittelteil habe (30cm Fade to Fade), habe ich ihn radikal gekürzt auf 60". Musste etwas nachtillern usw. und bin jetzt bei 35 und ein bisschen was... Ich zieh ihn voll durch auf 29,5" und hab dann so 38, und er macht das mit. Das Dumme ist, dass von den Wedges nur noch wenig übrig ist, so dass sie eigentlich sinnlos sind.
Dass Nussbaum so leicht ist, hätte ich nicht gedacht. Wunderschönes Holz ist es jedenfalls. Mal schauen, wie es sich mit dem Bambus vergleicht, ich glaube, wir haben sogar ein Stück rumliegen.

GROSSE FRAGE:
In allen Threads, die ich so lese, wird immer geraunt, dass Carbon halt ohne ein "spezielles, darauf abgestimmtes Design" praktisch nichts bringe (bei Langbögen, Recurves, siehe WA-Stabilität, sind eine andere Sache). Was dieses spezielle Carbondesign nun sein soll, darüber schweigt man sich aus.
Dass es um die richtige Platzierung der Carbonlayer im Stack geht, ist ja klar. Dass man die Enden leicht halten will, sowieso. Dass Carbon am Bauch riskant sein kann (Abplatzen), weiß ich auch.
Aber das ist für mich die Bauweise, nicht das Design.
Gibt es ein andere Art der Kurvenführung für mit Carbon laminierte Bögen? Sollte man den Übergang vom Deflex zum Reflex woanders hin legen oder so? Und wenn ja, warum?
Der Nachfolger vom Kea ist in der Planung, und da habe ich einen frühen Übergang, deutlich vor der Wurfarmmitte, weil ich im gespannten Zustand praktisch das Aussehen eines Angularbogens anstrebe.
So viel für heute, danke nochmal.

Rainer_K
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 08.09.2015, 09:56

hallo Taran,
was das "spezielle Design " angeht, so benutze ich die gleichen Formen für den Glasbelegten und Carbon belegten Bogen.
Lediglich die Kern Dicken sind anders dh. auf die höhere Steifigkeit des Carbon angepasst. Das mit der Breite ist ja recht einfach eperimentell zu bestimmen. Ich hobele und schleife von den Seiten solange weg, bis es gut aussieht. Wenn Du anstatt des fertig extrudierten Carbon Streifens z.B Kohlegelege oder Rovings verwendest, dann kannst Du die Dicke der Kohlefaser Schicht ja zu den Enden wieder etwas anheben und brauchst damit keinen Keil einzusetzen. Bein einigen Bögen habe ich auch abgestufte Kohlegelege verwendet und sogar mal zusätzlich +-45 Grad Gelege zur Erhöhung der Torsionssteifigkeit (was bei einem Langbogen aber wohl eher unsinnig ist).
Wenn du einen wirklich leichten Holzkern möchtest, dann versuche es mit Ahorn, Bambus ist übrigens eher schwer. Ich habe auch mal Balsa als Stirnholzplatte verwendet, fiel leider einem Torsionsbruch zum Opfer weil ich es gleich an einem Recurve probierte. Bei einem meiner nächsten Langbögen werde ich es noch mal probieren, denn ist hat eine super Druckfestigkeit. Die Fita Freunde nehmen ja nicht umsonst Schaum und Fichtenelch schrieb ja auch kürzlich, dass er damit experimentiert.
Rainer

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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Taran » 08.09.2015, 22:47

Also ich kenne ja Balsa aus dem Modellbau. Ein großer Nachteil ist, dass eine Delle, die drin ist, drin bleibt. Ich fürchte, es wird zwischen den Glasschichten komprimiert und das regeneriert sich nicht. Folge: schlapper Wurfarm...
Ich bin sicher, dass syntactic foam gaaaaaaanz andere Eigenschaften hat. Balsa ist gut als Kern in Surfbrettern, wo keine großen Verformungen auftreten... Es hält einfach die Materialien der Schale auf Abstand...

Mit Rovings zu arbeiten traue ich mir nicht zu, das nass in nass einzulegen und dann die nächste Schicht drauf und pressen, ohne dass sich was verschiebt, kann ich mir gar nicht vorstellen. Da müsste ich mal jemand über die Schulter kucken. Ist ja was anderes als eine Rumpfschale zu laminieren.

Eventuell werde ich, um zum Thema zurückzukommen, noch ein Powerlam einfügen um den Griff sozusagen zu "verlängern", da ja nicht die volle Auszugslänge gebraucht wird (der Bogen soll aber auch nicht auf unter 60" gekürzt werden).

Rainer_K
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 08.09.2015, 23:15

hallo Taran,
ja, die Balsabrettchen aus dem Modellbau kenne ich auch zur Genüge aber die sind ganz anders geschnitten. Die Modellbau Balsabretter, die man so für Rippen und Rümpfe nimmt, sind ja ganz normal längs geschnitten. Da ist das Balsa recht weich auf Druck. Aber schaue mal nach einem Balsa Klotz und versuche ihn in Faserrichtung zu komprimieren, nicht quer dazu. Da wirst Du staunen, denn in die Richtung hat Balsa eine enorme Druckfestigkeit, Deshalb sind die Platten, die ich habe ca. 4mm dick als Stirnholz geschnitten und somit seehr drucksteif. Ich kenne auch nur einen Laden, wo es etwas so exotisches gibt.
Das mit den Rovings ist nicht ganz so schlimm, wie es sich anhört aber einfacher ist auf jeden Fall die Verwendung von UD Gelege, das es z.B bei R&G in verschiedenen Gewichten und Fasern gibt. Allerdings sollte man sich nicht gleich zu den HM Typen hinreißen lassen, denn die Bruchdehnung ist <<1% und da wir die Bögen auf eine gewisse Verformung hin belasten und nicht auf eine vorgegeben Kraft, zerreißen die (aber dafür bei einer Mords Kraft :-).

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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Galighenna » 09.09.2015, 16:54

@Rainer_K
Die HM Typen sind die extrem undehnbaren, die extram viel Kraft vertragen, richtig?
Wenn die so undehnbar sind, dürfte selbst ein sehr sehr dünner Bogen (viel dünner als ein Glasbelegter) bereits ein hohes Zuggewicht erreichen. Da auch die Differenz zwischen Innen- und Außenlänge durch den dünneren Wurfarm geringer ist, wäre zu überlegen ob man bei einem Funktionierenden Bogen nicht vielleicht doch unterhalb der Bruchdehnung bleibt. Kann man sowas simulieren? (Ich kann das leider nicht, aber interessant finde ich den Gedankengang)
Kann auch sein das das völliger Schwachfug ist, weil der WA gar nicht so viel dünner wird, das die Dehnung unterhalb der Bruchdehnung bleibt. Ist halt gerade so eine Idee.
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 09.09.2015, 18:00

hallo Galighenna,
da hast du völlig recht.
Darum habe ich es zum Anlass genommen, mal Werte herauszusuchen und sehen, was man daraus ableiten kann. In der überarbeiteten Präsentation habe ich eine Tabelle (Quelle L&R) eingefügt mit den wichtigen Eigenschaften der verschiedenen Kohlefasern. Dann habe ich die letzte Variante des WA Querschnitts mit einer HM Faser angeschaut. Die in der Tabelle genannten Steifigkeiten sind nur für die Faser allein, daher habe ich die Steifigkeit noch abgeschwächt, damit das Verhältnis zu den Gemessenen Kohlefaser Strangpressprofilen passt.
Das Resultat ist ein nochmals leichterer und dünnerer WA. Die Spannungen sind etwas höher (das könnte bei den Druckspannungen kritisch werden, und die Dehnungen sind nur noch ca. 80% von denen mit der HT (also weicheren und dehnbareren) Faser. Da die HM Faser allerdings nur ca. 50% soviel Dehnvermögen hat, ist sie, wenn der vorherige Bogen bis ans Limit gebracht wird, hier schon überdehnt -> Bruch
Ich habe heute mal mit einem kleinen FEM Modell angefangen, da mich das Thema Torsionssteifigkeit immer noch beschäftigt aber das dauert noch ein paar Tage.

Rainer
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Galighenna » 09.09.2015, 20:36

Ah sowas hatte ich befürchtet. Das war genau die Frage, die mir im Kopf um ging.
Wenn die Dehnung beim voll ausgereizten Bogen überschritten wird, dann könnte man den Bogen ja evtl breiter machen, dass er noch dünner wird und die Bruchdehnung nicht überschritten wird.

Bleibt nur die Frage, ob man sowas überhaupt noch bauen kann.
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 09.09.2015, 22:12

das ist dann wie bei den breiten, dünnen Holzbögen aus druckschwachem Holz. Vielleicht rechne ich noch mal einen in die Richtung und schau, was dann das Gewicht sagt.

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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Taran » 09.09.2015, 22:52

Ich fürchte nur, dass wir einen Wurfarm nicht unendlich dünn machen können, ohne dass wir uns andere Probleme einhandeln. Anzunehmen wäre, dass dann allerkleinste Unebenheiten sich viel stärker auf den Tiller auswirken, da sie ja im Verhältnis zur Stackdicke viel bedeutender sind.

Wenn wir die Schichten und ihre Unebenheiten als Hebel sehen, die auf die ideale "neutrale Ebene" wirken, dann nimmt ihre Bedeutung zu, je dünnner der Wurfarm ist, vermute ich. So wie eine sehr dünne Sehne ja auch schneller, aber eben auch giftiger, weniger fehlerverzeihend ist - das gleiche bei zu weichen bzw. harten Pfeilen.
So ein Wurfarm sollte viel sensibler auf die teilweise chaotischen Vibrationen, die von der Sehne nach dem Abschuss auf ihn übertragen werden (und das in mehreren Achsen, als Wellen, die auch Interferenzen bilden) reagieren.

Das bringt mich darauf, woran es vielleicht liegt, dass du, Rainer am Anfang eine Steifigkeitszunahme (also ein Mehr an Zuggewicht) von 30% errechnet hast. Andere dagegen sprechen dem Carbon fast allen Einfluss ab.
Ich nehme an, dass diese unterschiedlichen Aussagen ("Carbon bringt nicht mehr als 3-5 Pfund") auch darauf zurückzuführen sind, wie nahe am Bogenrücken es verbaut ist. Das ließe sich sicher ermitteln, ist ja sozusagen ein "Hebelarm", der gewissermaßen an der neutralen Ebene ansetzt. Carbon unter 0,8er Glas ist was ganz anderes als Carbon unter 1mm Glas plus 0,6mm Furnier.
Wenn man das prozentual rechnet, bei einer Stackdicke von 8 mm (also 4mm bis zur neutralen Ebene), dann könnte das doch die unterschiedlichen Auffassungen erklären, nicht wahr?

Rainer_K
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 09.09.2015, 23:22

hallo,
was die Aussage angeht, dass Carbon nicht bringt - hm ja- wie Du schon sagst, es kommt darauf an, wo es verbaut ist.
Ich habe einen wunderschönen Langbogen von Kurz Ruppert, mit Glas Belag und so ziemlich in der Mitte etwas Carbon Streifen. Für die Biegesteifigkeit bringt das wirklich herzlich wenig, das war ja auch die Feststellung kürzlich ine einerm anderen Beitrag, wo es um das Stabil Core im Wurfarm ging. Je weiter aussen die steife Lage ist, um so wirkungsvoller ist sie, zumindest auf die Biegesteifigkeit, also unser Zuggewicht.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass ein dünner Streifen Kohlefaser in die Mitte eingelegt wird, als Verkaufsargument - es ist Carbon drin- ohne dass man sich dabei etwas beim Bogendesign kaputt macht.
Ich habe mal bei einem durchgebrochenen Wurfarm mit beidseitig Kohlefaser rudimentäre Torsionsversuche gemacht und die waren verwirrend, denn der Wurfarm mit gleicher Biegesteifigkeit und Glas Belag und dickerem Kern schien eine höhere Torsionssteifigkeit zu haben. Ich habe es erst mal auf den dünner gewordenen Wurfarm geschoben, muss das aber noch mal verifizieren, dazu auch die kommenden FEM Berechnungen.

Rainer

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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Taran » 10.09.2015, 12:06

Naja, ich nehme mal an, dass das Carbon im gebrochenen WA unidirektional war. Wenn das Glas einen höheren Anteil Schussfäden hatte, war's lateral steifer, abgesehen davon, dass es halt sicher auch dicker war als das Carbon...

Rainer_K
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Re: Carbon statt Zierlaminat - Folgen?

Beitrag von Rainer_K » 10.09.2015, 12:51

hallo Taran,
das Carbon war ein UD Gelege mit ganz dünnem Glas Gewebe überdeckt, damit die Faser seitlich nicht so leicht ausreißen. Das Glas ist die gewohnten Glasstreifen, die eigentlich immer UD extrudiert sind (bis wohl auf das Gordon Glas, das angeblich auch noch Kreuzgewebe drin haben soll).Für die Biegesteifigkeit war das Carbon mit 0.4mm dick genug , jedoch knickt es dann auf der Druckseite ein, daher hatte ich beim letzten funktionierenden Bogen mit Caron auf beiden Seiten auch die Druckseite aufgedickt, zumal die Kohlefaser weniger Druck als Zugspannung haben kann. Durch die dickere Lage am Bauch schiebt sich letztlich auch die neutrale Faser dorthin, was zusätzlich die Druckspannungen etwas reduziert. Dieses Verschieben der Neutralen Faser gilt nur für nicht homogene Querschnitte, bei Verwendung nur eines Materials ist die Lage der Neutralen Faser nur Geometrie bestimmt.

Rainer

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