Kurzer Osage-Reflexbogen, Rückenauflage Leinen/Hasenhautleim ?

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Windkanter
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Re: Kurzer Osage-Reflexbogen, Rückenauflage Leinen/Hasenhautleim ?

Beitrag von Windkanter » 08.04.2021, 18:11

@ fatz
wenn der Bruchdehnungwert erreicht ist beginnt das Faserversagen. Ohne wenn und aber. E-modul und andere Daten kennt man im exakten Fall eh nicht genau, incl. Inhomogenitäten und Formeinfluss. Beispiel: wenn Du Gummiband draufklebst, kannst Du den Bogen biegen wie du willst, bei Sehne ists schon deutlich weniger und bei Flachs noch weniger. Du hast es vielleicht missverstanden, ich möchte meinen Bogen nicht rechnen, sowas kannst Du vergessen. Davon war nie die Rede.

Um überhaupt eine grobe Haus-Nr. zu bekommen, sind die Bruchdehnugswerte schon von Interesse, sonst hast du ja garnix.
Natürlich kannst Du soviel Faser draufpacken, daß das Holz kollabiert. Davon ist hier nicht die Rede.

Gruß aus den Werkstoffwissenschaften

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fatz
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Re: Kurzer Osage-Reflexbogen, Rückenauflage Leinen/Hasenhautleim ?

Beitrag von fatz » 08.04.2021, 22:33

Schon klar, nur der Punkt ist doch: Wieviel muss drauf? Wenn du zuwenig drauf hast, muss es sich zuviel dehnen und reisst, wenn du zuviel draufpackst wird's zwar ned bis zur Bruchgrenze gedehnt aber das Holz kollabiert. Was hilft dir da irgendein Wert, der fuer sich allein nix aussagt, weil du eh nix rechnen kannst. Will sagen: Du hast auch so nix. Du glaubst es nur...

Hilft nur draufbappsen, ziehen und schaun was passiert
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Kurzer Osage-Reflexbogen, Rückenauflage Leinen/Hasenhautleim ?

Beitrag von Windkanter » 09.04.2021, 06:53

@ fatz

"Wieviel muss drauf?" Deutlich weniger als bei einer Sehnenauflage, ist doch klar. Das deuten die Bruchdehnungswerte an und da weiss ich doch schon was. Und ich kann die Flachsauflage vergessen bei so kleinen Biegeradien wie bei einem osman. Hornkompositbogen, die zweite wichtige Info.

"Du hast auch so nix. Du glaubst es nur.." Das sehe ich ganz anders. Ich weiss, daß ich nicht so viel draufpacken darf wie bei einer Sehnenauflage und daß gleichzeitig die Durchbiegung der WA´s bei weitem nicht so stark sein darf wie bei einer Sehnenauflage. Damit weiss ich schon eine Menge. Auch bei einer Sehnenauflage mussten die Bogenbauer vor tausenden von Jahren erst durch Versuche herausfinden, wieviel genau drauf muss bei welchem Bogenaufbau. Sie wussten aber recht schnell, daß Sehne auch für stärkere Durchbiegungen gut ist. Um sich weiter an die richtige Flachs-Leim-Menge ran zu tasten, muss man -wie sonst auch oft- eben Versuche zu machen, hat aber mit den Bruchdehnungswerten schon eine gute Startposition und versteht die Versuchsresultate besser.

"Hilft nur draufbappsen......." Na ja, jeder so wie er möchte. Ich mags so nicht weiter mit Dir diskutieren.

Für mein Teil vermitteln mir die Bruchdehnungswerte einen recht guten Eindruck, was hier mit Flachs etc. bestimmt nicht über die ganze Bögenlänge geht (z.B. kurze reflexe Reiterbögen mit z.B. 28“ Auszug) und was gehen könnte (lange, eher gestreckte Bögen mit wesentlich geringerer Durchbiegung bei Vollauszug). Man sieht anschaulich, wie weit man von Sehne weg ist, dass Flachs minimalst besser als Hanf ist und Flachs dicht bei Leim liegt. Und mit Zahlenwerten incl. Vergleich mit Sehne untermauert. Ein Profi der schon öfters mit Flachs etc. hantiert hat, braucht diese Infos nicht mehr, aber sind denn hier im FC nur Profis unterwegs?

Nebenbei ergab sich für mich dadurch eine erste (Neben-)Anwendung: ein Bambus-Jugendbogen, pyramidale WA´s, Länge ntn ca. 137cm, Auszug 60cm (ca. 23“), ca. 25#, keine ausgesprochen kleine Biegeradien bei Vollauszug, noch im Bau. Die mäßig gut getemperten Enden wurden mit einer Doppellage dünnem Leinen zusätzlich ausgesteift. Falls der Bogen (später) stärker sein soll, verstärke ich die WA´s versuchsweise mit einer sehr dünnen Lage Langflachs um zu sehen was genau sich wie stark ändert.
P1012996_FC.jpg
Bambus-Jugendbogen, Enden leinen-leim-verstärkt, noch im Bau.
Grüße
Windkanter

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Re: Kurzer Osage-Reflexbogen, Rückenauflage Leinen/Hasenhautleim ?

Beitrag von Windkanter » 16.02.2022, 12:41

Versuch mit einer Flachs-Leim-Auflage

Damit nicht Missverständisse aufkommen: es ging mir nicht darum, exakte Daten für den Bau eines Bogens zu gewinnen sondern eine grobe Hausnummer zu bekommen, wie sich eine solche Auflage mit meinen Materialien verhält. Es ging mir weiter um: Verarbeitbarkeit von Flachsfaser, max. Biegeradien bei einer best. Dicke, grobe Zuggewichtsaufnahme, Bruchverhalten.
Der Versuch wurde im Frühjahr letzten Jahres vorbereitet und erst jetzt durchgeführt, aus Zeitgründen.

Material:
---Hechelband Kammzug Flachs, Langflachs Tauröste (www.shop.flachs.de), Bündel von ca. 60cm Länge mit einem Anteil kürzerer Fasern. Schön parallel laufende Fasern, Auskämmen höchstens von der Mitte her nach aussen möglich, in trockenem Zustand.
---Hasenhautleim, 15-20%ig
---Bambuslatte 33 x 4 x 585mm, mit 4,6g Flachs (ohne Leim gerechnet) auf gesamter Länge belegt, Leim-Flachs-Schicht ca. 0,4-0,6mm dick, Versuchslänge 450mm, mit Rillen versehen.
---Osage Orange-Latte 22 x 3,5 x 600mm, mit 4,4g Flachs belegt, Leim-Flachs-Schicht ca. 0,6-0,7mm dick, Versuchslänge 450mm.

Versuchsablauf:
Die Proben wurden an einem Ende mit etwas Papierummantelung im Schraubstock eingespannt und mit der Zugkraft-Waage um 180mm aus der Latten-Längsachse herausgebogen, Zugkraft gemessen. Kein Bruch.
Dann wurden die belegten Latten auf 2 Stützen lose aufgelegt, Abstand 450mm und langsam durchgedrückt (Biegeversuch), mit dem Belag am „Bogenrücken“ und der Biegeradius beim Bruch bestimmt.

Ergebnisse:
Bambuslatte vor Belegen 6,8#, nach Belegen 10,6#, Diff. = 3,8# , Biegeradius beim Bruch ca. 25cm (!)
Osage Orange Latte vor Belegen 1,5#, nach Belegen 4,2#, Diff.= 2,8#, Biegeradius beim Bruch > 25cm, ev. Stauchung des Holzes.
Keine Ablösungen der Flachs-Leimschicht vom Untergrund, Bruchzone rel. scharf und schmal, Bruch mit deutlichem Knacken.

Weiteres Vorgehen:
Mit diesen Orientierungsdaten gehe ich irgendwann auf die noch immer rumliegenden Osage-Orange-Latten los, meine Startposition ist jetzt besser. Ein kurzer Reflexbogen wird es besser nicht, eher etwas länger (ca. 1,6m). Eine dramatische Zuggewichtserhöhung ist gemäß früherer Daten anderer Bogenbauer mit div. Geweben und diesen Daten hier natürlich nicht zu erwarten, jedoch zusätzlich ein Schutz des Bogenrückens gegen Aufsplittern (Schichten laufen z.T. mit 2-4° in die Latte). Die Flachs-Leim-Schicht könnte bis max. 1mm gehen, eher etwas weniger, weil im Versuch die Schicht deutlich näher (!!!) an der neutralen Faser lag als sie es im Bogen sein wird. Na ja, die Versuchslatten wären vielleicht besser 6-7mm dick gewesen......

Grüße
Windkanter

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