Jahresringe

Themen zum Bogenbau
Bernd85
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Jahresringe

Beitrag von Bernd85 » 05.05.2021, 13:51

Hallo ich grüße euch,

ich hätte ein paar Fragen, welche mir noch nicht ganz klar sind.

Bin jetzt seit ein paar Monaten dabei immer wieder ein Bogen zu bauen und zu verschenken (20-50#).
Ich habe ehrlich gesagt nur die Theorie mit dem Jahresring noch nicht verstanden.. Mal ist das gut, mal was anderes.
Betrifft die Hölzer Hasel, Hartriegel, Holunder, Esche, Schwarzdorn, Ahorn.

-1. z.b hat hasel /Hartriegel /Holunder /Schwarzdorn kein Früh- und Spätholz. Auf was muss ich da achten bei den Ringen?
Ist es bei den Hölzern theoretisch auch egal ob ich sie im Winter oder Sommer schlage? Muss ich bei den Hölzern nie einen Jahresring abtragen? und warum?

- 2. Ich habe bei den Hölzern Esche /Ahorn auch noch nie Probleme mit dem äußersten Ring gehabt.
Habe noch nie einen JAhresring abgetragen, sondern immer den äußersten Ring auch als Bogenrücken verwendet
Woran erkenne ich ob ich das brauche? oder ist das nur bei Bögen >50# notwendig

- 3. Wie genau beurteilt ihr Holunder? Alle miene Holunder sind bis zum Schlusstiller am leben geblieben und sind dann gekracht beim 1. x schießen... auf was muss ich hier achten?

und die 4. und letzte frage:

- Sind alle meine Hölzer eigentlich recourvegeeignet? Habe mir erst einen aus Hartriegel gemacht, und der Recourve ist hier z.B nicht zurückgekrochen o. Ä.


Freu mich über eure Meinungen

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Rotzeklotz
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Re: Jahresringe

Beitrag von Rotzeklotz » 05.05.2021, 14:17

Moin
zu 1) doch haben sie, ist mit bloßem Auge nur nicht erkennbar. Egal, wann du das Holz schlägst, ist es nicht. Später im Jahr hast du schließlich einen dickeren Jahresring. Wenn du dich dumm anstellst und den äußersten Jahresring beschädigst oder er arg dünn ist, musst du auch bei diesen Hölzern einen Jahresring abtragen (ist sehr schwer, geht aber unter Umständen)
2) Brauchst du, wenn der äußerste Ring beschädigt ist, zu dünn ist und/oder ein schlechtes Frühholz/Spätholzverhältnis aufweist

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Re: Jahresringe

Beitrag von schnabelkanne » 05.05.2021, 15:57

Zu 3, Holunder ist tolles Bogenholz, ist aber leider oft verdreht und wegen der Nodien schwierig zu Tillern, da immer mehr Holz stehen lassen und wenn es Holler zerlegt dann mit ordentlich Krach. Am Besten Bilder des Bogens reinstellen, dann wird dir geholfen.

Zu den Jahresringen bei Esche, da ist das Verhältnis Frühholz/Spätholz wichtig, es sollte wenig Frühholz und viel Spätholz sein, wenn der äußere Ring/Bogenrücken dicker ist, dann ist der Bogen nicht so empfindlich gegen Beschädigungen.
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Re: Jahresringe

Beitrag von royales » 05.05.2021, 20:52

Hallo,
4. Hartriegel, Schwarzdorn und u.U. auch Holunder sind nach meiner Erfahrung für Recurves geeignet.
Jahresringe: Ich hab die Erfahrung gemacht, dass bei Holunder, Goldregen, Sanddorn, Eibe und wahrscheinlich auch noch vielen anderen Hölzern der äußerste Jahresring unabhängig vom Zeitpunkt des Fällens nicht immer der beste ist. Insbesondere bei Holunder, Sanddorn und Goldregen ist anzuraten, mindestens einen, wenn nicht sogar alle Splintringe zu entfernen.
Ob es zu empfehlen ist, ist ganz einfach festzustellen, wenn du mit dem Zugmesser an einem Reststück vorsichtig Holz abträgst.
Der ungeeignete Splint ist ziemlich spröde und bröselig. Du merkst sofort wenn du auf einen geeigneten Jahresring kommst.
Allein schon am Glanz der freigelegten Schicht ist die Qualität erkennbar. Das spröde Material muss weg, sonst passiert dir das Fiasko bei Holler, Sanddorn und evtl vielen anderen Hölzern immer wieder. Gerade bei Holunder liest man immer wieder, man könne den äußersten Ring verwenden (zumeist absoluter Quatsch). Versuchs mal, kostet ja nichts.

Grüße

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Re: Jahresringe

Beitrag von royales » 05.05.2021, 21:07

Wie bin ich drauf gekommen:
Durch Zufall, wegen Holzwurmbefall hätte ich alle Staves entsorgen müssen, also hab ich einfach die befallenen _Ringe (zumeist die äußersten zwei einfach abgetragen.

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Rotzeklotz
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Re: Jahresringe

Beitrag von Rotzeklotz » 05.05.2021, 21:13

Sicher, dass du Holunder meinst? Ich habe noch nie einen Bogen aus Holunder mit abgetragenen Jahresringen gesehen. Ich habe schon viele Bögen aus Holunder gebaut. Dass man den äußeren Jahresring nicht verwenden kann, stimmt nicht.

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Re: Jahresringe

Beitrag von fatz » 05.05.2021, 21:34

Gerade bei Holler gibt's aber recht viel Bruch, was die Theorie schon stuetzen wuerde. Dass es eine Viecherei ist stet auf einem anderen Blatt...
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Jahresringe

Beitrag von royales » 06.05.2021, 12:50

natürlich kannst du ihn verwenden, aber zumeist ist es nicht die beste Wahl. Probieren geht über zweifeln, kostet ja nichts.
Wie ich ja schon geschrieben habe, bei Sanddorn, Ulme Eibe und Goldregen und vermutlich noch vielen anderen ist es genau so, der Splint (zumindest der erste oder die beiden ersten Ringe sind meist schlechterer Qualität und taugen nichts!)

Versuch macht kluch

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Re: Jahresringe

Beitrag von Bernd85 » 06.05.2021, 15:55

Ich habe zum beispiel im Januar eine Esche geschlagen.
Das Problem ist hier nur dass die Jahresringe echt klein sind.. Hier kann ich nicht erkennen ob Früh/ oder Spätholz.
Die Ringe sind einfach viel zu schmal/dünn/klein. Können die trotzdem geeignet sein?
An was liegt das?

Wie würdet ihr es allgemein bei Esche beurteilen? Tragt ihr hier bei einem bspw geplanten 40#-Bogen den Jahresring ab ( oder mehrere) ? Oder kann man bei geringeren Zuggewichten (z.B <45# ) den Jahresring immer stehen lassen ? ob

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Re: Jahresringe

Beitrag von schnabelkanne » 06.05.2021, 17:06

Servus, Schleif die Stirnseite und etwas Öl drauf und dann ein Foto dann kann man was dazu sagen.

Bei Esche muss man keinen Ring abtragen, es kann aber von Vorteil sein wenn z.B. bessere Ringe (mehr Spätholz, bessere Wachstumsbedingungen...) weiter unten liegen, ist immer von Baum zu Baum und von Holzart zu Holzart verschieden, da kann man keine generellen Grundsätze festlegen, also bitte ein Foto der Stirnseite.
Lg Thomas
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Re: Jahresringe

Beitrag von Spanmacher » 06.05.2021, 17:49

Die Eschen, welche ich 2019 hier im westlichen Kraichgau geerntet habe, weisen fast ausnahmslos für die letzten drei Jahre auffallend dünne Jahresringe auf. Darunter sieht es prächtig aus.
Ich nehme diese dünnen Ringe, welche wohl die Folge von u.a. Trockenheit und Eschentriebsterben sind, komplett ab.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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Re: Jahresringe

Beitrag von Ravenheart » 10.05.2021, 11:06

Zur Theorie der Jahresringe.
Wird ein Stab gekrümmt, wird die Außenseite der Krümmung gedehnt.
Besteht der Stab aus mehreren Schichten (hier: Jahresringe), wird die außen liegende Schicht dabei am stärksten belastet.
Hält diese der Belastung nicht Stand, wird sie also ÜBER ihre Elastizitätsgrenze hinaus gestreckt, kann sie reißen und der (hier: Bogen) bricht.

Sind die einzelnen Schichten "kraftschlüssig" miteinander verbunden, kann die Spannung auf die darunter liegenden Schichten "übertragen" werden. (Der Ring kann sich nicht weiter dehnen, ohne den drunter liegenden mit zu dehnen!)
Ist die Verbindung zur nächsten Schicht hingegen "beweglich" oder schwach, findet keine Kraftübertragung statt.

Eibe ist auch im Winter grün. Daher bildet sie auch schon im Frühjahr leistungsfähiges Holz. Es gibt keine porige Trennschicht ("Frühholz") zwischen den Ringen. Die Ringe sind fest miteinander verbunden.
Jeder Ring überträgt beim Gestreckt-Werden einen Teil der Kraft auf den nächsten Ring.
U.a. deswegen funktioniert Eibe auch mit papierdünnen Ringen.

Nehmen wir als Gegensatz die Esche. Sie wächst ringporig, denn zu Beginn der Wachstumsphase sind die Blätter noch klein, das Holz wird schwammig und porig gebildet. Diese Frühholz-Schicht kann Dehnungs-Spannungen nur schlecht übertragen, es verformt sich einfach. Der Rückenring kann sich weiter dehnen, als ihm gut tut. Ist er - bzw. genauer gesagt: sein Spätholz-Anteil - zu dünn für die einwirkende Kraft, reißt er folglich.
Je nach Bogenstärke benötigt Esche daher i.d.R. 2 - 3 mm Spätholz, um der Belastung Stand zu halten.

Neben solchen - ringporigen - Hölzern gibt es auch solche wie Ahorn oder Holunder, die nicht so deutliche oder gar keine Frühholz-Schicht ausbilden. Man sprich dann von streuporigen Hölzern.
Hier kommt es aber auch darauf an, wie gut die Ringe mit dem Darunter-Liegenden verwachsen sind. Das ist von Holzart zu Holzart, manchmal auch innerhalb der Art nach Standort, unterschiedlich.
Merkmal: IN DER REGEL merkt man es beim Entrinden! Je leichter die Borke sich vom (getrockneten!) Holz trennt, desto geringer ist die Bindung an den darunter liegenden Ring...

Eine Besonderheit ist z.B. die Ulme. Obwohl ringporig, "kleben" die Ringe sehr fest aufeinander.
Und der "Master" ist Hickory. Das funktioniert teilweise auch sogar mit durchtrennten Ringen.

Als Faustregel kann man sagen, dass Bogenholz, dessen Rückenring 3 - 4 mm reifes Holz hat, für Bogen von rund 50# sicher funktioniert (wenn nicht Äste, Übertrocknung, Bearbeitungsfehler etc. Schwachstellen verursachen).

Je dünner die Ringe (Frühholz NICHT mitgemessen!) sind, desto breiter oder schwächer oder länger muss der Bogen daraus gebaut werden (Länger hilft auch, denn je länger der Bogen, desto geringer die Krümmung und damit die Dehnung!)

Und last not least: Holz ist ein Naturprodukt. Auch Bäume können gut oder schlechte ernährt oder veranlagt sein, und sowohl nach oben wie nach unten gibt es Ausreißer. Alle Aussagen zur Leistungsfähigkeit oder Anforderungen an Hölzer beziehen sich IMMER auf ein durchschnittliches Stück...

Als Fazit bedeutet das: Abgesehen von Eibe, Hickory und in Maßen: Ulme, Osage, Flieder und wenigen Anderen, muss man auf einen gut ausgereiften, genügend dicken Rückenring achten, wenn man einen stärkeren Bogen als 20# bauen will.
Und selbst dann darf der Ring weder übertrocknet (versprödet), stärker verletzt oder unterbrochen (Baufehler oder Äste) sein.

Und da kommt auch der Fällzeitpunkt ins Spiel. Im Frühjahr oder Sommer ist das Wachstum des äußeren Ringes noch nicht abgeschlossen, so dass er allein deshalb zu dünn sein kann.
In dem Fall - oder auch bei Wintereinschlag, wenn es ein schlechtes Jahr war- ist er zu schwach, muss er runter. Und für den drunter liegenden Ring gilt das ebenso! Manchmal - z.B. bei Robinie häufig - muss man mehrere Ringe entfernen, bis man als Rücken einen hat, der gut genug ist.

Hilft Dir das?

Rabe

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Re: Jahresringe

Beitrag von Tom Tom » 10.05.2021, 11:28

Eibe ist auch im Winter grün. Daher bildet sie auch schon im Frühjahr leistungsfähiges Holz. Es gibt keine porige Trennschicht ("Frühholz") zwischen den Ringen.
Da muss ich mal kurz einschreiten. Auch die Eibe bildet Früh- und Spätholz aus. Da bei den Nadelbäumen im Vergleich zu den Laubbäumen die Spätholzstärke jedoch konstant ist, sind dünnere Ringe besser.

lg Tom Tom
Zeit ist eine durchaus relative Angelegenheit

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Re: Jahresringe

Beitrag von Ravenheart » 10.05.2021, 15:23

… von mir aus, die Aussagen sind ja kein Widerspruch.
Wieso eine konstante Dicke dünne Ringe BESSER macht, bleibt mir allerdings verschlossen...

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Re: Jahresringe

Beitrag von Bowster » 10.05.2021, 15:30

Ach ja, junger Padavan und alter Meister ;)

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