Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

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memsonmi
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Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von memsonmi » 17.11.2021, 00:24

Hallo liebe Leute,
ich lese schon seit einem Jahr sehr viel im Forum und habe mich Hals über Kopf in den Bogenbau verliebt. Das hier ist jetzt mein erster Beitag hier. Ich wohne in Berlin und habe mir letzten Winter mal ein paar Haseln geschnitten.
Erstmal meine Frage an Euch und dann erzähle ich noch ein bisschen über meine bisherigen Projekte.

Frage: warum ist der folgende Bogen explodiert?
Hasel, 5 Monate als Stave getrocknet. Länge 200cm, ziel: 60+ lbs auf 34", Trapping: Breite Bauch 37mm, Breite Rücken 32mm, Dicke 27mm, Jahresringe waren recht dünn (3 bis 4mm), Rücken unbeschädigt.
Beim (sehr langsamen, geduldigen) Tillern ist das Stöckchen ohne Anzeichen wie Knacken ober Stauchbrüche plötzlich explodiert
brokefull.png
Bruch ganze Länge. Der erste Jahresring ist weitgehend glatt vom Rest gelöst-
broke_long.png
Bruch endet zwischen erstem und zweitem Jahresring.
brokeshort.png
Bruch beginnt scheinbar am Bauch.
Kennt einer von euch diese Art von Brüchen? Liegt es an meiner Methode oder am Material? Was meint Ihr?
---

Frühere Versuche Langbögen aus Hasel zu machen:
(1) 60 lbs auf 32", 180cm Länge, Horn-Nocken, kein trapping, Bauch mit Hitze "gehärtet". Hat gut 100 Pfeile geworfen. Wie man schon am Foto erahnen kann, gab es Stauchbrüche am WA-Ende und mittlerweile ist er an diesen auch komplett eingegangen. Ist jetzt Wandschmuck.
Bow0.png
bow0detail.png
bow0tiller.png
(2) Ziel 80 lbs auf 34". Tillern lief super bis 24", ist dann auf der Herdplatte (ja, das mach ich auf dem Herd) angebrannt, weil Dummheit.
bow1.png
Es gab noch drei weitere Bögen, aber keine Stabbögen. Zeig ich evtl mal woanders.

Bin gespannt auf Eure Erfahrungen, liebe Grüße

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von MrCanister123 » 17.11.2021, 08:25

So ein Bruch hab ich bei Hasel ehrlich gesagt noch nie gesehen.
Kenn die Brüche beim Hasel hauptsächlich durch Stauchungen am Bauch die irgendwann "einknicken".

Kann nur Vermutungen anstellen:
Ich hab gerade auch ein Hasel in Bearbeitung, der überall im Bereich von einem Jahresring am Bogenbauch braun-schwarze Stellen hat. Sieht aus als wäre ein JAhresring tot/morsch. Aber seitlich von den WA bzw. an der Nocke sieht man garnix.
Keine Färbungen o.Ä. Ist sehr komisch.
Aber evtl. ist es hier bei dir auch der Fall. Oder der Stamm hatte ein schlafendes Astauge.. Könnte auch sein
Schaffa Schaffa

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Markus
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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Markus » 17.11.2021, 09:10

Mögen mich die Haselspezies berichtigen, aber selbst bei 200 cm Länge sind 60 lbs auf 34" Auszug viel für Hasel, zumal bei dünnen Jahresringen.
Ich tippe auf eine minimale Beschädigung des Rückens kurz vor dem Tip bzw. nicht ganz optimalem Tiller. Der WA ist entlang eines Jahresrings aufgeplatzt, was m.E. nicht für einen Stauchbruch spricht. Evtl. übertrocknet und der Jahresring war an der Bruchstelle warum auch immer noch dünner als 3 mm oder hatte dort einen kleinen Astansatz etc.pp.
Bei nur 32 mm breitem Rücken knallt es dann halt.
Meine Gedanken dazu.

Bögen in Zugbereich 60+ lbs würde ich nicht unbedingt aus Hasel bauen, es sei denn, ich komme partout nicht an anderes Holz .... und selbst dann nicht.

Gruß,
Markus

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Neumi » 17.11.2021, 12:28

Die Fotos sind schlecht, man kann nicht viel erkennen. Schlecht aufgelöst, etwas unscharf und zu klein.
Aber mit der Hilfe meiner Kristallkugel kann ich ungenügend abgerundete Rückenkanten sehen. Ein stark übertrocknetes Holz und vielleicht eine kleine schadhafte Stelle im Rücken.
Prinzipiell sind 3-4 mm Jahrringe bei den meisten Laubhölzern voll OK. Hasel ist zerstreutporig und hat eine ziemlich homogene Struktur mit kaum Unterschied zwischen Früh- und Spätholz. Allerdings neigen viele sog. weiße Hölzer zu Versprödung der äußeren Ringe beim trocknen.
Und 60# sind für Hasel auch kein Problem. 200 cm N/N sind für 34" OK.
Grüße - Neumi
...Versuch und Fehler bevor die Sarg-Nägel eingeschlagen werden...

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von memsonmi » 17.11.2021, 15:57

Hallo, ganz vielen Dank für Eure Ideen und Hinweise. :-*

Stimmt, die Fotos sind nicht der Bringer. Ich probiere es nochmal:
bruch.jpg
der Bruch
Etwas schwierig mit dem Licht und der Kamera, aber im Holz sind so Flecken in leichtem Grau zu sehen, wenn man im unteren Dritel hinsieht, kann man es erkennen:
Färbung.jpg
dunklere Bereiche im Holz
@Neumi Der Bauch ist schon sehr flach, aber das konnte man auf den miserablen Fotos nicht so gut sehen. Danke, dass du trotzdem versucht hast, aus den Bildern schlau zu werden!
bauch.jpg
Bauch ist ziemlich flach, Cutters Schatten soll das zeigen.
Also Übertrocknung kann ich mir auch gut vorstellen, das Holz war vor der Bearbeitung gut 2 Monate in einem staubtrockenen Keller. Das ist ein guter Tipp.

@Markus Die Förster im Umland hatten leider nur Haseln und Birken im Angebot. Ich habe noch einige dickere Äste von Eibe auf Lager (Wurden hier im Park zu Duzenden geschnitten letzten Winter). Die sind zum Glück nicht in dem trockenen Keller ;D , aber die versaue ich nicht, bevor ich mich nicht wenigstens mit den Haseln kompetent fühle. Außerdem müssen die Eiben noch etwas mehr trocknen, sind noch draußen unter dem Dach.

Einzig diese dunkleren Flecken im Holz interessieren mich noch. Es sieht nicht so aus, als wäre der Bruch an diesen Flecken orientiert, also würde ich sogar behaupten, dass diese keine große Rolle spielen. Aber kennt Ihr solche Flecken in der Hasel (Wenn Ihr es auf den Fotos erkennen könnt)?

Nochmal vielen Dank für eure Zeit und Mühe und liebe Grüße

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Hieronymus » 17.11.2021, 16:32

Sieht für mich nach Drehwuchs aus und schräg im Bogen liegende Fasern, dass würde das explodieren auch erklären. Mir ist noch kein Hasel über den Rücken gebrochen, aber Hasel ist für Anfänger mit mehr wie 50+ nicht zu empfehlen. Hol dir lieber Ulme oder Kornelkirsche oder Hartriegel, wobei letzteres fast überall wächst. Dann sollten 60+ kein Problem sein... ;)

PS.: Aus welchem Großraum kommst du?

Gruß Markus
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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Markus » 17.11.2021, 16:38

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Neumi » 17.11.2021, 19:06

memsonmi hat geschrieben:
17.11.2021, 15:57
@Neumi Der Bauch ist schon sehr flach
Verstehe nicht was Du damit sagen willst?
Ganz flach ist übrigens nicht optimal (MINIMAL gerundet ist besser, damit kein Poisson-Effekt auftritt).
Ansonsten sind die Fotos viel besser, danke. Ich werde trotzdem nicht ganz schlau draus, es scheint so als wäre das Holz stark verpilzt (die grauen Bereiche).
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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Hieronymus » 17.11.2021, 20:00

Neumi hat geschrieben:
17.11.2021, 19:06
es scheint so als wäre das Holz stark verpilzt (die grauen Bereiche).
Ist mir eben gar nicht aufgefallen ::)

@memsonmi kann es sein, dass der Hasel komplett in der Rinde getrocknet ist? Wurde der frisch gefällt als du ihn bekamst oder lag der schon ewig irgendwo rum?

Gruß Markus
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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von memsonmi » 18.11.2021, 00:13

Hi Markus,
die Hasel habe ich frisch geschnitten und in der Rinde trocknen lassen. Hab auch noch einen Stave davon und da ist es gut sichtbar, dass es wohl ein Pilz ist. Große, dunkle Flecken kann man da sehen.
Die Bäumchen sahen ganz normal aus im Wald. Ist das Trocknen in der Rinde eine mögliche Ursache für den Pilzbefall?
Danke nochmal für eure Hilfe :)

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Hieronymus » 18.11.2021, 06:36

memsonmi hat geschrieben:
18.11.2021, 00:13
Ist das Trocknen in der Rinde eine mögliche Ursache für den Pilzbefall?
Ja, besser ist ihn zu halbieren oder ihn auf den Markkanal runter zu messern, dann kannst du ihn in der Rinde trocknen lassen. Sonst sollte die Rinde runter, da er in der Rinde nicht wirklich trocknet.
Dann hast du die Ursache für den Bruch...

Gruß Markus
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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von fatz » 18.11.2021, 07:07

Ja, ein Rundling mit zugepappsten Enden ist ein Wassersack. Da kommt das Wasser viel zu langsam raus. Den Schwammerl freut's.
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von Neumi » 18.11.2021, 08:27

Na dann ist der Fall geklärt. Ich mache die Rinde gründsätzlich runter, geht beim frischen Holz ja viel leichter, als beim trockenen.
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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von memsonmi » 18.11.2021, 12:09

Ja, das war der Fehler.

Aber hier noch eine Sache: Ich habe bei einem anderen Bogen (der mit den Hornnocken, erster Beitrag) den Stave direkt einen Tag nach dem Fällen ausgeschnitten, zurechtgehauen, eingespannt und getrocknet (Siehe Foto).
Screenshot from 2021-11-18 11-26-44.png
Habe mit Wiegen über einen Zeitraum von drei Wochen einen schnellen Feuchtigkeitsverlust verzeichnet und nach vier Wochen schon fast gar keinen mehr. Nach weiteren drei Monaten wurde daraus mein erster Stabbogen. Der war ordentlich durchgtrocknet - gut möglich übertrocknet. Das komische ist, dass dieser Bogen ebenfalls diese dunklen Pilzflecken hatte und diese waren eher in den tiefer gelegenenen Jahresringen und nicht an der Rinde. Leider sieht man das auf dem Foto nicht, wegen des Lichts - schlechtes Foto, sorry. Weil der Bogen aber einen grausigen Tiller hatte, habe ich die Ursache für dessen Einknicken bei mir gesehen.

Zurück zu dem Protobogen, um den es hier geht. Ich würde jetzt mal die Hypothese formulieren, dass die Hasel auch schon lebend einen Pilz mit gewisser Ausbreitung hatte und dieser sich nach dem Fällen und besonders beim Trocknen in der Rinde ganz gut ausbreiten konnte. Ich werde demnächst mal an der gleichen Stelle einen neuen Stecken schneiden und da mal hineinsehen, ob da Pilzflecken zu finden sind.

Vielen Dank also für Eure Antworten und, dass ich hier etwas wichtiges Lernen konnte :)

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Re: Anfängers erste Bögen und Explodierte Hasel

Beitrag von fatz » 18.11.2021, 13:11

Kann gut sein, das der Pilz schon drin war. Noch ein Grund mehr gleich aufzusaegen/runterzuarbeiten. Vor dem Absaegen auf alte Verletzungen pruefen. Da kommt sowas normal rein
Haben ist besser als brauchen.

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