erste Messerklinge

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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Rainer_K
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erste Messerklinge

Beitrag von Rainer_K » 03.04.2015, 10:56

hallo,
da ich gerade etwas Abwechslung brauche zum Bogenbauen, wollte ich mir mal ein Messer ganz selbst bauen, dh. auch die Klinge selber feilen.
Schmiedemöglichkeiten habe ich nicht, also habe ich beim befreundeten Werkzeugmacher ein kleines Stück 1.2379, X155CrVMo12-1 bekommen zum üben.
Das Messer ist 15cm lang mit einer Klingenlänge von ca. 7cm, der Rohling ist 6,5mm dick.
Also habe ich die letzten Tage mit Feilen und Schleifen verbracht. mehr oder minder alles händisch, da mein Kantenschleifer dafür nicht taugt.
Jetzt die Frage - wie fein schleift Ihr die Messer vor dem Härten?
Klar, alles nach dem Härten ist noch viel mehr Arbeit aber macht es Sinn, bis 600 zu Schleifen oder ist die Mühe umsonst, da nach dem Härten die gleiche Arbeit noch einmal ansteht?
Ich füge ein paar Bilder bei von heutigen Stand. Mit der Borhmaschine und einer Polierscheibe war ich kurz dran, um die Riefen besser zu sehen, da sind noch haufenweise drin. Ich habe jetzt bis 240er geschliffen.
as mich auch noch stört, ist die nicht saubere Kante von dem parallelen Teil der Klinge zum schrägen. Wie geht man da am geschicktesten vor? Und letzte Frage; wie dünn feilt Ihr die Schneide vor dem Härten? Ich bin jetzt bei ca. 0,5mm?

vielen Dank für alle Anregungen

Rainer
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kra
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von kra » 03.04.2015, 13:13

Vorrausgeschickt, ich habe noch nie eine Klinge härten lassen sondern immer schon harte bearbeitet.

Aber, da beim Härten "nur" eine Zunder/Oxydschicht hinzukommen kann, würde ich die Flächen soweit bearbeiten, das keinerlei Riefen, Kratz- oder Schleifspuren vorhanden sind. Die Oxydschicht geht dann beim Polieren verh. einfach weg.

Wie dick die Schneide vor dem Härten bleiben soll müssen aber die Koryphäen hier beantworten ;)
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Benedikt
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Benedikt » 03.04.2015, 13:20

Ich würde mich zwar keine Koryphäe nennen ;D, aber dünner als einen halben Millimeter mache ich sie nie, sonst kann es passieren, dass es dir sie einfach wegglüht :P
Btw. 6,5mm sind scon ordentlich dick :o
Ich bau nie breiter als 3mm, sonst spaltet es das Schneidgut eher, als dass es es schneidet.
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Holzbieger
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Holzbieger » 03.04.2015, 14:05

Hallo Rainer,

wieder einer den dem Messervirus zu verfallen droht, herzlichen Glückwunsch.
Die From der Klinge gefällt mir, der Rest kommt noch.

So jetzt zu Deiner Frage

Wie Fein schleifen vor dem härten. Früher hab ich bis 220 Korn vorgeschliffen. Das schenke ich mir jetzt meist und gehe maximal auf 150 Korn. Dies gilt für die Klinge. Alle Bereiche die fast fertig und sichtbar sind schleife ich nach wie vor bis 220 Korn.

Eine weitere Anmerkung. Du hast Deine Klinge viel zu dünn ausgeschliffen, fast schon bis ans Endmaß. Das birgt mehrere Gefahren.

- Wie von Benedikt schon angedeutet, Ausbruch an der Klinge. Kann durch schleifen wieder behoben werden. Die Klinge wird dann halt schmaler.

- Verzug der Klinge beim Härten. Du hast einen "theoretischen" Keil der von 6,5 mm auf fast 0 mm geht. Wenn Du diesen abschreckst wird das dünne Ende schneller kalt als das dicke Ende. Hier tritt die Martensitbildung fast sofort ein während dies am dicken Teil langsamer vonstatten geht. Martenist hat eine größere Kristallstruktur als Austenit -> Verzug. Je größer hier Differenz zwischen dem dünnen und dem dicken Bereich der Klinge desto größer die Gefahr des Verzugs.
Ich habe bei Wolf Borger mal eine Klinge gesehen die war am Rücken vollkommen gerade und die Schneide selbst war wie eine Welle (Wellenlänge 1,5-2 cm, Amplitude 4 mm). Das muss nicht zwingend so sein aber das Risiko ist da.
Ich lasse immer zwischen 0,5 und 0,8 mm an der Schneide stehen. Das ist auch der Grund weswegen ich vor dem härten nicht allzu fein schleife. Ich muss eh noch Material wegnehmen.

- Entkohlung. Dir geht an der Schneide zu viel Kohlenstoff verloren und die Schneide selbst wird an der Oberfläche nicht hart. Nun ist ist ein theoretisches Risiko. Ich nehme nicht an dass Du 1.2379 selbst härten willst sondern zum härten gibst. Professionelle Härtereien können die verhindern (Schutzlacke, Härtefolie, etc.)

Ich bin auf das Endergebnis gespannt.

Grüße

Roland
- Es ist besser ein gute Entscheidung rechtzeitig zu treffen als eine sehr gute zu spät.
- Ancora Imparo

Rainer_K
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Rainer_K » 03.04.2015, 19:03

hallo Roland,
vielen Dank für Deine Ausführungen.
Ich habe es wahrscheinlich etwas unglücklich beschrieben mit den 6,6mm. Das war die Stärke des Ausgangsmaterials, der Griff ist die 6,5mm geblieben, die Klnge habe ich derzeit auf 4mm heruntergefeilt. Ist aber immer noch recht dick, da gebe ich Euch recht.
Der Werkzeugmacher hat mir den Stahl empfohlen, da er zwar recht hoch erhitzt werden muss zum Härten aber sogar an der Luft ausreichend schnell abkühlt zum Härten. Das ZTU Diagramm zeigt eine sehr hohe Martensittemperatur von 200°C und eine mögliche Abkühlzeit von 100s, gibt also gerade mal eine Abkühlgeschwindigkeit von 10°/s. Der Härter glüht angeblich in Schutzatmosphäre. Sollte mit dem Auskohlen hoffentlich dann nicht schlimm werden.
Wenn Du nur bis korn 220 schleifts, womit schleifst Du dann nach dem Härten. Ich muss ja von Hand schleifen, ist das utopisch oder noch machbar mit Hand und Schleifpapier oder ist es besser, sich mal für einen Bandschleifer oder feine Diamantfeilen zu interessieren?
Gebt Ihr dem Härter eine Härte vor?
Das Anlassdiagramm dieses Stahl ist recht komplex mit mehrfachem Anlassen. Der Stahl kann bis 65HRC, das denke ich ist zuviel fürs Messer, da ich es ja kaum noch schleifen/schärfen kann nachher. ich hätte gedacht, ca. 60 sollte passen, oder?

viele GRüße

Rainer

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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Holzbieger » 03.04.2015, 20:50

Hallo Rainer,

ich kenn den Stahl und habe auch schon ein paar Messer daraus gemacht (Obwohl er nicht zu meinen Lieblingsstählen gehört)

Zum Auskohlen, ich hab ja schon erwähnt dass dies eine professionelle Härtere verhindern kann. Ich würde an Deiner Stelle die Schneide etwas abstumpfen. Je nach Verwendungszweck ist es meist eh besser die Schneide nicht ganz auf Null runter zu nehmen.
Ich nehme nur Küchenmesser auf fast Null runter, bei Outdoormesssern lasse ich so 0,3 mm stehen um dann eine kräftigere Schneidfase zu bekommen.

Zum Schleifen.

1. Nimm qualitativ gutes Schleifmittel, gerade bei groben Körnungen ist das was Du in den Baumärkten findest meist nicht gut.

2. Mach Dir Schleiflatten wie in diesem Beitrag von Shokunin dargestellt
http://www.fletchers-corner.de/viewtopic.php?f=17&t=21518&p=377510&hilit=Messer+polieren#p377510
So etwa der 10 Beitrag in diesem Faden.
Mach alle Körnungen durch und geh erst auf die nächst feinere wenn Du von der vorhergehenden Körnung keine Schleifspuren mehr siehst. Wenn Du zu schnell zu fein gehst schleifst Du Dir den Wolf und kommst nicht vorwärts. Bei 400 höre ich meist auf, ich bin kein Freund von Spiegelpolituren.
Wenn Du zur nächsten Körnung wechselst, mach Deinen Arbeitsplatz sauber. Nichts übler wenn Du mit 2xx Korn schleifst und Dir kommt ein einziges 80 Korn dazwischen. Da fängst Du wieder von vorn an oder lebst mit dem Kratzer.
Ich schleife ab ca. Körnung 180 nass, wobei ich kein Wasser oder Öl benutze sondern Windex (Fennsterputzmittel).

Zur Warnung 1.2379 ist sehr zäh, und na ja es gibt einfachere Stähle für eine gute Oberflächenbearbeitung.

3. Ich habe meine ersten beiden Messer mit einem Handbandschleifer, den ich umgedreht auf die Werkbank gespannt habe, gefertigt. Diamantfeile kannst Du vergessen wenn Du Flächen machen willst.

4. Zur Härte. Es gibt den Spruch: In der Wildnis habe ich lieber ein verbogenes Messer als ein abgebrochenes. Geh nicht zu hart 60 HRC max, ich würde eher sogar auf 59 HRC gehen. Ja ich geben dem Härter meine Wunschhärte vor. Ich gebe aber zu dass ich nicht zu den Härtefetischisten gehöre für den ein Messer nur ab 62 HRC was taugt.

Gruß

Roland
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Rainer_K » 03.04.2015, 21:43

hallo Roland,
vielen Dank für die weiteren Tips.
Der link mit den Schleiflatten ist gut, solche baue ich mir dann auch. Und auch der Tip mit dem Putzen.
Mir ist gerade heute beim Feilen ein Korn einer etwas zu zugestopften Feile einmal quer drübergeratscht - eine scöne tiefe Riefe war der Lohn :-(.
Was wäre denn Dein bevorzugter Stahl? Ich werde weder extreme Oudoor Messer bauen, welche zur Not auch als Steigeisen verwendet werden noch Filetiermesser. Der Werkzeugbauer hätte auch noch 1.2842 (90MnCrV8) gehabt aber den härtet der Härter kaum noch und alles was nicht serienhärtung ist hält solche Härtereien auf und kostet dementsprechend viel.

viele Grüße

Rainer

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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Holzbieger » 03.04.2015, 22:04

Hallo Rainer,

Genau der 1.2842 gehört zu meinen Liebliengsstählen, preiswert, gut verfügbar, gut zu bearbeiten, kann ich bei kleinen Abmessungen selbst härten, gibt es in vielfältigen Abmessungen

Du musst den ja nicht zu Deiner Härterei geben. Ich lasse meine Klingen entweder bei Wolf Borger oder bei Jürgen Schanz härten. Beide verkaufen diesen Stahl und Du kannst den bei beiden zum härten geben, kostet dann halt noch das Porto zusätzlich, ist aber eh nicht teuer IMHO.

Gruß

Roland
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Holzbieger » 13.04.2015, 15:14

Hallo,

kurze Klarstellung hier und Danke Haitha für die Nachricht.

Wolf Borger ist letztes Jahr im Sommer gestorben. Seine Frau führt das Geschäft aber weiter, d.h. Materialverkauf und Härteservice gehen weiter.

Grüße
Roland
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Rainer_K » 19.04.2015, 19:04

hallo,
ich konnte letzten Freitag die Klinge vom Härten abholen und habe mich mit dem Schleifen beschäftigt übers Wochenende.
Es ist scharf geworden aber nicht wirklich scharfscharf. Papier schneidet es ok aber zum Rasieren nehme ich etwas anderes. Wahrscheinlich ist die Klinge doch sehr gedrungen und der Schneidenwinkel etwas hoch. Zudem habe ich keine Möglichkeit zum Polieren bzw abziehen der Schneide.
Dennoch, das erste Messer. Jetzt muss ich nur noch etwas Leder besorgen damit ich es einstecken kann.

viele Grüße

Rainer
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Haitha » 19.04.2015, 22:47

Rainer_K hat geschrieben: Zudem habe ich keine Möglichkeit zum Polieren bzw abziehen der Schneide.




Dann klen einfach etwas Leder auf ein gerades Stück Holz, etwas Polierpaste einreiben und ab dafür. :)
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Re: erste Messerklinge

Beitrag von Holzbieger » 29.04.2015, 09:38

Hallo Rainer

ganz OK geworden fürs erste Messer.

Zur Schärfe: 1.2379 ist eh kein Stahl für Rasiermesserschärfe, durch den recht höhen Chromgehalt bilden sich (auch bei richtiger Wärmebehandlung) relative große Karbide. So wie Dein Messer ist passt das wohl schon.

Gruß

Roland
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