Messerwerfen

Sonstige Themen rund ums Mittelalter.
menhir
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Re: Messerwerfen

Beitrag von menhir » 03.05.2007, 19:19

Hach... das sind tolle Quellen: "Mainstreamwissen"... aha...

sicherlich 80% von dem, was als Mainstreamwissen im Umlauf ist, ist kompletter Schwachsinn. Und solang ich zu so einer Aussage nicht irgendwelche Literaturhinweise habe, halte ich das auch weiterhin für Bestandteil der 80% Oo

In der Nationalbibliothek steht ein halbes Regalbrett voll mit Büchern über den Bushido. Wäre das nicht ein bisschen viel angesammeltes Wissen und Arbeit für eine reine Fiktion??


Schattenwolf:
Vielleicht das Werfen von gigantischen Doppeläxten... Aber die Franziska wird fast durchgehend in Fachliteratur als effektive Wurfaxt beschrieben, und die Rekonstruktionen belegen dies. In wie weit das ganze Archäologisch, oder durch Schriften belegt ist, weiss ich aber nicht.


Ps:
was das Schlagen mit dem Schwertknauf angeht: Das lernen wir im KenJitsu  ;)
Das is absolut "genormt".
Und die Vorstellung eines japanischen Duells ist eh oft etwas verzerrt. Das war oft nach wenigen Sekunden vorbei. Ein Schlag, evtl noch eine Parade und ein zweiter Schlag, und das wars meistens auch schon...
Zuletzt geändert von menhir am 03.05.2007, 19:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Messerwerfen

Beitrag von Archiv » 03.05.2007, 19:50

Sorry menhir, Kyujin hat Recht.
Ich war ein paar Wochen in Japan und habe da Musen und Ausstellungen angesehen. Ninja sind da nicht vorhanden, nicht mal ein Ninja-Schwert oder ähnliches. Und Schwerter ganz allgemein werden da eine Menge ausgestellt. Chinesische. japanische Schwerter, russische Säbel, mongolischen Speere etc, etc, doch nichts von den Ninjas.

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Ninja? Hollywood & Kinderkram!

Beitrag von Rado » 03.05.2007, 19:55

Gar nicht der Diskussion Wert find ich.
Was ist nach unserem Verständnis ein "Ninjaschwert"?
Ein gerades Samuraischwert mit geschwärzter Klinge.
Warum sollten sie andere Schwerter benutzt haben als die Samurai?
Eine gerade Klinge hat auch keine Vorteile.
In nem anderen Threat hab ich schon mal gesagt:Ninja=Spione, Meuchelmörder & Saboteure.
Geheimdienst, sonst nüscht...

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Re: Ninja? Hollywood & Kinderkram!

Beitrag von Schattenwolf » 03.05.2007, 20:10

Rado hat geschrieben:
Warum sollten sie andere Schwerter benutzt haben als die Samurai?
Eine gerade Klinge hat auch keine Vorteile.



kurze und gerade schwerter lassen sich besser tragen, sind besser zu verstecken und weniger hinderlich beim bewegen....
auch sind sie für den nahkampf bzw kampf in beengten verhältnissen (haus, gassen oder ähnliches) besser geeignet.

natürlich könnte auh ein samurai statt mit zwei schwertern loszuziehen, das kartana zu hause lassen und sich auf das kürzere´wakisachi beschränken.

doch war dieses schwert ausdruck seiner position, also eher ungeeignet um "unerkannt" zu bleiben.

das ninja-to, bietet also durchaus seine vorteile für einen "ninja" - ob es nun historisch belegt ist oder nicht, entzieht sich meiner kenntniss - das halte ich aber für nebensächlich.

eine interessante these ist auch wie ich finde, das sich der ninja mythos auf chinesische freiheitskämpfer gründet, die während einer besatzungszeit im verborgenen gegen die eroberer arbeiteten und meuchelten.
Abergläubisch? - Pah!
1000 Generationen Erfahrung ist kein Aberglaube, sondern gesunder Menschenverstand.
So möge Thor seinen Hammer schwingen Euch allen Vernunft und Weisheit einzubleuen!

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Re: Messerwerfen

Beitrag von menhir » 03.05.2007, 21:25

1. Ich habe nie über die Existenz der Ninjas geschrieben, sondern über den Bushido.

2. Was ist ein Ninja Schwert?
Eine gerade Klinge? Ein sogenanntes "Chokuto"? Nun.. die gibts. Sorry... hab hier ne direkte Bildquelle vor mir lilegen. Besonders in der Nara Periode.
Dieses ferilich nicht mit geschwärzter, sondern polierter Klinge. Schwärzen is ja Schwachsinn...

Und warum es den Bushido nicht gegeben haben soll weiss ich noch immer nicht...

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Re: Messerwerfen

Beitrag von Archiv » 03.05.2007, 23:19

Ein Ninja schwert ist ein schwert das Ninja benutzt haben.  ;D und eben das habe ich nicht gesehen, weil es wohl keine Ninjas gab. Zumindest nicht so als geheime Organisation im Gegensatz zu den Samurei.
menhir hat geschrieben:1. Ich habe nie über die Existenz der Ninjas geschrieben, sondern über den Bushido.
...
Und warum es den Bushido nicht gegeben haben soll weiss ich noch immer nicht...

Was auch immer du unter Bushido verstehst, mit Ehre hat das wenig zu tun. Im Krieg nennt man es "listig" oder "taktisch" nicht verlogen. Wenn der Krieg gewonnen war konnte man den Schreibern immer noch sagen was sie als Gut und Böse in die Bücher schreiben sollen. Geheimnissverrat und Mord waren an der Tagesordnung, Japan war kein Hort der Glückseeligkeit, sondern ein nach heutigen Vorstellungen ein übles Verräternest.
Nur weil es weit weg war, war es kein deut besser als Europa.

siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Ninja
Zuletzt geändert von Anonymous am 03.05.2007, 23:25, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Messerwerfen

Beitrag von menhir » 03.05.2007, 23:25

Ja... das mag ja alles sein. Aber deshalb die Existenz des Bushido gänzlich zu leugnen, halte ich für absurd  :o

Ich meine... dann müsste man auch die Existenz/Ausübung von Sepuko (umgangsspr: Harakiri) verleugnen. Denn diese waren auf dem Prinzip des Bushido begründet. Allerdings gibt es eine Reihe zeitgenössischer Abbildungen von Sepuko. Frag mich woher die wohl kommen...?

Nun... mit Ninjas habe ich mich ehrlich gesagt nie direkt beschäftigt... ich weiss auf jeden Fall, dass die Filmindustrie allgemein sehr viel verfälscht hat... aber obs deshalb auch die nicht gegeben haben soll... nunja  ::)

Und so nebenbei.. nur weil es Samurai gab, die unehrenhaft handelten, müssen die noch lange nicht die Regel darstellen  ;)
Gab wohl auch ne Reihe Samurai, die das anders sahen...

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Re: Messerwerfen

Beitrag von Kyujin » 03.05.2007, 23:52

menhir hat geschrieben:Hach... das sind tolle Quellen: "Mainstreamwissen"... aha...

sicherlich 80% von dem, was als Mainstreamwissen im Umlauf ist, ist kompletter Schwachsinn. Und solang ich zu so einer Aussage nicht irgendwelche Literaturhinweise habe, halte ich das auch weiterhin für Bestandteil der 80% Oo

In der Nationalbibliothek steht ein halbes Regalbrett voll mit Büchern über den Bushido. Wäre das nicht ein bisschen viel angesammeltes Wissen und Arbeit für eine reine Fiktion??


Ein bißchen großzügig bist du da schon, wenn du 80% des allgemein anerkannten historischen Wissens für kompletten Schwachsinn erklärst, nicht wahr?

Auf der anderen Seite ist die bloße Menge von Büchern (und ein halbes Regalbrett ist ja nun eher etwas dünn) dir schon ein Argument. Du glaubst alles, was in Büchern steht? In Bibliotheken stehen wohl mehr Bücher über reine Fiktionen.

Mal so prinzipiell: Die Beweislast hat immer derjenige, der die Existenz von etwas behauptet. Wäre das anders, dürftest du mir jetzt die Nichtexistenz des Fliegenden Spaghettimonsters beweisen:

Bild

Ich bin nämlich bekennender Pastafarianer.

Aber Butter bei die Fische:
Friday, Karl F. "Bushido or Bull? A Medieval Historian's Perspective on the Imperial Army and the Japanese Warrior Tradition." The History Teacher 27, no. 3 (1994): 339–349.

menhir hat geschrieben:was das Schlagen mit dem Schwertknauf angeht: Das lernen wir im KenJitsu  ;)


Kenjitsu? 剣実? Schwertwirklichkeit? Hier geht wirklich sehr viel durcheinander.

menhir hat geschrieben:Und die Vorstellung eines japanischen Duells ist eh oft etwas verzerrt. Das war oft nach wenigen Sekunden vorbei. Ein Schlag, evtl noch eine Parade und ein zweiter Schlag, und das wars meistens auch schon...


Wieviele Duelle fichst du denn so in der Woche?

Ich meine... dann müsste man auch die Existenz/Ausübung von Sepuko (umgangsspr: Harakiri) verleugnen. Denn diese waren auf dem Prinzip des Bushido begründet. Allerdings gibt es eine Reihe zeitgenössischer Abbildungen von Sepuko. Frag mich woher die wohl kommen...?


Hier argumentierst du mit einer klassischen petitio principii - das was bewiesen werden soll, wird schon vorausgesetzt...

Nun gut. Seppuku 切腹 gab es. Viel seltener als von Romantikern gemeinhin angenommen, aber immerhin.
Daß das aber spezifisch auf dem "Prinzip des Bushido" (Was soll das denn sein? Budoshoshinshu? Hagakure? Oder das Buch von Nitobe?) begründet wäre, ist einfach eine Behauptung.
Zuletzt geändert von Kyujin am 04.05.2007, 00:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Messerwerfen

Beitrag von menhir » 04.05.2007, 06:39

Na gut... werd mir das Büchlein mal bei Gelegenheit ansehen... bin gespannt^^


//Edit:
hab mal auf die schnelle rumgeschaut (Wikipedia)
Seine Popularität und Bekanntheit verdankt der Begriff in besonderer Weise dem 1899 in englischer Sprache entstandenen Werk Bushido - the Soul of Japan von Inazo Nitobe.


Als Nitobe Ende des 19. Jahrhunderts "Bushido - the Soul of Japan" verfasste, war ihm nicht bewusst, dass der Ausdruck schon existierte. Er dachte, er würde einen neuen schaffen und äußerte sich später überrascht, als er auf diese Tatsache hingewiesen wurde.


Das klingt für mich nach einem guten Grund, warum solche Spekulationen in Umlauf gekommen sein könnten.

Der Begriff selbst taucht als formalisierter Verhaltenskodex erstmals im 17. Jahrhundert in der Gesetzgebung der Tokugawa-Periode auf.


Es ist deshalb nicht zwingend anzunehmen, dass das "Bushido" der Tokugawa-Zeit und dasjenige von Nitobe zwangsläufig Gemeinsamkeiten aufzeigen.


Zum Seppuko:
Die Scham, gegen den Bushido verstoßen zu haben, führte oft zum rituellen Suizid, dem Seppuku.


Die Philosophie des Bushidō beeinflusste einige Kampfkünste, die mit den Waffen der Samurai ausgeführt werden, wie auch waffenlose Systeme. Geprägt wurde diese Philosophie wiederum vom Zen.

Dazu gehören:

    * Iaido
    * Kenjutsu
    * Kendō
    * Kyūdō
    * Naginatadō
    * Aikido
    * Judo



So... also für mich klingt das alles plausibel! Und was sagtest du vorhin über KenJitsu? Dir ist schon klar, dass KenJitsu die Ausbildung in den Kriegskünsten der Samurai darstellt... oder?

Und die Muso Shinden Ryu wurde im im 16. Jahrhundert von einem Samurai namens  Hayashizaki Jinsuke Minamoto gegründet.

Also zu leugnen, dass KenJitsu etwas mit der Kampfweise der Samurai zu tun hat, halte ich ebenfalls für eine gewagte Behauptung  ;)


Mal so prinzipiell: Die Beweislast hat immer derjenige, der die Existenz von etwas behauptet.

Würd ich so allgemein auch nicht behaupten! Wenn einer behauptet, dass es zb nie KZ's gab, muss man dem das auch nicht nochmal alles extra beweisen. (Sondern zeigt ihn wegen Wiederbetätigung an  ;D)
Und wenn ich behaupte, im Mittelalter gab es keine Kriegsbögen... wer von euch würde sich verpflichtet fühlen mir das Gegenteil zu beweisen?? Wohl kaum einer.
Und wenn du mit solchen Annahmen daherkommst, hätte ich dafür auch gerne Nachweise.
Zuletzt geändert von menhir am 04.05.2007, 07:40, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Messerwerfen

Beitrag von Kyujin » 04.05.2007, 08:24

menhir hat geschrieben:Na gut... werd mir das Büchlein mal bei Gelegenheit ansehen... bin gespannt^^


Das ist ein Artikel in einer historisch-didaktischen Fachzeitschrift. Im Buchhandel findest du das nicht. Und "bei Gelegenheit"? Bei Gelegenheit trinken wir vielleicht mal ein Bier zusammen. Hier aber ein bißchen mehr Ernst, junger Freund.

Und jetzt mache ich hier schon die ganze Arbeit für dich:

http://www.koryu.com/library/kfriday2.html

http://ejmas.com/jalt/jaltart_friday_0301.htm

http://ejmas.com/jalt/jaltart_hurst_0501.htm

menhir hat geschrieben://Edit:
hab mal auf die schnelle rumgeschaut (Wikipedia)
Seine Popularität und Bekanntheit verdankt der Begriff in besonderer Weise dem 1899 in englischer Sprache entstandenen Werk Bushido - the Soul of Japan von Inazo Nitobe.


Als Nitobe Ende des 19. Jahrhunderts "Bushido - the Soul of Japan" verfasste, war ihm nicht bewusst, dass der Ausdruck schon existierte. Er dachte, er würde einen neuen schaffen und äußerte sich später überrascht, als er auf diese Tatsache hingewiesen wurde.


Das klingt für mich nach einem guten Grund, warum solche Spekulationen in Umlauf gekommen sein könnten.


Da bist du schon mal auf der richtigen Spur. Was an dem Wikipediaartikel vernünftig ist,  ist bei Friday abgeschrieben. Und wie das bei Wikipedia so ist, steht da eben auch weniger fundiertes drin - das heißt, die zitieren Friday, verstehen aber die Konsequenzen nicht. Womöglich sind da auch verschiedene Autoren am Werk, die sich unenig sind. Lies die oben angegebenen Artikel (und alles, was du dir von Koryu.com leisten kannst) und du solltest in der Lage sein, zu sortieren.

Wo übrigens die Tokugawagesetzgebung "Bushido" etabliert haben sollte, würde mich interessieren. Das Buke Shohatto hab ich in mehreren Jahrgängen gelesen (ziemlich trocken übrigens). In der Wertediskussion dieser Zeit (die ja schon ziemlich abgehoben war) benutzte man sehr verschiedene Begriffe, über deren Inhalt man sich dann auch noch noch uneinig war:

Yamaga Soko nannte seine Ideologie Shido, Daidoji Yuzan sprach im  Budoshoshinshu eben von Budo.
Yamamoto Tsunetomo mit seinem Hagakure - je nun. Ein Papiertiger, der dann doch lieber nicht Seppuku beging und von der Zeit schwärmte, als Männer noch Männer waren. Im übrigen ein in der zeitgenössischen Diskussion völlig unwesentlicher Text, der erst von der kaiserlichen Armee zu Propagandazwecken abgestaubt wurde. Zum Schluß durften dann Jungens in deinem Alter sich heulend in fliegende Bomben setzen und deren Familien mußten auch noch stolz darauf sein.

menhir hat geschrieben:Zum Seppuko:
Die Scham, gegen den Bushido verstoßen zu haben, führte oft zum rituellen Suizid, dem Seppuku.



Das Ding heißt bitteschön "Seppuku", und der Rest ist romantisierender Quark, Entschuldigung. Die Bushi haben keineswegs "oft" Seppuku begangen.

Zunächst einmal war das schlicht eine Form der Todesstrafe, zu der man verurteilt wurde. Unter den damals üblichen Formen war es dann eine, bei der man als Bushi eventuell seine persönliche Ehre wiederherstellen konnte (denn Ehrbegriffe gab es, auch wenn die gerne mißverstanden werden) - aber auch das war nicht notwendigerweise so.

Allerdings hing das davon ab, daß man bei der Durchführung nicht zauderte und keine Regung zeigte - was sehr schwierig ist, weil man dabei eben nicht nur stirbt (was auch für  Japaner außerhalb von romantischen Erzählungen und Filmen kein Zuckerschlecken ist), sondern eben auf eine außerordentlich schmerzhafte Weise. (Allerdings waren die Alternativen  nicht verlockend.)

Die komplette Durchführung (die Öffnung des Unterbauches und Zertrennung der Eingeweide mit einem queren, tiefen Schnitt, evtl sogar mit mehreren Schnitten) wurde deswegen auch eher selten vollzogen, oft schlug der Henker / Sekundant schon den Kopf ab, wenn die Messerklinge den Bauch nur berührte oder ritzte.

Letztlich ist das also eine Enthauptung, bei der man häufig bloß die Fiktion des ehrenvollen Freitodes aufrechterhielt.

Es gab auch Fälle von freiwilligem Seppuku - allerdings ist das ganze Thema komplett außer Proportion aufgeblasen, weil es eben so schaurig-schön exotisch ist.

Was dabei herauskommt, wenn der Sekundant sein Amt nicht beherrscht, kann man an der Geschichte von Mishima Yukio sehen.

menhir hat geschrieben:
Die Philosophie des Bushidō beeinflusste einige Kampfkünste, die mit den Waffen der Samurai ausgeführt werden, wie auch waffenlose Systeme. Geprägt wurde diese Philosophie wiederum vom Zen.

Dazu gehören:

    * Iaido
    * Kenjutsu
    * Kendō
    * Kyūdō
    * Naginatadō
    * Aikido
    * Judo



Auch der angebliche Einfluß des Zen ist eine moderne Fabel, die wesentlich auf D.T. Suzuki zurückgeht. Die wesentliche Verbindung zwischen Bushi und Zenbuddhismus (die zwischen den Hojo und den Gozan) war politisch motiviert. 
Martin Collcutt, Five Mountains, The Rinzai Zen Monastic Institution in Medieval Japan, Harvard University Press, 1985

Aikido ist von Omoto-kyo (Neo-shinto) beeinflußt, Ueshiba hatte mit Zen nix am Hut, auch wenn einige Aikibunnies das zusammenrühren.

Für Kyudo liegt ausfürliches Material vor, das die Entstehung des  Mythos des "Zenbogenschießens" bei Herrigel utersucht.
YAMADA Shoji, The Myth Of Zen in The Art Of Archery, Japanese Journal of Religious Studies, Spring 2001, 28/1-2
Als pdf unter http://www.nanzan-u.ac.jp/SHUBUNKEN/pub ... df/586.pdf

Über Herrigels Nazibegeisterung und die Konsequezen für sein Buddhismus- und Budoverständnis siehe auch オイゲン・ヘリゲルの生涯とナチス-神話としての弓と禅(2)-, 日本研究, 第24集, pp.201-226, 2002.2. (Oigen Herigeru no shōgai to Nachisu: Shinwa to shite no yumi to zen (2), Nihon kenkyū 24).

menhir hat geschrieben:So... also für mich klingt das alles plausibel! Und was sagtest du vorhin über KenJitsu? Dir ist schon klar, dass KenJitsu die Ausbildung in den Kriegskünsten der Samurai darstellt... oder?


Zunächst mal bedeutete "Kenjitsu" (wenn es das Wort 剣実 denn gäbe)  "Schwertwirklichkeit" oder so etwas.

Was du meinst, ist Kenjutsu 剣術, also "Schwerttechnik". Und das ist auch nicht die Ausbildung in Kriegskünsten (die heißen zum Beispiel Heiho 兵法), sondern nur eine von vielen Disziplinen.

menhir hat geschrieben:Und die Muso Shinden Ryu wurde im im 16. Jahrhundert von einem Samurai namens  Hayashizaki Jinsuke Minamoto gegründet.

Also zu leugnen, dass KenJitsu etwas mit der Kampfweise der Samurai zu tun hat, halte ich ebenfalls für eine gewagte Behauptung  ;)


"Kenjitsu" nicht. Kenjutsu schon. Mal so nebenbei: Ich lerne seit 99 Katori Shinto Ryu.

menhir hat geschrieben:
Mal so prinzipiell: Die Beweislast hat immer derjenige, der die Existenz von etwas behauptet.

Würd ich so allgemein auch nicht behaupten! Wenn einer behauptet, dass es zb nie KZ's gab, muss man dem das auch nicht nochmal alles extra beweisen. (Sondern zeigt ihn wegen Wiederbetätigung an  ;D)
Und wenn ich behaupte, im Mittelalter gab es keine Kriegsbögen... wer von euch würde sich verpflichtet fühlen mir das Gegenteil zu beweisen?? Wohl kaum einer.
Und wenn du mit solchen Annahmen daherkommst, hätte ich dafür auch gerne Nachweise.


In dem Falle mußt du eben ein bißchen Wissenschaftstheorie lernen. Oder willst du mir als Pastafarianer wirklich den Gegenbeweis zum Fliegenden Spaghettimonster antreten? Viel Spaß.

Das Beispiel mit den KZ ist ein sehr schlechtes, denn hier hat man aus politischen Gründen eine Beweislastumkehr vorgenommen - die ich aus eben diesen Gründen auch für gerechtfertigt halte. Aber naürlich gibt es eine solide Dokumentation für den Holocaust, sowohl wissenschaftlich, wie in vielen Familiengeschichten (ich habe selbst noch Patienten, die KZ-Insassen waren, der Großvater meiner Frau ist in Sachsenhausen umgebracht worden).

Die Kriegsbögen hinwiederum könnte dir jeder Fachmann leicht zeigen. Und das wäre es dann auch schon.
Zuletzt geändert von Kyujin am 04.05.2007, 14:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Messerwerfen

Beitrag von Eisi » 04.05.2007, 13:07

Kyujin hat geschrieben:


Und Ninja als geheime Untergrundorganisation von gesellschaftlich Ausgestoßenen / Underdogs, die dann auch noch Gegner der Samurai waren, andere Waffen als diese benutzen und sich im Ehrenkodex von ihnen unterschieden - das ist reine Fiktion. Oder anders gesagt: Es paßt überhaupt nicht in das aktuelle, detailiert dokumentierte historische Bild des japanischen Mittelalters oder der Neuzeit bis Ende Tokugawa. Es paßt aber sehr gut zu den Themen der gut entwickelten Unterhaltungsindustrie der Edozeit.


Damit gehe ich teilweise konform. Allerdings finde ich nicht, dass die organisiert waren.  Als Organisiert bezeichne ich eine zusammenkunft von  Personen, die sich turnusmässig treffen und Ziele verfolgen. Solche organisationen gab es, meines Wissens, nicht


Was es gab, waren latürnich Spione, Undercoveragenten und Kampfeinsätze hinter den Linien. So etwas machten eben typisch Krieger, die das konnten. Eben dafür enthielten die klassischen Kriegskunstschulen solche Techniken, die wesentlich mit Aufklärung zu tun hatten. Einen Ehrenkodex, der den Bushi solche Heimlichtuerei oder fiese Tricks verboten hätte, gab es nie. Schon gar nicht das Messerwerfen, das zu allen Zeiten eine beliebte Nahkampftechnik war - mit einem Shuriken im Arm ist man zwar noch nicht tot, aber ein deutlich schlechterer Fechter.


Der Bushido ist der Weg des Kriegers. es lehrt den jungen Kämpfer, hart zu trainieren, die Techniken bewusst zu trainieren und selbstständig zu üben. Was ich vermute ist folgendes: das sich der Bushido weiterentwickelt hat, liegt wohl an der ausbildung der Kampfschulen und deren Verbreitung, da kommt so ein "Regelwerk" relativ gelegen, um die Prinzipien zu verdeutlichen. Allerdings habe ich nirgendwo etwas gefunden zu einem Verbot von Shuriken.

Was meinst du mit "sogenannten Bettelmönche"? Es war (und ist!) in vielen buddhistischen Orden normal, sich von Almosen zu ernähren. Daß einige Klöster zu bestimmten Zeiten erheblichen politischen und militärischen Einfluß hatten, steht auf einem andern Blatt.

Und "Ninjaorganisationen" gab es eben nicht - außer in Romanen und bis zum Beweis des Gegenteils. Diese Geschichten stehen etwa im selben Verhältnis zur japanischen Realität wie James Bond zum Bundesnachrichtendienst.


Ich habe das Buch leider nicht zur Hand und es fehlt in der Bibliothek hier. Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich diesen Beitrag mal reinposten. Diese Bettelmönche hatten einen bestimmten Namen, der mir leider entfallen ist. das waren Einzelgänger, die gerne unerkannt blieben. Und die sollen sich auch in Kampfschulen geübt haben im Umgang mit dem Schwert.

Das es Geheimorganisationen gegeben haben soll würde ich auch bezweifeln, das halte ich wirklich für eine Mutation der Edozeit.
Und der verklärte Blick, der in einigen Filmen auf die Ninja geworfen wird, sollte generell mal außen vor gelassen werden.

Desweiteren nehme ich davon Abstand, eine Zeitgeschichtliche Epoche in Japan als "Mittelalter" zu bezeichnen. Der Begriff Mittelalter ist reserviert für die Mediävistik des europäischen Kontinents. Andernfalls hätte ich wohl auch in meinen Vorlesungen etwas über Samurai, Ninja, Bushido und dergleichen mehr gehört.

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Re: Messerwerfen

Beitrag von Kyujin » 04.05.2007, 13:35

Eisi hat geschrieben:Der Bushido ist der Weg des Kriegers. es lehrt den jungen Kämpfer, hart zu trainieren, die Techniken bewusst zu trainieren und selbstständig zu üben. Was ich vermute ist folgendes: das sich der Bushido weiterentwickelt hat, liegt wohl an der ausbildung der Kampfschulen und deren Verbreitung, da kommt so ein "Regelwerk" relativ gelegen, um die Prinzipien zu verdeutlichen. Allerdings habe ich nirgendwo etwas gefunden zu einem Verbot von Shuriken.


"Bushido" ist eine Erfindung japanischer Ideologen um die vorige Jahrhundertwende. Mit japanischen Kriegern hat das fast nichts zu tun.
Belege dafür habe ich gepostet.

Diese Bettelmönche hatten einen bestimmten Namen, der mir leider entfallen ist. das waren Einzelgänger, die gerne unerkannt blieben. Und die sollen sich auch in Kampfschulen geübt haben im Umgang mit dem Schwert.


Du meinst wahrscheinlich die Yamabushi 山伏 , die Bergasketen des Shugendō 修験道, auch wenn das Betteln für die nicht sonderlich spezifisch ist. Denen werden in der Folklore vielerlei Fähigkeiten nachgesagt, unter anderem Magie und auch Waffentraining.
Zuletzt geändert von Kyujin am 06.05.2007, 08:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Messerwerfen

Beitrag von Peter O. Stecher » 04.05.2007, 15:46

Ich bin kein Asien-Experte wie einige hier, aber ich glaube Musashis "Buch der 5 Ringe" bringts (ich hab eines mit einer Biografie Musashis) schon auf den Punkt - nicht mit dem Feind heruntändeln sondern wenn geht mit einem Streich töten - im Kampf auf Ethik zu achten ist für den "Ethiker" ziemlich sicher tödlich. Das kann man ja bei ganz normalen Wirtshausraufereien gut beobachten - wer den ersten Schlag, und den womöglich unerwartet, führt hat  - meist gewonnen. Das kann man auf die Pistoleros des Wilden Westens, soweit es sie gab auch "umlegen" - schönes Wort in dem Zusammenhang-LOL

Was Bücher angeht muss man ohnehin vorsichtig sein, lest erst die Quellenangaben - speziell bei Esoterik u.Ä. wird von den meisten Autoren gegenseitig abgeschrieben und einer beruft sich auf den anderen um seine wirren Theorien zu untermauern...
Aber gewisse Gruppen, Völker, Orden oder sonstige Leutchen etc. zu idealisieren (oft im nachhinein) ist halt menschlich: der edle Wilde Indianer, die Assasinen, die Templer, die Tafelrunde.....sonst würde es keine spannenden und geheimnisvollen Romane und Filme geben - und möglicherweise auch weniger entsprechende Sportschulen, Bücherläden etc..
Zuletzt geändert von Peter O. Stecher am 04.05.2007, 16:22, insgesamt 1-mal geändert.
https://classic-archer.com/

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Re: Messerwerfen

Beitrag von tarek » 05.05.2007, 16:21

Musashi das Buch ist auch verdammt gut wie ich finde. Er hat ja auch im Prinzip, gegen alle Regeln, mit 2 Schwertern gekämpft und eher einen eigenen Kampfstil entwickelt. Hauptsache gewinnen sag ich immer. Wie man gewonnen hat fragt dich danach keiner mehr ^^
Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu f?rchten...
(Sunzi-Die Kunst des Krieges)

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Re: Messerwerfen

Beitrag von Schattenwolf » 06.05.2007, 01:36

tarek hat geschrieben:Hauptsache gewinnen sag ich immer. Wie man gewonnen hat fragt dich danach keiner mehr ^^


Doch, Du selbst solltes dich das fragen....weniger au ethik oder moral, sonder um besser zu werden ;)

desweiteren wird heutzutage sicher die polizei und die rechtsvertretung des betroffenen/der hinterbliebenen ein gewisse interesse an der "wahrheitsfindung" haben!

ich bin ja selbst in den asiatischen kampfkünsten involviert....aber mittlerweile interessieren mich die europäischen viel mehr.
in der schmiedekunst standen die wikingerschwerter (welche zum teil in sachsen gefertig wurden) dem katana in nix nach. und auch die kampfkunst, wenn auch recht unbekannt da weniger vermarktet, nicht.

diees ewige nach asien insbesondere nach japan schauen, wenn es um kampf/schwertkunst geht halte ich für scheuklappen denken.
wohl gemerkt, ich bin einst selbst in diese falle getappt und will diese kunst auch nicht runterreden, nur gibt es so vieles das uns näher ist das den vergleich nicht scheuen muß!
wenn auch, und das ist das große plus, in japan eine nahezu ungebrochene tradition besteht. zugleich ist diese tradition auch ein handicap, verweigert sie sich doch neuen erkenntnissen.

in china hat ja leider mau tse tung die "großen" meister gejagd und systematich ausgerottet bis von gung fa (kung fu) nur noch ein schatten seiner selbst geblieben ist.
shaolin ist nun eine internationale sportschule, touristen aktration und politisches werkzeug...wenn auch die beste empfehlung in china um zur polizei zu gehen oder bodyguard zu werden......von religion keine spur mehr!

genauso ist es mit dem samurai mythos....er wurde ausgebeutet bis zum letzten, obwohl es japan wohl noch 2 oder 3 schulen gibt die eine ungebrochene tradition haben seit dem 16 jahrhundert oder darüber hinaus.

dennoch...an der kunst des kämpfens interssiert mich neben der kunst an sich weniger die tradition als vielmehr der realismus....die anwendbarkeit und effektivität....und damit mein ich nicht umbedingt ding die dunkle seite der macht, also möglichst schnell und leicht zu lernen, sondern die allumfassenheit und lebendigheit der kunst und des prossesses an sich!

um beim japanischen zu bleiben, ich hab ein problem mit kampfkünsten wie iado oder kendo.
die einen vergeistigen die techniken und das ohne gegner so dermaßen das man es kaum anwenden kann und die anderen im kendo machen nur sport und vergessen die raffinessen....die kunst. beides mit scheuklappen behaftet.

ich für mich such ein ganzheitliches kampfsystem in dem einerseit tevhnicken gelehrt werden die auch komplex sind und wo auch im semi- und vollkontak  (mit ensprechendem schutz) die umsetzung bzw anwendbarkeit überprüft und trainiert wird.

der kampf an sich ist etwas äusserst lebendiges und genau darum helfen starre von strengen traditionen bestimmte systeme nur wenig.

ist unter messer werfen zwar total off topic aber mußte mal raus
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