Bauerngewandung

Fragen und Antworten zu Gewandungen.
Benutzeravatar
Finglas
Full Member
Full Member
Beiträge: 105
Registriert: 31.10.2009, 16:44

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Finglas » 22.02.2011, 18:57

Auch wenns ein wenig OT wird:

Ich finde ja die Bruder Cadfael-Reihe ganz plastisch. Die soll ganz gut recherchiert sein, was die Requisiten angeht


Empfinde ich durchaus auch so. Viele Details, wie z.B. schlammige Straßen und dreckige Kinder heben sich wohltuend von Hollywood Idyllen ab. ABER, da wir hier ja im FC sind: Die bisweilen gezeigten Bögen sind schon sehr grenzwertig ;D Für eine englische Serie schon sehr untypisch.

Es grüßt, der Finglas

Benutzeravatar
Edradour
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 424
Registriert: 19.11.2006, 22:57

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Edradour » 22.02.2011, 20:01

Wilfrid hat geschrieben:... über das ganze nen Kittel (cotta, schlicht in Braun oder grün)...


Von Grün würde ich besser die Finger lassen, das ist mindestens gefärbt (Birke oder so) wenn dunkleres Grün, dann sogar Doppelfärbung (Birke/Indigo z.B.) und somit teuer bis sehr teuer. Nicht Alles, was rustikal aussieht, ist auch billig.

Typisch wäre ungefärbte Wolle, also grau, schwarz, braun oder Mischfarben davon.

Benutzeravatar
Squid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 9789
Registriert: 23.06.2004, 16:40

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Squid (✝) » 22.02.2011, 20:44

Naja, mit ging es speziell um die Klamotten und das ganze Umfeld.
Aaaber der ELB ist als DIE Englische Kriegswaffe ja wiederum noch weitere 150 bis 200 Jahre später aufgekommen.
Und auch in England gab es Jagdbögen, die deutlich handlicher waren, als die nervig langen Eibenknüppel.

Also so falsch ist das nicht, wobei ich mich nicht konkret erinnern kann an einzelne Bögen. Aber wenn ein Komposti dabei gewesen wäre, hätte ich bestimmt randaliert *g*
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

Benutzeravatar
Finglas
Full Member
Full Member
Beiträge: 105
Registriert: 31.10.2009, 16:44

Bögen bei Cadfael

Beitrag von Finglas » 22.02.2011, 21:34

So, ich hab jetzt nochmal nachgeschaut. Diese Bögen meinte ich:
Bogen ganz.JPG
Gesamtansicht
Nocks.JPG
Detail
Beide Bilder sind Snapshots aus "Cadfael - the leper of st.Giles"
Klar ist früher, auch in England nicht, jeder mit einem Elb rumgelaufen, aber ich finde die Knüppel für Mitte 12. Jhd, und dazu noch von einem normannischen Soldaten getragen doch recht ungewöhnlich. Erinnert mich vom Gesamtbild eher an ein Wikingermodell. Aber ich lasse mich da gerne eines Bessern belehren.

Und um doch noch den Bogen zur Bauerngewandung zu finden: JA Cadfael ist da sehr gut gemacht und auf jedenfall inspirierend. Und auch sonst einen unterhaltsame Serie.

Es grüßt, der Finglas

Benutzeravatar
Squid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 9789
Registriert: 23.06.2004, 16:40

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Squid (✝) » 22.02.2011, 21:40

OK OK, das Ding IST keine Bogen... hast recht...
Soweit zu "gute Requisitenrecherche".
::)
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

Benutzeravatar
acker
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 10946
Registriert: 07.03.2008, 17:04

Re: Bauerngewandung

Beitrag von acker » 22.02.2011, 21:57

Was zum Geier ist die Bruder Cadfael-Reihe ??
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.

Benutzeravatar
Pyromir
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 721
Registriert: 09.06.2009, 09:27

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Pyromir » 22.02.2011, 22:03

Guckst Du >>>hier<<<
"Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will." Albert Schweitzer

72" *WhiteWidow* 50#@29"
70" Alemannen-Esche 30#@29"

Benutzeravatar
Squid (✝)
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 9789
Registriert: 23.06.2004, 16:40

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Squid (✝) » 22.02.2011, 22:05

Eine Reihe Krimis aus dem Mittelalter.
Autorin: Elis Peters
Protagonist: Bruder Cadfael, ein Mönch mit Kreuzzugserfahrung
Ort: England, ein kleines Kaff während des Bürgerkrieges um 1150
Handlung: kleine und mittlere Kriminalfälle bzw. Verbrechen in der Dorfgemeinschaft

Das Ganze wurde verfilmt und ist u. a. bei Youtube zu finden.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

Benutzeravatar
Stamperl
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 273
Registriert: 20.12.2008, 20:20

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Stamperl » 23.02.2011, 06:12

Ist natürlich die Frage, wieviel Geld man ausgeben will und wo man damit rumlaufen will. Persönlicher Anspruch spielt natürlich die größte Rolle;).
Da gehen die Preise mal ganz schnell auseinander.

Beste Grüße, Stamperl

tribernium
Newbie
Newbie
Beiträge: 8
Registriert: 28.08.2009, 14:42

Re: Bauerngewandung

Beitrag von tribernium » 03.06.2011, 15:59

Also fangen wir mal mit dem großen "A" an - Authentizität lässt sich durchaus relativ weit fassen, was aber gerade bei Darstellungen des Frühmittelalters zu gewissen Teilen auch notwendig ist. Grenzt man sowohl Region, als auch Zeitraum soweit ein, wie es im Hochmittelalter durchaus möglich ist, wird die Quellenlage dann doch sehr spärlich... Bei ggf. einem Fund (wenn überhaupt) aus der Region und Zeitepoche (soziale Stellung der Person käme ja eigentlich auch noch hinzu), müsste sich jeder Darsteller exakt gleich kleiden - wie realistisch das als authentisches Bild der Zeit dann ist, mag ich mir lieber nicht vorstellen.

Belegt sind jedoch so einige Dinge, die hier teilweise nicht wirklich bekannt zu sein scheinen - beispielsweise Funde von Reiterbögen bei den Ausgrabungen von Haithabu (glaube in Band 38 der Ausgrabungsbeschreibungen beschrieben).

Bereits im Frühmittelalter ging meines Wissens übrigens kein Mann ohne Kopfbedeckung aus dem Hause. Zum Beispiel hatten die Sachsen zu der Zeit (und bereits einige Zeit früher) diese Schlumpf-Mützen auf...

@ Wilfrid:
Also im Jahr 800 befinden wir uns wohl noch nicht so ganz im Übergang zum Hochmittelalter - zwischendurch kommt erstmal noch die grob ins Früh-MI zu zählende "Wikingerzeit" - beginnend mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne am 8. Juni 793 und endend mit der Schlacht von Hastings 1066. Dann kommt das eigentliche Hochmittelalter...
Ansonsten stimme ich Dir voll zu, das der soziale Status der dargestellten Person hier über einiges entscheidet. Bruche und Beinlinge würde ich - gerade für arbeitende Landbevölkerung - eher ausschliessen. Praxiserfahrung zeigt, das sich diese Klamotten nur sehr bedingt zur Feldarbeit eignen. Nur weil eine Hose nicht belegt ist gleich untenrum ganz ohne rumzulaufen, halte ich bei der Witterung in Deutschland übrigens nicht für realistisch.

Absolut korrekt ist es, die Farben der Klamotten nach damaligen Preisen für die Färbung auszuwählen - armes Volk konnte sich bestimmte Farben eben nicht leisten - und wer mehr hatte, versuchte sich (unter anderem) genau damit (also mit teureren Färbungen) erkennbar von ärmeren Schichten abzugrenzen.
Schwarz ist hierbei - außer bei der Verwendung von Wolle schwarzer Schafe - schwierig und teuer herzustellen, ferner war die Färbung soweit ich recht aggressiv, was die Lebensdauer der Kleidung zusätzlich herabsetzte. Schwarze Schafe sind übrigens auch nicht soo tiefschwarz, das aus deren Wolle hergestellte Kleidung richtig schwarz wirkt...

Schönen Gruß
tribernium

Benutzeravatar
BerndL
Newbie
Newbie
Beiträge: 25
Registriert: 29.04.2011, 10:46

Re: Bauerngewandung

Beitrag von BerndL » 03.06.2011, 16:54

Hallo,

also ich denke, mit folgenden Kleidern kann man nichts falsch machen, wenn man als einfache(r) Mann/Frau über einen MA-Markt schlendern will. Etwas in der Art trugen einfache Leute praktisch das ganze Mittelalter hindurch. Da gabe es natürlich regionale und zeitliche Unterschiede, aber für eine erste Gewandung spielt das nicht unbedingt eine sooo große Rolle:

Über der nicht-authentischen Unterwäsche trage der Mann eine kurze Leinenhose als Brouche. Bei kühlerem Wetter tun beim Mann wollene röhrenförmige Beinlinge gut. Die werden an einem Lederriemen befestigt, den man wie einen Gürtel um die Taille knotet. Die Frau kann ruhig eine Stumpfhose tragen, man siehts später eh nicht. (So was ist wirklich leicht selbst zu nähen.)
Darüber ein geradlinig geschnittene (auch bei der Frau nicht figurbetonte) Kotte. Beim Mann knielang, bei der Frau bis zu den Knöcheln. Die Kotte hat keinen Kragen, sondern einen einfachen runden und vorne geschlitzten Ausschnitt. Knöpfe im heutigen Sinne sind tabu. Es gab Knöpfe, aber die sind aufwändig zu basteln. Besser, man nehme eine Schnürung. Für die Beinfreiheit sorgen seitlich und vorne dreieckige Geren. Beim Mann darf (aber beim einfachen Bauern nicht unbedingt notwendig) vorne und hinten statt dessen auch ein Reitschlitz gelassen werden. Auf ein Einfärben der Kotte würde ich verzichten. Das einfache Volk trug grau. Damit ist nicht notwendigerweise die schwarz-weiß-Mischung gemeint, sondern Naturfarben: also hellbraun, grau, beige, etc... dies war zeitweise glaub ich sogar gesetzlich so vorgeschrieben. Ebenso sollte man auf Applikationen verzichten, außer vielleicht brettchengewebte Borte an Ärmeln und Kragen - pardon: Halsausschnitt, einen richtigen Kragen gabs ja nicht - aber das ist für ein einfaches Gewand fast schon zu viel des Guten.
Wenns nun kalt ist, kann man sich nach dem gleichen einfachen Schnitt einen Surcot aus Wollstoff anfertigen. Natürlich etwas größer, denn er wird ja über das Leinengewand gezogen. Der Halsausschnitt darf hier z.B. V-förmig sein, oder die Ärmel einen Tick kürzer, damit man das Untergewand (die Kotte) dann auch sieht.
Ein sicher wichtiges Thema sind noch die Schuhe. Auf keinen Fall Springerstiefel o.ä... wer keine wendegenähten Lederschuhe hat (nur solche sind authentisch) oder sich keine basteln kann, der nehme halt einfache nicht-glänzende Lederschuhe als Kompromiss. Oder lauft bei schönem Wetter barfuss.
Der Mann kann auf dem Kopf eine Babymützen-ähnliche Bundhaube tragen, die verheiratete Frau müsste streng genommen eine Haube tragen, aber in der Pseudo-authentischen Mittelaltermarktlandschaft ist das heute auch nicht mehr sooo wichtig. Eine Gugel aus Leinen oder Wolle wäre noch optional zu empfehlen, sowie bei schlechtem Wetter ein halbkreisförmiger Umhang aus Wollstoff. Am besten Walkloden. Teuer, aber wasserdicht. (Bitte keine Kapuzenmäntel. So was tragen Hobbits, aber im Mittelalter waren Mantel und Gugel zwei Teile.)
Ein Gürtel ist bei einer einfachen Darstellung nicht zwingend notwendig, aber sehr praktisch, weil man Gürteltaschen für die Wertgegenstände oder ein Taschenmesser (natürlich handgeschmiedet) daranhängen kann. Diese Dinge sind nicht ganz so leicht herzustellen, aber es geht. Geld gehört in eine Geldkatze. (Oder näht Eurem normalen Geldbeutel eine Gürteltasche.) Der Gürtel wird übrigens hinter der Schnalle noch geknotet, also nehmt keinen zu kurzen Gürtel. (Als einfacher Bauer muss der aber auch nicht bis zum Boden reichen.)
Als Handtasche eignet sich was vom Typ mittelalterliche Pilgertasche (die sind trapezförmig). So was kann man auch relativ einfach selber nähen, wie - bis vielleicht auf die Schuhe - alles, was ich hier beschrieben habe. Und das darf ich behaupten, weil ich mir diese Dinge (inklusive Schuhe) auch selbst genäht habe und eigentlich nicht nähen kann.
Der Vorteil an der Kotte ist halt, dass die Schnitte wirklich einfach waren. Es ging nicht darum, schön auszusehen, sondern ein praktisches Kleidungsstück ohne viel Stoffverschnitt zu bekommen. (Im Hochmittelalter war das insbes. in Adelskreisen natürlich ein anderes Thema - Stichwort: Trompetenärmel und Höllenfenster - aber hier war ja nach Bauernkleidung im Frühmittelalter gefragt.)

Ich hoffe, das beantwortet die Frage des Fragestellers.

Grüße
Bernd

tribernium
Newbie
Newbie
Beiträge: 8
Registriert: 28.08.2009, 14:42

Re: Bauerngewandung

Beitrag von tribernium » 15.06.2011, 09:24

Also bei so einigen Aussagen muss ich da doch einschränkend Einspruch erheben - manche der von BerndL vorgeschlagenen Kleidungsstücke sind vornehmlich im Hochmittelalter anzusiedeln. Da gibt es doch einige recht gravierende Unterschiede zwischen Frühmittelalter und Hochmittelalter.
Von den Beinlingen würde ich pers. immernoch abstand nehmen - ich würde da eher zu einer einfachen Leinenhose und Wadenwickeln tendieren, aber das sei jedem selbst überlassen...
Die Brettchenborte an Ärmeln und Halsausschnitt ist vornehmlich den "Wikingern" zuzuordnen - liegt zeitlich aber wenigstens im Frühmittelalter. Dann sollte es statt dem hochmittelalterlichen Surcot aber auch eher z.B. ein Klappenrock sein (Schnitt etwa wie ein kurzer Bademantel).
Die Bundhaube passt definitiv nur ins Hochmittelalter - eine simple Filzmütze (keine Zipfel oder sowas - wie ein Baseball-Cap ohne den Schirm) wäre vielleicht noch überregional und halbwegs Zeitübergreifend denkbar, sonst sollte man sich der geplanten Darstellung schon etwas klarer sein...
Beim Mantel würde ein simpler Rechteckmantel wohl besser ins Frühmittelalter passen - dazu ne Gugel ohne langen Zipfel dran...

Gruß tribernium

Royalsmurf
Newbie
Newbie
Beiträge: 25
Registriert: 05.05.2009, 11:16

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Royalsmurf » 19.10.2011, 21:13

Bezüglich des Färbens sollte man, wenn überhaput, Grundstoffe nehmen die für jeden leicht zu beschaffen sind. Hier empfehlen sich Wallnussschalen (braun), Zwiebelschalen (gelbbraun),Birkenblätter (gelb), Birkenblätter mit und Stoff Eisenvitriol gebeizt statt Allaun (Grün). Für etwas besser Gestellte bleibt dann noch Krapp (rot-lachsfarben).

Wer es mal ausprobiert hat, wird feststellen, dass Naturfarben völlig anders aussehen als Chemie. Ich kenne nur einen Shop, der chemisch gefärbte Stoffe anbietet die Naturfarben ähneln.

Benutzeravatar
Tarmes
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 264
Registriert: 29.03.2010, 21:57

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Tarmes » 21.11.2011, 23:22

Hm, kein Einspruch zu den vorherigen, aber zusätzlicher Tipp: ein Korb statt Tasche ist nie verkehrt, Prob dabei nur das heute alle lackiert sind. Und für die angestrebte Zeit und den Stand ist ein Rechteckmantel sicher richtig - d.h. eigentlich eine Decke, groß genug daß du dich damit einmummeln kannst zum schlafen, und zum tragen doppelt genommen - macht schön warme Schultern - und an der re Schulter mit einer Fibel angeheftet.

lg

Tarmes
Ligna in silvam ferre...

Benutzeravatar
Sherrif Sherwood
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1011
Registriert: 19.09.2010, 19:46

Re: Bauerngewandung

Beitrag von Sherrif Sherwood » 10.09.2012, 08:48

Hi, zum Leben und Kleider im Mittelalter geb da mal meinen Senf dazu.
Hier haste so einige Bilder zum schmöckern und studieren.

Stichwort "Codex Manesse".

http://www.google.de/search?q=codex+man ... 66&bih=742

oder gib mal "Mittelalterliche Hausbuch" als Stichwort in Google Bilder ein da findest auch originale /digitale Bilder und Darstellungen von Handwerkern und anderen.

auch was sehr feines ist das hier
http://www.nuernberger-hausbuecher.de/
Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstifung.

Gruss Jürgen

Antworten

Zurück zu „Mittelalter Gewandung“