Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

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Peter O. Stecher
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Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Peter O. Stecher » 14.04.2007, 14:57

Hab gerade das Buch von Holger Riesch durchgekaut.
Der Autor ist sicher kein Bogenschütze und hat davon wenig Ahnung. Vermutungen und völlig verquere Theorien sind da zu finden.

Die Grabfunde etc. sind gut dokumentiert. Die Bilder sind gut & zahlreich. 

Ich halte von experimenteller Archäologie nur dann etws wenn der Verantwortliche der Tests z.B. (Beschusstests im Buch auf Lamellenpanzer) auch was davon versteht. Die Bogenzuggewichte sind in N angegeben - das sagt mir nix....
Der getestete Lamellenpanzer wurde nicht durchschlagen (mit Bodkin). Ich schoß unlängst auf ein 200lt. Ölfass, Wandstärke des Blechs min. 2mm - eine gewöhnliche Ribtek 160gr. ging glatt durch, bis zum halben Schaft, Bogen 62#.......

Weiters wird davon ausgegangen dass Jagdspitzen mit breiten Widerhaken das Wild aufgrund des damit verursachten Schmerzes, an der Flucht hindern sollte - der gegenteilige Effekt tritt ein - ui, ui, ui.
Auch dass die Bogenjagd in der Gruppe einfacher ist, oder dass Blunts die zur Kleinwild oder Vogeljagd verwendet wurden deswegen eingesetzt wurden um das Gefieder der Beute zu schonen :D :D :D :D :D :D :D :D :D

Mich wundert jedenfalls nicht dass von solchen Werken gebildete Leute völlig falsche Vorstellungen von Bogen und Pfeil besitzen.
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Ahenobarbus
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Ahenobarbus » 14.04.2007, 16:27

@Negley
Du brauchst Dir doch nur einmal die sogenannten "Wissenssendungen" und "Formate" auf den allseits bekannt-berüchtigten Sendern ansehen. Das ist Volksverarschung!!!!!

Die Dokumentation über die Artus-Sage ist einer der letzten Höhepunkte, ich bin rausgegangen. Gestern kam eine Doku über Jack the Ripper, ebenfalls völlig indiskutabel und über den Vergleich "Ninja-GSG9" ist es mir zu dumm zu sprechen.

In wie weit ein Beschusstest Sinn macht, liegt wohl daran, was man darstellen möchte. Ich muss nächsten Monat auch wieder für so einen Test herhalten, bin schon im Vorfeld etwas säuerlich, da ich mit Kriegsspitzen (Bodkins) unter 36 gramm bleiben soll, was ich einfach unrealistisch finde. Egal, muss man durch.

Kommst Du nicht aus dem Ösi-Land??? Bin am 2./3. Juni in Carnuntum/Petronel - woll'n wir mal etwas nette Streitgespräche über reenactment unter Einbeziehung einiger Gerstenkaltschalen oder unseres Mulsums führen?!

Ahenobarbus

Karl-Heinz

Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Karl-Heinz » 14.04.2007, 18:01

Hab gerade das Buch von Holger Riesch durchgekaut.
Der Autor ist sicher kein Bogenschütze und hat davon wenig Ahnung. Vermutungen und völlig verquere Theorien sind da zu finden.


Das sind wir schon zwei.

K-H

Huehnerdraht
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Huehnerdraht » 14.04.2007, 18:02

Ich hab mal (in einer dieser Infotainment-Dokus) gesehen, dass die Lamellenpanzer
so konstruiert waren, dass Pfeile diese nicht wirklich durchdringen konnten, sondern irgendwie nach unten abgeleitet wurden...
...ob das nu irgendwie der Realität entspricht weis ich nicht...
aber es sah schon irgendwie so aus, als ob die Lamellen die kinetische Energie am Körper vorbeileiteten und dem Pfeil so den Schwung nahmen...(weh wird so ein Treffer wohl trotzdem getan haben... ;D)
Zuletzt geändert von Anonymous am 14.04.2007, 18:06, insgesamt 1-mal geändert.
...denn selig sind die Skifahrer..."Life of Brian"

Man soll das Kind ins Korn werfen solange es hei? ist und die Flinte nicht in den Brunnen gefallen ist, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schl?gt...

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Atheos » 14.04.2007, 20:10

Hat nicht Taran letztes Jahr so einen Lamellenpanzer nachgebaut und beschossen?
Kam da nicht etwas ähnliches dabei raus?

Fand das Buch eigendlich nicht so übel, außerdem hab ich bei einem Freund, der sich besonders für amerikanische Ureinwohner interessiert, gelesen, dass Indianer (vielleicht auch nur einzelne Stämme) auch deshalb relativ schwache Bögen schossen, weil sie der Meinung waren, dass ein steckender Pfeil das Wild an der Flucht hindern würde ???

LG, A.
Das Bogenschießen war so einfach, bevor wir alle anfingen nachzulesen, wie wir es tun sollen.

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Rado » 14.04.2007, 20:45

Wieso sollte er?
Wegen dem Fremdkörper im ohnehin zerstörten Muskelgewebe?
Oder weil der Fremdkörper unkontrolliert schlakkert und im Gebüsch raschelt,was das Aufspüren erleichtert?
Ich könnt mir aber beides nicht so recht vorstellen.

Lord Bane
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Lord Bane » 14.04.2007, 21:51

Em...."N" steht für Newton, welches die SI-Einheit der Kraft ist. Ein Newton entspricht der Gewichtskraft, die 0,101kg verursachen.
Aber das mit der Gefiederschonung stand auch in "Das Bogenbauer-Buch" drin. Aber spitzenschonend bei Gesteinboden sind Kolbenpfeile (Bluntspitzen) trotzdem....und damals sicherlich billiger gewesen als geschmiedete Eisenspitzen, oder was denkt ihr?
Ich bin Star Wars Fan. Der Name "Lord Bane" leitet sich von einem Lord der Sith ab, n?mich von "Darth Bane". Dieser F?hrte das "immer nur 1Meister-1Sch?ler-System" ein bei den Sith.

Ahenobarbus
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Ahenobarbus » 15.04.2007, 11:23

Das Buch hab ich nicht gelesen, da es nicht in meinen geschichtlichen Kontext oder Darstellung passt, doch zu den Pfeilen kann man allgemein sagen.

Jagdpfeile haben grosse "Blätter", teilweise Widerhaken, um Gefässe grossfächig zu zerstören und großen Blutverlust  hervorzurufen.

Kolbenpfeile für die Kleintierjagd sollen mit stumpfer Gewalt die Knochen zerschmettern oder zertrümmern. Ob die Erhaltung des Felles/Gefieders da primär ist, ist wohl abhängig vom Grund der Jagd; will man Felle oder Fleisch.

Beschusstest allgemein. immer wieder die gleiche Argumentation. Es wurde ungezielt in Massen auf den "Feind" geschossen. Sämtliche Tests die ich kenne oder die publiziert/dokumentiert wurden, haben ein starres Ziel, das auf eine Entfernung "x" direkt beschossen wird. Was nützt es den Reiter, wenn sein Pferd getroffen wird und er sich das Genick bricht. Was nützt es, wenn 50 Pfeile ungezielt auf einen Gegner auftreffen und ein einziger in den Hals oder das Gesicht schlägt. Mit diesen Beschusstest kann nur dargestellt werden, dass dieser bestimmte Rüstungstyp einem Pfeil widersteht. Ohne Untersuchung des alten Materials (wie sieht es denn mit den alten Pfeilmaterial aus, wurden diese Pfeile/Waffen exakt nachgebaut) haben die wenigsten Tests eine historisch relevante Aussage.

Lord Bane
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Lord Bane » 17.04.2007, 20:41

Weitet das Thema doch aus (weg von DIESEM Buch) und beschreibt einfach mal, wie eben Pfeile, Spitzen und Befiederung sowie der Bogen beschafen waren.
Interessant fand ich die Darstellung im "Bogenbauer-Buch", dass es sich bei einigen Spitzen um kompliziertere Konstrukte gehandelt haben. Das Stichwort hierzu sei Sandwich-Bauweise.
Was ich mich frage ist, dass in Oberflacht , ich nenne es mal "spezielle Langbogen", 3 Bögen gefunden wurden mit einem individuellen Design. Ebenfalls wurde aber (im oben genannten Buch) darauf hingewiesen, dass es zur Merowingerzeit wohl auch D-förmige Langbögen existierten. Nun frage ich mich ja diese ganz dämliche, aber wahrscheinlich sehr interessante Frage, warum  es eigentlich 2 verschiedene Bogentypen gab (jeder Typ natürlich mit eigenen Vor- und Nachteilen).
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menhir
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von menhir » 17.04.2007, 21:18

"Wieso sollte er?
Wegen dem Fremdkörper im ohnehin zerstörten Muskelgewebe?
Oder weil der Fremdkörper unkontrolliert schlakkert und im Gebüsch raschelt,was das Aufspüren erleichtert?
Ich könnt mir aber beides nicht so recht vorstellen."

Schonmal einen Schiefer (in DT glaube ich unter "Spreißel" bekannt) im Finger gehabt? Tat doch so lange weh, bis man ihn rausgezogen hat...

Wenn man nun einen Pfeil ins ruhende Gewebe geschossen bekommt, bahnt der sich genau eine gerade Bahn hinein. Wenn man dann anfängt, die getroffene Stelle zu bewegen, is das überaus unangenehm. (Da dieser Wundkanal bewegt wird, in dem aber immernoch ein steifer Pfeil mit einer scharfen Spitze steckt. Dadurch werden dann die inneren Verletzungen noch erweitert.)

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Snake-Jo » 19.04.2007, 21:12

@Negley:  Tja, da liegst Du leider völlig falsch. Ich kenne Holger Riesch persönlich und habe erfahren, dass er sich gut mit Bogenschießen auskennt und selber schießt..
Viele der von Dir genannten "verqueren Theorien" sind wohl aus der Literatur recherchiert, ich habe selbst ähnlicher Sachen gelsen, z.B. B. Blunts für die Jagd auf Mumeltiere und Kaninchen und auf Eichhörnchen.
Ich habe das Buch hier stehen, muss ich mal nachlesen.  8)

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Peter O. Stecher
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Peter O. Stecher » 20.04.2007, 16:03

Snake Jo,

dann kennt er sich halt mit der Jagd nicht aus. Bluntspitzen sind, eigentlich klar, aufgrund der billigen Herstellung und weil bei der Jagd auf Kleinwild(Vögel) viele Pfeile verloren gehen die erste Wahl dafür.

Bei der Bogenjagd davon auszugehen dass man in der Gruppe jagte ist, abgesehen von treibjagdähnlichen Vorhaben, halt unrealistisch. Das mit dem Schmerz den die großen Spitzen verursachen und dass das dazu führt dass das Wild nicht mehr davonläuft, hat mir halt dann gereicht.

Fazit: Man kann auch aus Quellen falsche Interpretationen gewinnen.
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Trebron
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Trebron » 20.04.2007, 18:26

Karl-Heinz hat geschrieben:
Hab gerade das Buch von Holger Riesch durchgekaut.
Der Autor ist sicher kein Bogenschütze und hat davon wenig Ahnung. Vermutungen und völlig verquere Theorien sind da zu finden.


Das sind wir schon zwei.

K-H


.....aber die Bilder der Ausgrabungen und die Bögen, die Pfeilspitzen.... sind schon gut. was einem nicht gefällt, oder was man für falsch hält,  vergisst man eben. ;D

Gruß

Trebron
Zuletzt geändert von Trebron am 20.04.2007, 18:34, insgesamt 1-mal geändert.
Wer nur zur?ck schaut, sieht nicht, was auf ihn zukommt

angeblich ungarisches Sprichwort

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Eisi » 18.06.2007, 10:31

Jagd doch mal einem Hasen einen Jagdpfeil zwischen die Rippen. Wieviel Hase bleibt da noch? Mit einem Blunt kann ich ihm auch das Genick brechen. Dazu kommt noch, das Blunts einfach günstiger sind.

Beschußtests mit Pfeil und Bogen /Armbrust und Bolzen sind sowiso mit vorsicht zu genießen. Die Materialqualität war damals einfach eine andere.

projectionist
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von projectionist » 19.07.2007, 13:51

Ich habe das Buch gelesen und finde es eigentlich ganz gut.

Das mit den breiten Jagdspitzen steht in der "Wundballistik" - Dissertation von Mac Bumm auch in ähnlicher Art.
Breite Spitze => großflächige Wunde => viel Blutverlust => ...

Das mit den verschiedenen Schichten bei geschmiedeten Pfeilspitzen könnte auch ein schmiedetechnisches feature sein.
Wenn ich auf einem Stück Eisen/ Stahl herumhämmere, dann werden die oberen Schichten verdichtet während die inneren Schichten weniger davon mitbekommen.
Wenn man sowas als Sandwich-Bauweise bezeichnet, dann ist das eher eine unglückliche Wortwahl.


Und, weil oben über Infotainment-Sendungen diskutiert wurde:

Vor kurzem bei galieo. da rückten sie Pfeilmythen auf die Pelle.
Rüstungen durchschlagen, ... und Pfeile spalten, wie beim robin hood.
Womit haben sie geschossen?

-> mit Scheibenspitzen! Klar das ich mit einer Stricknadel kein stück Holz spalten kann.


Aber allem in allem halte ich das Buch "Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit" bedeutend besser als Infotainment-Programme.
Die Welt ist analog.

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