Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

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PeterR
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Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von PeterR » 10.03.2014, 20:24

Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Wie das ganze aussehen soll ? Keine Ahnung.
Aber eins weiß ich genau: Ich will eine Armbrust bauen !

Aber wie fängt man am besten an ?
Ok, Internetrecherche und zuerst mal schauen wie der Verschluss aussehen könnte. Schnell wird mir klar: es gibt zwei häufig verwendete Konstruktionen. „Nuss“ und „Schloss“. Also Nuss ? Aber wo bekomme ich einen 5 cm Rundstab aus Vollmaterial her ? Vielleicht doch lieber Schloss ? Wie muss da wohl die Mechanik beschaffen sein und vor allem wird sie die zu erwartende Zugkraft aushalten ? Ach ja, wie groß sind eigentlich die Zugkräfte ?? Fragen über Fragen.

Gefühlt ändere ich etwa 20 mal meine Entscheidung und lande schließlich bei der Schloss-Variante. Am besten erst mal auf Papier anfangen. Aufzeichnen, ausschneiden, mit Stecknadeln auf Styropor „pinnen“, ausprobieren, verwerfen und dann wieder von vorne.

Mittlerweile habe ich auch nahezu alle Baumärkte im Umkreis abgefahren und decke mich für Schloss und Abzug mit einer 8 mm Eisenstange ein. Leider ist die Stange nur 4 cm breit und ich muss die Form des Abzugs noch ein wenig anpassen, aber letztlich sieht es vielversprechend aus. Ok, Papier ist geduldig sagt man – also alles auf dünne Hartfaserplatten übertragen und die Bewegungsabläufe in der Praxis testen. Nach etwas Feintuning und ein paar Varianten später steht die geplante Konstruktion fest.

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Gerade der „Haken“ zwischen Abzug und Schloss erweist sich als sehr gut. Man muss schon mehrere Millimeter am Abzug ziehen, sodass der Kontakt zwischen den beiden lange gegeben ist, und das alles ohne dass sich das Schloss merklich nach vorne oder hinten bewegt. Das sollte doch ein Auslösen ohne Kraftaufwand ermöglichen, oder ?

Nun nur noch schnell die Formen auf das Metall übertragen, ausschneiden und fertig, oder ?
Ohjeh, wie man sich doch täuschen kann. Die Formen aus der 8 mm Eisenstange mal eben mit der Stichsäge ausschneiden ?? Gerade wird mir klar: Ich bin nun mal ein „Holzwurm“ und kein „Eisenbieger“. Doch mit viel Geduld und gar nicht mal so vielen abgebrochenen Sägeblättern liegen dann die Rohlinge vor mir auf der Werkbank.
Nun geht’s an die Feinarbeit. Die nächsten Stunden bieten mir ausreichend Möglichkeit, mehr über Metallbearbeitung zu lernen und meine Technik im Feilen deutlich zu verbessern.

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Prima, Haken und Abzug sind fertig, aber wo sollen sie hinein ?

Hinsichtlich des Materials für ein potentielles Gehäuse ist das Baumarkangebot wirklich ernüchternd. Ich finde einfach nichts Passendes. Zum Glück fällt mir noch der ortsansässige Wertstoffhof mit seinem gut gefüllten Metallcontainer ein und prompt werde ich hier fündig. Naja, das Gehäuse hätte zwar etwas dicker sein können, aber dafür lässt es sich einfacher schneiden und bearbeiten. Und 1 Euro halte ich für keine schlechte Investition.

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Um Schloss und Abzug innerhalb des Gehäuses Halt zu geben, entscheide ich mich mal wieder für die Holzvariante. Außerdem lässt sich hier auch eine Rückholfeder für den Abzug ganz gut verbauen.

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Die Mechanik ist also fertig. Und nun … ?

Ach ja, eine nicht ganz unerhebliche Frage: Wo bekomme ich denn eigentlich einen Bogen her ?
Mit dem Kennwort „Ersatzbogen Armbrust“ führt mich Google direkt zu www.armyshop-Dresden.de und ganz nach dem Motto „the bigger - the better“ entscheide ich mich für den 175lbs Bogen der Armbrustserie „Jaguar“. Sehne und Wachs auch gleich mitbestellt, kommt die Lieferung auch schon wenige Tage später zu Hause an. Was allerdings 175lbs wirklich bedeutet wird mir erst beim Aufziehen der Sehne klar. Auweihjah, ob das meine Mechanik wirklich aushält ? Und wie ist eigentlich die optimale Auszugslänge, in welcher Entfernung muss der Bogen denn zum Schloss eingebaut werden ?

Keine Ahnung von Theorie ? Also muss es die Praxis wieder richten. Bogen auf den Boden, beide Füße reinstellen und einige Male kräftig an der Sehne ziehen. Upps, ist das alles ? Gerade mal etwa 28 cm (maximale Entfernung der Sehne vom Bogen) sind machbar, mehr Kraft habe ich nicht. Da hatte ich aber mit mehr gerechnet. Na gut, dann wird eben die ganze Armbrust etwas kürzer als geplant. Auch erscheint mir der bereits gekaufte Pfeil (52 cm) etwas zu lang, der wird wohl vorne deutlich überstehen.

So, nun endlich wieder Holzbearbeitung !
In meinem Holzfundus finde ich ein schönes Stück Eschenholz, das ich mir beim Schreiner auf eine Stärke von 45 mm hobeln lasse. Um ein Gefühl für Länge, Form und Anordnung der einzelnen Komponenten zu bekommen, baue ich mir erst mal mit Pappe und viel Klebeband einen Rohling. Immer wieder korrigiere ich die Griffposition, diverse Abstände, Formen und Design und dann werden die Maße auf das Holz übertragen:

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Stichsäge, Bandschleifer, Dremel und Oberfräse - das sind einfach die wahren Werkzeuge. Und einige sägende, schleifende und staubige Stunden später sieht das ganze so aus:

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Zugegeben, die Form ist vielleicht etwas eigenwillig, aber es sollte nun mal nicht „normal“ sein. Um den Bogen zu fixieren verwende ich zwei „Einschraubgewinde“. Innen Metall-, außen Holzgewinde. Damit der Fieberglasbogen nicht beschädigt wird, schiebe ich sicherheitshalber noch eine dünne Metallplatte zwischen Schrauben und Bogen, dann aber wird ordentlich zugedreht.

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Da auf nahezu allen Bildern von Armbrüsten ein Halter für die Fixierung der Pfeile zu sehen ist, darf der bei mir natürlich auch nicht fehlen. Also wieder ab in die verschiedenen Baumärkte. Durch Zufall entdecke ich „Tischdeckenhalter“. Das sind diese mit einer Feder verbundenen Metallwinkel, die eigentlich kein Mensch braucht, quasi Ladenhüter. Egal, ich habe endlich meinen Halter aus Federstahl gefunden!

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Mit viel bohren und fräsen arbeite ich einen Schacht aus, in den ich das mittlerweile schwarz lackierte Gehäuse mit der Mechanik stecken kann. Zwei durchgehende Schrauben - natürlich an solchen Stellen, wo weder Abzug noch Schloss in ihrer Funktion gestört werden - und fertig ist der Einbau. Das Ganze sitzt prima und macht einen guten Eindruck. Aber wird die Mechanik die Sehne auch wirklich zuverlässig halten ? Und wieder wird es erst die Praxis zeigen …

Ich habe mir sagen lassen, „man darf auf seinem eigenen Grundstück eine Armbrust abschießen, solange der Pfeil das Grundstück nicht verlässt“. Eine sehr gelungene Formulierung eines Frankonia-Mitarbeiters, wie ich finde …

Um etwaige Katzen aus der Nachbarschaft nicht zu gefährden, fahre ich für „das erste Mal“ dann doch lieber zum Ortsrand auf ein freies Feld. Etwas aufgeregt spanne ich die Sehne. Ja, da ist wirklich einiger Kraftaufwand nötig, aber die Sehne rastet zuverlässig im Schloss ein. Auch beim Einlegen des Pfeils kommt es zu keiner vorzeitigen Entladung. Ohne jegliches Zielen, einfach die Armbrust mal leicht nach oben gehalten, drücke ich ab. Flopp. Ein herrliches Geräusch ! Fasziniert schaue ich dem Pfeil hinterher. Die Flugkurve ist beeindruckend und die zurückgelegte Entfernung mehr als ordentlich. Aber schon nach dem zweiten Schuss packe ich das Gerät lieber wieder ein, schließlich möchte ich bei den Spaziergängern nicht weiter unangenehm auffallen.

Zwischenzeitlich habe ich noch ein einfaches Zielfernrohr (www.kotte-zeller.de) und einen umklappbaren Fußbügel verbaut, der ein vernünftiges Spannen erlaubt. Und so sieht die Armbrust nun final aus:

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Fazit:
Der Bau hat mir super viel Spaß gemacht. Ich war tagelang gedanklich gefesselt und fasziniert, habe immer wieder für kleine Problemchen kreative Lösungen gefunden und kann abschließend voller Stolz sagen:
JA, ICH HABE EINE ARMBRUST GEBAUT !

Aber was ich meiner Frau bis heute noch nicht erklären konnte:
WARUM eigentlich ?


Peter ;)
Zuletzt geändert von PeterR am 10.03.2014, 22:24, insgesamt 3-mal geändert.

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Geoffrey (✝)
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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Geoffrey (✝) » 10.03.2014, 20:46

Boah ey, wat'n toller Beitrag. Und das als Erstlingswerk. Zumindest hier im Forum. Ganz große klasse.Liest sich gut. Und bei Licht besehen sind das ja sogar zwei Erstlingswerke. Nämlich der Beitrag und die Armbrust. Ich bin sehr beeindruckt.

Und: Willkommen bei FC.

Geoffrey

PS: Eine Antwort auf die Frage nach dem WARUM könnte sein: "Mich war grad so..." :D
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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von klaus1962 » 11.03.2014, 08:09

Ja, da kann ich mich nur anschließen.
Absolut toller Einstiegsbeitrag. :) :) :)

Auch von mir ein herzliches Willkommen im FC.

Die AB sieht sehr gelungen aus.
Vorallem die Mechanik finde ich in ihrer bestechenden Einfachheit super.
Auch daß Du alles in fast purer Handarbeit aus "Alltagsmaterial" herausgearbeitet hast, ist eine reife Leistung. 8)

Allerdings wundert mich, daß sich der Abzug mit einem Finger ziehen läßt. Der Haken zwischen Abzug und Halteriegel erscheint mir etwas zu schräg (hakelig).

Gruß
Klaus

PS: den Haltefinger würde ich noch etwas mehr abrunden. Die Sehen wird es Dir danken. ;)

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von PeterR » 15.03.2014, 19:17

Hallo Geoffrey und Klaus,
Danke für das herzliche Willkommen !

@Klaus:
Beim Abzug hatte ich die gleichen Bedenken wie Du, aber gerade da habe ich sehr viel an meinem Modell „gefeilt“. Der sehr schräge Winkel hat sich tatsächlich erst in der Praxis ergeben. Vielleicht kann man es auf meinen ersten beiden Bildern nicht ganz so gut sehen, aber durch die Drehbewegung (Lage der Achse) gleitet der Abzug am Halteriegel entlang ohne dass dieser seine Position verändert. Keinesfalls muss die Sehne vor dem Auslösen noch zusätzlich gespannt werden, diese Kraft könnt man sicherlich nur schwer mit dem Zeigefinger aufbringen. Wie viel Gramm es genau sind kann ich dir leider nicht sagen, aber es wäre wohl auch ein Auslösen mit dem kleinen Finger noch gut machbar.
Den Tipp bezüglich Abrunden des Haltefingers nehme ich gerne auf und werde es gleich angehen.
Danke !

Gruß, Peter

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Arry » 16.03.2014, 10:37

PeterR hat geschrieben: JA, ICH HABE EINE ARMBRUST GEBAUT ! Aber was ich meiner Frau bis heute noch nicht erklären konnte:
WARUM eigentlich ?

Hehe, vermutlich lautet die Antwort darauf: Weil Du es KONNTEST.
Glückwunsch zu diesem fulminanten Einstieg!
Wenn ich groß bin, will ich ne richtige Werkstatt.

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Rizzar » 16.03.2014, 11:46

Finde den Einstieg auch überaus gelungen!

Was den Bogen angeht sollte man sich aber definitiv an die Herstellervorgabe halten, zu wenig Spannnung merkt man im Endeffekt deutlich.
Und zu viel sicherlich auch...

Insbesondere eine Seilspannhilfe schadet ja nicht bei so einem modernen custom Modell, so kann man mit wenig Zusatzgewicht sehr bequem höhere Lasten spannen.

Sehr witzig, obwohl im ersten Moment verstörend, finde ich die Bast/Rindenschicht am unteren Bereich der Schulterstütze.


Gruß Rizzar

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von PeterR » 16.03.2014, 22:35

Hinsichtlich der Auszugslänge hätte ich mich gerne an die Herstellerangaben gehalten, konnte sie aber während der Bauzeit nicht in Erfahrung bringen.

Wenn auch jetzt natürlich zu spät, dennoch die Frage an alle: Kennt jemand die optimale Auszugslänge für den 175lbs Bogen einer Armbrust der Serie „Jaguar“ ?

Gruß, Peter

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Squid (✝) » 16.03.2014, 23:05

Die Armbrüste Panther, Jaguar, Barnett Commando und Barnett Panzer I und II sind alle gewissermaßen eine Familie. Die Jaguar ist z. B. 'ne Fernostversion der Panzer. Daher haben die 175er Glasfaserbögen auch die gleichen Abmessungen.
Spontan nachgemessen bei meiner Panzer (mit einem 175er Commandobogen) sind es gut 14" von Vorderkante Bogen bis zur Nuss. Das Ding würde aber auch 15" vertragen, denn so weit wird er im Endeffekt ausgezogen, bevor er einrastet und dann wieder 2 cm nach vorne rutscht.
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 17.03.2014, 00:49, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von PeterR » 16.03.2014, 23:18

Danke Squid für die schnelle Rückmeldung.

Es scheint als ob ich 5 cm "verschenkt" habe, schade!

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Re: Der Bau der ersten Armbrust - Ein Erlebnisbericht

Beitrag von Squid (✝) » 17.03.2014, 11:44

Macht nix.
1. Der Bogen hält länger
2. Sie ist leichter zu spannen
3. Der Prellschlag beim Abschuss ist geringer --> Sie ist genauer und die Optik wird nicht so geschüttelt
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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