Bolzenbefiederung aus Weide

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Murphys Law
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Murphys Law » 13.07.2011, 16:44

Sehr hübsch!

Für meine ungeübten Augen wirkt der Winkel der Spitze etwas stumpf. Sind die absichtlich so, oder dem Herstellungsprozess geschuldet?

Gruß,
Karl.

Theudebald2
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Theudebald2 » 13.07.2011, 18:18

@Murphys Law

Der stumpfe Spitzenwinkel ist dem nicht so tiefen Eindringen in die Scheibe geschuldet.
Das sind reine Scheibenbolzen.

Gruß Theudebald

lonbow
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von lonbow » 14.07.2011, 12:59

Tolle Bolzen!
Ich habe eine Idee, weshalb für die Bolzenbefiederung oft keine echten Federn genommen wurden. Wenn ein Bolzen mit echter Befiederung von einer starken Armbrust abgeschossen wird, legen sich die Federn aufgrund der hohen Geschwindigkeit wahrscheinlich nah an den Zain. Die Fläche der Federn ist nun so klein, dass kein gerader Flug mehr möglich ist. Der Bolzen taumelt. Das würde auch erklären, weshalb bei Jagdbolzen teils echte Federn verwendet wurden, denn für die Jagd wurden denke ich keine besonders starken Armbruste verwendet. Die Abschussgeschwindigkeit reicht also nicht, um den Bolzen beim Flug zum Taumeln zu bringen.
Das ganze ist nur eine Vermutung und ich weiß auch nicht, ob sich Federn beim Pfeilflug wirklich so verhalten, wie ich angenommen habe. Aber vielleicht hat jemand von euch schon praktische Erfahrungen gemacht.

viele Grüße,

David

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Heidjer
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Heidjer » 14.07.2011, 13:29

@ Lonbow,
nein das wird sicher nicht der Grund gewesen sein! Ein Armbrustbolzen ist nur unwesentlich schneller als ein Pfeil vom Langbogen. Er ist im besten Fall 20% schneller. Das liegt einfach daran das eine Armbrust auch nur ein Bogen ist! ;)
Die Physik von sich beschleunigenden Wurfarmen läßt sich nicht umgehen, auch wenn das Geschoss im Verhältnis zur Bogenkraft sehr leicht ist, wird es nur unwesentlich schneller. Das liegt an der Leerschussgeschwindigkeit, der maximalen Schnellkraft des Bogens ohne Geschoss. Auch der zum Bogen kürzere Beschleunigungsweg ist eher von Nachteil.

Für die Verwendung von Holz und Leder als Befiederung gibt es für mich zwei praktische Gründe.
1. Die größere Masse, bei kurzen Bolzen braucht man nicht am Gewicht zu sparen, würde man wie bei Pfeilen alles tun um Gewicht zu sparen, bekommt man eher ein Problem mit zu leichten Bolzen.
2. Die Lagerfähigkeit, stellt man die Bolzen aus abgelagerten Holz her, dann kann man die fertigen Bolzen ohne Probleme dutzende von Jahren in einen Arsenal oder einer Waffenkammer einlagern! Pfeile für Bögen müßen gepflegt werden, sie verziehen sich viel stärker und die Federn werden von Motten und Milben abgefressen!

@ Theudebald,
die Bolzen gefallen mir, sind Dir gut gelungen. ;)


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

lonbow
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von lonbow » 14.07.2011, 14:02

Ich denke, dass du mit der Lagerung und der Pfeilmasse schon recht hast, Dirk! Auch ist ein Bolzen keineswegs schneller, als ein Pfeil, der von einem starken Kompositbogen abgeschossen wird. Trotzdem Hat ein Bolzen eine andere Form, wie ein Pfeil. Der Pfeil ist etwa doppelt so lang, wie der Bolzen und hat eventuell dadurch von Grund auf eine bessere Flugstabilität, da der Schwerpunkt des Pfeils weiter von der Befiederung entfernt ist, als bei einem Bolzen. Der Unterschied ist denke ich einfach die Länge.

Theudebald2
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Theudebald2 » 14.07.2011, 19:45

@lonbow,Dirk M

Es freut mich immer wieder,daß solche Fragen überhaupt gestellt werden.
Genau das ist auch der Grund ,warum ich überhaupt mit dem Armbrustbau
angefangen habe.
Einiges hab ich schon durch den Gebrauch erfahren,aber Fragen wie z.B.
Nuss aus Geweih obwohl fertigungstechnisch auch Stahlnüsse möglich waren
oder eben die Frage mit der Holzbefiederung ist für mich noch unklar.

Ich habe die Streuungsversuche mit einem graugansbefiederten 40 g Bolzen durchgeführt.
Mit holzbefiederten Bolzen hab ich bisher nicht auf Genauigkeit geschossen-also kein Vergleich !

@lonbow
Das mit dem früheren Beginn der Rotation bei Holzfedern, finde ich gar nicht abwegig.
Der kurze Bolzen hat das nötig ,der lange Pfeil stabilisiert sich leichter da genügen die Federn.


Ich habe bisher mit dem graugansbefiedertem 40 g Bolzen 400 Schuss getan ,der Bolzen ist 7 Jahre
alt.Er ist zigmal unter die Grasnarbe gezischt und hat Blechbüchsen durchschlagen.
Also die Haltbarkeit scheint nicht gegen die Vogelfeder zu sprechen.Insbesondere nicht wenn diese
Federn in einer Nut sitzen.

Grüße Theudebald

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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Theudebald2 » 15.07.2011, 20:00

Heute hab ich die neuen Bolzen probegeschossen !

Zunächst eine einzige Enttäuschung !
Da hat sich gar nichts von Anfang an stabilisiert -die eierten gewaltig !
Diese Paddel waren für den 35 g Bolzen einfach zu mächtig.
Jetzt weis ich aber auch,daß sich Weidenflügel sogar mit den Taschenmesser
prima bearbeiten lassen.
Ich habe "im Feld"die Flügel um mindestens 40 % reduziert mit dem Ergebnis daß
sie dann suboptimal flogen.
Dann lies sich plötzlich der Kegel nicht mehr rasten.Eine kleine Blattfeder im Schloß
hat sich aus ihrer Klemmung gelöst .Die Reparatur erfolgte auch im Feld,sonst
hätte ich heimfahren können.
Zu Haus hab ich nach einer Lehre alle Flügel gleich geschliffen.

Ich meine jetzt gehts.
Dateianhänge
IMG_6043.JPG
IMG_6039.JPG

lonbow
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von lonbow » 15.07.2011, 21:24

Hm schade, dass es nicht so gut geklappt hat! Haben deine Nuten schon eine Rotation in sich, oder ist der Winkel durchgehend 1°? Denn bei Befiederungsgeräten für Pfeile (Bogen) werden die Federn so angeklebt, dass sie am vorderen Ende parallel zum Schaft verlaufen und erst nach hinten eine Rotationsbewegung haben. Es gibt auchein Bild von einer Nut-Lade aus der Löffelholzhandschrift, auf dem man sehen kann dass der erzeugte Schlitz eine Rotationsbewegung hat. Vielleicht gibt das dem Bolzen Stabilität.

viele Grüße,

David
Dateianhänge
aus WKK 1937-39.3a kl.jpg
Schon die Führung der Lade sieht leicht verdreht aus...

Theudebald2
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Theudebald2 » 15.07.2011, 21:59

@lonbow

Wo hast Du denn das tolle Bild her ?

Auch die Museumsbolzen (Bild weiter vorn) sehen so aus als ob die Nut erst weiter
hinten in einen Radius abbiegt.

Der Winkel bei meinen Nuten ist durchgehend 3/4 grad.

Ich bin trotzdem zuversichtlich - die Bolzen zum optimalen Fliegen zu
bringen.

Die eingeleimten Flügel sind ja zunächst auch nicht unbedingt rotationssymmetrisch.
Die Optimierung im Fertigzustand (siehe die Lehre)gehört zur Methode.

Ich frage mich nur wozu die überhaupt mit Holz befiedert haben ,wo doch
ein graugansbefiederter Bolzen so sauber fliegt.

Vielleicht fliegen die mit den 2dimensionalen (krummen)Nuten noch besser.

Gruß Theudebald

lonbow
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von lonbow » 15.07.2011, 22:28

@Theudebald

das weiß ich leider nicht mehr! Ich bin bei Bilderrecherchen auf ein paar englischsprachige Foren mit vielen Bildern gestoßen, die ich dann bei mir auf dem Computer gespeichert habe. Aber im Hornbogenarmbrustbuch wird sie auch kurz erwähnt.

Wie hoch ist das Zuggewicht deiner Armbrust? Ich könnte mir vorstellen, dass eventuelle Vorteile der Holzbefiederung erst bei sehr hohen Zuggewichten von Kriegsarmbrusten zur Geltung kommen. Jagdbolzen gibt es ja mit Gänsebefiederung, zum Beispiel in München.

Grüße,

David

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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Theudebald2 » 15.07.2011, 23:21

@lonbow

Es sind bei dem neuen Bogen um die 200 Kp .

Ich muß-sobald ich eine Waage haben -nachmessen !

@Andreas
ich hab mir das Jahrblatt 2010 mit Deinem Beitrag zur Wirksamkeit mittelalterlicher
Armbrustgeschosse noch mal angeschaut und sehe erst jetzt ,daß diese Bolzen
auch weidenbefiedert sind und die Form dieser Federn mit der Form meiner Federn
(nach Optimierung)übereinstimmt.
Kannst Du mir über den Federnutverlauf, welcher auf den Bildern nicht zu sehen ist,
was berichten ?

Ich bin hinsichtlich Holzbefiederung noch Lehrling und habe gestern erfahren müssen,
daß im Bolzen mehr Know How steckt als man gemeinhin vermutet.

Gruß Werner

Theudebald2
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Theudebald2 » 16.07.2011, 15:20

Hab heute nochmals über 50 Schuss auf 40 Meter getan um die Bolzen zu optimieren !

Die Bolzen sind zu kurz ,zu leicht oder von der Flügelneigung her ungünstig
oder alles zusammen -sie fliegen nicht sauber.

Das wird so nichts - bitte nicht nachmachen !

Ich werde nun alles was sich in der Vergangenheit bewährt hat -das sind insbesondere
die versenkte Graugansbefiederung und ein Zain aus Alu in einem Bolzen vereinen
um mit diesem Bolzen das Schiessen übers das neue Visier zu üben.

Erst danach versuche ich weiter gute Bolzen nach historischem Vorbild zu fertigen.

Manchmal gehts halt rückwärts !

Gruß Theudebald

shortRec
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von shortRec » 16.07.2011, 15:28

Das ist schade. Aber so laufen eben Experimente.

Noch eine kleine Frage: sind die Spitzen an den Bolzen nicht zu leicht?

elric
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von elric » 16.07.2011, 16:05

Alternativ kannste natürlich noch mit Pergament experimentieren....

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Heidjer
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Re: Bolzenbefiederung aus Weide

Beitrag von Heidjer » 16.07.2011, 17:23

Hallo Theudebald,
na dafür macht man doch solche Versuche, dümmer ist man hinterher auf jeden Fall nicht. ;)
Aber ich bin auch der Meinung das die Spitzen eventuell zu leicht sind, bzw das Bolzenende zu schwer ist. Bei Pfeilen für den Bogen sprechen wir vom FOC (Forward of Center) wenn wir vom Schwerpunkt des Pfeiles reden. Bei Standartpfeilen wird ein FOC von 8% - 10% angestrebt, das heißt der Schwerpunkt (Balancepunkt) des Pfeiles sollte wenigstens 8% vor der geometrischen Mitte des Pfeiles liegen. Nur so stabilisiert sich der Pfeil nach dem Abschuß schnell genug um etwas damit zu treffen. Bogenjäger die nicht auf Distanz schiessen, sondern auf kurzer Entfernung sauber treffen wollen, bevorzugen einen noch höheren FOC von 15% oder noch mehr. Das hat dann aber den Nachteil das der Pfeil sehr Kopflastig wird und der Pfeil stark Balistisch und damit nicht weit fliegt. Daher kommt auch der Ausspruch "Eine schwere Spitze zieht den Pfeil schon gerade" oder "ins Ziel". Im Umkehrschluß werden für das Flightschiessen (geht nur um Reichweite) ein FOC von nur 1% oder 2% genommen, der Pfeil braucht zwar erheblich länger um sich zu stabilisieren, dafür liegt er dann aber länger gerade in der Luft und fliegt so ein paar Meter weiter.

Mein Tip lautet also, teste mal schwerere Spitzen!


Gruß Dirk
Ein Pfeil, den Schaft gemacht aus der Pflanzen hölzern Teil, versehen mit eines Vogels Federn und einer Spitze, aus der Erde Mineral, wird von der Natur gern zurückgenommen.

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