kyujutsu?

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Re: kyujutsu?

Beitrag von Kyujin » 28.06.2011, 21:24

Daemonday hat geschrieben:Mol unterrichtet meines Wissens nach nicht sondern forscht nur. Wenn doch dan irgendwo in Belgien da wohnt er auch.

Und einen Lehrstuh zu haben ist ja wohl kein notwendiges Kriterium um ,,seriöse, akademisch Fundierte Fachliteratur´´ zu schreiben.


Nicht notwendig, auch nicht zureichend, aber es hilft.

Notwendige Kriterien:
Zunächst einmal sollte man das Fach mit Abschluß studiert haben.
Zum anderen sollte in einer akademischen Institution mit dem Thema arbeiten. Das nennt man dann "forschen".
Zun dritten sollte man als Dokumentation für die Resultate dieser Forschung wissenschaftlicher Publikationen in Fachzeitschriften (Stichwort peer review) vorweisen können.
Hat man das lange genug gemacht, kann man wenigstens eine Promotion voraussetzen.
Schreibt man dann Fachbücher, werden die in akademischen Verlagen, zum Beispiel in Universitätsverlagen, publiziert.

Daemonday hat geschrieben:Ich verstehe dein Problem immernochnicht,


Das sehe ich.

Daemonday hat geschrieben:Wie gesagt Friday ist in seinem Bereich (vorallem KSSR) eine Größe mit der man rechnen muss, aber dadurch auf alle anderen Ryuha zu schließen ist naiv.


Fridays Spezialgebiet ist das japanische Mittelalter.
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 28.06.2011, 22:11

Du hast aber eine etwas verzehrte Sicht der Dinge.
Also ersten ist nicht jeder Fachman gleichzeitig studiert. Und es ist auch nicht ein akademischer Verlag garant für einwandfreie Arbeit.
Es gibt im Bereich Archeologie Und Geschichtskunde sehr viele wichtige Erkenntnisse die nicht von Akedemikern erzielt wurden.

Und geht es um Handwerk und handwerkliche Erzeugnisse (z.b. Bögen, Rüstungen Schwerter usw.) ist ein Schmied, Plattner oder Bogenbauer die deutlich bessere Adresse als ein Japanologe. Den letztere haben in dem Bereich schon mehr als einmal Bockmist verbreitet.

Friday´s Spezialgebiet ist davon abgesehen nicht das japanische Mittelalter als ganzes sondern nur die Geschicht der Ryuha und da vorallem die Geschichte der KSSR.

Lg
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Kyujin » 28.06.2011, 23:29

Daemonday hat geschrieben:Du hast aber eine etwas verzehrte Sicht der Dinge.


Verzehrt? Gegessen!

Daemonday hat geschrieben:Also ersten ist nicht jeder Fachman gleichzeitig studiert. Und es ist auch nicht ein akademischer Verlag garant für einwandfreie Arbeit.
Es gibt im Bereich Archeologie Und Geschichtskunde sehr viele wichtige Erkenntnisse die nicht von Akedemikern erzielt wurden.

Und geht es um Handwerk und handwerkliche Erzeugnisse (z.b. Bögen, Rüstungen Schwerter usw.) ist ein Schmied, Plattner oder Bogenbauer die deutlich bessere Adresse als ein Japanologe. Den letztere haben in dem Bereich schon mehr als einmal Bockmist verbreitet.


Du versuchst das Thema zu wechseln. Es ging um Mols wissenchaftliche Qualifikation und du hast behauptet

Daemonday hat geschrieben:Hmm Serge Mol ist Japanologe mit Fachbereich Koryu Bujutsu


ohne dafür irgendwelche Belege anführen zu können. Er behauptet das nicht einmal selbst.

Meine Schlußfolgerung bisher: Mol ist weder Japanologe, noch schreibt er "seriöse, akademisch fundierte Fachliteratur".

Und auch seine praktische Beschäftigung mit koryū ist mehr als umstritten. Rekonstruierte Neuschöpfungen, Figuren wie Tanaka Fumon. Nicht gerade Empfehlungen.

Daemonday hat geschrieben:Friday´s Spezialgebiet ist davon abgesehen nicht das japanische Mittelalter als ganzes sondern nur die Geschicht der Ryuha und da vorallem die Geschichte der KSSR.


Wie bitte?

http://www.uga.edu/history/people/people.php?page=11
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 29.06.2011, 00:19

Verzehrt? Gegessen!

Sich über Legastheniker lustig zu machen wenn sie nen Schreibfehler machen ist schon ne ganz große Kunst.

Du versuchst das Thema zu wechseln.

Ehm nö ich habe es einfach nicht beantwortet weil ich nicht sofort einen Beweis zur Hand habe. Ich gebe zu über Mol findet man weit weniger im Netz als über Friday.

noch schreibt er "seriöse, akademisch fundierte Fachliteratur"
Über das Akademisch kann man sicher noch reden, aber was ist den bitte unseriös oder undfachlich? Nochmal hast du seine Bücher gelesen?


Und auch seine praktische Beschäftigung mit koryū ist mehr als umstritten. Rekonstruierte Neuschöpfungen, Figuren wie Tanaka Fumon. Nicht gerade Empfehlungen.

Auch das ist so ne Sache. Tanaka Fumon ist nicht unumstritten ja. Aber das liegt eher an der nachweisbarkeit und weil er ein Multisoke ist, was in Koryu Kreisen allgemein sehr ungern gesehen wird.

Das mit den rekonstruierungen ist so eine Sache:
Man kann sich bei keiner Ryuha sicher sein das das was heute gelehrt wird auch das ist was der Gründer damit bezwecken wollte. So schauts im übrigen auch auserhalb Japans aus. Thalhofer und Lichtenauer sind auch nur rekonstruiert.

Wie bitte?

So nochmal only for you:
Friday ist eine Koryphäe wenn es um die Geschichte der Ryuha geht. Insbesondere der Kashima Shin Ryu (KSSR). Ja er hat auch unmengen Wissen über das japanische Mittelalter im allgemeinen trotzdem bleibt sein Fachbereich die Geschichte der Ryuha.
Oder glaubst du ernsthaft er hätte sich in jede noch existierende Ryu hineingearbeitet? sowohl Theoretisch als auch praktisch?

Und wie ich schon sagte kann man nicht von Fridays Arbeit auf alle Ryuha schließen und so wie ich das verstanden habe hat er das auch nie behauptet.

Lg
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Markus » 29.06.2011, 07:58

Ein interessanter Streit. Ich bitte Euch und alle Schreiber hier, Quellenangaben (wie exakt auch immer) zu benutzen und seien es "nur" Verweise auf Seiten im Netz, deren Wahrheitsgehalt man evtl. nicht überprüfen kann. So sollten die Argumente des Anderen verständlicher werden.
Allgemeine Aussagen hatten und haben wir hier im Forum leider allzuviele.
Ich selbst kenne die hier angesprochenen Autoren nicht und denke, dass es einigen anderen Lesern ebenfalls so geht.

Danke.
Markus

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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 29.06.2011, 13:23

Erm...
ich kann hier Markus leider nicht ganz zustimmen.
Ist der Streit interessant? Hmmm...

Man kann Kyujin's akademisch fundieres Wissen nur bewundern und dass man nicht alles un-hinterfragt akzeptiert ist auch ok aber das Gespräch hier wird von Post zu Post hässlicher.
Ich finde es nicht gut dass z.B. Schreibfehler zur Argumentation herbei gezogen werden...
Es trägt nichts zum Gespräch bei.

Daemonday beruft sich halt auf Serge Mol...
Der Verweis dass Micha etwas bei Mol gelesen hat sollte ausreichen - man kann nicht verlangen dass er den Beleg belegt...
Wenn Mol nicht als "seriös" anzusehen ist dann bitte erst mal darlegen warum und dann vielleicht Mol's Aussage bez. Ryu-ha widerlegen.

In wieweit ist Mol nun unseriös?
Mag sein ein Serge Mol kann mit einem Karl Friday nicht konkurieren aber Mol befasst sich nun doch schon eine Weile mit Budo, er lebte in Japan und hat anscheinend engen Kontakt mit japanischen Meistern genossen...
Ok er ist "Laie", er hat keine akademischen Qualifikationen in dem Feld über das er schreibt. Man muss Mol wohl schon mit dem Wissen lesen dass er eben ein "begeisterter Laie" ist und dass er halt auch Bücher verkaufen will etc...
Und er schreibt eben aus seinem eigenen Üben heraus.
Muss deshalb alles was er sagt falsch oder erfunden sein?

Hier wird auch viel was Inagaki sagte niedergeschrieben - ungeprüft... evtl macht Mol das selbe mit seinen Lehrern denen er vertraut... Ich frage nur... :-[ ... woher kommt die Aussage man könne nichts was Mol sagt ernst nehmen...?
Mol beruft sich ja z.B. auf seine Lehrer... taugen die auch nix...?
Nur eine Frage... die Tasache Dass Mol kein Stanford Professor ist alleine kann's doch wohl nicht sein...

Wenn Mol nicht recht hat was war denn dann die erste Ryu-ha und wer hat sie gegründet?
Mich würde es wirklich interessieren.

@Kyujin,
offtopicsorry...
Sorry nochmal für all meine Freakouts der letzten Zeit.
Du befasst dich auf einem ganz anderen Level mit den Themen und ich kann mir gut vorstellen dass unsere dilettantischen Gespräche hier Dich nerven.
Ich bewundere Deine akademisch fundierte Art dich mit dem Thema zu befassen sehr aber man muss einfach auch dem Rechnung tragen dass Du hier unter enthusiastischen Amateuren schreibst die oft keine akademischen Ambitionen haben.

Gruss,

Mark

Also zurück zum Thema...
Zuletzt geändert von shokunin am 30.06.2011, 06:36, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 29.06.2011, 20:29

@Markus
Ich selbst kenne die hier angesprochenen Autoren nicht und denke, dass es einigen anderen Lesern ebenfalls so geht.

Karl F. Friday ist ein Professor der Universität von Georgia der vorallem im Bereich Japanische Geschichte unterweg ist. http://www.uga.edu/history/people/people.php?page=11
Die Hp hat Kyujin schon verlinkt aber ist auch so ziemlich das Informatiefste zum Thema Friday.
Im Gegensatz zu vielen anderen Japanologen ist Friday ein Praktiker. Das heißt er betreibt selber Kampfkünste und unternimmt auch schon einmal den einen oder anderen Feldversuch.

Zu Serge Mol gibt es nicht sehr viele Infos im Netz, außer den Verlag der seine Bücher vertreibt und einige Diskusionen in Foren.
http://eibusha.com/Site/Books.html
Serge Mol ist selber auch Praktiker und lernt unter anderem unter Tanaka Fumon. Das Buch Classical Weaponry of Japan ist DAS beste Werk zum Thema unkonventionele Waffen im antiken Japan.

Tanaka Fumon ist Oberhaupt mehrer japanischer Schulen. Das alleine ist in Japan schon nicht gerne gesehen dazu kommt dan auchnoch das einige Schulen nicht verifizierbar sind.
Fairerweise sollte man aber anmerken das dies auf viele Schulen zutrifft die vor der Edo Periode gegründet wurden.
http://taikijyuku.com/en/index.html

@Shokunin
I
st der Streit interessant? Hmmm...
Es scheint momentan einzig darum zu gehen wer den grösseren Professor hat

Da hast du recht und das tut mir leid.

Wenn Mol nicht recht hat was war denn dann die erste Ryu-ha und wer hat sie gegründet?
Mich würde es wirklich interessieren.


Das Problem war ja die Kernaussage das die erste Ryuha von der Texte, Verweise usw. erhalten sind die Bogenschule von Prinz Shotoku Taishi (574 - 622) war.

Kyujin erwiederte das Friday sagen würde das es die Ryuha ers seit dem Ende des 15.Jahrhunderts geben würde. Und das hat Friday so nicht geschrieben und ist auch sonst Käse.
Es ist richtig das sich im Ende des 15 Jahrhundert ein Wandel in den japanischen Schulen abspielte, der dan in der Edo Zeitalter zu der uns bekannten form der Ryuha geführt hat.
Aber nur weil etwas später verändert wurde heißt das ja nicht das es nicht früher schon in einer anderen Form exestiert hat.

Noch dazu hat Kyujin ja selber gesagt das Shotoku Taishi massgeblich an der Bildung des japanischen Staates, durch einführung chinesischer traditionen, beteiligt war. Und in China gibt es schon sehr viel länger Kampfkunstschulen die einer Ryuha garnicht unähnlich sind.

Da es diese Schule aber heute nichtmehr gibt, und es außer den Verweisen auf sie kaum Texte gibt ist nicht klar welchen Rahmen diese Schule hatte.

Lg
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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 30.06.2011, 07:15

@Daemonday
danke für Deine Ausführungen

Ist es evtl eine Frage der Terminologie...?

Man kann annehmen dass jeder Fürst der ein Heer hatte auch Ausbildungsstätten hatte - mit Lehrern, Übungsregime,...
Dort wurden sicher alle möglichen Waffengattungen trainiert - auch Bogenschiessen.
Die Samurai schienen ja in ihren Stand hinein geboren zu sein es gab sicher (spekuliere ich jetzt mal...) sehr früh schon "Traditionen" in den Kampfkünsten.
Wenn man also "Taditionen" und regionale Truppen zusammen nimmt hat man faktisch wohl schon "Schulen" könnte man meinen.
Der Begriff "ryu" mag jünger sein. Ist es möglich dass es Schulen gab aber eben der Begriff Ryu-ha erst im 15.Jhd entstand?

Interessant vielleicht auch die Frage wieso...
Fand ein Umbruch in der Organisation der Kampfkünste statt, oder änderte sich vielleicht die Sichweise unter der sie gesehen wurden?
Ging das evtl mit der Einführung von Feuerwaffen einher?
Kann es sein dass radikale Änderungen in der Kriegsführung eine Veränderung der klassischen Kampfkünste mit sich führten?
Man hatte plötzlich leicht zu bedienende Distanzwaffen die mit minimalem Trainingsaufwand mit jeder anderen Waffe konkurieren konnten. (ok, es dauere bis man wirklich verlässliche Schusswaffen hatte aber dennoch...)

Kann es sein dass die Formalisierung der Kampfkünste und später eine gewisse Abstrahierung vom taktischen Einsatz auf dem Schlachtfeld eben daher kam dass sie langsam obsolet wurden und dass die Entstehung des Begriffes der Ryu-ha eben das bezeichnet - die Entwicklung der Kampfkünste zu "Lehren", zu "edlen Künsten",... eher als militärisches Training das ja sicher seit ur-her statt fand?

Was bezeichnet der Bergriff Ryu-ha eigentlich genau?
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 30.06.2011, 10:37

Man kann annehmen dass jeder Fürst der ein Heer hatte auch Ausbildungsstätten hatte - mit Lehrern, Übungsregime,...
Dort wurden sicher alle möglichen Waffengattungen trainiert - auch Bogenschiessen.

Ja das kann man annehmen, alles andere wäre ja auch Käse.

Die Samurai schienen ja in ihren Stand hinein geboren zu sein es gab sicher (spekuliere ich jetzt mal...) sehr früh schon "Traditionen" in den Kampfkünsten.

Das mit den Samrai ist da wieder das Problem da sich die Bedeutung des Begriffes über die Jahre geändert hat und damit auch die dazugehörigen Regeln. Aber pauschal könnte man das so sagen

Wenn man also "Taditionen" und regionale Truppen zusammen nimmt hat man faktisch wohl schon "Schulen" könnte man meinen.
Der Begriff "ryu" mag jünger sein. Ist es möglich dass es Schulen gab aber eben der Begriff Ryu-ha erst im 15.Jhd entstand?

Also der Begriff Ryu wird schon früher erwähnt z.b. Bei der Kukishin Ryu oder der Chosui Ryu. Das Problem ist aber da auch wieder das fast alle wichtigen japanischen Texte von Zeit zu Zeit ,,renoviert worden´´ sind. Das heißt das Original wurde abgepinsel und an Stelle des Orginals aufbewahrt. Eine Änderung des Inhalts oder auch nur der Wortwahl ist nicht auszuschließen.

Interessant vielleicht auch die Frage wieso...

Naja der Große Umbruch war durch den erzwungenen Frieden der Edo Zeit. Japan war mehr oder weniger geeeint und das Heer und somit die Samurai hatten dadurch keinen direkten Nutzen mehr. Viele Samurai übernahmen Dienste in der Staatsverwaltung, bei der Staatssicherheit oder in Kulturstätten.
Die Ryuha wurden nun nicht mehr allein zum Kampf sondern auch zur Charakterbildung und als eine Art Statussymbol genutzt.
Ging das evtl mit der Einführung von Feuerwaffen einher?
Feuerwaffen haben massgeblich zur Einigung des Reiches beigeführt, wurden aber in der Edozeit wiederum verpönt. Japan war in der Edozeit nach außen abgeschottet, und alles nicht japanische war ein No Go und stand teilweise sogar unter Strafe.
Davon abgesehen gibt es aber auch Ryuha die sich auf Teppo (Feuerwaffen) spezialisiert haben .
http://www.youtube.com/watch?v=YMwCD8VOxVI

Kann es sein dass radikale Änderungen in der Kriegsführung eine Veränderung der klassischen Kampfkünste mit sich führten?
Man hatte plötzlich leicht zu bedienende Distanzwaffen die mit minimalem Trainingsaufwand mit jeder anderen Waffe konkurieren konnten.
Naja wie in Europa auch hat die Feuerwaffe nicht alle anderen Waffen verdrängt, sondern lediglich erweitert. Es gab immernoch Speerkämpfer und Bogenschützen sowie Kavalerie.
Feuerwaffen hatten im Vergleich zum Bogen vorallem einen Vorteil auf kurze Distanz, die Psychologische Wirkung beim abfeuern und natürlich die einfachere Bedienung (wobei die auch bei weitem nicht einfach war).

ok, es dauere bis man wirklich verlässliche Schusswaffen hatte aber dennoch...

Nur als Randanmerkung: die in Japan hergestellten Luntenschloßgewehre sind mitunder die verlässlichsten dieser Zeit. Die japanischen Schmiede hatten schnell einige Verbesserungen undweiterentwicklungen der Hakenbüchse die sie aus Portugal erhielten. Zwar gab es diese Entwicklungen auch in Europa, allerdings nur einzeln verstreut und bei Einzelstücken.
Was bezeichnet der Bergriff Ryu-ha eigentlich genau?

Ryû - 流 - wird oft mit Schule oder Lehrtradition übersetzt, heist wörtlich aber Strömung oder Flussrichtung. Die Übersetzung mit Schule oder Lehrtradition ist aber auch nach den Transkriptionsregeln der Uni Heidelberg nicht falsch.

ha - 派 - kann man auch als Schule übersetzen, bezeichnet aber eine zweckgebundene Gruppe (sekte, Partei, Verein usw.) Auch wird das Wort ha häufig hinten an eine Abspaltung einer Ryu in verbindung mit einem Verweis auf den Abspallter angehängt.

Beispiel :
Heki Ryu Insai ha - 日置流印西派 - Lehrtradition der neuen Sonne, Abspaltung von Insai

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Re: kyujutsu?

Beitrag von benzi » 30.06.2011, 11:12

SO finde ich die Diskussion spannend! Danke!!!

Grüße benzi
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 30.06.2011, 12:16

@daemonday
Danke für die Erklärung
Danke auch für die Übersetzung von Ryu-ha etc.
Meine Frage was der Begriff bezeichnet bezog sich eher auf das wann und wieso und ob man entweder einen neuen Begriff für ein alte Einrichtung brauchte oder eben neue Einrichtungen entstanden. (Einrichtung... nicht gerade passend aber hoffentlich verständlich... :-\ )

Dann stimmen wohl zwei Dinge mit der Entstehung der Ryu-ha überein - die Einführung von Feuerwaffen UND der Frieden in einem vereinten Japan (evtl eher "Japan"...)
Beides zog eine geminderte praktische Bedeutung der Kampfkünste nach sich.
Frieden zieht in der Regel auch andere Dinge nach sich... Handel und Kultur- und Personenaustausch z.B., auch natürlich mehr Raum sich überhaupt mit Kultur im musisch-reflexiven Sinne zu befassen.
Evtl fand damals eine Öffnung innerhalb Japans statt - man traf nun kampflos auf Traditionen aus anderen Regionen...

Was mich hier interessiert hatte war: wie, wo und wann kam es dass man begann formell festegschriebene Lehren zu tradieren?

Es wurde ja am Anfang des Threads von Kyujutsu gesprochen und davon dass Bogenschiessen immer und ausschliesslich ein eigenständiges "Fach" war... und eben ab wann man überhaupt distinkte Lehrrichtungen und Schulen erkennen kann.

Ist die Edo Zeit ab dem 15. Jhd dann so in etwa der Punkt ab dem wirkliche organisierte "Schulen" zu erkennen sind?
Du sagtest ja es hätte den Begriff der Ryu schon weit vorher gegeben. Hat er damals was anderes bedeutet oder gab es damals (700-irgendwas) schon organisierte Schulen und Lehren die formell tradiert wurden - eben im Sinne der heutigen Ryu?
Kyujin meinte glaube ich eben nein die gab es nicht und im Kyujutsu schon gar nicht...und er beruft sich dabei auf sehr renomierte Quellen.
Ich hab mich mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt daher frage ich...
Kann man kategorisch sagen so oder so und wie belegen die verschiedenen Parteien ihre Feststellungen - ich meine hier nicht Dich oder Kyu sondern eben Friday, Mol etc.

Ich verstehe schon dass es nicht so einfach ist und dass man schon mit den Begriffen selbst aufpassen muss da manches vieles bedeuten kann.
Danke hier für den Hinweis bez "Samurai" ich benutze ihn halt umgangssprachlich. Ist sicher formell nicht ganz korrekt aber verständlich und ich muss gestehen für mich ist alles was in Japan ein Schwert einstecken hat "Samurai" :-\
Da musst Du nachsichtig sein ich schiess halt Bogen weiter geht meine Erfahrung mit den japanischen Kampfkünsten nicht. Das ist auch ein Grund warum ich mich freue das hier so unterschiedliche Blickrichtungen vertreten sind - Du eher als Praktiker (wenn ich Dir das man so "unterstellen" darf - von einem Praktiker zum anderen ;D ), Kyujin mit einem sehr grossen akademischen Wissensschatz...
Wäre schön wenn mir miteinander auskämen...
...daher auch Dir... "Käse" verbreitet Kyujin nur sehr selten, er hat einen scharfen Geist und eine mindestens so scharfe Zunge >:) das ist gelegentlich problematisch...
aber sonst kennt er sich aus.
Mag sein Du siehst manches anders oder offener, Kyujin sieht vieles gern strikt formell aber das muss nicht zum Streit führen hoffe ich.
Wäre echt toll wenn ihr für lesefaule Leut' wie mich mal umreisst wie ihr (oder vielmehr die Quellen auf die Ihr Euch beruft) zu der Sicht kommt die ihr vertretet (ohne jetzt unbedingt "mehr" recht haben zu müssen oder andere als "Käse"etc abzuwerten...).

Gruss,
Mark
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Al-Gamal » 30.06.2011, 14:04

Sehr viel Informationen..super. Aber mir scheint, hier wird Legendarisches mit Faktisch-Historischem gemischt!
Gruß

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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 30.06.2011, 16:08

@Al-Gamal
Sehr viel Informationen..super. Aber mir scheint, hier wird Legendarisches mit Faktisch-Historischem gemischt!

Das Problem mit Geschichte im allgemeinen und Japan im spezielen ist das Geschichtsschreibung nie zu 100% unparteiisch und objektiv war.
Jede zeite Ryu beruft sich in ihrer Gründungsgeschichte auf Dämonen, Geister oder Götter. Dies wurde so niedergeschrieben und auch von anderen Zeitgenössischen Quellen bestätigt.
Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit das der Gründer der xyz Ryu wirklich von Tengu trainiert wurde auch nicht höher, aber so wurde es halt festgehalten.

@Shokunin
Naja die Schulen haben sich schon verändert. In der Muromachi Periode war eine Ryu dazu da ein 3 Jähriges Kind bis zu seinem 14-16 lebensjahr zu einem Krieger auszubilden der dan auch wirklich in einer Schlacht kämpfen sollte.
In der Edo periode dagegen war es zwar auch so das viele Familien Schulen unterhielten oder ihre Kinder in selbige schicken, aber das Ziel einen Krieger zu schaffen war weniger weit oben angesiedelt und es stand vorallem eines Im Vordergrund, aus seinem Kind eine respektable Person des öffentlichen Lebens zu machen.
Achja Ryuha waren nicht auf Kampfkunst beschränkt, es gibt auch Ryu für Kunst (Origami, Kaligraphi, usw.), Kultur (Teezremonien, Ikebana, usw.) oder Handwerk (Schmieden, Bogenbau, usw.).

Die Edozeit war auch nicht komplett friedlich, es gab aufstände die niedergeschlagen wurden, viele Duelle, viel Kriminalität usw.

Duelle waren nun auch ein beliebtes Ziel in der Kriegskunst. Es war nach einer Weile schon so üblich das Schüler einer Ryu auf Kriegerwallfahrt gehen um sich mit anderen zu duellieren (was meist für einen tötlich ausging) das es irgendwann schlichtweg verboten wurde.
Ich empfehle hierzu sich etwas mit dem Leben von Miamoto Musashi zu befassen, den dieser hat genau in der Kippe von Sengoku zur Edo Periode gelebt.


Was mich hier interessiert hatte war: wie, wo und wann kam es dass man begann formell festegschriebene Lehren zu tradieren?
Hmm gute Frage. Das ist allerdingsa nicht wirklich klar, da in den Ryu mit der Edozeit vieles weggelassen oder hinzugefügt wurde.
Es gibt meines Wissens heutzutage keine einzige Ryu mehr die expliziet den Umgang mit dem Tachi lehrt (Schwert das vor dem Katana genutzt wurde). Es gibt zwar Schulen die Prinzipien für das Katana auf das Tachi umlegen oder den Umgang mit dem Tachi sozusagen reecten, aber keine überlieferten Formen.

Beschäftigt man sich ein wenig mehr mit den Ryu wird auch klar das keine festgelegten Formen unterrichtet werden, sondern die Prinzipien die man in diesen festgelegten Formen findet.
Es ist wahrscheinlich schwer das jetzt in einem Bogenforum zu erklären und ich kenne mich mit Kyudo/Kyujutsu noch zu wenig aus um eine sinnvolle Entsprechung zu finden, aber ich versuche es mal.

Wenn ich jemanden werfe und dabeit mit dem Oberkörper zu weit vor gehe habe ich 2 Probleme:
1. Der Gegner kann mich, falls der Wurf nicht stark genug war, zu sich runterziehen und zum Bodenkampf übergehen
2. Bin ich mit dem Oberkörper unten kann ich nichtmehr mein Umfeld im Auge behalten und werde somit unter Umständen von einem Weiteren Gegner attakiert ohne dies zu merken.

Deswegen ermahnt einen ein Guter Lehrer auch immer wieder den Oberkörper oben zu lassen und besteht darauf die festgelegte Form einzuhalten auch wenn es anders leichter wäre.

Kata sind sehr selten so simpel das man sagen kann das Ziel der Kata ist es ,,wenn mich wer so angreift kann ich so kontern´´ Sondern meist ist die Kernaussage, also Distanz, Körperhaltung, Körperstpannung, Timing usw., wichtig.

Es wurde ja am Anfang des Threads von Kyujutsu gesprochen und davon dass Bogenschiessen immer und ausschliesslich ein eigenständiges "Fach" war... und eben ab wann man überhaupt distinkte Lehrrichtungen und Schulen erkennen kann.

Naja Bogenschießen war schon immer ein äußerst Prestigeträchtiges Lehrfeld. Das es eigenständig war kann man aber ausschließen, da es Speertechniken für den Yumi gibt (entweder mit oder ohne Yumiyari [Aufplanzbares Bajonett für den Bogen]) und das Bajutsu (Reitkunst) oft mit dem Ziel unterrichtet worden ist Kisha (bogenreiter) zu erhalten.

Also Kisha oder Kyubajutsu ist ja alleine schon ein Lehrfeld in dem Kyujutsu mit etwas anderem nähmlich dem Bajutsu vermischt wurde.

Kann man kategorisch sagen so oder so und wie belegen die verschiedenen Parteien ihre Feststellungen - ich meine hier nicht Dich oder Kyu sondern eben Friday, Mol etc.
ja es gibt schon unterschiedliche Meinungen und wie gesagt ist Friday auch nicht umstritten.
Aber um das klar zu stellen ich bin ein großer Fan von Friday und ich will ihn keines Falls in Misskredit bringen, aber ich wollte aufzeigen das es auch andere außer ihm gibt.

Zum Thema Käse nochmal:
Ich bin Franke und ich habe eine recht derbe Art. Ich komme damit klar das einige nicht mit mir klar kommen, aber ich bitte trotzdem darum mich nicht immer so ernst zu nehmen.

Lg
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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 30.06.2011, 16:40

@Daemonday
vielen vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ich werd' sie erst mal verdauen ehe ich Dich weiter löchere...
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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 01.07.2011, 09:45

danke daemonday noch mal...

vieles muss ich erst mal genauer nachlesen, mir fehlt es an Allgemeinwissen hier, gerade was Schwertkampf etc angeht.


Ok, es gab also wohl schon Schulen im Sinne einer Einrichtung wo gelehrt wurde und sicherlich gab es dort auch Lehrtraditionen und es wurden verschiedene "Fächer" - Künste, Waffengattungen,... gelehrt.
Ich glaube Dir gern dass das schon vor dem 15Jhd so war...

Der Begriff "ryu" war der damals auch schon im Sinne von Schule - Lehrrichtung (eher als LehrEINrichtung) im gebrauch?

Und spezifisch aufs Kyujutsu - um zum Thema zurückzukehren - war der Begriff sagen wir mal 700-irgendwas schon in Gebrauch?
Gab es da schon xyz-ryu kyujutsu?
Dass es Bogenschiessen gab bezweifelt keiner, dass es formell (mehr oder weniger) tradiert wurde auch nicht - aber bestand der Begriff xyz Ryu Kyujutsu so dass man sagen kann da oder dort lehrte man 700-irgendwas eine distinkte stilistisch festgeschriebene Bogenlehre? Weiss man da heute noch was davon? Das war glaube ich auch Kyujin's Punkt - Bogenschiessen gab es sicher, aber gab es stilistisch festgeschriebene Lehrrichtungen wie wir sie heute kennen?
Gibt's da Quellen...?

Wenn der Begriff erst entstand als das Ende des Bogens als Waffe auf dem Feld schon an der Wand stand... was bedeutet das dann für den Begriff, bzw für die Lehre?
Der Begriff hat sich ja sicher mit dem Kyujutsu gebildet - sprich es entstand eine neue (?) Übens- oder Sichtweise die ein neues Wort nötig machte um es zu beschreiben.

Mit dem "do" war es ja wohl auch ähnlich ... das Verständnis was und wie trainiert wurde änderte sich und Kyu-do war dann der Name der dieser Erscheinung gegeben wurde.

Was hat also zu der Entstehung eines "Kyujutsu" und Ryu/Ryu-ha geführt?

Wenn wir jetzt mal annehmen man hat halt vor der Entstehung der Ryu und eines Kyujutsu einfach "Bogenschiessen" gelehrt - evtl so wie im europäischen Mittelalter in England z.B. wo einfach Sonntags nach dem Kirchgang geschossen wurde. Ältere wiesen jüngere ein... Bögen baute man nach überlieferten Formen...
Kann man sich Jp auch so vorstellen?
oder gab es dort eher früher schon "Standards" für Technik und Form und organisierte Schulen (im Sinne von Lehreinrichtungen)?

Sorry ich bin etwas diffus in der Fragestellung... mir interssiert eben dass eine Namansänderung - bzw die Entstehung eines neuen Begriffes immer eine Änderung der Sache selbst oder der Sichtweise der Gesellschaft auf die Sache beinhaltet.
Was war diese Änderung und wann trat sie ein?

Gruss
Mark

erm...
noch ein Addendum...
Wenn in der Edo Periode eine gewisse Zentralisierung statt fand, hat das evtl Bedeutung...?
Wir sehen heute ja z.B. wenn wir historische Bogentypen anschauen viel was "ortsbezogen" ist - Echizen-nari, Satsuma-nari, Edo-nari,...
Fand eine Zentralisierung in den Kampfkünsten statt. Kam daher evtl die Entstehung eines "Allgemeinbegriffes" und evtl auch die Trennung in verschiedene "Stile", Bogentypen etc. War es davor nur "der Bogen" und "Bogenschiesen", danach eben das Schiessen im Stil von xyz oder der Bogen wie man ihn in xyz baut...?
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

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