kyujutsu?

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Daemonday
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 19.05.2011, 18:22

Jutsu ist, wie ja schon gesagt wurde, im Japanischen einfach eine Kunst, Technik etc...
In den Kampfkünsten bezieht es sich, denke ich, auf ein rein erfolgsgerichtetes Arbeiten.
"Do" bezieht sich auf ein Üben das fast abstrakt vom prakitschen Gebrauch der Vervollkommnung der Kunst und der Person dient.
"Jutsu" ist zweckgerichtet und da ist jedes Mittel und jede Technik recht, so wurde mit dem Bogen auch gestochen und geschlagen wenn die Pfeile aus waren.
"Do" sucht ein Ideal nicht den Sieg mit jedem Mittel.

Das ist nur leider eine sehr moderne Trennung, die sich erst in der Edo Periode oder teilweise auch erst danach herauskristalisierte. In den Zeiten der großen Kriege gab es diese Unterscheidung nicht, und Kendo (Weg des Schwertes) war wie auch Kenpo (Gesetz des Schwertes) einfach ein anderer Name für Kenjutsu (Schwertkunst).

Man kann diese Trennung heute machen, aber sie ist eben nicht ultimativ richtig.

Es war ja in Japan nicht nur der Dai-Kyu in Gebrauch sondern auch Kurzbögen und Reflexbögen im chinesischen Stil. Man kann durchaus annehmen dass man also das Schiessen mit verschiedenen Bogentypen geübt hat sowie eben auch den Kampf mit dem Bogen als Stoss- und Hiebwaffe.

Naja chinesische, koreanische und mongolische Bögen waren in japan bekannt, konnten sich aber nie wirklich durchsetzen.

Es mag sein dass alle ryu-ha die sich mit Bogenschiessen befasst haben nur und ausschliesslich mit Pfeil und Bogen geübt haben.
Dennoch denke ich dass Lord Blane nicht ganz unrecht hat. Die Samurai haben sich in verchiedensten Kampfkünsten und auch Kunst geübt (Ogasawara-Ryu z.B. ist heute noch sowohl für Bogenschiessen als auch für die Teezeremonie bekannt).

Und in vielen Lehrplänen großer Schulen stand früher auch Bogenschießen drin. Nur wird dies heute nichtmehr oder nur im Okuden (mündlich überlieferten) weitergegeben.

Die scharfe Abgrenzung die wir heute zwischen den Disziplinen kennen war, denke ich, früher nicht vorhanden. Die kam wohl eher mit dem Frieden (oder Schusswaffen...?) einher als man begann klassische Kampfkünste abstrakt vom Kampf zu üben.
Es gab schon eine Trennung, nur war die eher schwimmend, so gürtet man sein Daitô (langschwert) so das es einem beim Bogenschießen nicht stört aber im Fall der Fälle leicht zu erreichen ist.
Der Bogeen wurde auch nach der Einführung der Feuerwaffen bis zur abschaffung der Samurai hin verwendet. Dies hat viele Gründe die sich im übrigen auch bei den europäern ergaben. Im Endeffekt wurde der Bogen erst durch das Perkusionsschloß entgültig vertrieben.

Als man sich noch Gedanken machen musste wie man, nachddem man seine Pfeile verschossen hatte, gegen einen Schwertkämpfer angkommt hat Kyujutsu evtl anders ausgesehen....
Da floss ins Kyujutsu sicher mehr ein als das Schiessen mit dem Dai-Kyu denke ich.



Sehr richtiger Gedanke, Nur das es in Japan wenig Schwertkämpfer gab. Hauptwaffe war von anfang an der Bogen, unterstützt vom Hoko (Alte Lanzenform die je nach Art als Helebarde, Messeraxt, Speer oder Schwertlanze daherkam). Das Ken (alte 2schneidige Schwertform) war eher eine art Backup, also eine persönliche nahbereichsverteidigungswaffe.

Später wich der Tarashi dem Yumi und wurde noch später von der Teppo (hakenbüchse) ergänzt. Der Hoko wich der Naginata und schließlich dem Yari und aus dem Ken wurde erst das Tachi und dann das Katana.
Hierbei nahm der Yari eine sehr wichtige Rolle gegenüber den eher mässig wichtigen Vorgängern ein und zu dieser Zeit wurde das Heer auch von einer Meute berittener Bogenschützen und Fusstruppen zu riesigen taktisch vorgehenden Verbänden.
Das Schwert blieb bis auf die Ausnahme der Odachi/Nodachi (übergroße Schwerter mit bis zu 3,4 Metern länge, normalerweise aber rund 1,60-1,90cm) eine reine Ersatzwaffe.
Zusätzlich gab es natürlich noch mehr Waffengatungen wie Äxte, Hämmer und Keulen, aber diese sind technisch heute fast nichtmehr erhalten und algemein eher Randerscheinungen.

Um zum Thema zurück zu kommen, Ein Bogenschütze musste sich der Gefahr eines Nahkampfes bewusst sein und wenn man sich alte Kriegsbögen ansieht die teilweise 40cm lange Yumiyari (eine art Bajonett für den Bogen) aufgplanzt haben waren sie es sich auch.
Zudem wird zumindest in der Heki Ryu auch heute noch gelehrt wie man mit dem Bogen den Versuch unternehmen kann einen Pfeil abzuwehren und was man mit dem Bogen im Nahkampf einsetzen kann. Davon gibt es sogar reichlich Videos bei Youtube.

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Re: kyujutsu?

Beitrag von Genni » 19.05.2011, 18:30

Mal ne kurze Zwischenfrage:
Zu den Schwertkämpfern: Japan ist doch allgemein als DAS Land mit Samurai, also fragt sich der Laie jetzt wieso es heisst das es in Japan nur wenige Schwertkämpfer gab. Hat das was damit zu tun, dass Schwertkämpfer (Samurai) quasi eine Art Ritterstand wie in Europa waren und daher auch dementsprechend "exklusiv und teuer"?
War ein guter Bogen damals denn nicht ähnlich teuer wie ein einigermaßen vernünftiges Schwert (Katana,Wakizashi,etc pp was auch immer)?
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 19.05.2011, 18:43

In den älteren Zeiten waren Schwerter einfach zu teuer, und in den späteren hatte zwar jeder einigermassen gut ausgestattete Ashigaru (Fusssoldat) ein Schwert aber eben nur als Sekundärbewaffnung.
Es gab sehr billig gefertigte (im Vergleich zu den Schwertern die man im Adel findet) Bündelschwerter (der Name kommt daher das sie immer in Bündeln zu 100 Stück gefertigt wurden).

Es ist einfach so das man gegen einen 270-600cm langen Yari, eine 3 meter lange Naginata oder einen Bogenschützen aus 40-50m entfernung mit dem Schwert wenig chancen hat.
Der Schwertkult hat mehrere Gründe: zum einen trug man das Schwert als Bushi immer mit sich, egal ob im Krieg oder im Frieden. Das ging mit nem Ono (Axt) oder Kanabo (Eisenkeule) schlecht. Zum anderen sind auch Naginata und Yari nach japanischen Verständniss Schwerter.
Und zu guter letzt ist eine Schwertklinge die am schwersten un aufwendigsten herzustellende Waffe in dieser Zeit sprich es waren einfach auch Statussymbole.

Der Vergleich eines Samurai mit einem Ritter funzt nicht zu 100% ein Samurai ist ein Bushi (Krieger) der in einer Dienerschaft zu einem Herren steht. Ein Ritter kann hingegen auch sein eigener Herr sein.

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Re: kyujutsu?

Beitrag von Kyujin » 19.05.2011, 20:08

Daemonday hat geschrieben:Und in vielen Lehrplänen großer Schulen stand früher auch Bogenschießen drin.


In welchen?

Daemonday hat geschrieben:ein Samurai ist ein Bushi (Krieger) der in einer Dienerschaft zu einem Herren steht. Ein Ritter kann hingegen auch sein eigener Herr sein.


Und ein bushi kann nicht sein eigener Herr sein?
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Lord Bane » 19.05.2011, 23:53

Jetzt muss ich mich als werdender Geschichtslehrer outen mit Studienerfahrungen bezüglich "Rittertum".

Ritter war im europäischen Kontext ein Berufskrieger, der einem Herren diente (vgl. engl. "knight" - Knecht). Erst Barbarossa und Richard werteten diesen "Stand" auf, indem sie sich selbst zu diesem Idealbild rechneten. Erst hierdurch erfuhren diese Krieger eine Aufwertung und konnten sich als Stand abgrenzen.

Die Samurai waren eine ähnliche Erscheinung. Nicht grundlos gibt es in Japan, darf man Worten von Dozenten trauen, durchaus Historiker, die diese Vergleiche ziehen. Die Samurai stellten eine Kriegerkaste dar, die bis zur Edozeit hin nach unten nicht völlig abgeriegelt war und die ab gewissen Stellungen eigene Herren darstellten (Daimyo oder gar der Shogun). Zumal man die ronin nicht vergessen darf sowie einige in den Bergen (Provinzen Iga und Koga) lebende Krieger, die herrenlos waren.
Und ja, das Schwert war ursprünglich eine Nebenwaffe. Musashi erzählt in seiner ni-ten-ryu, dass das daisho in seiner Zeit neu aufkam, also eine Entwicklung des späten 16. oder frühen 17. Jhr. gewesen sein muss. Die kukishinden ryu (Anfang des 14. Jhr. - es gibt auch Leute, die sagen, das Judo würde von dieser ryu abstammen) arbeitete viel mit tachi und hanbo, enthielt aber auch andere Werkzeuge.
Das Schwert war durchaus ein Status, den eigentlich alle Samurai besaßen (viele ronin kämpften aus diversen Gründen - auch wegen den Kosten - mit einem bokken). Und die Schwertschmiedekunst entwickelte sich wegen dem Gebrauch weiter. Ich weiß nicht, aus welcher ryu das stammt, aber ich erinnere mich an 8 kata, wo der tori ein yari und der uke ein Schwert hatte. Und wenn man Musashi ernst nehmen kann, dann musste ein Krieger alle Werkzeuge bedienen können ... und am Ende sind das eh die gleichen Bewegungen.

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Daemonday
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Daemonday » 20.05.2011, 14:42

Jetzt muss ich mich als werdender Geschichtslehrer outen mit Studienerfahrungen bezüglich "Rittertum".

Hört sich fast an als wäre das was schlechtes^^

Ritter war im europäischen Kontext ein Berufskrieger, der einem Herren diente (vgl. engl. "knight" - Knecht). Erst Barbarossa und Richard werteten diesen "Stand" auf, indem sie sich selbst zu diesem Idealbild rechneten. Erst hierdurch erfuhren diese Krieger eine Aufwertung und konnten sich als Stand abgrenzen.

wie der Name schon sagt ist die Herkunft von Ritter und Knight nicht die selbe. Sie lief zwar auf das selbe hinaus, aber kam eben aus einer anderen Richtung.

Die Samurai waren eine ähnliche Erscheinung. Nicht grundlos gibt es in Japan, darf man Worten von Dozenten trauen, durchaus Historiker, die diese Vergleiche ziehen. Die Samurai stellten eine Kriegerkaste dar, die bis zur Edozeit hin nach unten nicht völlig abgeriegelt war und die ab gewissen Stellungen eigene Herren darstellten (Daimyo oder gar der Shogun).

Und da ist das Problem:
Auch wenn es in einigen Dokus und sogenannten Fachbüchern so steht ist ein Daimyo oder ein Shogun kein Samurai. Er kann ein Bushi sein, muss aber nicht.
Im Gegenzug muss ein Samurai nicht zwingend ein Krieger sein, der Herr der das hagakure Geschrieben hat z.B. war Samurai aber eben kein Krieger sondern Höfling.

Zumal man die ronin nicht vergessen darf sowie einige in den Bergen (Provinzen Iga und Koga) lebende Krieger, die herrenlos waren.
Ronin sind zumeist herrenlos geworden aber es gibt auch einige die nie einen Herrn hatten und diese Bezeichnung führten.
Mit Iga und Koga sind wohl die Herren Ninja gemeint^^. Da muss man leider sagen das es sehr sehr SEHR wenig zitierfähige Berichte von Zeitzeugen gibt. Aber die Auslegung als herrenloses Volk ist wohl eher nicht haltbar.

Und ja, das Schwert war ursprünglich eine Nebenwaffe. Musashi erzählt in seiner ni-ten-ryu, dass das daisho in seiner Zeit neu aufkam, also eine Entwicklung des späten 16. oder frühen 17. Jhr. gewesen sein muss.

Musashi schreibt im Gorin no sho (Buch der fünf Ringe) das das Schwert etwas besonderes sei im Vergleich mit anderen Waffengatungen. Aber er argumentiert seine einhändige Führung eben auch damit das er in der andern Hand unter Umständen Bogen oder Lanze hätte.
Das Daisho (Kunstwort für Schwertpaar aus den Worten Daito = Langschwert und Shoto = Kurzsschwert) ist schon deutlich länger bekannt. In der muromachi Periode trugen viele Krieger 3-6Klingen mit sich herum. Nun war eben ab dieser Zeit das Daisho den Samurai vorbehalten, Diese waren nun aber auch mehr oder weniger gezwungen es zu tragen.
Die kukishinden ryu (Anfang des 14. Jhr. - es gibt auch Leute, die sagen, das Judo würde von dieser ryu abstammen) arbeitete viel mit tachi und hanbo, enthielt aber auch andere Werkzeuge.


Die Kukishin Ryu wurde zu dieser Zeit als Bojutsu (Stabkampf) Schule gegründet. Die Kukishinden Ryu Happo Hiken oder die Kukishinden Tenshin Hyoho sind beides relativ moderne Abspaltungen dieser Linie, wobei letztere im letzten jahrhundert wieder die Hausschule der Familie Kuki wurde.
(Anmerkung für Kyujin: Die Kuki hatte zumindest Zeitweise berittenes Bogenschießen im Lehrplan, allerdings wird dieses in keiner der noch existierenden Linien noch unterrichtet).
Das Judo stammt keines Wegs von der Kukishin Ryu ab, aber sie wurde davon beinflusst. Kano (Judogründer) und Takamatsu (damaliger Shihanke = höchster Lehrer der Kukishin Ryu) kannten sich nachweislich.
Die heute noch unterrichteten Waffen umfassen auch verschidene Schwerttypen und ähnliches Kleinzeug, der Fokus der Schule liegt aber ganz klar auf Stangenwaffen wie Bo (Stab), Yari (speer), Naginata (Schwertlanze) und Bisento (übergroße Schwertlanze).
Das Schwert war durchaus ein Status, den eigentlich alle Samurai besaßen (viele ronin kämpften aus diversen Gründen - auch wegen den Kosten - mit einem bokken). Und die Schwertschmiedekunst entwickelte sich wegen dem Gebrauch weiter. Ich weiß nicht, aus welcher ryu das stammt, aber ich erinnere mich an 8 kata, wo der tori ein yari und der uke ein Schwert hatte

Das Bokken war eine Beliebte Duell Waffe, aber keine Waffe für die Schlacht.
Und z.b. In der Kukishin Ryu gibt es Techniken die auf dem Basislevel einen Speerkämpfer gegen einen Schwertkämpfer antretten lassen, aber auch Speer gegen Speer. Der Sinn ist natürlich auch mit einem Schwert als Gegner zurecht zu kommen. Trotzdem ist keiner mit einem schwert als einzige Waffe in die Schlacht gestürzt.

Und wenn man Musashi ernst nehmen kann, dann musste ein Krieger alle Werkzeuge bedienen können ... und am Ende sind das eh die gleichen Bewegungen.

Musashi kann man durchaus ernst nehmen. Aber ein Schwert und ein Speer sind in der Anwendung so verschieden wie Bogen und Armbrust. Will man ernsthaft kämpfen lernen muss man für jede Waffengatung von vorne mit dem lernen Anfangen.

Lg
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Lord Bane » 20.05.2011, 22:22

Mit dem "daraus entstanden" war dann ein Schritt zu weit von mir. Wenn man sich z.B. die Würfe anschaut, dann erkennt man Ähnlichkeiten mit Judo. Kumiuchi in Rüstung gehörte halt auch zu dieser Schule.

Aber wie gesagt, ich behauptete nie, dass das Schwert die einzigste Waffe sei. Eigentlich versuchte ich nur zu argumentieren, dass es mehr gab als den Bogen. Das kodachi als Begleit/Seitenschwert gab es bereits länger, das ist wahr. Am Sonntag oder Montag bin ich wieder zu Hause, dann suche ich die Stelle (Daisho ist was neues) bei Musashi raus. Hier würde ich vermuten, dass wir gerade etwas aneinander vorbei reden ... weil verschieden Schwerttypen zu tragen und ein daisho am obi zu tragen sind 2 Paar Schuhe.

Auch behauptete ich nicht, dass man in den Krieg zog mit einem Bokken.

Was Iga und Koga angeht ... zumindest das Shoninki gibt es in deutscher Übersetzung. Das Bansenshukai leider nicht. Beides sind Werke aus dem frühen 17. Jhr. Wenn man einigen denshos glauben darf, die durchaus nicht als objektive geschichtliche Quellen herhalten können, und bedenkt, dass ein Werk wie das shoninki kaum innerhalb einer Generation entstehen kann, so muss man von einem gewissen Alter dieser Lehren ausgehen.

Und das Wort Ritter kommt von Reiter und nicht von Knecht, das ist soweit richtig. Aber im Verlaufe der Merowingerzeit bishin zu Karl dem Großen lässt sich die Entwicklung feststellen, dass sich ein Berufskriegertum ausbildete, welches ein Abhängigkeitsverhältnis einging und dafür größtenteils ausgerüstet und unterhalten worden ist (Naturalien, Waffen/Ausrüstung, Land, ...) durch einen Herren.

Und ja, jedes Werkzeug hat sein Spezifikum. Aber im Endeffekt bleiben Grundprinzipien der eigenen Bewegung/Beeinflussung des anderen erhalten.

Big Daddy

Re: kyujutsu?

Beitrag von Big Daddy » 22.05.2011, 19:41

Mal so ne Frage an die ganzen Kyudo-Cracks hier:
Was würdet ihr sagen, ist der größte Unterschied zwischen dem traditionellen europäischen und dem traditionellen japanischen Bogenschießen? Lassen sich diese zwei überhaupt vergleichen?
lg,
Benni

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Re: kyujutsu?

Beitrag von Toxophil » 22.05.2011, 20:10

Der größte Unterschied?
Asiatischer Ablass beim japanischen und mediterraner Ablass beim europäischen Bogenschießen.
Ansonsten gilt: "Standing, knocking, drawing, holding, loosing", nachzulesen im Toxophilus.

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Re: kyujutsu?

Beitrag von benzi » 22.05.2011, 21:33

naja die Daumentechnik ist ja nicht Japan spezifisch, deshalb würde ich sagen, der größte Unterschied ist die Bewegung des Bogens im Abschuss

benzi
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 22.05.2011, 21:55

Toxopphil hat schon recht, arg viel ist nicht um...
Man kann den japanischen Bogen schiessen so wie westliche auch, oder halt mit Daumen...
Kann... tut es aber im Kyudo nicht...
Ich stimme da auch Benzi zu, die Dynamik macht den Unterschied.
Ohne in die Feinheiten einzusteigen, die Japanische Technik beinhaltet eine aktive Bogenhand. Das scheint mir der gravierende Unterschied zu sein.
Man hält nicht neben das Ziel sondern direkt drauf. Die Bogenhand arbeitet im Abschuss so dass der Pfeil den Bogen gerade in Zielrichtung verlässt obwohl dieser an der rechten Bogenkante anliegt und eigentlich rechts vom Ziel auftreffen müsste da der Bogen ja kein Schussfenster hat.
Hier ist ein Clip:
http://www.youtube.com/watch?v=DaMzl3uo9Sk
Durch das Verwinden des Bogens fliegt der Pfeil gerade aufs Ziel und nimmt auch mehr Energie auf.
Bogenhand arbeitet nach vorne und dreht, die Zughand arbeitet nach hinten und dreht dagegen... so gleicht sich das ganze aus und ein ruhiger Ablass ist möglich. So das Stillhalten, Ankern etc ist in der japanischen Technik nicht drin. Ein ruhiger Abschuss ist das Resultat ausgelichener, aber dennoch sehr dynamischer Bewegungen.
So erscheint es mir jedenfalls.
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Toxophil » 23.05.2011, 06:42

Das aktive Drehen des Bogens im Abschuss ist zwar eine Heki-typische Technik, aber der Großteil der japanischen Schützen folgt anderen Schulen, die das eben nicht vorsehen. Da wird das Handgelenk gerade gelassen.
Ist Heki also die einzig wahre Methode den japanischen Bogen zu schießen? - Das kommt wohl auf den persönlichen Standpunkt an.
Insofern bleibe ich dabei: Der einzig wirkliche und definitive Unterschied ist die unterschiedliche Ablasstechnik.
Alles andere sind Nuancen und technische Feinheiten.

@ shokunin:

Das Zitat, das ich eingebracht habe, ist aus dem englischen Lehrbuch "Toxophilus" von Roger Ascham, veröffentlicht 1545.
Wenn man die einzelnen Punkte mal mit den Hassetsu vergleicht, fällt doch auf, dass sich eine erstaunliche Deckungsgleichheit findet. "Standing, knocking, drawing, holding, loosing" kann man wunderbar mit "Ashibumi, Yugamae, Hikiwake, Kai und Hanare" ersetzen. Oder mit anderen Worten: Die Japaner schießen auch nur mit Pfeil und Bogen.

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Re: kyujutsu?

Beitrag von Markus » 23.05.2011, 08:06

Toxophil hat geschrieben: Die Japaner schießen auch nur mit Pfeil und Bogen.

Und ich überlege schon sei Jahren, warum mir das, was ich da mache, so bekannt vorkommt

;D ;D ;D ;D ;D ;D ;D ;D

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Re: kyujutsu?

Beitrag von shokunin » 23.05.2011, 12:39

Danke Toxophil für die Erklärung.
Ich hatte Dir ja zugestimmt :D
Es ist alles Bogenschiessen und da ist vieles fast gleich.

In der Aussage zur Heki Schule kann ich dir nicht ganz zustimmen. Die Heki Technik beinhaltet ein "Herumschwingen" des Handgelenks das ist wohl wahr. Da sind die Heki-Schützen heute eigentlich allein.
Da hast Du absolut recht, das ist Heki-spezifisch. Die Drehung, das Verwinden und Vorschieben der rechten Bogenkante machen aber alle Schulen - bei allen passiert Yugaeri also ist ein gewisses Mass an Torsion mit im Spiel. Das Vorschieben und Drehen ist nicht rein Heki das ist Kyudo allgemein. Bei Heki kommt es evtl mehr aus der Hand bei Shomen eher aus der Brust, daher kann das Handgelenk gerade bleiben.

Man sagt die Bewegung im Handgelenk in der Heki Technik käme vom Schiessen sehr starker Bögen. Das hätte eine Art "Auslaufbewegung" des Handgelenks nötig gemacht. Weis nicht ob das stimmt... kann da wer mehr dazu sagen?
Oder machen Wir vielleicht besser einen Neuen Thread auf... bevor wir die Frage nach Kyujutsu komplett vergessen? ;)
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Re: kyujutsu?

Beitrag von Toxophil » 23.05.2011, 13:26

Schwieriges Thema, ich versuch's mal. Die Heki Technik (Tsunomi no hataraki) ist kein passives "Herumschwingen" des Handgelenks, sondern ein aktives Drehen des Bogens im Abschuss. Man packt den Bogengriff und dreht ihn mit Kraftaufwand um die Achse. Wie Du geschrieben hast, wird bei der Shomen Technik auch ein Tenouchi gelehrt, das eine Vorspannung erzeugt und damit ein Yugaeri auslöst (in Kombination mit Öffnen der Brust und begünstigt durch die Iriki-Form des Bogens), aber dass der Bogen aktiv im Schuss gedreht wird, ist meines Wissens Heki-spezifisch. Ich habe auch schon des Öfteren gehört, dass dieser Punkt sowie das Hineri (Eindrehen des rechten Armes als Gegenkraft) auf EKF Seminaren durch japanische Lehrer bei Heki-Schützen "korrigiert" wurde.

Wenn die Erzeugung der Vorspannung des Yumi aber etwas weltweit Einzigartiges sein sollte, dann habt ihr natürlich Recht.
Zuletzt geändert von Toxophil am 23.05.2011, 17:14, insgesamt 1-mal geändert.

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