den Bogen "einbrechen"

Alles was zum Bau von Kyudobögen dazu gehört.
Antworten
Fitzlibutz
Full Member
Full Member
Beiträge: 103
Registriert: 27.05.2014, 08:07

den Bogen "einbrechen"

Beitrag von Fitzlibutz » 28.07.2014, 19:35

Was ich schon länger nicht verstanden habe:: warum erfolgt der Yumi-Bau zweistufig?

Soweit ich div. Büchern und Videos entnehmen konnte, wird der Bogen beim Verleimen zusammengefügt und dann mit Schnur und vielen Keilen in eine doch recht runde Form gebracht. So weit so gut.

Nach einer gewissen (Trocken-)Zeit kommt er aber auf eine Holzlehre mit Tillersehne und wird in die endgültige, eher gestreckte Form gebracht.

Ich würde eigentlich erwarten, dass die Einzelteile nach dem ersten Schritt in Position zueinander fix verklebt sind und der Bogen damit seine entgültige Form innerhalb der elastischen runden Grundgeometrie gefunden hat.

Es wird aber der verklebte Bogen in der zweiten Stufe in eine völlig neue, stark abweichende Geometrie gezogen, die er später selbst nach mehrwöchigem aufgespannten Zustand nicht mehr verlässt. Ich denke, ich habe in diesem Zusammenhang mal den Begriff des "Einbrechen" gelesen - bin mir aber nicht sicher.

Meine Frage wäre nun: Gibt es irgend eine schlüssige Erklärung was da mit dem Material passiert?

//Stefan

Benutzeravatar
shokunin
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2188
Registriert: 22.02.2011, 16:13

Re: den Bogen "einbrechen"

Beitrag von shokunin » 28.07.2014, 23:07

Hi!

Naja,... :-\

Mal ganz grob... ::)

Der Yumi wird reflex verleimt - also mit einer Krümmung entgegen der aufgespannten Form. Bis die Sehne drauf ist, hat man den Bogen schon 30-40cm weit gebogen. Das hat den Effekt, dass der Bogen da schon eine gewisse Grundspannung hat. Es ist also schon Energie im Bogen angestaut bevor man ihn überhaupt zieht. Er ist leistungsfähiger als z.B. ein Langbogen von gleicher Länge und Zuggewicht.
Fast alle asiatischen Bögen sind so, Reflex und recurve Enden erlauben eine höhere Energieausbeute...

Wenn man nun aber einen Bogen längere Zeit unter Spannung hält (beim Schiessen oder nur auf Standhöhe), dann wird die Aussenseite gedehnt und die Innenseite komprimiert. Kaum ein Holz, und auch Bambus, ist da 100% elastisch. Der Bogen verformt sich etwas. Wie weit hängt von Bauform, Material und Gebrauch ab - ganz vermeiden kann man es aber nie. Man plant also im Bau oft schon ein, dass das Material sich unter Belastung etwas setzten wird.
Man hat beim Yumi die Erfahrung gemacht, dass im Gebruch ein Reflex von 15-25cm gut ist. Wenn es zu viel ist, wird der Bogen zickig. Zu wenig und er wird eher lahm.
Um im fertigen Bogen auf die 15-25cm Reflex zu kommen muss man mit ca 1/2 Meter Reflex verleimen, die Diffrenz geht in Set verloren - also in permanenter Verformung beim Spannen.

Den mit 1/2 Meter Reflex verleimten Bogen in seine gewünschte Form zu bringen ist etwas heikel, da muss man vorsichtig sein, dass er nicht umschnappt und bricht. Daher die Richtbank...
Auf der bringt man ihn schonend in die gewünschte Form, und die hält ihn dann auch in dieser Form während er sich setzt.
Man will ja einen Bogen erhalten, dessen Form gut ist und der bei 15-20-25 cm, oder was man halt meint, stabil ist. Er soll diesen Reflex halten. Das geht schon mal ein paar cm rauf oder runter, je nach Nutzung und Wetter, soll aber weitestgehend stabil sein - zu mindest wenn der Bogen in Gebrauch ist.

Schlussendlich soll sowohl die Form als auch der Reflex gut und konstant werden - nur dann ist auch die Schussleistung gut und konstant. Und mit etwas Reflex schiesst sich der Yumi auch einfach lebhafter und vibrationsärmer.
Um dahin zu kommen braucht man genug Reflex, dass er die Materialverformung "schlucken" kann und man muss den Bogen über Zeit in seine Arbeit und Form gewöhnen.


Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

Antworten

Zurück zu „Kyudo Bogenbau“