Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte helfen

Fragen zu Boegen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Bogenbau.
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laurin
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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von laurin » 28.10.2012, 18:55

aber genau das meinte ich Wilfried.
Das Bogenmasseprinzip wirst Du bei dieser Epoche nicht vergleichen dürfen. Das Holz wurde sicherlich feuchter verbaut und auch genutzt als zu unserer Zeit. Um dann keine schlappe Nudel mit viel set zu produzieren musst Du länger bauen und darfst auch kein extremes Profil wählen.
Des weiteren werden die Pfeile mit Stein/Knochenspitzen, Birkenpech und Sehnenwicklung sicherlich mind. 500grain wiegen.
Da kann es dann durchaus sinnvoll sein mit mehr als 70# zu jagen oder sich zu verteidigen.

Yumiya
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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Yumiya » 28.10.2012, 19:08

Um nochmal auf Ötzis Bogen zu kommen, der mir jetzt nicht mehr aus dem Kopf geht. Ich such schon einen ganze Weile im Netz nach einem einigermaßen guten Foto von diesem Bogen. Statt einer Röntgenaufnahme und einem Stück Stock, würde ich ganz gern mal ein bisschen mehr von dem 'Patienten' sehen. Hat einer zufällig einen Link zu einer guten Aufnahme davon?

Bei kennethgarrett.photoshelter findet man sehr schönen Fotos von Ötzi und seiner Ausrüstung, aber leider kein Bild von dem 'geheimnisvollen' Bogen. :( Oder gibt es den gar nicht, bzw. vielleicht nur Bruchstücke davon?

Ich werde doch nicht erst selbst nach Bozen fahren müssen ... :D

Yumiya

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Wilfrid (✝) » 28.10.2012, 19:23

Laurin, eben nicht ....
das Gewicht von ~ 500-600 g steht , auch bei 20% Feuchte, denn das sind nur ~ 48g. Länger bauen etc ist ja ganz schön, bei 154 cm Körperlänge hat der Gute nen Auszug von ~maximum 28", eher weniger. da ist bei der Bogenlänge schon mächtig Luft nach oben. Außerdem geben die Bogenmasse, Länge usw eben Auskunft, was der Bogen heute leisten würde.

Alles in allem, die 60# , die die Archäologen da angeben, passen nicht zu den hier gemachten Erfahrungswerten. Das Teil hat normalerweise mehr Dampf als mein Eschenbogen. Der ist ja im Profil 5 eckig, Ötzis´ist rund, schleppt also weniger nicht arbeitendes Gewicht. Gibts irgendwo eine Aussage, was der Bogen wiegt?

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Blacksmith77K » 28.10.2012, 19:30

Gewicht nicht, aber die original Maße für den 182cm langen Bogen:

otz.jpg


Geht man von aus, dass der Bogen in der vorliegenden Form gefinisht wäre, würden sich folgende Werte zeigen:

otz1.jpg


Und bei einem ungefinishten Eibebogen von 166# kann man von einem fertigen Bogen von mindestens 120#@28" ausgehen... ;)
...du biegst nicht den Bogen, der Bogen biegt Dich!

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Sateless » 28.10.2012, 19:36

hmmm ... ich sehe einfach keinen praktischen nutzen für einen 100+x# bogen in der steinzeit. oder übersehe ich was?
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Blacksmith77K » 28.10.2012, 19:41

Sateless hat geschrieben:hmmm ... ich sehe einfach keinen praktischen nutzen für einen 100+x# bogen in der steinzeit. oder übersehe ich was?


Müsste man Ötzi fragen, warum er sich einen solchen Bogen geschnitzt hat. Praktischer Nutzen hin oder her, das vorliegende Holz spricht eine eindeutige Sprache und die erzählt von einem Eibebogen deutlich über 100#
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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Ravenheart » 28.10.2012, 20:13

Blacksmith77K hat geschrieben:Interessant ist, dass der Bogen nach heutigem Standart 'falsch' herum im Holz liegt und ein reiner Kernholzbogen ist.


Komisch, ich habe es spontan als lediglich konkave Stelle gesehen.. (Der Querschnitt zeigt ja den Griffbereich, wo es auch nicht stören würde...) Eibe hat durch ihre Spannwüchsigkeit ja oft auch konkave Stellen....
Hab dann mal bei Wikipedia nachgeschaut, und es bestätigt gefunden:

Mit dem Beil ist der noch nicht vollständig fertiggestellte Bogen aus Eibenholz bearbeitet worden. Er ist 1,80 m lang. CT-Aufnahmen des Querschnitts zeigen, dass der Bogen liegende Jahrringe hat und die Außenseite des Stammes die Rückenseite des Bogens bildet, wie das für neolithische Eibenbogen die Regel ist. Eine noch nicht vollständig geklärte Frage ist jene nach dem Splintholz an der Rückenseite, da dieses entweder vollständig fehlt oder aufgrund sekundärer Färbung nicht mehr vom dunkleren Kernholz zu unterscheiden ist.
(Wikipedia)

Rabe

PS: Völlig schwachsinnig übrigens der überall zu lesende Hinweis, der Bogen sei unfertig gewesen, weil er keine Sehnenkerben hatte! Dieser Bogen brauchte keine... Hat sich irgend einer dieser "Spezialisten" wohl mal gefragt, wozu die Enden diese Verbreiterungen ("Sattel" ) an beiden Seiten hatten? ::)

Na ja, die haben ja auch Jahre gebraucht, um die Pfeilspitze zu finden... lol...

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Wilfrid (✝) » 28.10.2012, 20:47

Wenn mir einer erzählen würde, dieser Bogen hätte die Werte, welches Holz? Ich würde Esche sagen. Die werte passen , bis aufs profil, +/- 2 mm auf den Bogen vor mir. Einschließlich Zuggewicht 60#, ausschließlich Sehnenkerben. Und haut mich, der Ringcount ist auch nicht das, was Bogeneibe sonst so zeigt. Der Bogen ist ~ 1/5 länger als der Schütze, es macht keinen Sinn, mit so einem Geschütz durch die Alpen zu latschen usw.
Etwas anderes wäre es, wenn der Bogen nicht Ötzi, sondern seinem Mörder gehört hätte. so~ 170 lang, kräftig, auf böses aus.
Da machen dann vorsichtig 100#+ Sinn.

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Robin Urban » 30.10.2012, 13:20

Danke an euch alle für eure zahlreichen Antworten!

Aus der Ötzi-Diskussion halte ich mich jetzt mal raus, davon habe ich keine Ahnung ;) Aber alles andere scheint genau das zu bestätigen, was ich auch vermutet habe.

Wir werden vermutlich nie rausfinden, wie genau der Alltag in der Steinzeit abgelaufen ist, doch ist es, denke ich, einfach wenig logisch anzunehmen, dass Frauen nicht geschossen haben, wenn sie dazu körperlich in der Lage waren. Vielleicht nicht mehr, wenn sie Kinder hatten (eine Jagd war ja gefährlich, da konnte man leicht zum Gejagten werden), aber ich stelle mir vor, dass junge Frauen und heranwachsende Männer den Speiseplan durch selbsterlegtes Kleinvieh und Rehe durchaus sinnvoll ergänzt haben, während die Großwildjagd dann eher eine Domäne der ausgewachsenen Männer war.
Diese waren dann ja vermutlich auch weitaus stärker und konnten daher einen Speer besonders gut gebrauchen. Dafür waren Frauen und Jugendliche vielleicht besser mit der Bogenjagd, da im Schnitt kleiner und leichter = besser im Anpirschen. Wenn für die Jagd ein Zuggewicht zwischen 30 und 60 lbs ausgereicht hat (und eine steinzeitliche Frau war sicher "trainierter" als ich, könnte meinen Bogen mit 60lbs also mit Sicherheit müheloser spannen als ich das heute vermag), sprechen keine körperlichen Gegebenheiten gegen eine Frau als Bogenschützin.
Ob es dann tatsächlich so war, ist eine andere Sache. Aber darum gehts ja auch nicht. Es geht lediglich um die Möglichkeit.

Die Männer, mit denen ich diskutiert habe, haben wie gesagt noch nie selbst geschossen. Ohne zu wissen, ob 60lbs viel oder wenig sind, wurde das Zuggewicht meines Bogens bezweifelt. Als könnte ich meinen eigenen Bogen nicht spannen...
Dann wurde darauf rumgeritten, dass "mehr" ja "besser" ist, weil dadurch der Pfeil ja auch tiefer eindringen und Organe verletzen kann. Grundsätzlich stimmt das ja, aber bevor man sowas sagt, sollte man erst mal wissen, welches Zuggewicht nötig ist, um sowas zu bewerkstelligen. Einfach zu behaupten, dass dies mit "schwachen" Bogen um 60lbs nicht geht, halte ich für hirnrissig!
Und ständig der Vergleich mit englischen Langbogen, die mit 100-120lbs ja wohl in allererster Linie Kriegswaffen waren, und die ständig mit "Langbogen" gleichgesetzt wurden (dabei hat die Person vorher selbst gesagt, dass englische Langbogen erst im frühen Mittelalter aufgekommen sind. Sehr schwierig für einen Steinzeitmenschen, mit einem solchen Bogen zur Jagd zu gehen!). Wenn ich mit fehlender Präzision aufgrund des hohen Zuggewichts kam, wurde ich abgewatscht: Männer können mit sowas jagen, Frauen halt nicht. Theorie bestätigt!

Grundsätzlich nehme ich an, dass Steinzeitmenschen Utilitaristen waren. Wenn ein Bogen um die 50lbs gereicht hat zur Jagd, wird niemand so blöd gewesen und mit 100lbs auf die Pirsch gegangen sein. Auch wenn das HEUTE manche Jäger in Nordamerika tun mögen. Aber die verhungern ja auch nicht, wenn sie keinen Erfolg haben...

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von bowa » 30.10.2012, 13:27

Interessante Diskussionspartner scheinst du da zu haben ;)
Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen ich bin nicht verrückt.
Die zehnte summt die Melodie von Tetris.

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Robin Urban » 30.10.2012, 13:29

Ja, ich weiß, eigentlich bin selber Schuld, das ich mir sowas immer wieder antue ;)

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von MoeM » 30.10.2012, 13:36

Ötzi hat sich den Bogen nach modernen Maßstäben dimensioniert; Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch Hubraum.
Was wäre denn im Übrigen, wenn er nicht, wie ja seinerzeit ohnehin Alle, Jäger sondern evt. ein "Krieger" war.
Eine richtige Teilung gab es hier wahrscheinlich noch nicht, allerdings scheint es doch möglich, dass die besten Kämpfer eines Stammes eine größere Spezialisierung auf den Kampf übten.
Grüße Moe

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von bowa » 30.10.2012, 13:38

Lass die doch mal einen Bogen > 60 lbs spannen. Das bekehrt die bestimmt schon.
Obwohl sich das ein bisschen so liest als ob das Typen wären die sich dann nichts anmerken lassen und am nächsten Tag 3 Wochen wegen einer Zerrung krank geschrieben sind :D ;)
Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen ich bin nicht verrückt.
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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von Wilfrid (✝) » 30.10.2012, 13:44

naja, zum Zuggewicht:
mehr als durch geht nicht, 60# reichen für "durchs Reh", in /durch den Hirsch, durch die Rippen eines Kaffernbüffels (hat in Südafrika mal ein Engländer am erlegten probiert)
Großwild jagten in der Steinzeit alle, Männlein wie Weiblein. Und zwar in Gruppen, das so nebenbei.

Die Bogenjagd dürfte sich auf kleinere Tiere beschränkt haben, an einer Pirschjagd sind eben wenig Leute beteiligt, und man muß ja die Beute auch nach Hause kriegen. Was nutzt es 200 kg Fleisch erlegt zu haben, wenn ´s nicht ins weiter entfernte Lager zu schaffen ist? Und beim Holen der Gruppe der Bär die Beute zwischendurch wegschleppt?

Und die Bogenjagd von Frauen ist ja zumindest im Mittelalter belegt. Als Sport ...

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Re: Fragen zum Zuggewicht verschiedener Jagdbogen - bitte he

Beitrag von corto » 30.10.2012, 14:26

Auch wenn das HEUTE manche Jäger in Nordamerika tun mögen. Aber die verhungern ja auch nicht, wenn sie keinen Erfolg haben...


Der Trend, gerade in den USA geht zu Compoundbögen.
Viele Jäger werden nicht jünger, und ein compound hat da eindeutig vorteile. da dürfen es auch mal ein paar # mehr sein als man mit einem trad. langbogen vernünftig schießen könnte.

diese wohnzimmerhelden kannst du, am besten einfach ignorieren. :D

€dit:
ich hab da ein video das kannst du den helden mal zeigen. ich linke es hier nicht weil es etwas "graphic" ist, aber es zeigt die Jagd in Afrika auf Großwild. ich schicks dir mal als pn.
moderne jagdethik bringt uns dazu, eine Waffe erst als "ausreichend tödlich" zu betrachten wenn das Tier schnell stirbt - das ist aber nicht notwendig um satt zu werden.
ich habe keine Lösung und bin Teil des Problems -
aber bei geistlos rezipierten viralen Kampfbegriffen gegen Humanismus und Menschlichkeit geht mir der Hut hoch !

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