Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Fragen zu Boegen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Bogenbau.
lonbow
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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von lonbow » 02.12.2013, 23:01

Ich würde behaupten, dass der burgundische Bogen ein ziemlich effizientes Design ist, welches zusätzlich noch einen representativen Charakter hat.

Durch den Reflex im Griffbereich und an den Wurfarmenden wird viel Energie gespeichert.
Sehr lang ist der Hohenaschaubogen mit ca. 160cm effektiver Bogenlänge nicht. Der Bogen aus München ist mit 175cm Länge ist auch nicht zu lang.
Laut Holger Riesch ist das 5 eckige Profil effizienter, als andere Profilformen. Über das 5 Eck Profil der Allamannenbögen gab es an der Fachhochschule Bingen eine Untersuchung, bei der sich zeigte, "dass der fünfeckige Querschnitt beim Schuss mehr Energie abzugeben in der Lage ist, als es runde, ovale oder D-förmige können." (Bogenbauer - Buch S.109)
Das die Materialbelastung dur den Reflex und das relativ hohe Profil erhöht ist, ist logisch. Deshalb wurde für den Bau dieser Bögen Goldregenholz verwendet (sehr druckstabil).

Als einzigen leistungsmindernden Faktor würde ich beim Hohenaschaubogen die Wurfarmenden ansehen. Die Tips hätte man etwas schmaler und leichter bauen können. Aber gerade die Enden sind sehr schön verziert. Hier hat man wahrscheinlich wirklich einen kleinen Kompromis zugunsten der Ästhetik gemacht. Beim Bogen in München sind die WA-Enden jedoch schmaler und leichter gestaltet.

Viele Grüße,
David

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Wilfrid (✝)
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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Wilfrid (✝) » 03.12.2013, 06:47

ich verrate euch jetzt mal ein gaaaaanz großes Geheimnis ..
Also das 5eck Profil ist ja nun richtig verwunderlich und so geheimnis voll, wenn man von Biegeverhalten von Profilen keine Ahnung hat, ansonsten gilt , ein Stab versucht immer , in Richtung des geringeren Flächeträgheitsmoments sich zu biegen.

Bei eine quadratischen Querschnitt über eine Kante, bei einem hochgestellten Rechteck über die breite Seite. Bei einem runden Bauch so annähend über die "höchste Linie" und bei einem 5 -eck eben über die 5. Kante. Während die Richtung beim D-Profil nicht so genau definiert ist, ist das eben beim 5 Eck (auch bei "Kante gebrochen"), der Fall. Ich kann also die Biegerichtung der WA über die Lage des Dachfirsts die seitliche Verbiegung der WA sehr viel leichter steuern als beim runden/D-Profil oder gar bei einem 4-eck. Ich schummele bei einer WA verbiegung nach rechts den First in diese Richtung und mein WA biegt sich wie gewünscht. Man kann dann auch noch durch "tiefer ziehen" des Dachs Verdrehungen des WA in sich ausgleichen. Dieses beides macht natürlich das Tillern deutlich leichter .
Das Holz, so es einigermaßen druckfest ist, hält das genauso aus,wie ein D -Profil. Denn auch da wirkt der Druck ja auf eine , nämlich die höchste , Linie. Das man die Kanten sanft bricht, sollte eigentlich klar sein.
Dadurch kann man Bögen bauen, die deutlich höher als breit sind, und die Zugkraft nimmt nun mal mit dem Quadrat? der Höhe zu.
Das macht den Bogen leichter bei gleichem Zuggewicht, und je weniger Holz bewegt werden muß, um so mehr kann dem Pfeil mitgegeben werden ..

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Chirion » 03.12.2013, 09:07

Nun da ich ja einen Burgunder aus Goldregen mit 5 Eckprofil habe kann ich auch ein wenig was über die Leistungsfähigkeit des Bogens sagen.
Das Ding hämmert mit seien 68# einen 9gr/# Pfeil problemlos an die 200m Marke wie wir heuer beim einem Clout Turnier feststellen konnten und ist auch auf die Scheibe schnell und präzise.
Vom Verhalten her bestens geeignet für die Jagd auf größeres Viehzeug über größere Distanzen.
Auf einem anspruchsvollen Parcours fühlt sich der Bogen entsprechend wohl und spielt seine Vorteile auf große Distanz auch gnadenlos aus.
Ich bin sicher das der Burgunder die absolut optimierte Bogenform für Goldregen darstellt.

Ich kann nur eines empfehlen, baut mehr von den Dingern !!!!
Zuletzt geändert von Chirion am 03.12.2013, 13:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Taran » 03.12.2013, 09:17

Vielen Dank für eure Erklärungen, jetzt muss ich mir nur noch mein Bogenbauerbuch vom Ausleiher zurückholen!
Wunderschönes Holz, der Goldregen, und super Fotos, Chirion!

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Wilfrid (✝) » 03.12.2013, 10:36

Das Design mit einem flachen Winkel von ~120° (so der Winkel eines Metllbohrers) funktioniert erfolgreich mit getoasteter Esche.
Wichtig ist nur, das der zulässige Biegeradius nicht unterschritten wird. Aus diesem und der Breite ergibt sich u.a. der Winkel des Dachs. Also ~30# ~90°, 60# ~130°. Man darf die "Traufe" ruhig fast auf die Mitte der Höhe runterziehen. s. Bauanleitung Flitzebagen... ungewöhnlicher Bogentiller.

Was sich in 5 Jahren so alles tut ...

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Taran » 03.12.2013, 12:09

Terminologieprobleme!
"zulässiger Biegeradius"?
Die Gradangaben beziehen sich auf die Dachwinkel, oder?
" Man darf die "Traufe" ruhig fast auf die Mitte der Höhe runterziehen. " Sorry, verstehe ich leider nicht! Bitte ein Bild?

Danke! Und wenn Esche geht, na dann! hab ich!

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von lonbow » 03.12.2013, 13:25

@Chirion

Einen wirklich wunderschönen Bogen hast du da gebaut! Und die Leistung ist echt beeindruckend! Du bist mit 44 Gramm schweren Pfeilen mit 68lbs über die 200 Meter-Marke gekommen? Wow!!!

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Chirion » 03.12.2013, 13:54

@ lonbow Moment da muss ich jetzt ein wenig korrigieren, die Pfeile liegen bei 40g, du hast recht bei 10gr/# müssten es 44g sein, es sind also 9gr/#, werde das oben korrigieren.
Je nach Bedingungen ( wechselnder wenn auch nicht allzu starker Wind) lagen die Weiten knapp darunter bis knapp darüber, die Schüsse die wir auf Weite gemacht haben lagen zwischen 180m und 205m.
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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Wilfrid (✝) » 03.12.2013, 16:32

Biegeradius:
Wenn man ein Rohr oder ein Bündel Rohre biegt, beult´s irgendwann ein/knickt ab oder das äußere Roh reißt ein. Vorher schnellts meistens wieder zurück. Bis auf ein bisschen Restbiegung.
Analog:
Wenn man Holz biegt, gibts irgendwann Stauchrisse oder es reißt am Rücken, vorher gibts Set.

Beides liegt an der Längung (Rücken)bzw Stauchung (Bauch) der Außenflächen.
Nun ist es ziemlich Wumpe wie breit das Rohr/Rohrpaket ist, bei einer Dicke x versagt das Bauteil, ergo auch der Bogen.
Daher vermute ich, das zu jedem Holz und zu jeder Holzdicke ein Minimalradius gehört, bei dem das Holz gerade noch nicht versagt. (maximal zulässige Biegung) Und es ist ganz grob auch egal, wie breit der Bogen ist.

Nehmen wir mal an, Dein zukünftiger Burgunderbogen hat im Griff die Maße 30x40mm und ein Zuggewicht von ~55#, bei einer Länge von 180cm,er sein Astrein und homogen. Wenn Du jetzt das Dach 1/2 von der Dicke machen möchtest (extrem) läuft die "Traufe" Deines Daches auf der Mittellinie Deiner Dicke und Dein Öffnungswinkel wird 120° ??
Ein Bogen vom halben Zuggewicht hätte jetzt die Breite = die Höhe des Dachs, der Winkel wäre um etliches spitzer. Beim Flitzebagen ist die Höhe des Dachs ~1/4 der Dicke (am Griffübergang). Was dann als Winkel rauskommt, ist egal, es hält.
Jedenfalls wenn man nicht übertreibt. zu den Tipps hin wird der Winkel dann logisch immer größer

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Taran » 03.12.2013, 17:01

"Traufe" - da meinst du die Dachunterkante, die auf der Hälfte der Gesamtdicke des Wurfarmes liegt, also bei 15mm (von 30mm), und das bei 40mm WA-Breite. Das Dach ist also 15mm hoch. Okay.

Das mit dem Biegeradius bestimmen wir mit dem Standardbruchtest, nicht wahr?

Also langsam wird's mir klar. Danke!

Dass der First das seitliche Wegkippen/Drehen beeinflusst, glaub ich mal so! Ich bin hier nicht der Ingenieur. Wenn der Bogen aber breiter als dick ist, wird der Effekt abnehmen, oder?

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Wilfrid (✝) » 03.12.2013, 20:12

Der Effekt nimmt nicht ab, er ist nur nicht mehr soo nötig. Ein breiter Bogen wird ja nun selten seitlich ausbiegen oder gar ausknicken

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von lonbow » 08.12.2013, 23:37

trotzdem eine beeindruckende Leistung!

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von lonbow » 28.01.2014, 13:47

Ich habe schon von sehr unterschiedlichen Datierungen des Hohenaschaubogens gelesen (ca.1480 von Holger Riesch bis 17.jh von Jürgen Junkmanns).
Vielleicht könnte uns der Griff bei der Datierung etwas helfen. Im Gegensatz zu den anderen mir bekannten Burgunderbögen bin ich mir absolut sicher, dass der Hohenaschaubogen kein Griffleder hatte. Dafür gibt es drei Indizien:
1. Der Griffbereich hat genau die gleiche Farbe, wie der übrige Bogen.
2. Schaut man sich die Rillen des 5-Eck Profils im Übergangsbereich zum Griff an, fällt auf, dass die Rillen am Rückenbereich schon etwas weiter außen enden, als die Rillen am Bauch (diese enden genau an der Kante, wo der Griff beginnt). Wenn es ein Griffleder gegeben hätte, würden die Rillen am Rücken schon vor dem Griff enden - das wäre ein Schönheitsfehler. Ohne Griffleder stört das jedoch nicht.
3. etwa 2cm unterhalb der oberen Kante des Griffbereichs befinden sich auf der linken Seite Abnutzungsspuren von Pfeilen. Bei allen jüngeren Burgunderbögen mit Griffleder endet das Leder jedoch genau an der Kanten des Griffs, wo die Rillen beginnen. Wenn der Hohenaschaubogen ein Griffleder gehabt hätte, wären diese Schleifspuren nicht vorhanden.

Meines Wissens waren Griffleder bis zur Mitte des 16.jhs unüblich. Ich vermute also, dass der Hohenaschaubogen älter sein muss.

Das Enden der Hornnocken sind beim Hohenaschaubogen verziert. Das Ende der oberen Hornnocke ist eine geschnitzte Eichel. Könnte man diese Eichel eventuell mit Hilfe von anderen Darstellungen auf Bildern, Möbeln, etc. zeitlich einordnen?

Grüße,
David

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Wilfrid (✝) » 28.01.2014, 14:10

naja, bei mir an meinen Bögen gibts auch die Schleifspuren oberhalb des Griffleders, da das eben noch die Funktion der Peckmark übernimmt. Also Schleifspuren, kein Argument. Auch das vorhandene Griffleder oder das fehlen desselben, kein Argument, denn Woher will man wissen, was damals an so nem High-Endbogen üblich war?
Kaiser Maximilian soll ja Bogenbauer an seinen Hof geholt haben, was denn erklären würde, wie der Bogen dahin kam, wo er gefunden wurde. War da nicht ne Inventar nummer dran??

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Re: Der Hohenaschaubogen, ein Burgunderbogen!

Beitrag von Drako292 » 24.06.2014, 19:24

Mal ne Frage zu dem Hohenaschau Bogen. Wäre es möglich diesen aus Manau nach zu bauen oder hat es vielleicht schon jemmand probiert?

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