Gründe für einen Vollholzbogen

Fragen zu Boegen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Bogenbau.
Kettensprenger
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 339
Registriert: 14.01.2004, 22:26

Gründe für einen Vollholzbogen

Beitrag von Kettensprenger » 18.02.2004, 13:26

Ich bin jetzt ein paar Wochen hier registriert und habe so den Eindruck, dass die meisten sich doch verdammt gut mit dem Holzhandwerk auskennen und eigentlich eher einen Vollholzbogen (oder auch Primitivbogen) bevorzugen. Pfeile selbst bauen sowieso.

Was mich als mehr oder weniger Bogen-Einsteiger jetzt interessieren würde, wären die Gründe, warum ihr lieber einen Vollholzbogen schießt und auch baut als einen glasbelegten oder vielleicht einen custom-made Bogen.

Ist es der handwerkliche Aspekt, das "Basteln" oder eher die Tradition? Oder die "Ablehnung" von modernen Materialien wie Glas oder Carbon?

Ich bewundere schon irgendwie die Arbeit, die ihr euch da immer macht. Auch auf die Gefahr hin, dass euch dann plötzlich drei Wochen Arbeit brechen ...
scio nescio

Benutzeravatar
Ravenheart
Forengott
Forengott
Beiträge: 22357
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Ravenheart » 18.02.2004, 13:37

...also ich schieße Vollholz und Glasbelegte im Wechsel, je nach Laune!

Einen (gelungenen) selbstgemachten Vollholz zu schießen, ist ein tolles Gefühl! Auch haben Selfbows eine ganz eigene Ästhetik, eine "natürliche Schönheit", die einfach anders ist als bei einem "industriell" gefertigten.

Das Wichtigste für MICH ist aber: Mir macht der Bauvorgang einfach Freude! Da ich einen fast reinen Schreibtischjob habe, ist die handwerkliche Betätigung für mich ein harmonischer Ausgleich. Da ich zugleich dabei die Erkenntnisse aus meiner Ingenieursausbildung einfließen lassen und mich andererseits gestalterisch-kreativ "austoben" kann, spricht das Bauen alle meine Sinne (ergänzend zum Job) an und gibt mir das Gefühl, "ganzheitlich" gefordert zu werden.

Dass ich die Bogen dann auch schieße (oder, wenn ich sie verschenke, geschossen wissen will), ist doch klar, oder?

Rabe

Uli
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 632
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Uli » 18.02.2004, 14:32

1. Wie Rabe schon sagt, so ein Vollholzbogen ist einfach ästhetisch.
2. Mir gefällt es, wenn man möglichst nur Materialien benutzt, die uns die Natur bietet (zu meiner Schande habe ich allerdings eine Sehne aus Dacron :( ).
3. Es ist für mich ganz einfach ein gutes gefühl etwas selbst geschaffen zu haben. Man achtet es ganz einfach mehr.
4. Auch der finanzielle Aspekt spielt bei mir noch eine Rolle.
5. Ein Bogenschütze, der sich mit einfachsten Mitteln einen Bogen bauen kann, überlebt auch wenn er sich mal im Urwald verläuft ;-) .

Uli
Memento mori!
Gaudeamus igitur, iuvenes dum sumus!

Benutzeravatar
Hunbow
Administrator
Administrator
Beiträge: 3132
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Hunbow » 18.02.2004, 14:40

mir geht es so ähnlich wie RABE. ich habe einen kopfarbeiterjob und brauche den handwerklichen ausgleich. ich schiesse normalerweise reiterbogen, aber ich was anderes schiesse oder baue, dann einen primitivbogen.

- das bauen eines reinen holzbogens ist für mich eine sehr kontemplative angelegenheit. ich arbeite sehr langsam, lasse mir und dem holz zeit. das verfolgen eines jahresringes fällt mir nicht leicht, ausserdem gibt es immer das damoklesschwert eines möglichen fehlschlages.

- es ist für mich also auch aufregend. was ich sehr reizvoll finde ist die schönheit eines schlichten holzbogens. er fasst sich klasse an und ist natur pur. ausserdem freu ich mich darüber, wenn aus einem groben und schweren holzteil ein leichter, eleganter bogen wird. es zeigt mir, daß ich in der lage bin etwas schönes zu herzustellen!

- es hat für mich etwas sehr archaisches und verbindet mich mehr mit natur als z.b. ein glasbelegter bogen

ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass mich beim bauen eines einfachen bogens weniger die physik, die mögliche pfeilgeschwindigkeit oder ein rein technisches vorgehen reizt.

jetzt war ULI schneller als ich. ich kann mich seinen aussagen nur anschliessen!
"Der starke Mann trotzt dem Regen. Der kluge Mann stellt sich unter."

Filmtipp:
http://www.struckthefilm.com/

Sorsha
Jr. Member
Jr. Member
Beiträge: 71
Registriert: 04.10.2003, 19:35

Stolz und

Beitrag von Sorsha » 18.02.2004, 14:40

Also ich habe jetzt schon drei Vollholzbögen (Primitiv) und finde sie alle schön; sie haben unterschiedliche Stärken. Zum Glück - toi, toi,toi - ist mir auch noch keiner kaputt gegangen.

Ich denke, Rabe hat recht: es ist ein tolles Gefühl, mit Holz umzugehen, und etwas selbst herzustellen, gerade als Kontrapunkt zum heutigen Konsumverhalten - hingehen, kaufen, benutzen, wegwerfen. So etwas selbst gemachtes ist etwas lebendigeres. Auch fasziniert mich, das mit wenigen einfachen Werkzeugen so etwas Kunstvolles und Sinnvolles entstehen kann; so haben schon seit vielen Jahrhunderten Menschen Bogen hergestellt. Einfach, aber wirkungsvoll.

Gruß Sorsha

P.S. Plane schon den nächsten Bogen (Flachbogen).
If the arrow is not aimed, what matters the direction of the wind ?

Archiv
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 8908
Registriert: 16.04.2007, 22:36

Weil sie einfach schöner sind -

Beitrag von Archiv » 18.02.2004, 14:52

die Holzbögen nämlich :D. Von der Leistungsfähigkeit kommen sie auch mit glasbelegten Langbögen mit, vielleicht mangelt es etwas an Komfort, aber des ist mir Wurscht. Für mich besteht der Reiz darin zu sehen wie aus einem geraden Stück Holz, das eigentlich nicht weiß, daß es sich biegen soll, etwas geschaffen wird, das sich biegt und auch noch Pfeile ins Ziel befördert. Ich laminiere auch verschiedene Hölzer, denn nicht jedes Stück Holz ist zu einem reinen Selfbow geeignet, aber ich bleibe beim Holz und lasse die Glasfaser aussen vor.
Mit natürlichen Materialien umzugehen und elektrische oder sonstwie betriebene Hilfsmittel aussen vor zu lassen hat zudem auch so seinen Reiz (da kommt der Urmensch mit seinen ganz archaischen Typologien in mir hoch :))


@Kettensprenger
Custom-made heißt doch nur, daß der Bogen für den Schützen speziell angefertigt wurde. Im Idealfall von einem Bogenbauer, der vom Baum fällen bis zum fertigen Bogen alles selbst macht.
In dem sinn schießen wir (die selberbauer) ja auch Custom made Bows.

Benutzeravatar
locksley
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 5768
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von locksley » 18.02.2004, 15:35

Ich schiesse Vollholzbögen aus den oben schon angeführten Gründen, auch wenn sich meine bogenbauerische Tätigkeit bisher auf einen Eschenbogen und ein paar Flitzebögen für dei Neffen beschränkt.

Ausserdem finde ich es einfach besser mit einem einfachen Holzbogen umzugehen und damit auch das Ziel zu treffen, als mit einem modernen Bogen. Zudem finde ich solche Bögen einfach schöner als die glas- oder carbonbelegten Flatbows.
Ein grosser Mann wird weder vor dem Kaiser kriechen, noch einen Wurm zertreten (Benjamin Franklin)

Wenn das Atmen schwieriger waere, haetten wir weniger Zeit um Unsinn zu reden.

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd (Sprichwort)

Nighty
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 405
Registriert: 14.12.2003, 10:12

Beitrag von Nighty » 18.02.2004, 21:50

Es ist einfach ein Supergefühl etwas mit einfachen Mitteln zubauen und zu sehen wie das hinterher funktioniert.
Dazu kommt das ich sehr gern mit Holz arbeite und so ein "naturnaher" Holzbogen einfach schön ist.
Nebenbei erwähnt ist es leicht an geeignetets Material zukommen ,das obendrein auch nicht so teuer ist.
jetzt noch mehr zuschreiben verkneif ich mir... das ganze ist so schon eine Wiederholung dessen was schon geschrieben wurde.





:D :bussi
...lerne auch aus den Fehlern anderer ,das Leben ist zu kurz um Alle selber zumachen...

Archiv
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 8908
Registriert: 16.04.2007, 22:36

Es ist etwas

Beitrag von Archiv » 18.02.2004, 22:12

ganz anderes einen selbstgebauten Vollholzbogen in der Hand zu halten. Wie Rabe und meine anderen Vorredner schon geschrieben haben.Die industriell hergestellten Bögen unterscheiden sich doch nur noch im Zuggewicht und sehen sonst fast alle gleich aus( Model und Hersteller vorrausgesetzt)Bei den Selbstgebauten, egal wieviele man baut, sieht jeder anders aus und enthält ein Stück Persönlichkeit und Seele des Erbauers. Es macht ihn lebendig und er wird ein Teil von dir.

Taran
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4385
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Ich ketzere mal...

Beitrag von Taran » 18.02.2004, 23:35

Ihr habt ja alle recht...
Aber ist es nicht auch ein Grund, dass Glasbögen schwierig und nur mit riesigem Aufwand zu bauen sind (Epoxy in großen Mengen ist ja auch nicht unbedingt verträglich)?
Sind wir nicht einfach nur faul und trauen uns das nicht zu?

War nur Spaß.
Taran von Caer Dallben

... και δόξα τω Θεώ !

Kettensprenger
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 339
Registriert: 14.01.2004, 22:26

Die Beweggründe

Beitrag von Kettensprenger » 19.02.2004, 07:41

sind bei allen absolut nachvollziehbar! Bei vielen waren sie für mich auch irgendwie zu erwarten. Beispiel Kopfarbeit - handwerklicher Ausgleich.

Ich habe früher (als ich noch bei den Eltern wohnte und eine "Werkstatt" hatte) auch versucht, das eine oder andere Möbelstück zu bauen. In der Zwischenzeit müsste ich aber jedes Mal 110 Kilometer fahren, um zu meinen Eltern zu kommen. Deshalb habe ich mich dann zu custom-made-Bögen entschlossen, weil ich trotz "industrieller" Fertigung und modernen Materialien ein bisschen Persönlichkeit in dem Bogen haben wollte.

Außerdem glaube ich, kommt es auch immer darauf an, mit wem man das erste Mal schießt bzw. von wem man den Bogen geliehen bekommt. In meinem Fall war das ein Border-Bogen. Also habe ich mich bei dem mir dann genannten Händler umgesehen und bin so dann auch bei Border hängen geblieben.

Aber Pfeile selbst machen etc., das macht mir voll Spaß. Was mir irgendwie aus ästhetischer Sicht ein wenig ins Auge sticht, sind die meist sehr breiten Wurfarme der Selfbows. Am schönsten bei dem Userbild ... oh oh ... das müsste der Snake-Jo sein oder wie er heißt. Diese Form ist mir einfach zu breit direkt nach dem Griff. Aber über Geschmack streitet man sich nicht, man akzeptiert den des anderen :-)
scio nescio

Benutzeravatar
landogar
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 445
Registriert: 06.08.2003, 23:46

RE: Die Beweggründe

Beitrag von landogar » 19.02.2004, 07:54

Original geschrieben von Kettensprenger
Was mir irgendwie aus ästhetischer Sicht ein wenig ins Auge sticht, sind die meist sehr breiten Wurfarme der Selfbows. Am schönsten bei dem Userbild ... oh oh ... das müsste der Snake-Jo sein oder wie er heißt. Diese Form ist mir einfach zu breit direkt nach dem Griff. Aber über Geschmack streitet man sich nicht, man akzeptiert den des anderen :-)


ist snake-jo.
hab mir sagen lassen das ist die indianische form eines flachbogen(stimmt´s,wenn nicht die wissenden voran).
mir gefällt das auch nicht so. :) ;-) hätte da immer das gefühl mir fehlt noch das kanu dazu. ;-) :)
bei der europäische form ist der übergang vom griffstück zu den wurfarmen nicht so krass.
das sich eisere wäg, aber niemoals eisere waffe kreuzed
that our paths, but never cross our arms
att våra vägar, men aldrig över våra armar

Benutzeravatar
Hunbow
Administrator
Administrator
Beiträge: 3132
Registriert: 06.08.2003, 23:46

RE: Die Beweggründe

Beitrag von Hunbow » 19.02.2004, 09:37

Original geschrieben von Kettensprenger

...Was mir irgendwie aus ästhetischer Sicht ein wenig ins Auge sticht, sind die meist sehr breiten Wurfarme der Selfbows. ...


es geht auch anders! guckst du z.b. hier:[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10151/flachbogen001.jpg]
Bild[/url]
"Der starke Mann trotzt dem Regen. Der kluge Mann stellt sich unter."

Filmtipp:
http://www.struckthefilm.com/

Benutzeravatar
doralf.vom.wald
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 347
Registriert: 18.12.2003, 10:56

Vollholzbogen

Beitrag von doralf.vom.wald » 19.02.2004, 16:24

sind, wie der Name schon sagt, voll aus Holz. Also aus einem Stück. Diese traditionellste Art einen Bogen zu bauen ergibt immer ein Charakterstück, weil man dem Bogenholz folgen muß, nicht dem Erbauer. Das, finde ich, ist das eigentlich tolle an einem Primitivbogen. Man kann nur das herausarbeiten was die Natur einem vorgegeben hat.

Ein mit Holz "gebackter" (:-o was für ein Wort!) Bogen ist immer noch voll aus Holz, vereinigt aber die moderne Werkstofftechnik mit der traditionellen Bauweise. Erlaubt dabei aber auch selbst kreativ zu werden ohne komplett vom Holz abhängig zu sein. Sowas nennt sich Fortschritt.

Ich denke, wenn die Altforderen die Technik gekannt hätten, wären auch "moderne" Materialien verwendet worden. Einen Bogen bruchsicher zu machen haben die ja mit verschiedenen Backings auch versucht. Damals gab es noch kein Laminat. Wenn ich also !!!heute!!! Bogenschiessen möchte, kann ich gelebte Archäologie betreiben (Holz) oder moderen Materialien im Geiste der Tradition benutzen (Laminat, blank geschossen).

Für mein Plädoyer bleibt aber immer der Kern aus Holz übrig. Wer die Faszination des Bogenbauens aus einem Stück Holz erlebt hat, will es nicht mehr missen. Ich bekomme aber auch keine Gewissensbisse, wenn ich ein 2.ter-Klasse Stück vorsichtshalber mit Glas belege.

Beides ist legitim und es darf doch jeder nach seiner Fasson seinen Sport ausüben. Was wir aber nach einem Bogenbaukurs mit Kindern erlebt haben war, daß die Kandidaten "ihren" Bogen auch als solches behandelt haben, und nicht wie ein gekaufter Fussball!

Dieser Punkt trifft genau Hennings Statement: ein selbstgemachter Holzbogen ist ein Stück Persönlichkeit.

Hugh

Doralf
Mittelaltergruppe Veluptes tectorum

Kettensprenger
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 339
Registriert: 14.01.2004, 22:26

Wurfarmbreite

Beitrag von Kettensprenger » 20.02.2004, 13:26

@Hunbow:
sicherlich sind die Wurfarme deines Bogen nicht mehr so breit ... aber trotzdem wären sie mir noch zu breit. Vielleicht bin ich da ja "Border-Verwöhnt", aber auf dem Bild
[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10764/Griffon_1.jpg]
Bild[/url]
sihest du vielleicht besser, was ich meine. Das sind nicht mal genau 3 cm ...

Ok, aber da ist Carbon drin und Glas drauf.

Und die Aussagen aller decken sich grundsätzlich schon mit meinen Vermutungen. Nur hatte ich damals keine Ahnung, was ein Primitivbogen ist und was nicht. Und da ich halt "einen guten" Bogen haben wollte, hab ich richtig Geld ausgegeben und da gibt's dann meistens wohl nur welche mit Carbon und Glas etc. Aber gerade deshalb, weil sie teuer waren, behandle ich die Teile sicherlich genauso gut wie ihr eure selbst gebauten. Denn ich hab wahrlich keinen Geldscheißer daheim und muss auch hart für mein bisschen Gehalt arbeiten. Und was dazu kommt, ich habe halt keine Möglichkeit mehr, mal schnell nach der Arbeit in die Werkstatt zu gehen um noch ein wenig am Bogen zu basteln. Deshalb blieb nur der Weg eines custom-made Bogens. Denn einen von der Stange wollte ich auch nicht. Wenn schon, denn schon ...
scio nescio

Antworten

Zurück zu „Bögen“