Wildwutzfellköcherbauanleitung

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medicinewheel
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Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 08:58

Vor ner Weile hab ich folgenden Artikel für die TB verfaßt; da Interesse daran angemeldet wurde, das Ganze hier im ungekürzten Nachdruck...

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So, heute wollen wir mal was nützliches basteln und zwar einen Köcher aus Wildschweinfell.
Dazu gehen wir erstmal in den Wald. - Nein, nicht um ein Wildschwein zu erlegen, das schießen wir nicht im Wald, sondern bei eBay. Geduldig liegen wir auf der Lauer, sind ganz cool, wenn der Preis inklusive Versand die 25 Euro-Grenze überschreitet, 1-2-3... nein, nicht meins: wer mehr zahlt ist selber Schuld! Das hier verwendete Fell lag deutlich unter 20 Euro.
Wir lauern auch nicht auf das größte Fell, sondern auf eines von einem sogenannten Überläufer, am besten eins, bei dem man die Frischlingstreifen noch sehen kann. (Abb.1)
Das Ganze funktioniert natürlich auch mit einem sehr großen Fell, aber dann gibt es 1. Unmengen an Abfall, der nicht wirklich weiter verwertet werden kann, 2. ist das Leder stellenweise extrem dick, das Nähen desselben entsprechend wenig Freud' bringend, und 3. sind an so einem ausgewachsenen Keiler auch einfach zu lange Haare dran. Wer mag kann sich hier gerne noch die Punkte 4. und 5. überlegen, die anderen gehen aber schonmal los in Richtung Wald. Schößlinge suchen.
Woßß! ...Schößlinge?? Machen wir erst Pfeile oder wie...? - Nein, machen wir nicht: die Idee zu diesem Köcher ist – wie heutzutage eigentlich alle guten Ideen – natürlich geklaut. Nämlich von Fotos von einigen sehr schönen Köchern aus Birkenrinde, die ich irgendwann mal im www. downgeloadet (ein Schwachsinnswort) hatte. Diese Köcher hatten nämlich zur Stabilisierung einen Rahmen aus gespaltenen Schößlingen.
Aus Gründen, die mir völlig unklar sind, hatte ich mich bei den beiden von mir hergestellten Köchern für Schößlinge von Ebereschen entschieden; jeder andere biegsame Schößling geht wahrscheinlich auch, Esche, Weide, was sich halt im nächsten Wald so findet.
Vier Schößlinge an der Zahl benötigen wir. Und die werden dann gleich an Ort und Stelle entrindet. Zwei der Schößlinge, ca. 60 bis 70 cm lang, die später um Öffnung und Boden genäht werden, flachen wir einseitig ab; Stück für Stück arbeiten wir sie runter, das funktioniert besser als in einem Rutsch spalten.
Dann biegen wir sie mittig um einen runden Gegenstand, z.B. um eine Papprolle oder um das untere Ende des Holzbeins von Käpt'n Ahab. An den Enden mit Gewebeband umgewickelt, lassen wir sie nun einige Tage trocknen, zusammen mit den beiden anderen, die wir allerdings noch nicht gespalten, aber entrindet und leicht durchgebogen haben.
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wildboar2_01.JPG
Abb.1
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medicinewheel
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Re: Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 08:59

„Soll das denn nun ein Rückenköcher, ein Seitenköcher oder ein Umhängeköcher (Plains style) werden?“ wird sich der eine oder die andere fragen. Das müssen wir hier und jetzt noch nicht entscheiden, wenn wir's nicht sowieso schon wissen. Toll, gell!? (Einzige Ausnahme: wenn es ein St.Charles- oder stalker style Köcher werden soll, müssen wir das gleich entscheiden)

Das geeBayte (noch so ein Schwachsinnswort) Fell ist inzwischen auch eingetroffen, es kann also losgehen!

Wir nehmen ein ausreichend großes Stück Zeichenkarton und fertigen daraus eine Halbschablone, diese wiederum zeichnen wir entlang der Rückenlinie gespiegelt auf die Fellinnenseite und schneiden das ganze sorgfälltig mit Teppich- oder Ledermesser aus. (Abb.2,3)
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wildboar2_03.JPG
Abb.3
wildboar2_02.JPG
Abb.2
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Re: Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 09:00

Ich hab den Umriss hier so gelegt, daß die Ohren auf dem Köcher verbleiben; das sieht ziemlich cool aus, und wir haben so genügend Material (Abb.4,5), um den Köchermund innen mit Fell auszuschlagen, was der Versteifung dient und den Köcher gleichzeitig superleise macht.
Dateianhänge
wildboar2_04.JPG
Abb.4
wildboar2_05.JPG
Abb.5
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Re: Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 09:04

Diesen Kragen kleben wir also nun mit Patex ein, nehmen den getrockneten Schößling von Käpt'n Ababs Holzbein und nähen diesen von der Mitte beginnend zu den Seiten hin außen an der Kante fest. (Abb.6-9)
Dateianhänge
Abb9.JPG
Abb.9
wildboar2_07.JPG
Abb.7
wildboar2_08.JPG
Abb.8
wildboar2_06.JPG
Abb.6
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Re: Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 09:06

Als nächsten Schritt spalten wir die beiden anderen Schößlinge und nähen diese entlang der Rückenlinie zusammen, sodaß der Köcher nun eine Röhre ist. (Abb.10,11)

Jetzt sind wir auch schon fast fertig... - Nein, nicht wirklich: der absolute Elendsjob ist nämlich das Einnähen des Bodens, den wir jetzt aber erstmal vorbereiten. Wir schneiden ein tropfenförmiges Stück Fell, das ein wenig größer und eins, das ein wenig kleiner als die untere Öffnung der Röhre ist, kleben diese zentriert aufeinander und sichern zusätzlich mit einer Naht. (Abb.12,13)
Dateianhänge
Abb13.JPG
Abb.13
wildboar2_13.JPG
Abb.12
wildboar2_12.JPG
Abb.11
wildboar2_11.JPG
Abb.10
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Re: Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 09:15

Bevor wir den Boden nun einnähen, ein paar Worte zum Nähen selbst: ich habe die Nähte alle lustig kreuz und quer mit der Ahle gestochen, dann genäht, und zwar Stich für Stich, mit zwei Nadeln über Kreuz!
Auf diese Art läst es sich meiner Ansicht nach wesentlich besser nähen, als mit einer im Ganzen vorgestochenen Naht.
Wichtig dabei ist, darauf zu achten, daß man sich - besonders in Phasen der Ungeduld, wie sie den Nicht-Erleuchteten schon mal hie und da überfallen – die Ahle in überhaupt keinen Teil des Körpers sticht!
Insbesondere gilt dies für die nun bevorstehende Prozedur des Einnähen des Bodens.

Wir fixieren den Boden erst mit einer einfachen Naht in der Öffnung, erst dann legen wir den noch verbleibenden gebogenen Schößling um die Kante und nähen ihn auf. (Abb.14)
Klingt doch ganz einfach...

Ich hatte den Bau dieses Köchers schonmal als build-along auf der Webpage von Primitive Archer gepostet (...ich hab für die deutsche Sprache keine Hoffnung mehr). Auf meine Frage, ob jemand eine Idee habe, wie man das mit dem Boden irgendwie besser machen könnte, meinte einer, er würde einfach ein Stück Holz in Tropfenform schneiden und in die Öffnung nageln!
Das kann man machen, wenn's einen nicht stört, daß das Kacke aussieht
Dateianhänge
Abb14.JPG
Abb.14
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Re: Wildwutzfellköcherbauanleitung

Beitrag von medicinewheel » 27.11.2010, 09:21

Nun gehen wir nochmal in den Wald, denn wir brauchen noch zwei kleine Astgabeln, die wir schälen, in Form bringen und dann zu einer Öse zusammen gebunden trocknen. Dann verkleben wir die offenen Enden zu einer Öse und nähen diese dann am Mund und unten seitlich auf, befestigen einen Ledergurt daran, und fertig ist der Wildwutz-Rückenköcher! (Abb.15-17)
Für einen Umhängeköcher im Plains style befestigen wir die Ösen seitlich oben und unten, für einen Seitenköcher seitlich oben und mittig.

Im Einsatz getestet, kam mich der Köcher im ersten Moment zu steif vor im Vergleich zu einem walzenförmigen Köcher aus Dachsfell, den ich normalerweise benutze.
Nach wenigen Minuten störte er mich jedoch überhaupt nicht mehr, im Gegenteil, er erwies sich als ausgesprochen komfortabel.

Viel Spaß beim Bauen!

Ps: Für einen St.Charles-Köcher schneiden wir die Rückenlinie deutlich tiefer ein und nähen diese nur nahe Boden und Mund zusammen. (Abb.18)
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Abb18.JPG
Abb.18
Abb17.jpg
Abb.17
Abb16.JPG
Abb.16
Abb15.JPG
Abb.15

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