Daumentechnik-verschiedene Stile

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
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Yayci
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Yayci » 13.01.2012, 21:34

Hallo Daumenschützen!

Janitschar hat angeregt, dass ich hier einmal erzählen soll, wie ich zur Daumentechnik gekommen bin und speziell über meine Erfahrungen mit der Gruppe "Tirendaz" in Istanbul. Benzi hatte dann noch eine konkrete Frage, was es für Quellen zum kurzen Auszug der osmanischen Bogenschützen gibt. Wohlan denn... Bitte scheut euch nicht, nachzufragen, wenn ich wo was genauer erklären oder hinzufügen soll ;)

Auf die Daumentechnik kam ich über das osmanische Bogenschießen, darüber bin ich per Zufall Anfang 2011 gestolpert, als ich in einem ganz anderen Zusammenhang etwas über den "Okmeydan", das Übungsgelände für Bogenschützen in Istanbul (heutiger Stadtteil Kagithane) gelesen habe. Das hat dann das kleine Herz gefreut, eine Überschneidung vom Hobby Bogenschießen und der beruflichen Beschäftigung mit türkischer Geschichte! Ich habe dies und das online recherchiert und gelesen, so kam ich überhaupt erst zu Fletcher's Corner. Experimentiert habe ich auch, mit dem kürzlich zerborstenen Hasel-Langbogen und einem schnell zusammengeschusterten Leder-Tab für den Daumen. Dabei habe ich dann mit Bogen, Pfeil und Armen eine Art Mikado-Spiel veranstaltet >:) es muss extrem witzig ausgesehen haben... Im Ernst, mir fehlte einfach die richtige Anleitung, sich selber beibringen kann man sowas nicht.

Das änderte sich, als ich im Juni/Juli 2011 in Istanbul auf Recherche war. Schon vorher war ich im Internet auf die diversen Gruppen gestoßen, die in der Türkei daran arbeiten, das traditionelle türkisch/osmanische Bogenschießen wiederzubeleben. Eine davon kam mir von der Wirkung her irgendwie sympatisch vor, das war die Gruppe "Tirendaz", ins Leben gerufen von Murat Özveri. Tirendaz hat eine recht informative Website (www.tirendaz.com) mit allerhand interessanten Bildern, Videos und Texten zum Thema. Ich also unverweilt eine email hingeschrieben, ich wäre in Istanbul, ob ich nicht mal dazukommen könnte, ein bischen Hintergrund im traditionellen Bogenschießen "westeuropäischer Art", Historiker, etc. Murat Özveri schrieb prompt sehr freundlich zurück und lud mich zum sonntäglichen Training im Fußballstadion in Maltepe (Stadtteil im asiatischen Teil von Istanbul) ein. Aufgrund von Erfahrungen mit Vereinen in anderen Teilen der Welt (ich hab da in der Vergangenheit ein bischen Pech gehabt...) hatte ich erwartet, dass es ein bischen steif zugehen würde und ich von der Seite aus zugucken müsste. Dem war nicht so, es herrschte echt türkische Herzlichkeit, ich kriegte gleich einen Bogen in die Hand gedrückt und dann hieß es mitschießen!

Das Training verlief sehr informell und locker, der Ton innerhalb der Gruppe (ungefähr 10-12 Leute, Zahl variiert von Treffen zu Treffen) war gelöst, die Leutchen kennen sich schon eine Weile und so wurde viel freundschaftlich "gefrotzelt". Murat Özveri ist ohne Zweifel der Chef und wird von den anderen mit "Hoja" (=Lehrer, Meister, etwa wie japanisch "Sensei") angeredet, aber sonst war wenig von irgendwelchen Hierarchien zu spüren. Mehr wie eine Gruppe Freunde, die sich halt zum Bogenschießen treffen. Das Alter war so ungefähr zwischen 25 und 40, plus der elfjährige Sohn eines der Schützen, der schon wacker mit einem 25#-Bogen mithalten konnte. Geschoßen wurde mit verschiedenen Bögen, "türkische" von Grózer und einem Hersteller in der Türkei, daneben habe ich auch längere Reiterbögen "mongolischer" oder "ungarischer" Art gesehen.

Die Gruppe hat einen Übungsraum im Keller des Stadions, wo ungefähr 20 Meter weit geschossen werden kann. Ich wurde mit viel Geduld (und Gelächter) in die Daumentechnik eingewiesen, die Sache machte auch sehr schnell für mich Sinn - man muss es nur mal richtig gezeigt kriegen!! Das einzig Dumme war, dass ich natürlich einen Daumenring leihen musste, der nicht richtig passte und meinen Daumen ziemlich malträtiert hat. Eigentlich hätte ich mal ein "vorher-nachher"-Foto vom Daumen machen müssen. Nach drei Stunden war er ziemlich bläulich... Dazu noch die neue Technik im Kopf behalten, sich unterhalten in Türkisch, Deutsch und Englisch fast gleichzeitig, Istanbuler Sommerhitze - ich war ziemlich fertig hinterher. Quasi Extrem-BOgenschießen... Hier ein Foto, der schwitzende blonde Ausländer mit dem Bogen "im Anschlag" ist meine Wenigkeit (der noch sehr viel üben muss...)
Philipp Wirtz ziyareti 17 Temmuz 2011 022.jpg


Geschossen wurde zuerst auf verschiedene Distanzen je nach Ausbildungsstand, dann wurden Schießen auf Wurfscheiben und "Schnellschießen" mit Reservepfeilen in der Zughand geübt. Bei letzterem hab ich dann wieder Mikado gespielt ;) Die Mitglieder der Gruppe waren sehr darauf bedacht, dem Neuling ihre Kunst zu erklären, Murat Özveri hat sehr viel Ahnung von der historischen und technischen Seite des türkischen Bogenschießens. Er ist von Beruf eigentlich Zahnarzt, ist aber "nebenher" eigentlich ein vollwertiger Historiker geworden. Seine Publikationen sind von recht hohem Standard (einige davon auf der website von Tirendaz vorhanden), und er arbeitet mittlerweile sehr oft mit türkischen Museen zusammen, um deren Ausstellungen neu zu organisieren (eine brennend aktuelle Sache in der Türkei, nicht nur wenn es um historische Waffen geht. Eine "Museeumspädagogik" in unserem Sinne fängt dort gerade erst sachte an). Daneben ist Özveri öfter als consultant für Filmproduktionen tätig, zum Beispiel für die enorm populäre Serie "Muhtesem Yüzyil" über das Leben Sultan Süleymans des Prächtigen. Er wirkt ein bischen "übergroß", ein hühnenhafter Kerl mit enormem Schnurrbart, der wahnsinnig viel und schnell redet und dabei Pfeile in der Gegend herumfliegen lässt, aber er ist sehr nett und teilt gerne sein Wissen. Ich habe auch noch per Email Kontakt mit ihm, Fragen könnte ich also weiterleiten.

Das wäre so mein subjektiver Eindruck von dieser einen Gruppe. Es gibt noch mehr, man sagte mir bei Tirendaz, dass das traditionelle Bogenschießen in der Türkei "schwer im Kommen" sei. Murat Özveri hofft, dass das Bogenschießen, zusammen mit "jirit" (Speerwerfen zu Pferd) und Schwertkampf einmal in der Türkei einen ähnlichen Stellenwert einnehmen werden wie die verschiedenen Bushido-Disziplinen in Japan. Das wage ich persönlich zu bezweifeln, ich denke, der Bruch mit der "alten Ordnung" war in der Türkei deutlich radikaler als in Japan.

Soweit so gut, das wäre mein Bericht zu meiner Einführung in die Geheimnisse des Daumenrings 8) - Jetzt noch in einem separaten Beitrag zu Benzis Frage!
Viele Grüße,
Yayci
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Yayci
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Yayci » 13.01.2012, 21:53

... ich bin's nochmal...

Benzi, nun zu Deiner Frage: Es ging Dir darum, welche Quellen es für den sehr kurzen Auszug der osmanischen Bogenschützen gibt, hab ich das richtig in Erinnerung?

Was mir erklärt wurde, ist dass Abbildungen die Hauptquelle sind, neben der Länge der erhaltenen Pfeile. Die Münze, welche Du gezeigt hast, Benzi, kommt immer wieder in diesem Zusammenhang (sie ist aus der Zeit der Seljuqen, erinnere ich mich da richtig?), und scheint mir eine Art Brustanker (a la Kassai?) zu zeigen. Ich muss bald mal genauer suchen wenn ich mehr Zeit habe, aber eine schnelle online-Suche nach Kampf- und Jagdszenen in der osmanischen und persischen Kunst liefert etliche Abbildungen, die Bogenschützen beim Auszug zeigen. Dabei sieht man sehr oft den kurzen Auszug mit Anker etwa an der Wange, aber auch kürzere und längere Auszüge. Ein definitiver "osmanischer Ankerpunkt" lässt sich meiner Ansicht nach aus den Bildquellen nicht ableiten.

Eine mögliche Spur wären vielleicht noch die Schriftquellen. Kani (nach Hein) spricht von einem Auszug bis ans Ohr. Allerdings, wenn ich Kani richtig verstehe, wird die ganze Technik jeweils an den Körperbau des Schützen angepasst. Also bestimmt die Statur des Schützen auch den Auszug.

Hier wären schon mal Bilder:

1. Berittener Bogenschütze, Auszug offenbar bis zur Wange/Mundwinkel
frontier.jpg
Quelle: Cambridge University, Skilliter Centre for Ottoman Studies


2. Jäger in einer persischen illustrierten Handschrift, wohl Bahram Gur, der mächtige Jäger aus Ferdowsis "Shahname" - eher kurzer Auszug, ähnlich der Münze
7036_un. of washington.jpg
Quelle: University of Washington Library


Wie gesagt, bei Gelegenheit könnte ich nochmal nach Abbildungen suchen & meine Funde hier einstellen, wenn euch das interessieren würde. Benzi, ich hoffe, das hilft schon mal weiter.
Gruß,
Yayci
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Genni » 04.02.2012, 10:33

Mal ne Frage zum Anker, unabhängig von einem bestimmten Stil.
Wenn man Daumentechnik am Boden schießt also ohne Pferd, welcher Ankerpunkt "lohnt" sich dann ?
Ich schieße gerade zum ersten mal damit, und bis jetzt war der Brustanker am angenehmsten, sollte ich den dann uahc weiterbehalten, obwohl er ja eigentlich auf dem Pferd wichtig ist ?
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Janitschar » 05.02.2012, 08:56

@Yayci
Ich vergass... danke für den Bericht! ;D

@Genni
Ich hab Ankerpunkt gelesen?
Aus meinen osmanischen Quellen bzw Mustafa Kani ergibt sich ein Ankerpunkt bis zum Ohrläppchen.
Sobald dieses berrührt wird soll ein schnelles ruckartiges Lösen nach hinten erfolgen, der Ellbogen soll dabei regelrecht nach hinten knallen.

In meiner Praxis setze ich das immer erolgreicher um. Mein Ohrläppchen wird dabei von der Handoberseite bzw der Haut zwischen Daumenwurzel und Handknöchel des Zeigefingers, berührt. Es ist nicht viel mehr Auszug als wenn du am Mundwinkel ankerst, ähnlich wie die Jungs bei Tirendaz. Nur mEn kommts du so eher in die Rückenspannung.

Aus meiner Gesichtspunkt lohnt sich ein Ankerpunkt absolut.
Er unterstützt und fördert eine exakt wiederholbare Schießtechnik - reproduzierbar eben.

Ob ein Ankerpunkt sich lohnt, hängt aber auch von deiner Schießtechnik mit der du dich wohlfühlst ab (ganz wichtig) und was du für einen Bogen hast bzw über welche FD-Kurve er verfügt.
Ich persönlich bezweifel ja die immensen Auszugslängen die gerade modern sind.
Sehen wir einmal von Riesen wie Hexer und Sateless einmal ab.

Gruß
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Sateless » 05.02.2012, 09:35

Meine Meinung dazu ist recht einfach, wenn es um Scheibenschießen, also meist 3D geht:
Da das Schlimmste, was passieren kann, ein zerbrochener Pfeil oder Bogen ist - und das Beste was passieren kann einfach Spaß und Freude zu haben ist, lohnt es sich, das alles mal auszuprobieren. So wie du dich wohlfühlst ist der beste Anker. Je nachdem, was du machen willst, ergibt sich eine Vielfalt an Möglichkeiten, da es in den letzten 2000 Jahren viel gab, was für einen Zweck optimiert wurde. Wenn du nur gut Zielscheiben treffen willst, "lohnt" sich diese Technik. Das ganze Reflexbogen Daumentechnik-Gedöns ist für eben diesen Zweck total hinderlich, kann aber Spaß machen und auch gute Ergebnisse bringen. Wenn man was machen will, wie einem das gefällt, hat man hier zumindest nen reichhaltigen Baukasten, das man sich das Ganze - wie Lego - zusammenbauen kann. Eine Teileliste findest du im Atarn. Ob du dabei Sachen wild kombinierst, oder nur aus einer Ecke Teile übernimmst - ist wumpe. (1)
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von benzi » 05.02.2012, 12:31

auf dem Pferd ist es hinderlich, wenn die Auszugshand einen anderen Körperteil im Vollauszug berührt (Anker), weil dieser Kontakt in der Bewegung sehr schwer aufrechtzuerhalten ist, die Bewegungen sind besser auszugleichen, wenn die Zughand keinen Kontakt zu einem anderen Körperteil hat

das kann man auch ohne Pferd ausproberien:

einfach mal im Vollauszug losrennen, mal mit der Auszugshand am Ohrläppchen oder am Mundwinkel und mal mit der Auszugshand frei...

naja und die Daumentechnik ist halt in meinen Augen fürs Pferd opitmiert.........

viele Grüße benzi
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Janitschar » 05.02.2012, 13:38

Wenn man Daumentechnik am Boden schießt also ohne Pferd, welcher Ankerpunkt "lohnt" sich dann ?


In Zukunft schreib ich deine Antwort benzi in mein vorhergehendes Post innerhalb eines Spoilers.
Wenn du dann deinen Beitrag geschrieben hast, darfst du nachschauen ;D

Ein Exkurs ins Bogenreiten obwohl dies vom Fragesteller ausgeklammert wurde... einfach genial benzi - ich wusste es ::) :)


Gruß
Stephan
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von benzi » 05.02.2012, 13:48

naja MEIN (für Stephan geändert und hervorgehoben :-* ) Hintergrund ist einfach der, einen REITERbogen wie einen REITERbogen zu schiessen und nicht wie ein Jagdrecurve :-*
Zuletzt geändert von benzi am 05.02.2012, 14:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Janitschar » 05.02.2012, 14:06

Hatte ich schon erwähnt das der Begriff REITERbogen mich schon immer gestört hat?
In Ungarn heißt er übrigends Nomadenbogen...

Ansonsten könnte ich ja schon wieder benzi... bei deinem Satz.. ahhhh ;D ;D

Gruß
Stephan
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von szuku76 » 05.02.2012, 17:03

Janitschar hat geschrieben:Hatte ich schon erwähnt das der Begriff REITERbogen mich schon immer gestört hat?
In Ungarn heißt er übrigends Nomadenbogen...

Ansonsten könnte ich ja schon wieder benzi... bei deinem Satz.. ahhhh ;D ;D

Gruß
Stephan


Falsch. Die Bögen werden als "pusztai nomád íjak" bezeichnet ( Steppennomadenbögen)

Gruß

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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Yayci » 05.02.2012, 17:33

Salü zusammen!

Die Bezeichnung Steppen-Nomadenbogen finde ich persönlich auch gut, nur kommt dann garantiert gleich wieder einer und wirft ein, dass die späteren Osmanen oder Mandschu zwar noch Bogenschützen, aber keine Nomaden mehr waren. Aber wir wissen ja, was gemeint ist. ;D

Zur Frage nach dem Ankerpunkt: Das ist vielleicht für Euch Fortgeschrittene kalter Kaffee, aber ich lese mich grade ein bischen in die Quellen ein (Kani, Taybugha), und mir erscheint es so, als sei der Ankerpunkt (und die ganze Haltung beim Schießen) bei den nahöstlichen Bogenschützen um eine gewisse "Grundhaltung" herum variabel gewesen - hab ich das richtig verstanden??
Also je nach Körperbau des Schützen verschieden, und auch dem Beispiel mehrer (z. T. halblegendärer) berühmter Schützen aus der Vergangenheit folgend. Daraus folgt für mich, dass jeder Bogenschütze die seinem Körperbau angemessene Haltung finden muss. Je nachdem ob er/sie groß oder klein ist, lange Arme oder kurze, etc. Die osmanischen oder mamlukischen Autoren haben das dann die "Haltung von Abu X" oder "Haltung von Ibn Y" genannt und jeder wusste, was gemeint ist. Das hieße dann, jeder muss ausprobieren, mit welcher Haltung er am besten trifft - ein bischen wie den Nockpunkt finden, oder?

Mir als Anfänger hat der Ankerpunkt geholfen, gleichmässig zu treffen, also Gruppen in der Nähe vom Gold zu schießen und keine konzentrischen Kreise um den Rand der Scheibe... ;) Weil ich eher quaderförmig (1,76 lang und ungefähr genauso breit) gebaut bin mit kurzen Armen, passt mir zufällig der Ankerpunkt am Mundwinkel. Ich ankere so, dass ich (bei Daumentechnik, versteht sich) mit dem ersten Glied des rechten Zeigefingers den Wangenknochen berühre. Wenn man also zu Fuß schießt, spricht sicher nichts gegen einen festen Ankerpunkt irgendwo im Gesicht, je nach Länge der Arme (und wieviel Auszug man sich traut).
Beste Grüße,
Yayci
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von corto » 08.02.2012, 16:22

Das mit der variablität bezüglich Körpergröße/relation ist definitiv richtig, wird einem aber auch schnell bewusst wenn man nen großen und nen kleinen schützen mit dem gleichen Bogen antreten lässt.

ich für mich hab festgestellt, das zwischen mundwinkel und ohr kaum kraft aufzubauen ist, bzw zu halten. ich bin aber auch ein kleinwenig größer und nicht quaderförmig (hihi das gefällt mir). da scheinen die anatomischen hebel einfach schlecht zu liegen bei mir, ab dem ohr gehts dann wieder ganz locker ^^
ich habe keine Lösung und bin Teil des Problems -
aber bei geistlos rezipierten viralen Kampfbegriffen gegen Humanismus und Menschlichkeit geht mir der Hut hoch !

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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von Sateless » 08.02.2012, 17:59

genau so hab ich hein auch verstanden - und aus eben dem grund, den corto genannt hat. keiner kann alles gleichgut. halt dich einfach an die quaderförmigen-haltungen und du bekommst eine gute richtung - aber auch nicht mehr. es ist gut, wenn es funktioniert, nicht, wenn es ner theorie entspricht. beides gleichzeitig ist alledings auch schön!
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von szuku76 » 25.03.2012, 18:00

Meine Däumlinge heute. Also der Lager wächst und wächst....:-)
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Re: Daumentechnik-verschiedene Stile

Beitrag von benzi » 25.03.2012, 18:04

COOL!

aber warum lehrt ein ungarischer Lehrer mit ungarischen Bogen einen türkischen Stil? ;D :-*

Grüße benzi

war das eine gute Überleitung zum threadthema? ;D
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