Nach vorne lösen

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
Authomas
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Nach vorne lösen

Beitrag von Authomas » 27.09.2003, 19:12

Vielleicht kann mir jemand von euch helfen:

ich habe seit Sommeranfang ein Mädel (18) im Anfängerkurs, sie steht da wie aus dem Lehrbuch seit ich einen 23-Pfund-Bogen aufgetrieben habe - bis sie löst. Da fliegt die Hand nach vorne und reißt auch noch seitlich weg. Jedesmal. (Passiert mir auch manchmal, wenn ich total müde und unkonzentriert bin - aber zu stark ist der Bogen sicher nicht). Die Pfeile gehen natürlich meterweit daneben. Natürlich habe ich ihr gesagt und gezeigt wie es gehen sollte und habe ihr insbesondere erklärt dass sie beim Lösen vor allem die Rückenspannung noch erhöhen sollte. Eigentlich kann man dann nimmer nach vorne lösen. Aber entweder habe ich es nicht geschafft ihr das Konzept nahezubringen oder sie hat einfach so eine starke Blockade - jedenfalls wird es nicht besser, obwohl sie sich echt bemüht. Und ich fürchte, je länger sie so schießt desto schwerer wird es, das wieder rauszukriegen oder sie hört irgendwann frustriert auf :( . So schlimm habe ich das jedenfalls noch nicht erlebt. Außer bei den beiden Damen die wir mal im Kurs hatten und die Angst vor der Sehne hatten. Die sind zur zweiten Stunde aber nimmer gekommen.

Hat irgendjemand noch eine Idee, wie man ihr da helfen kann?

Danke.

Johanna
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Nullman
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Beitrag von Nullman » 27.09.2003, 19:18

Ich nehme mal an, sie ankert mit dem Mittelfinger im Mundwinkel?

Dann lass sie doch einfach mal dabei den Daumen ins Ohr stecken... Hört sich blöd an, aber müsste klappen.
Vielleicht schafft sie es ja dann, die Hand hinten zu behalten.
Der Sch?tzenverein:
Schiessen lernen, Freunde Treffen.

jaberwok

Daumen ins Ohr stecken ....

Beitrag von jaberwok » 27.09.2003, 19:20

... is geil :)

Authomas
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@ Nullman

Beitrag von Authomas » 27.09.2003, 19:25

Original geschrieben von Nullman

Ich nehme mal an, sie ankert mit dem Mittelfinger im Mundwinkel?



Nein, sorry, vergaß ich zu erwähnen: sie schießt olympisch, mit Visier. Ich bin nur davon ausgegangen, dass Problem und Lösung in dem Fall gleich wären, aber

Dann lass sie doch einfach mal dabei den Daumen ins Ohr stecken...


geht so natürlich nicht. Obwohl, so für den Übergang... mhm, wenn sie lange Finger hat... Oder sie hakt den Daumen sonst wo ein. Ein guter Ansatz wäre es, Danke!

Jo
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Taran
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Lösefehler

Beitrag von Taran » 27.09.2003, 19:45

3 Meter vor die Scheibe stellen
Ausziehen, Ankern.
Du stehst genau hinter ihr auf Tuchfühlung.
Dein linker Arm hält leicht die Bogenhand.
Deine rechte Hand hast du an ihrer Zughand (um sie herumgreifend)
und dann führst du ihr die Hand.
Sie muss nichts bewegen, nur die Sehne loslassen.
WICHTIG:
Dabei muss sie die Augen zu haben!
Sie muss dir blind vertrauen. Aber so kann sie auf ihr Körpergefühl achten und sich den Bewegungsablauf einprägen.

Angst vor der Sehne ist natürlich auch eine Möglichkeit. Schlägt die Sehne an der Nase an (passiert oft beim Fita-Anker) oder am Ellbogen (noch vor dem Armschutz)? Viele Frauen drehen das Ellbogengelenk zu weit rein, weil sie die Bogenschulter zu hoch haben, gerade beim Fita-Stil... Ganz unabhängig davon, ob der Bogen zu schwer ist oder nicht.
Gerader Arm ist für sie überstreckter Arm...

Hope that helps.
Taran von Caer Dallben

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Guter Rat !

Beitrag von Mischa » 27.09.2003, 20:49

Mein Sohn hat oft auch das gleiche Problem, Johanna, wenn auch bei Weitem nicht so drastisch. Ich beobachte es bei ihm besonders, wenn er mal nach einer laengeren Schiesspause wieder einsteigt. Da er am Mundwinkel ankert, werd ich ihn Deinen Trick versuchen lassen, Nullmann. Ich kann mir gut vorstellen, dass es effektiv ist. Auch Deine Therapie der 'Totalen Konzentration' mit geschlossenen Augen duerfte da hilfreich sein, Taran.
Gute Ideen, danke!

Mischa

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Details!

Beitrag von Taubert » 27.09.2003, 21:10

Noch eine Frage Johanna:

Geht der Kopf beim Ankern mit nach vorne (nach vorn überstreckter Hals)? Das ist oft die Vorbereitung für Tendenz, nach vorne zu lösen.
Hält sie die Sehne tatsächlich nur mit dem letzten Fingerglied oder weiter hinten? Je weiter hinten, desto mehr "Schulter" dürfte mit ins Spiel kommen (Angst um Nase oder Fingernägel?).
Ansonsten Empfehlungen von Taran folgen.

Gruß Götz

Authomas
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RE: Lösefehler

Beitrag von Authomas » 27.09.2003, 21:12

Taran, danke für die Beschreibung, wir werden es mal versuchen - falls ich es von der Größe her um sie rum schaffe :-).

Original geschrieben von Taran
Angst vor der Sehne ist natürlich auch eine Möglichkeit. Schlägt die Sehne an der Nase an (passiert oft beim Fita-Anker)


Die Sehne an der Nase an? Irgendwie versagt da meine Fantasie. Wenn ich vorne an der Nase ankere (Standard) und den Bogen loslasse, wie soll das dann gehen? Genau das war es allerdings, wovor die besagten Damen Angst hatten...

oder am Ellbogen (noch vor dem Armschutz)? Viele Frauen drehen das Ellbogengelenk zu weit rein, weil sie die Bogenschulter zu hoch haben, gerade beim Fita-Stil...


Wie gesagt, die Haltung ist sehr gut und die Schulter ist unten. Kann sein, dass sie noch ein bisschen anschlägt, das sollte aber mit dem Bogen und dem Armschutz kaum spürbar sein.

Aber ich glaube schon, dass es ein Angstproblem ist. Das Dumme ist, dass sie so spät dazu kam dass wieder alle Scheiben auf mindestens 18 m standen und da hat sie am Anfang wohl Panik geschoben weil die Pfeile meistens neben die Scheibe gingen. Die letzten Male hat sie auf ~5 m geschossen, da ist es aber nicht besser geworden. Dazu kommt dass ich im Moment 15 Jungs zwischen 8 und 16 "für mich alleine habe", weil die liebe Kollegin noch im Urlaub ist und da kommt die Einzelbetreuung auf jeden Fall zu kurz :-| .


Danke für Deinen Beitrag Taran, ich werde es auf jeden Fall so probieren!

Jo
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RE: Details!

Beitrag von Authomas » 27.09.2003, 21:19

Original geschrieben von Taubert

Noch eine Frage Johanna:

Geht der Kopf beim Ankern mit nach vorne (nach vorn überstreckter Hals)?


Mhm, wenn, dann jedenfalls nicht sehr. Ihr kleiner Bruder hat das ganz heftig gemacht, aber der löst "wie ein junger Gott".

Hält sie die Sehne tatsächlich nur mit dem letzten Fingerglied oder weiter hinten?


habe ich jetzt nicht drauf geachtet, schau ich mal.

Je weiter hinten, desto mehr "Schulter" dürfte mit ins Spiel kommen (Angst um Nase oder Fingernägel?).


Schulter? Der Zusammenhang ist mir jetzt nicht klar.

Sie zieht wirklich sauber aus bis die Sehne an der Nase ist und die Hand unterm Kinn ankert und kann das auch halten. Nur wenn sie lösen soll entspannt sie nicht die Hand und zieht nach hinten sondern versucht quasi mit geschlossener Hand nach vorne zu lösen, so sieht es jedenfalls aus. Als könnte sie sich nicht so recht davon trennen.

Jo
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Beitrag von shewolf » 27.09.2003, 21:30

Frauen haben längere Sehnen als Männer, und darum muß der Ellbogen bewußter "eingeholt" werden.

@Authomas: bei meinen "Erstschiessern" versuche ich immer, möglichst Vertrauen in die Intuition statt in die Technik aufzubauen. Augen zu ist gut, aber wenn jemand schon Angst vor dem Gerät=Bogen hat (z.b. vor der Sehne) hilft es manchmal die "Gefahr" zu minimieren (Ober- und Unterarmsehnenschoner anlegen z.B.). Die Frage ist, warum geht die Hand mit?? Vielleicht könnten hier "Trockenübungen" mit einem Theraband anstatt der Bogensehne helfen, einfach um das Loslassen eines unter Spannung stehenden Bandes zu üben, ohne die Sehne fürchten zu müssen.
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Re: Re: Details

Beitrag von Taubert » 27.09.2003, 21:54

Mit der Schuklter meine ich das so, wenn sie die Sehne zu tief in der Hand "krallt", dann bekommt sie Schwierigkeiten, weil sich die Hand zu weit (und damit vgl. langsam) öffnen muß beim Lösen.
Ist die Schulter beim langsamen Lösen arretiert, schlägt es den ganzen Oberkörper nach vorn, ist die Schulter fleixbel, bekommt die Lösehand die Bewegungstendenz nach vorne.
Du kannst das ja mal mit einem Miniauszug am eigenen Bogen versuchen nachzuvollziehen.
Wie gesgt, ist nur ne Hypothese, aber als "alter" Psychologe wäre ich mit der psychodynamischen Interpretation ("Angst", "nicht recht trennen können")so lange zurückhaltend, bis naheliegende motorische Hypothesen tatsächlich ausgeschlossen werden können.

Gruß Götz

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re: Details

Beitrag von shewolf » 27.09.2003, 22:21

@ Taubert: das finde ich aber schwierig, etwas ganz klar dem motorischen bzw. dem psychologischen Bereich zuzuordnen. Idealerweise sollen Körper und Geist beim Schiessen eine Einheit bilden. Sicher kann ein Fehler rein "technisch" bedingt sein - aber wenn er sich - nachdem man darauf hingewiesen wurde - trotzdem nicht so einfach vermeiden läßt, steckt möglicherweise noch was anderes dahinter.
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@Authomas

Beitrag von kra » 27.09.2003, 22:35

und wenn du ihr mal nen "traditionellen" Bogen in die Hand gibst und sie e3infach schießen läßt? Mit der Randbedingung, das sie eigentlich gar nicht richtig ankern soll sondern wenn der Auszug erreicht ist, ablassen. Dann gibts keine Gelegenheit, mit der Hand vorzugehen.

Vielleicht muß sie so erst mal erleben wie sich das anfühlt, unter höherer Spannung die Hand zu öffnen.

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@ shewolf

Beitrag von Taubert » 27.09.2003, 23:02

Genau! Und weil es so schwierig ist, diese Bereiche voneinander zu trennen, würde ich den Teufel tun, den motorischen Bereich, in dem Hypothesen sehr viel leicher falsifizierbar sind, einer vorschnellen psychodynamischen Interperation zu opfern.
Was würde einer 18jährigen Anfängerin mehr bringen? Glauben, daß Sie ein Problem mit dem "Loslassen" hat, oder lernen, den Sehnenzug auf dem ersten Fingerglied zu balancieren?
Was sollte ein guter Bogenlehrer bevorzugen?

Gruß Götz

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Beitrag von Taran » 27.09.2003, 23:23

In jedem Fall ist der Vorschlag mit dem Theraband ein guter Weg um Lösen ohne Angst (auch Angst vor dem Fehlschuss) zu üben. Ich muss endlich eins anschaffen für unsern Verein!
Taran von Caer Dallben

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