Druckpunkt und Bogenhand

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
Der Steppenreiter

Druckpunkt und Bogenhand

Beitrag von Der Steppenreiter » 24.03.2005, 12:24

Ich habe festgestellt, dass eine wie im FITA übliche Bogenhandhaltung mit dem Druckpunkt in der Hand, der in der Verlängerung der Elle ist, eine erhebliche Verbesserung des Pfeilflugs und der Gruppen nach sich bringt.

Nun unterstützen traditionelle vorallem Langbögen diese Handhaltung nicht, sondern fördern eine abgeknickte Bogenhand.

Meine Frage ist nun, empfiehlt es sich durch spezielles Kraftraining der Bogenhand diese bauliche Lücke zu überbrücken. zB. Liegestütz auf den Fingerknochen?

Welche Erfahrungen habt ihr?

Taran
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Druckpunkt

Beitrag von Taran » 24.03.2005, 12:29

Für den von dir beschriebenen, sehr vorteilhaften Griff, der das Verdrehen des Bogens im Abschuss verhindert, braucht man aber einen definierten Griffpunkt (Pistolengriff, Locator-Grip, dished handle). Wo dieser nicht vorhanden ist (Langbögen, die meisten Reiterbögen), kann man ihn durchaus auch aus Leder aufbauen. Ohne das kriegt man keinen konsistenten Druckpunkt hin, das Gleichgewicht des Bogens ist zu labil.
Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang aber auch - zumindest anfangs - eine Fingerschlinge oder Fangschlinge, damit man das Selbstvertrauen hat, den Bogen wirklich ganz locker zwischen Daumen und Zeigefinger "ruhen" zu lassen.
Taran von Caer Dallben

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gridder
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Beitrag von gridder » 24.03.2005, 12:32

Die gestreckte Hand-Haltung ist weniger abhänig von der Kraft als vielmehr von der Bauform des Bogengriffes. Ein normaler Langbogen würde wohl bei gestreckter Hand ziemlich nach vorne kippen...

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Beitrag von NORBERT SCHLIEBENER » 24.03.2005, 12:41

Wenn der Griff nicht unterfüttert ist, ist die hohe Handhaltung sehr kraftaufwendig.
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Beitrag von Netzwanze » 24.03.2005, 12:44

Ein Reiterbogen mit starkem Setback läßt sich schon teilweise so halten, daß man mit Druckpunkt arbeitet, indem man die Bogenhand etwas tiefer unter dem Mittelpunkt platziert. Jedoch gerät man dabei auch sehr schnell aus der Kraftmitte und der Bogen beschleunigt leicht unsymmetrisch.

Man kann auch eine Art Kissen für den Handballen am Bogen anbringen, so daß man hier eine bessere Anlage hat. Ist schwer zu erklären. Ich muß mal eine Skizze machen.
"Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann was er will, sondern dass er nicht tun muss was er nicht will" (Jean-Jacques Rousseau)

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 24.03.2005, 13:11

Danke für die schnellen Antworten, ich habe hier einmal zwei Fotos reingestellt, die das Thema etwas verdeutlichen helfen.
[url=http://www.fletchers-corner.de/images/noimg.jpg]
Bild[/url]
Beachtenswert das weite Überstrecken der Hand. Diese Haltung ist zwar optimal wird aber nicht empfohlen, weil zu kraftaufwendig.

[url=http://www.fletchers-corner.de/images/noimg.jpg]
Bild[/url]
In Ermangelung eigener Aufnahmen habe ich die Bogenhand von Kassai aufgenommen. Aufgrund der vielen Pfeile, die er hält (relativ locker) ist eine weite Überstreckung wohl nicht möglich.

Ich habe es mit nur sechs Pfeilen probiert und es funktioniert ausgesprochen gut. Problematisch ist allerdings die Kraft, wie ihr bereits festgestellt habt.

Ob eine Unterfütterung des Bogens für traditionelle Schützen zulässig ist, weiß ich nicht, für Reiterschützen ist es eher nachteilig, weil es das Halten der Pfeile behindert.

Niels

Beitrag von Niels » 24.03.2005, 13:26

Interessantes Thema.

Ich sehe, dass Problem allerdings auch weniger in der Kraft. Vielmehr habe ich das Problem, die gestreckte Bogenhand, die ich als sehr vorteilhaft empfinde, aufrechtzuerhalten, wenn ich noch weitere Pfeile am Bogen halte.

Alle mir bisher bekannten Anleitungen und Abbildungen versagen da irgendwie, weil sie durch das empfohlene Gegendrücken des Daumens gegen die Reservepfeile eine Streckung der Hand verhindern.

Mit bis zu 4 Pfeilen habe ich mir bislang damit geholfen, dass ich den Daumen nicht gegen sondern über die Reservepfeile lege. Dabei zeigt die Befiederung zwar zunächst in den Zwiwschenraum zwischen Bogen und Sehne. Sobald man aber die Hand streckt und in den Auszug geht, drehen sich die Pfeile automatisch nach außen und liegen dann auch recht stabil.

Das Problem ist nur, dass die Anzahl der möglichen Pfeile in der Bogenhand durch diese Methode limitiert ist. Aber vielleicht hat da ja noch einer gute Ideen.

Wäre klasse, denn mit abgeknickter Hand schieße ich noch schlechter als ich das ohnehin schon tue und irgendwann sollen es schließlich vielleicht auch mal mehr als 4 Pfeile pro Ritt werden. :)

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Markus
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die Kyudotechnik

Beitrag von Markus » 24.03.2005, 13:46

Der Griff eines Yumi hat, ähnlich dem Langbogen, keinen ausgeformten Griff, der die Bogenhand automatisch in eine Position bringt, in der der Druckpunkt auf der Daumenwurzel liegt.
Um aber den vorteilhaften Effekt einer gestreckten Bogenhand zu nutzen, wurde das "tenouchi" "entwickelt".

[url=http://www.fletchers-corner.de/cpg/albums/userpics/10219/tenouchi.jpg]
Bild[/url]
(Quelle: www.gundermann-berlin.de/ tenouchi.html)

Mit diesem speziellen Griff, der sich bis in den Abschuß nicht mehr verändert, wird der asymmetrische Bogen zm einen abgefangen (der untere, schnellere WA) und zum anderen wesentlich beschleunigt.

Ich habe versucht, meinen alten Skythen mit einer gestreckten Bogenhand zu schießen und wenn ich den "richtigen" Punkt am Griff gefunden hatte, war der Pfeil wesentlich schneller, als mit wenn ich mit abgeknicktem Handgelenk geschossen habe.

Allerdings kann man mit dem tenouchi keine weiteren Pfeile in die Hand nehmen. Aber dafür gibt es auch Köcher ;-)

Gruß,
Markus
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Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 24.03.2005, 13:58

@Niels das mit den vielen Pfeilen ist ein zusätzliches Problem, es zu lösen würde heissen vom Thema abschweifen.

Die Hand soll den Bogen locker halten, damit dieser beim Schuß "schwingen" kann. Die Streckung des Handgelenks hilft dabei, zudem zeigt der Druckpunkt bei gestrecktem Arm ins Ziel und dieser bildet so eine ideal gerade Linie mit dem Pfeil. Ausserdem wird der Auszug länger und das gleichbleibend.

Idealer Weise liegt der Druckpunkt genau in der geometrischen Mitte des Bogens. Alle Vorteile zusammen helfen den Pfeilflug verbessern. Wenn mich das Halten der Pfeile stört, dann lasse ich sie solange weg, bis ich raushabe, wie es am Besten geht. Weil es für mich aber doch ziemlich kraftaufwendig ist, frage ich mich, ob es Möglichkeiten gibt die Kraft im Gelenk der Bogenhand zu verbessern. Oder ob das überhaupt der falsche Weg ist. Langbogner und andere traditionelle Schützen treffen ja auch auf weite Distanzen jenseits der 30m. Wie Lösen sie das Problem mit dem Druckpunkt und dem Strecken der Bogenhand?

Niels

Beitrag von Niels » 24.03.2005, 14:18

@ Steppenreiter, schade, dass Du auf das zusätzliche (für mich eigentliche) Problem nicht eingehen willst, zumal es bei Dir ja offenbar sogar mit 6 Pfeilen geklappt hat.

Haebbie hatte mir die Sache mit der gestreckten Bogenhand ganz zu anfang mal erklärt, meine Resultate haben sich danach verbessert. Es brachte also etwas. Warum kann ich nicht erklären. Dazu fehlen mir theoretische Grundlagenkenntnisse.

Wenn man den Bogen nicht verkrampft hält, empfinde ich es auch nicht als allzu kraftaufwendig.

Zur Stärkung der Handgelenke würde ich eine Übung aus dem Karate empfehlen. Und zwar nicht Liegestütze auf den Fingern sondern Liegstütze auf der Faustschlagfläche (kleine Fläche rund um die Knöchel von Zeige- und Mittefinger) bei geradem Handgelenk (dazu müssen die Arme weiter nach hinten unter den Körper genommen werden, als üblich bei Liegestützen).

Wenn Du es dann auf die ganz harte Tour willst, kannst Du bei den Liegstützen beim Hochdrücken noch in die Hände klatschen. Aber bitte vorsichtig mit letzterem. Man kann sich dabei ziemlich weh tun und blutige Knöchel sind noch das wenigste. Also liebe Kinder, nicht nachmachen.;-) :D

Der Steppenreiter

Wie hält man mehr als 3 Pfeile

Beitrag von Der Steppenreiter » 05.04.2005, 18:23

@Niels mehr als drei Pfeile halten ist relativ einfach.

Zuerst drei Pfeile in die Bogenhand, den Daumen abknicken und vor die Pfeile legen.

Danach zwei weitere Pfeile einsortieren.

Zum Schluss bis zu 6 Pfeile ziwschen den kleinen Finger und Ringfinger klemmen, relativ fest, braucht Übung.

Einen Pfeil einlegen, das macht 12 Pfeile zum Schiessen.

Funtkioniert zwar, ich finds aber affig - mein Ding ist es nicht. Wenn du mehr als sechs Pfeile auf 90m schiessen kannst ist dein Pferd eben zu langsam, das ist meine Meinung!

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Beitrag von Peter O. Stecher » 19.04.2005, 13:32

Die gestreckte Handhaltung ist, meiner Meinung nach tatsächlich nur mit Pistolengriff o.ä. vernünftig möglich. Jeder mit einem eher geraden Griff ausgetattete Bogen sollte mit dem abgewinkeltem Handgelenk geschossen werden, alle andere funktioniert nicht konstant. Wie man den Bogenarm hält, gestreckt oder leicht geknickt ist reine Geschmsckssache.
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tomtom
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Griff aufbauen

Beitrag von tomtom » 23.06.2005, 11:47

Hallo zusammen
als alter Forumsbesucher und neuer user möchte ich mal alle herzlich begrüssen. Nun habe ich mal eine Frage zur Bogenhand. Bei meinem ML 14 von Martin, 50#, habe ich einen geraden Griff. Irgendwie komme ich damit manchmal nicht klar. Mal fliegen die Pfeile super, mal knallen sie an den Bogen und schlängeln sich zur Scheibe. Bringt es da was, am Griff etwas ( richtung leichter Pistolengriff ) zu änder. Kann ich am Holz was wegnehmen oder kan ich ( wie schon erwähnt ) aufbauen, wenn ja, wie ?

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RE:

Beitrag von Haebbie » 23.06.2005, 12:07

Original geschrieben von Negley

Die gestreckte Handhaltung ist, meiner Meinung nach tatsächlich nur mit Pistolengriff o.ä. vernünftig möglich. Jeder mit einem eher geraden Griff ausgetattete Bogen sollte mit dem abgewinkeltem Handgelenk geschossen werden, alle andere funktioniert nicht konstant. Wie man den Bogenarm hält, gestreckt oder leicht geknickt ist reine Geschmsckssache.


Das sehe ich, Negeley, ganz anders. Ich schieße auch die geraden Griffe mit gestrecktem Handgelenk. Und das zu erreichen ist lediglich ein wenig Übungssache.

Nur bei sehr starken Bögen (über 60 Pfund) tut es anfangs nach vielen vielen Pfeilen auch ein wenig weh, aber das gibt sich bald.

Aber die gestreckte Hand bringt Vorteile: ein Zoll mehr Auszug, einen näher am Pfeil liegenden Arm und einen präziseren Druckpunkt am Bogen.

Außerdem: durch das gestreckte Handgelenk wird der Bogen nicht mehr festgehalten, sondern nur noch am runterfallen nach dem Schuss gehindert.

Das war damals auch der Punkt, warum Niels plötzlich auch besser geschossen hat. Er hat vorher seinen Bogen zu fest gehalten und dem Bogen nicht seine "Freiheit" gegeben.

Diese Freiheit wird auch durch den leicht geknickten Bogenarm unterstützt. Deshalb würde ich auch nicht mit gestrecktem Bogenarm schießen. Der leichte Knick im Arm verringert auch das Hämmern eines Bogens in den Arm, wenn er viel Handschock hat.

Tomtom,

Dass die Pfeile mal am Bogen anschlagen und mal nicht, dürfte eher was mit Auszug und Ablass zu tun haben, als mit der Handhaltung. An Deiner Stelle würde ich den Griff nicht ändern. Der ML14-Griff ist zwar etwas dick, doch gerade das kann eine (von mir favorisierte) gerade Handhaltung unterstützen.

Also ...
... let your arrows fly

Herbert

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Beitrag von Peter O. Stecher » 23.06.2005, 12:15

Haebbie, es ist sicher möglich, ich würde es aber nicht empfehlen. Naturgemäß gehört gerader LB-Griff mit dem abgewinkeltem Handgelenk geschossen. Wenn dann ein wenig Pistole dabei ist könnte man darüber streiten, ich mag solche Hybriden sowieso nicht.
Bei einem RB würde ich auch eher gestreckt schießen, da ist der Griff, für mich eine Problemzone.

Wie Du sagst, mit mehr # wird das beim LB schon schwer, der Zoll Auszug was bringt der ?
Ich schieße meine LB/gerader Griff alle mit einem "konstanten" Druckpunkt am unteren Ende des Griffes.
Auch müsste man bei vielen Bögen einmal den Tiller wissen, da kann man ja mit dem Druckpunkt viel beeinflussen/anrichten...
https://classic-archer.com/

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