historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Technik und praktische Umsetzung
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benzi
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historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von benzi » 03.07.2011, 15:43

Hallo zusammen,

hier isser der thread der historische Quellen zu unterschiedlichen Reiterbogenschiestilen zusammentragen soll.

Vieles wird in anderen threads zu lesen und zu sehen sein, aber hier können wir es zusammentragen und damit übersichtlicher gestalten.

Bitte möglichst immer eine Quellenangabe dazu, und so viel wie möglich Daten und Fakten!

hier mal ein Anfang:

sassanidische Abbildung auf einer Münze

Bild
http://de.wikipedia.org/wiki/Sassanidenreich

Dieser Reiter zieht wunderschön mit tiefen Ellbogen ca 12 cm hinter seine Wange, das wären bei meiner Körpergröße ca 32 Zoll, also ein schönes Beispiel für einen weiten Reiterbogenauszug!

Ob die Anordnung der Finger auf einen mediteranen oder einen Daumenablass schliessen läßt überlasse ich Eurer Phantasie.

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Sateless » 03.07.2011, 18:51

Assyrisch nach dem Relief von Ninive
(Das Original wird im British Museum ausgestellt.)
(jetzt folgt ne kurzzusammenfassung auf Deutsch von dieser Quelle: http://atarn.net/phpBB2/viewtopic.php?t=1869)

Bild

Sieht nach Daumen aus, oder?

Bild

Na - Zweifel? Berechtigt!

Bild

Absolut nix mit Daumen.

Wenn ich das richtig interprätiere wird mit Mittel-, Ring- und kleinem Finger gezogen, der Zeigefinger drückt den Pfeil nach unten (Zeigefingernagel auf die Nocke) - auf die Bogenhand und der Daumen drückt den Pfeil nach rechts, an den Bogen! So hat man den Pfeil sicher und auf der linken Seite vom Bogen - also mit der Möglichkeit des Systemschießens. Von Nachteil ist, die gedrungene Handhaltung. Dies ist wohl eine Vorform vom mediterranen lösen oder eine Anpassung für das Schießen in Bewegung einer gemeinsamen Vorgängerform. Ein weiteres Indiz gegen Daumentechnik ist der (angedeutete) Armschutz, der beim Daumenschießen nicht nötig wäre.

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von benzi » 03.07.2011, 23:15

Bild

Münze der Seldschuken um 1100 n.Ch.

http://de.wikipedia.org/wiki/Seldschuken

einer der wenigen mir bekannten historischen Abbildungen von Reiterbogen mit kurzem Auszug und Daumenrelease, dieser ist daran zu erkennen, dass der Schütze noch zwei Pfeile in der Zughand hält, was bei mediteranem Ablass unmöglich wäre. Besonders zu beachten der sehr hohe Ellbogen des Zugarmes. Diese Technik wird heute wieder in der Türkei geschossen.

http://www.tirendaz.com/en/?page_id=3

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Archive » 03.07.2011, 23:19

Moin

ich habe es gerade ausprobiert. Ich kann auch mediteran 2 Pfeile mit in der Hand halten. Die Pfeile besagen also nicht so sehr viel.

Gruß Mütze

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von benzi » 04.07.2011, 00:04

bitte stellt hier historische Abbildung ein mit einem kurzen Text, Diskussionen über die Stile könnt ihr gerne in den jeweiligen threads führen - DANKE!!

@Mütze

der thread zum türkischen Stil mit den Pfeilen in der Zughand ist hier:

viewtopic.php?f=7&t=16483&hilit=t%C3%BCrkisches+Bogenschiessen#p276143

hier bitte nicht darüber weiterdiskutieren danke!

der Text der türkischen Schützen zur Münze von Sultan Rukneddin lautet:

Picture 1: Another document from Seljuks is a coin produced during Sultan Rukneddin’s (Kılıçarslan IV) reign. Please note the Turkish and Islamic name of the Sultan: another sign for the “passing phase”. Here you see a short recurve and two more arrows in the string hand, the latter indicates the use of thumb release by Seljuk archers.

Grüße benzi
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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Krolm02 » 05.07.2011, 10:05

"Assyrisch nach dem Relief von Ninive"

ich will ja nicht beckmessern, aber dieses sehr detaillierte assyrische Relief zeigt keinen Reiterbogenschützen.
Das ist ein "Streitwagenbogenschütze".
Im Hintergrund ist ja der Hiwi mit den Zügeln in der Händen zu erkennen. ;)

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von benzi » 06.07.2011, 11:22

Ihr dürft gerne endlose Diskussionen darüber führen wann ein Reiterbogen ein Reiterbogen ist, aber bitte *von Rabe reinkopiert* ;D nicht in diesem thread :-* :-* :-* danke!

liebe Grüße benzi
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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von benzi » 06.07.2011, 12:03

Qing-Schütze http://de.wikipedia.org/wiki/Qing-Dynastie um 1900

Bild

sehr weiter Auszug, Daumentechik, zylindrischer Daumenring, gestreckter Daumen

Bild

nach vorne gebeugte Haltung, offener Release, zu beachten: Zughand nach dem Schuss geschlossen!

Bogentyp uns Stil verbreitete sich von den Mandschu aus in ganz China, Tibet und der Monglei (vergleiche Bogen Pfeile Köcher aus sechs Kontinenten http://www.bogenschiessen.de/webshop2/product_info.php?info=p444_BOGEN--PFEILE--KOeCHER-aus-sechs-Kontinenten-Die-Charles-E--Grayson-Sammlung.html Seite 21

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Hexer » 01.09.2011, 07:54

Nochmal zum Assyrischen:

Bin hier auf ein anderes Relief gestoßen, wohl ebenfalls aus Ninive:
http://www.lessing-photo.com/p3/080205/08020568.jpg

Scheint mir völlig anders auszusehen. Was für eine Technik ist das eurer Meinung nach? Daumen?
Gut, ist genau genommen kein berittener Schütze sondern einer in der Schlachtformation

EDIT: achja noch was:
Es wurde geschrieben dass beim oben gezeigten Stil vermutlich mit Mittel- Ring- und kleinem Finger gezogen wurde. Auf dem Relief (sowie auf allen anderen die ich mit diesem Schießstil gesehen hab) seh ich aber eigentlich grade mal den kleinen Finger an der Sehne anliegen, die anderen beiden sind eher weit davon entfernt. Der kleine Finger allein wird (vor allem in dieser Haltung) ja wohl kaum die Sehne eines Kampftauglichen Bogens ziehen können. Seht ihr das anders?


EDIT2: hier btw noch ne schöne Abbildung eines tatsächlich berittenen assyrischen Schützen mit dieser Technik:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... Archer.jpg

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Sateless » 01.09.2011, 10:35

Der aus der Formation sieht mir irgendwie schwierig zu deuten aus. Das könte secondary-Release sein, Mediterran und Daumen. Irgendwie bekomm ich aber eine ähnliche Handhaltung (nun folgt alles für Rechtsschützen), wenn ich den Daumen auf halb elf am Pfeil lege, und dann mit Zeige- und Mittelfinger in halb acht Stellung zur Sehne ziehe. Ist das nur bei mir so? Und hat das schon nen Namen?

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Hexer » 01.09.2011, 11:16

Ist wirklich schwer zu erkennen...

Mir siehts am ehesten nach Daumen aus aber das muss nix heißen. Genau betrachtet ist die Hand zu hoch für ein typisches Daumenrelease. Ob die Arbeit allerdings überhaupt so präzise ist ist die nächste Frage, schließlich ist auch die Sehne gebogen ;)

Der Pfeil SCHEINT mir auf der linken Seite vom Bogen angelegt zu sein aber ganz sicher bin ich mir da nicht.


Dieses oben schon beschriebene Release interessiert mich aber auch immernoch, ich kann mir irgendwie nicht so recht vorstellen, dass man da mit den unteren 3 Fingern gezogen hat wenn die Abbildungen einigermaßen präzise sind (und der Detailgrad lässt das ja zumindest vermuten)....

EDIT: bei dem Bild das ich von dem Reiter gepostet habe ( http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... Archer.jpg ) liegt der Pfeil jetzt übrigens eindeutig RECHTS vom Bogen an. Interessant... Was das jetzt aber bedeutet (OB es was bedeutet) kann ich auch net sagen. Evtl ein Hinweis, dass es doch eine Form der Daumentechnik sein könnte? Oder einfach, dass verschiedene Schützen sich verschiedener Techniken befleisigt haben?
EDIT2 ( ::) ): Vorschlag: wenn ich (nicht am Bogen getestet) mit dem Daumen ziehe und mit dem Mittelfinger verriegle (oder bei stärker geknicktem Daumen sogar mit Mittel- und Ringfinger, dann hab ich den Zeigefinger ebenso frei um ihn so gekrümmt auf den Pfeil zu setzen, oder? Müsste man mal ausprobieren

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von corto » 01.09.2011, 11:35

Hexer hat geschrieben:EDIT2: hier btw noch ne schöne Abbildung eines tatsächlich berittenen assyrischen Schützen mit dieser Technik:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... Archer.jpg


Das ist nicht das was ihr daraus zu erkennen glaubt.

es macht garkeinen Sinn die 3 Finger an die sehe zu legen- oder gar an den pfeil.

das einzige was der Künstler abbilden wollte, ist das die finger nicht "curled" sind also zusammengerollt - sondern fächerförmig wie beim militärischen gruß etwa. 3 finger sind im fächer, minimal gekrümmt aber eben locker gehalten. dann kommt der indexfinger, von dem man nur das erste glied sieht.und der daumen ist verdeckt.

also genau das was die meisten mongolen machen, und genau anders als die türkische "kinderpistole" um es mal ganz knapp zu sagen.

diese handhaltung hat den vorteil, das man den "ruhepunkt" an dem die daumenspitze den mittelfinger berührt frei wählen kann - je nachdem wie und ob man die hand rollt.
je weniger man rollt, umso länger kann der daumen sein - oder umso größer der winkel den er einnehmen kann ohne instabil zu werden (großer winkel=>90 <180 grad)

wer also lange daumen hat, und nicht stabil riegeln kann (hex0r) weil der daumen länger ist als der Ring es vorsieht, könnte man versuchen die hand von maximal gerollten fingern bis ganz gestreckten fingern in fächerform varrieren - irgendwo müsste eigentlich ein guter riegel sein.
ich habe keine Lösung und bin Teil des Problems -
aber bei geistlos rezipierten viralen Kampfbegriffen gegen Humanismus und Menschlichkeit geht mir der Hut hoch !

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Hexer » 01.09.2011, 12:43

corto hat geschrieben:
Hexer hat geschrieben:diese handhaltung hat den vorteil, das man den "ruhepunkt" an dem die daumenspitze den mittelfinger berührt frei wählen kann - je nachdem wie und ob man die hand rollt.
je weniger man rollt, umso länger kann der daumen sein - oder umso größer der winkel den er einnehmen kann ohne instabil zu werden (großer winkel=>90 <180 grad)

wer also lange daumen hat, und nicht stabil riegeln kann (hex0r) weil der daumen länger ist als der Ring es vorsieht, könnte man versuchen die hand von maximal gerollten fingern bis ganz gestreckten fingern in fächerform varrieren - irgendwo müsste eigentlich ein guter riegel sein.

Diesen Teil kapier ich zwar ums verrecken nicht (muss man mir mal persönlich zeigen glaub ich) aber mit dem Rest magst du evtl Recht haben. Allerdings scheint die Abbildung die Sateless ganz oben in seinem ersten Post im Thread gezeigt hat dem zu wiedersprechen denn sie zeigt offenbar keinen Ring, einen gestreckten Daumen und die Spitze des Zeigefingers an der Sehne (was sie meiner Meinung nach nicht zeigt sind die unteren 3 Finger an der Sehne)

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Netzwanze » 01.09.2011, 12:48

Das erste Bild ist für mich eindeutig ein Daumenrelease. Ich meine, dass es bei mir genauso aussieht.
Für einen Zweifingergelease ist die Handhaltung zu abgeknickt.
Die Bogenhand hält den Bogen eher mit den unteren Fingern. Daumen und Zeigefinder halte nichts.

Ich finde, das es eine sehr realistische Darstellung ist.

Auch das zweite Bild ist eher ein Daumenrelease. Die Finger sind, wie Corto schreibt, nicht zusammengerollt, sondern eher ausgestreckt.
"Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann was er will, sondern dass er nicht tun muss was er nicht will" (Jean-Jacques Rousseau)

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Re: historische Abbildungen der Reiterbogenstile

Beitrag von Netzwanze » 01.09.2011, 12:51

Hexer hat geschrieben: sie zeigt offenbar keinen Ring, einen gestreckten Daumen und die Spitze des Zeigefingers an der Sehne

Entspricht also der Handhaltung mit einem chinesischen Ring?
Da ist doch der Daumen gestreckt - einen Ring erkennt man nicht unbedingt.
Der Zeigefinger liegt an der Sehne und hält den Pfeil in Position. Ich mache das mit der Zeigefingerseite bei nichtklemmenden Nocken.
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