RB Anker vs. LB Anker

Technik und praktische Umsetzung
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Peter O. Stecher
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Beitrag von Peter O. Stecher » 30.05.2005, 09:59

Das erklärt Einiges !!
Die Schüler schießen dann auch mediterran oder mit Daumenrelease und Pfeil rechts ?
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Haebbie
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Beitrag von Haebbie » 30.05.2005, 10:10

ich nehme an, dass die Kassai-Schüler auch mediterran schießen, dann Kassai ist recht dogmatisch in seinen Lehren.

Und ich habe bislang noch keinen Kassai-Schüler nicht mediterran schießen sehen.
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Herbert

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Peter O. Stecher
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Beitrag von Peter O. Stecher » 30.05.2005, 10:22

Dann müsste die Kassai-Schule als "neue asiatische" Schießtechnik gesehen werden, das wusste ich bisher nicht.
Ich dachte er versucht irgendwelche ungar./mongol./hunn./awar. etc. Traditionen zu erhalten/vermitteln.
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Beitrag von Haebbie » 30.05.2005, 10:32

Da bin ich mit Dir einer Meinung. Es ist wohl tatsächlich so, dass er sich hingestellt hat und eine Technik ausgetüftelt hat, die blindes Einnocken und schnelles Schießen (auch vom Pferd aus ermöglicht). Dabei hat er wegen seines fehlenden Daumenglieds noch einen Vorteil beim blinden einnocken.

Das traditionelle seiner Schule ist wohl - ketzerisch gesprochen - dass irgendweilche Vorfahren in grauer Vorzeit reitend Bogen geschossen haben. Den Rest hat er sich meines Wissens nach selber ausgetüftelt.
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Herbert

Niels

Beitrag von Niels » 30.05.2005, 11:08

Es ist schon richtig. Die überwiegende Anzahl der Kassai-Schüler schießt mediterran. Ich habe in Ungarn aber auch einen Trainingsteilnehmer bei Warmschießen beobachtet, der sehr schnell und präzise hintereinanderweg mit Daumenrelaese geschossen hat.

Ich denke, dass Kassai bezüglich des Schießstils dogmatisch sei sei, ist wohl eher ein Vorurteil. Ich habe gerade in Ungarn sehr viele unterschiedliche Varianten gesehen. Da sagt nach meiner Erfahrung kein Mensch was dagegen, solange es funktioniert und nicht so angelegt ist, dass man sich damit von vornherein unnötige Grenzen bei der weiteren Entwicklung setzt. Am Ende entwickelt doch ohnehin jeder seinen eigenen Stil.

Was anderes ist es mit den Formübungen in der Gruppe. Das klappt nunmal nur, wenn es alle möglichst gleich machen.

Zur Frage der Tradition: Kassai beruft sich auf seine ungarischen Vorfahren, von denen es aber keine brauchbaren Abbildungen gibt, die Rückschlüsse auf deren Schießtechnik zulassen. Soweit ich informiert bin, hat man in ungarischen Gräbern der Landnahmezeit keine Daumenringe gefunden. Ich weiß also nicht, ob man als sicher unterstellen kann, dass die Ungarn Daumenrelease geschossen haben. Aber da weiß der Horsebow vielleicht genaueres dazu. Aber im Grunde ist es schon richtig - und so hat es Kassai ja auch in seinem Buch beschrieben -; er hat sich - ausgehend von seinen Erfahrungen als heutiges Bogenschütze - vieles durch probieren erschlossen und entwickelt.

Und zumindest eines dürfte feststehen, es funktioniert, so wie er es macht, was ja nicht heißen muss, dass eine andere Variante nicht auch Erfolge bringen kann. Ich finde es aber nicht unlogisch, dass man sich an demjenigen orientiert, der es im Moment unbestritten am besten kann, das berittene Bogenschießen.

Die Fähigkeit die Pferde tatsächlich nur mit Gewicht und Schenkel zu dirigieren, haben unsere ungarischen Mitstreiter auf der Kaiserpfalz Werla gerade eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dort gab es in der Arena keine Bahn und die Ziele mussten freihändig so angeritten werden wie sie halt standen bzw. geworfen wurden. Da gab es dann auch noch eine nette Anregung zum Ausprobieren zu hause - aufs Pferd stellen und mit dieser langen ungarischen Peitsche knallen. Übrigens war da auch wieder ein ca. 16-jähriges Mädchen bei der Vorführung mit dabei.

Aber ansonsten ist es natürlich im Wettkampf auf der Bahn schon so, dass die Pferde ohne viel Korrektur wissen, wo es langgeht.

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Peter O. Stecher
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Beitrag von Peter O. Stecher » 30.05.2005, 12:23

Meine Frage war eh wertfrei gemeint. Meines Wissens gibt es "ungarische" Bogentraditionen gar nicht - ich hab schon mit einigen ungar. Bogenbauern-u. Schützen darüber gesprochen. Vielleicht wurde die Tradition wiklich von den Hunnen o.ä. übernommen und dadurch ist kein "reiner ungar." Stil nachzuvollziehen.

Ein Freund von mir war am WE, irgendwi in Niederösterreich wo Kassai eine Show gab, dieser mein Freund, wahrscheinlich kennen ihn einige von euch, war der Kogelbauer Horst ein sehr, sehr guter Schütze, jedenfalls war Horst von Kassai´s Schießerei schwer beeindruckt.
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Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 30.05.2005, 12:32

Den mediteranen Release bei Lajos gibt es, weil ihm ein großes Stück vom Daumen fehlt, deshalb hat er sich auch eine etwas eigenwillige Nocktechnik einfallen lassen. (Versucht mal ohne Daumen zu nocken... und dann noch in der Geschwindigkeit)

Wer es kopieren will, solls tun, ihm wird aber immer sein normallanger Daumen im Weg sein, so wie den Amazonen die linke oder wars doch die rechte Brust? :engel

Da das schnelle Nocken eine zentrale Übung für die ungarische Art des RBS* sind, muss daran viel geübt werden und wer viel übt hat Erfolg - lange Daumen, fallen bei soviel Überei dann nur noch wenig ins Gewicht. Es gibt aber auch faulere Zeitgenossen, die sich Abkürzungen suchen, oder sich andere Bedürfnisse beim RBS erfüllen, zB. Jagen oder Feinde niederstrecken, oder ne tolle Show machen, oder einfach nur Eindruck schinden, oder oder... - Krieger fällt mir dazu noch ein ;-)

Jede dieser Absichten verlangt zu ihrer Durchsetzung eine einigermassen gute Technik. Technik in Verbindung mit Ehrgeiz zeigt irgendwann Erfolge, führt aber nicht zum Ziel. Ein Pferd fein reiten funtkioniert nur, wenn du ein Pferd fein reitest und nicht wenn Hinz und Kunz draufsitzt und seinen Stiefel brät. Lajos bietet seinen Leuten jedes seiner Pferde an - nu sind aber die, die da kommen keine feinen Reiter sondern Reitanfänger, die RBS machen wollen, weil es einfach jenseitstoll ist.

Versuch doch mal auf einem deutschen Schulpferd am leichten Zügel eine Pirouette zu reiten, allein mit Bein und Sitzhilfen. Wird nicht gehn, selbst der Westernreiter wird sein spinning horse nie so mir nichts dir nichts einem Anfänger geben - is nich, geht nich, wird nich...

Also gibt es einen Graben oder einen Zaun oder sonstwas, was Lajos' Pferdchen auf Spur hält, damit sie auch nach dem 20. Galopp mit absolut Nullbock immernoch geradeaus laufen und nicht kurzerhand zu ihren Kollegen abbiegen zum Abflaxen. Alles andere würde verlangen, dass die Leute von Lajos ein eigenes Pferd haben und mitbringen - fragt wieviel der mindestens 70 Teilnehmer an so'nem Samstag sich eins leisten können, wollen? Fehlanzeige

Ergo werden, diejenigen mit den eigenen Pferden, tolle Shows zeigen, mit je nach ihrem Können auf gut ausgebildeten Pferden. Und sie werden etwas zeigen können, was eine Schule niemals leisten kann, es sei denn es wäre dem Lehrer wichtig. Doch wäre es ihm wichtig, hätte er nur noch einen Schüler und RBS würde nicht zum ungarischen Breitensport mit Ansprüchen einer World Organisation etc.pp.

Authentizität, Reitkunst oder andere hohen Ansprüche, mit denen man sich Hobbysmäßig zu verwirklichen sucht, sind nicht im Programm der Schule vom schnellen Schiessen.



*Reiterbogenschiessen 8-|

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Peter O. Stecher
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Beitrag von Peter O. Stecher » 30.05.2005, 13:55

Danke für eure Antworten !

Bei uns war am WOE ein MA-Fest auf unserer Burg. Da war ein Stand mit Bogenzeugs. Ich hab mich wieder masslos geärgert als ich da ein wenig zuhörte was der Standler und seine Partnerin den Kunden für einen Schwachsinn erklärten. Der hatte auch jede Menge Reiterbögen, es wurde den Leuten erklärt, dass diese Bögen die schnellsten Bögen seien und die beste Wurfleistung hätten - WEIL :" Die Sehne an die Siyahs schlägt und so dem Pfeil einen zweiten Schwung gibt" !! Tolle neue physikalische Einsichten, die Siyahs waren ca 2 cm dick und 5-6cm tief. Mit diesem Gewicht an den Tips kann man höchstens einen unvergesslichen Handschock generieren.
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Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 30.05.2005, 14:43

Negley,

Es gibt viele Dilletanten und eine plausible Geschichte gehört zum Verkauf. Wenn die Story nicht gut genug war, hat derjenige sich bestenfalls lächerlich gemacht. Na und?

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Peter O. Stecher
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Beitrag von Peter O. Stecher » 30.05.2005, 14:53

Na ja, ganz so sehe ich das nicht, der hatte auch Langbögen da und erklärt dass die RB besser schießen, und hat das ja an Laien weitergegeben, die glauben das dann schon.
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Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 30.05.2005, 15:05

Vielleicht verdient man derzeit am RB noch mehr - ist doch nur logisch oder?

"Money makes the world go round, money, money, money - world go round", wußte schon Liza Minelli

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kra
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RE:

Beitrag von kra » 31.05.2005, 08:53

Original geschrieben von Negley

Meine Frage war eh wertfrei gemeint. Meines Wissens gibt es "ungarische" Bogentraditionen gar nicht - ich hab schon mit einigen ungar. Bogenbauern-u. Schützen darüber gesprochen. Vielleicht wurde die Tradition wiklich von den Hunnen o.ä. übernommen und dadurch ist kein "reiner ungar." Stil nachzuvollziehen.
....


Da wurde keine "Tradition übernommen" sondern die Träger dieser Tradition sind in die Ungarische Tiefebene eingewandert -- und das mehrfach über die Jahrhunderte so ziemlich alle Reitervölker der großen Steppe weiter östlich. IMHO ist Ungarn ein klassisches Beispiel für die Vermischung der Völker in Europa. Is nix mit dem Blödsinn/Dummfug von wegen "ethnisch rein" usw. :motz :bash :motz

Sorry für OT
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
– George Bernard Shaw

Niels

Beitrag von Niels » 31.05.2005, 10:24

Da wir ja eh schon seitenlang OT sind, kommt es darauf sicher nicht mehr an.

Kra hat ganz sicher recht, was das Völkergemisch insbesondere in Ungarn anbelangt und mit den Hunnen haben die Magyaren gar nichts zu tun, auch wenn es im späteren Mittelalter immer wieder Bestrebungen gab, eine Verwandschaft von Attila und Arpad zu konstruieren.

Schon die aus den Chasarenreich (selbst ein großes Völkergemisch) mit Zwischenstation eingewanderten 7 überlieferten Stämme waren nicht alle finno-ugrischen Ursprungs (mindestens 2 nicht).

Und dann ging es mit der Vermischung flott weiter. Es kam slawische, restawarische und sich sonst noch so im Karpatenbecken sich bei der Landnahme aufhaltende Bevölkerung dazu. Nach der Landnahme gab es neben den eingeschleppten Sklaven von überallher immer wieder auch große Ansiedlungswellen (Petschenegen, Slawen und später auch viele Deutsche). Die späteren Besatzungen, insbesondere die längere türkische Besetzung, dürfte auch Spuren hinterlassen haben.

Das ist also in Ungarn nicht anders als in den anderen europäischen Ländern, vielleicht sogar dort noch ausgeprägter.

Prywinn
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finno ungarisch? [OT]

Beitrag von Prywinn » 31.05.2005, 10:47

was heisst das?
Würd mich nämlich interessieren, da ich finnische vorfahren hatte, soweit ich keiss...

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 31.05.2005, 10:51

Und trotzdem Niels, dann höre die richtigen Ungarn mal über die falschen Ungarn schimpfen, z.B. Romas, immerhin 10% ihrer Bevölkerung - das leisten sich bei uns nur die Skins.

Oder geh mal zu den Türken und hör dir an, was die ablästern können, wow - da bleibt mir Heimat entkerntem Deutschen glatt die Spucke weg. Weshalb wir Menschen solche Feindbilder und Identifikationen im Urgrund unserer Geschichte suchen, weiß ich nicht.

Vielleicht ist es der gemeinsame Nenner romantischer Schwärmerei oder gegenseitiges sich auf die Schulter klopfen, die einzig Wahren zu sein. Und die Reiterbognerszene wird und ist davon nicht verschont. Was ließ nochmal O.Wells in Animal Farm die Schweine sagen...?

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