Bogenreiten und die Belastung für die Pferde

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Bogenreiten und die Belastung für die Pferde

Beitrag von Archiv » 18.10.2004, 12:28

Hallo zusammen,

ich hab, dank dschin, im IN ein paar Dinge zum Schwebesitz gefunden:

1. das Gewicht des Reiters, das ja zu 100% in den Steigbügeln steht, verteilt sich schlecht auf den Sattelbaum

2. das Gewicht des Reiters geht zu stark auf die Vorhand, weil er sich sich doch stark nach vorne lehnt.

Beides soll für die Pferde nicht gerade von gesundheitlichem Vorteil sein.

Was haltet Ihr davon?

liebe Grüße benzi

dschin
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schwebesitz

Beitrag von dschin » 18.10.2004, 12:57

es kommt auf den sattel an. wenn es sich um einen reinen sportsattel aus dressur und springen handelt, können diese symptome sehr wohl auftreten.

bei einem sattel, der auf grund seiner konstruktion (bock/trachtensattel) den druck grossflächig verteilt, gibts mMn diese probleme nicht(vorausgesetzt der sattel passt!!!).

wenn man sich speziell den sitz der distanzreiter ansieht (schwebesitz) halten das doch die pferde locker über einige km durch. ok, diese pferde sind trainiert und haben entsprechende rückenmuskultaur.

gewicht auf die vorhand bringen:
in einem der letzten c(r)avallos war eine analyse über die gewichtsverteilung beim pferd, wenn der reiter mit seinem schwerpunkt aus der rückenlage in vorwärtslage bzw seitwärts auswandert. ich hab keine gravierenden unterschiede erkennen können

Alphastern

RE: schwebesitz

Beitrag von Alphastern » 20.10.2004, 13:19

Original geschrieben von dschin

es kommt auf den sattel an. wenn es sich um einen reinen sportsattel aus dressur und springen handelt, können diese symptome sehr wohl auftreten.



Einspruch: mein Dressursattel liegt mit grossen Keilkissen und V-Gurtung wohl besser als mancher Westernsattel mit einfachem Gurt. Das Gekippel der Dinger kann ich oft genug bei uns im Stall ansehen :)

Zur Belastung: erstens würde ich mich nicht so weit nach vorne beugen das sowohl Pferd als auch ich aus dem Gleichgewicht geraten, zweitens soll man ja nur das Gewicht aus dem Sattel nehmen, damit man selbst beim Schiessen nicht beeinflusst wird, zweitens müsste man da schon sehr lange, egal ob schiessend oder nicht durch die Gegend galoppieren um dem Pferd zu schaden.

dschin
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Beitrag von dschin » 20.10.2004, 13:41

*g* ich hab selten einen westernsattel gesehen, der wirklich gepasst hat.
warum hätten die sonst (fast immer) so dicke pads darunter *sfg*
@alphastern: es kommt auf den satteltyp und sattler an. mein niedersüss wurde einmal von einem sattler komplett auf vornbelastung aufgepolstert. angeblich weil das so gehört und einige s-reiter es so wollen. naja. er wurde nach 2 wochen von einem anderen sattler umgepolstert.
einen benz oder cobra polsterst zb komplett anders als einen stüben.

@vorhand bringen: warum sind dann so viele pferde im rücken und auf den haxen hin??? durch falsche reitweise und falsches satteln. viele satteln viel zuweit vorn.

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 20.10.2004, 16:12

@vorhand bringen: warum sind dann so viele pferde im rücken und auf den haxen hin??? durch falsche reitweise und falsches satteln. viele satteln viel zuweit vorn.


Weil Pferde nicht ausgebildet werden, sondern es gilt "Rauf, nicht Runterfallen und los! Diese achtlose Herangehensweise fördert auch falsche Sättel und ihre Auswahl. Beim Bogenreiten besteht ganz besonders die Gefahr, weil viele schon mit dem, was sie sich selbst beibringen müssen, um nur halbwegs erfolgreich zu sein, vollkommen überfordert sind. Wenn dann noch die Ausbildung von ihren Pferden hinzukommt, müssten sie ja zugeben, dass sie garnichts können und kompetente Anleitung benötigen. Doch wer ist schon so ehrlich - do it yourself ist angesagt!

Das ist so! Habe es selbst an mir und was mir ganz besonders Leid tut auch meine Pferde, schmerzhaft erfahren müssen. Leider ist der ungarische Weg, was die Pferdeausbildung angeht, absolut miserabel - eine glatte 6!!!

Alphastern

RE:

Beitrag von Alphastern » 20.10.2004, 16:36

Original geschrieben von dschin

@vorhand bringen: warum sind dann so viele pferde im rücken und auf den haxen hin??? durch falsche reitweise und falsches satteln. viele satteln viel zuweit vorn.


Da haste Recht.

Und was die Ausbildung des Pferdes angeht sehen leider die meisten nicht die Notwendigkeit die Tiere vernünftig auszubilden oder ausbilden zu lassen. Andererseits, wenn ich mir manchen "Profi" so anguck, lass ich den besser nicht auf mein Pferd...

dschin
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Beitrag von dschin » 20.10.2004, 20:18

@steppenreiter, alpha*:
da kann ich nur zustimmen :-(((((

Amazone
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Vorhandbelastung

Beitrag von Amazone » 22.10.2004, 09:06

Der Sitz des Reiters - ob weiter vorne oder hinten - machts nicht wirklich aus, ob das Pferd auf den Vorderbeinen und im Rücken kaputt geht! Da hab ich mal was in einer Cavallo gelesen - neuste wissenschaftliche Erkenntnis! Durch ausgeklügelte Versuche und Messungen (u.A. Uni Wien) wurde festgestellt, daß sich das Pferd das Reitergewicht gleichmäßig auf Vorder-und Hinterbeine verteilt. Die bis jetzt immer angenommene Mehrbelastung der Vorhand durch das Reitergewicht gibts also nicht! Und warum trotzdem so viele Pferde kaputt sind? Der Rumpf hängt in einer Art Hängematte aus sehnig durchsetzten Muskeln an den Vorderbeinen - bekanntlich hat das Pferd kein Schlüsselbein. Diese Aufhängung wirkt als Stoßdämpfer für die Gelenke der Vorderbeine - anders als die Hinterhand, die mehr durch die Gelenkwinkel gefedert wird. Wenn nun das Pferd schlecht geritten wird - also steif, mit festem durchgedrücktem Rücken - verspannt diese Vorhandmuskulatur, der Stoßdämpfereffekt ist weg, und die Stöße bei der Bewegung - vermehrt um das Reitergewicht - gehen direkt auf die Knochen.
Also: ob versammelt oder nicht ist gar nicht so wichtig, aber locker, mit schwingendem, physiologisch korrekt arbeitendem Rücken muß sein.Und dabei ist es egal, wie der Reiter sitzt, hauptsache effektiv. Denn locker den Rücken hochbringen, da kommt das Pferd leider nicht von alleine drauf...
Das heißt also, jemand, der sein Pferd auf die Hinterhand bringt, ohne daß es wirklich locker ist, schadet ihm genauso wie jemand, der nur passiv draufhängt und es durchs Gelände schlurfen läßt - egal wie er sitzt.

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shewolf
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Beitrag von shewolf » 22.10.2004, 09:30

Falsche Belastung ist wohl eher ein Problem des Reitens allgemein, weniger des Bogenreitens im speziellen.

Latschende Pferde seh ich leider nur zu oft, unter Western- wie unter Englischsätteln, in der Halle und auch im Gelände. Und von wegen lockerer Rücken: steifer Rücken mit durchgedrückte Hälsen, die dann mit Martingel runtergeholt werden, Hilfszügel, die richten sollen was der Reiter nicht von oben hinkriegt.

Aber finde mal einen engagierten Reitlehrer (egal ob western oder englisch), der Dir Hintergründe erklärt, der Dich korrigiert und der vor allem ganzheitlich an den Unterricht rangeht.

Eofaer hat von einem Philip Karl berichtet, der sehr umfassend unterrichtet. Ich bin mir nicht ganz sicher, war der auch schon bei Judit Maus in der Rhön? Steppenreiter, kennst Du ihn?
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Niels

Beitrag von Niels » 22.10.2004, 10:23

Amazone, das habe ich so auch schon mal gelesen und fand es angesichts der Messungen sehr überzeugend.

Ich glaube mittlerweile auch, dass die permanent und möglichst noch mit Hilfszügeln in die Versammlung gezwängten Pferde da vielmehr einem inzwischen gängigen Bild des Menschen (!) von einem nett anzusehenden Pferd-Reiter-Paar entsprechen sollen. Die offensichtliche Mär von der damit entlasteten Vorhand wird wohl auch nicht deshalb wahrer, weil das die seit Jahrzehnten gängige Erklärung ist.

Auf der anderen Seite steht die Aktivierung der Hinterhand (Untertreten usw.) meiner Meinung nach in direktem Zusammenhang mit dem lockeren und aufgewölbten Rücken. Um die Hinterhand zu aktivieren muss man das Pferd zwar nicht unbedingt im Genick "aufrollen". Aber der Sitz spielt doch wahrscheinlich schon eine wichtige Rolle bei der richtigen Gewichtshilfe zum Aktivieren der Hinterhand, oder sehe ich das falsch?

Aber unabhängig davon wird wohl keiner auf die Idee kommen, das Pferd ausgerechnet auf der Bogenreitbahn auch noch diesbezüglich ausbilden zu wollen.

Das sollte man eher bei der sonstigen Reiterei versuchen.

Wenn das Pferd tatsächlich vorher auf dem Reitplatz oder im Gelände gelernt hat, den Rücken aufzuwölben und zu schwingen, ohne dazu ständig (z.B. durch Gewichtshilfe) aufgefordert zu werden, sollte der kurzzeitige Schwebesitz beim Bogenreiten doch eigentlich kein ernsthaftes Problem für die Pferdegesundheit sein.

Das eigentliche Problem liegt also meiner Ansicht nach nicht in einem kurzzeitigen Schwebesitz, sondern vielmehr darin, dass es verdammt schwer ist, langfristig ein durchlässiges und gut untertretendes Pferd auszubilden.

Der Steppenreiter

Reite dein Pferd vorwärts und richte es gerade...

Beitrag von Der Steppenreiter » 22.10.2004, 11:22

predigte Steinbrecht, doch man muß ihn lesen und praktizieren und verstehen und sich lehren lassen, sonst wird nix draus und Dilletanten laufen heute mehr herum, als uns recht sein kann.

Philipp Karl bei Judith, das sollte mich wunderen, Peter(Efoar) hingegen lernt bei ihr.

Cavallo, die Bildzeitung der Pferdewelt, halte ich nicht für eine wirklich gute Quelle.

Hier noch ganz interessante statische Knochenbildchen zu den verschiedenen Haltungen des Pferdes.
http://www.st-ho.com/index.php?language=1

Allerdings muss dazu bemerkt werden, und das habe ich auch von Steinbrecht, das Pferd steht nicht, sondern es bewegt sich und die Bewegung macht das Verständnis dessen, wie was zum Guten(Ausbildung) beeinflusst werden kann so schwer.

Alphastern

RE: Reite dein Pferd vorwärts und richte es gerade...

Beitrag von Alphastern » 22.10.2004, 11:52

Original geschrieben von Der Steppenreiter

Cavallo, die Bildzeitung der Pferdewelt, halte ich nicht für eine wirklich gute Quelle.


Das ist natürlich Ansichtssache, ich finde eher die Cavallo hebt sich wohltuend von den herkömmlichen Zuchtschau- und Turnierblättern ab. Gerade weil sie sich auch mal traut andere eisen anzufassen.

Allerdings muss dazu bemerkt werden, und das habe ich auch von Steinbrecht, das Pferd steht nicht, sondern es bewegt sich und die Bewegung macht das Verständnis dessen, wie was zum Guten(Ausbildung) beeinflusst werden kann so schwer.


Mein Reiterlehrer sagte einfach und kurz: egal was Du auf dem Pferd tust, tu es im Vorwärts!

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RE: Vorhandbelastung

Beitrag von Archiv » 23.10.2004, 13:17

Original geschrieben von Amazone

Da hab ich mal was in einer Cavallo gelesen - neuste wissenschaftliche Erkenntnis!


@Amazone
könntest Du mal nachschauen in welcher Ausgabe, zum nachlesen? - Danke


Denn locker den Rücken hochbringen, da kommt das Pferd leider nicht von alleine drauf....


bleibt die Frage, wie wir es ihm am besten beibringen

Original geschrieben von Der Steppenreiter
Cavallo, die Bildzeitung der Pferdewelt, halte ich nicht für eine wirklich gute Quelle.


Muß ich leider zustimmen, ich hab als Reitanfänger und Pferdebesitzer noch auf keine meiner Fragen ein echte Antwort in der Cavallo gefunden, obwohl die Überschriften das immer verheißen.

liebe Grüße benzi

@Steppenreiter
mutige und ehrliche Worte in Sachen Ungarn und Pferde, mein Respekt :anbet

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Verschleiß

Beitrag von Amazone » 23.10.2004, 15:33

Original geschrieben von Der Steppenreiter

Leider ist der ungarische Weg, was die Pferdeausbildung angeht, absolut miserabel - eine glatte 6!!!


@ Steppenreiter:
Danke, Du hast mir damit eine Frage beantwortet, die mir im Kopf rumgeht, seit wir mit dieser Bogenreiterei angefangen haben:
wie gehen die Ungarn mit der Belastung/dem Verschleiß ihrer Pferde um, wenn die unterm Reiter nix anderes tun als im immer gleichen Galopp diese Bahn langzugehen? Bzw. was tun sie gegen den Verschleiß? Vor allem nach den schönen Worten im Kassai-Buch...
Nach Deiner Benotung vermute ich 'mal, sie scheren sich nicht drum...?

Daß der ganze Gymnastizierungskram eine rein abendländische Tradition ist, war mir schon vorher klar:
in der Steppe gabs viele Pferde, damit konnte man nach der Strategie vorgehen, die Belastungs-/Überlastungszeit für das einzelne Pferd zu reduzieren: nach seiner Nutzung kam's zurück in die Herde, und das nächste war dran. Genauso wie bei den Cowboys, Isländern... Und wenn's gar nicht mehr ging, konnte man's immer noch in den Kochtopf stecken.

Aber ich denke, wir können uns das heute nicht leisten.

Also die west-östliche Synthese:

Gymnastizierung fürs Bogenpferd!

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Cavallo

Beitrag von Amazone » 23.10.2004, 16:31

Original geschrieben von Der Steppenreiter

Cavallo, die Bildzeitung der Pferdewelt, halte ich nicht für eine wirklich gute Quelle.



Ooch.. klar hat die Cavallo nicht das Rad neu erfunden, und einige Artikel sind reißerisch oder Spaßberichte - aber sie bewegt was.

Die Quelle für den Vorhand-Artikel (Cavallo 2/01):
"Kinematische Messungen des Einflusses des Reiters auf das Bewegungsmuster des Pferdes" von Michael Kapaun, in der Arbeitsgruppe von Dr. Florian Buchner, Universität für Orthopädie bei Huf- und Klauentieren, Wien.

Vielleicht findet's jemand im IN?

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