Dominanz oder Programmkino

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Der Steppenreiter

Dominanz oder Programmkino

Beitrag von Der Steppenreiter » 24.11.2005, 18:25

Da übst du mit deinem Pferd das Ein oder Andere machst Fortschritte, freust Dich, dass es so gut klappt, wirst lockerer dein Pferd auch. Über Tage und Wochen scheint ihr ein gutes Team zu werden, ja sogar schon zu sein. Du vermutest eine beginnende, tiefe Freundschaft zwischen zwei so unterschiedlichen Geschöpfen, Mensch und Tier - und dann passiert es!

Manchmal kam es dir schon so vor, als ob Dein Pferd deine Wünsche bereits ahnte, vorrauseilenden Gehorsam zeigt und trotzdem immer lustloser wird. Dann "zickt" es herum, will nicht mehr hin an fremde Orte, erschrickt vor Unbekanntem. Da keimt in dir der Verdacht auf - Hey da stimmt was nicht, es vertraut mir nicht, mein Freund - Pferd? Es nimmt lieber reiß aus, als dass es bei mir bleibt? Ein sicheres Zeichen für fehlende Dominanz denkst du. Dann übst du wieder vom Boden aus, wovon du meinst es fördere die Dominanz, Rückwärtsrichten, Schulterweichen, Join up ua.

Nein das kann es nicht gewesen sein, es klappt alles wie immer, wunderbar. Und dann eines Tages die Gelegenheit beim Ausritt, wieder ein Ort an dem deinem Pferd die Haare zu Berg stehen, es scheut. Wenn du jetzt absteigst und deine Dominanzspiele machst, bemerkst du etwas ganz Neues. Von wegen Rückwärtsrichten, von wegen Schulterweichen, ganz im Gegenteil es rennt dich sogar beinah um!

Damit es nicht geschieht, bringst du dich in Sicherheit, probierst es nocheinmal und merkst - au weiah - jetz muß ich zu härteren Mitteln greifen, damit es nicht wieder und wieder passiert. Keine Vertrauen schaffende Massnahme fällt dir ein, die noch helfen könnte, kein Druck scheint stark genug zu sein. Etwas bedeppert stellst du dein Pferd zurück auf die Wiese oder in den Stall und fängst zu grübeln an. Was tun? War das vorher alles nur Programmkino haben wir doch ein tiefsitzendes Dominanzproblem?

gerdnix
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kenne ich

Beitrag von gerdnix » 24.11.2005, 18:49

ich glaube das der überlebenswille des pferdes das bewirkt was du meinst,ich bin der meinung,also ich für mich ,das letzt endlich das pferd entscheidet ob es ihn an den kragen geht oder nicht.bekannter von mir hatte einen sehr gut ausgebildeten traber,dominaz war ganz klar bei seinen besitzer,bis eines tages das pferd sich in der halle so erschreckt hat das über die bande springend sich in sicherheit bracht der bekannte hatte kein chance was dagegen zu tun,danch als sich das pferd wieder beruhigt hatte war es wieder das alte.deswegen sag ich für mich 100%ig kann ich mich nicht darauf verlassen das es mir vertraut,es hat eben sein instinkte und ich muß damit leben,ich kann bloß versuchen seine fluchtinstinkte zu minnimieren.doch es bleibt ein fluchttier.also du bist nicht der einzigste der so erfahrungen macht,flash ist wenn irgenwo in seiner nähe was zicht was er nicht einordnen kann, auch immer soweit als ob ihn jemand den hals durchscheiden will,in den staaten hab ich erlebt wie mein pferd plötzlich 3 meter seitlich stand von dem weg wo wir ritten weil ne schlange sich gemeldet hat zu wort ohne westernsattel wer ich wohl nicht mitgekommen bei dem satz.
letztendlich fählt das bei mir unter, damit kann ich leben
siehst fällt mir grad ,vorrige woche waren wir abends im dunkeln unterwegs,als wir ein wildschwein gesehn haben,als wir an der stelle vor bei waren und dann runter auf die andere talseite wollten,war das auch so, wenns nach ihn gegangen wäre er wäre im galopp davon so konnte ich ihn wenigsten zum trab zurückhalten,ist für mich okay gewesen,ich hätte an seine stelle auch das weite gesucht.
gruß gerd

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Akzeptanz, Vertrauen , Respekt

Beitrag von zanabo » 24.11.2005, 19:15

Hallo Christian , eine perfekte Lösung kann ich Dir nicht nennen, da es so viele Einflüsse in diesen Situationen gibt , die Du gar nicht alle schildern kannst.
Allerding würde ich Dir sagen nicht die Dominanz in den Vordergrund zu stellen , sondern die Arbeit an Akzeptanz , Vertrauen und Respekt. Das sind feine Unterschiede zur Dominanz. Der Mensch muss dem Pferd eine gefestigte Struktur bieten können, in der er bei Problemen immer auf die nächst kleinere Einheit herunter brechen, notfalls bis zum Anfang zurück gehen kann. So kannst Du andererseits Stufe für Stufe das Unkalkulierbare kalkulierbarer machen.
Ein detaillertes Bodenarbeitsprogramm ist nie Selbstzweck oder um das Pferd zu beschäftigen, sondern dient in Allem zum reiten.
Ein solches Training beinhaltet zwei Linien: einmal Sensibilisierung auf Signale zum anderen Desensibilisierung auf Umwelteinflüsse.
Wenn Du diese Dinge erarbeitet hast , oder nacharbeiten kannst hast Du ganz viele Möglichkeiten immer in der Rolle des Agierenden zu bleiben und nicht nur der Reagierende zu sein.
:o Hoffentlich war das verständlich , ohne Kochrezepte zu verteilen.
Alles Gute für Deine Pferdearbeit,Pia :-)

Pochifiore

Beitrag von Pochifiore » 24.11.2005, 20:34

Schattenwolf, ich stimm Dir zu. Eigentlich sogar vorbehaltlos!

Klar ist Dominanz wichtig, aber nicht nur.

Was nützt es, wenn das Pferd uns zwar über sich hat, aber Angst vor uns hat?
Wenn dann etwas ist und das Pferd lieber wegrennen möchte, so sind wir ja eher ncoh ein Grund das Verhalten zu unterstützen.

Wenn wir ihm hingegen zwar zeigen, dass wir über ihm sind (dominant sind), aber zugleich auch beweisen, dass wir vor den Sachen keine Angst haben und dass es mit uns die gefahrlos überstehen kann, dann nennt man das wohl Freundschaft und Vertrauen.

Beides zusammen ist es, was wir eigentlich wollen, oder?

Ich finde Schrecktraining ist auch ein Ansatz, wie man anfangen kann. und auch:
Das Pferd "auslachen", ihm zeigen, dass da ncihts ist, seine Reaktion aber gar nciht groß beachten. Einfach souverän genug sein um dem Pferd die Angst zu nehmen.
Es dazu bringen, zu überlegen, ob das Sinn macht, jetzt zu scheuen, wenn "sein" Mensch doch da ganz cool steht und vielleicht noch das merkwürdige Ding untersucht.

Ach ja, ich hab nen Araber, ein eigentlich sehr "gspinnertes Viech", aber ich denke, sie ist im allgemeinen ganz cool.

Niels

Beitrag von Niels » 24.11.2005, 22:18

Das ist meiner Ansicht nach so eine Sache mit den Begriffen. Ich denke man darf da einfach nicht mit menschlichen Maßstäben rangehen.

Da hat Dominanz ja immer was recht negatives und kein Mensch möchte sich gern in der dominierten Rolle sehen, jedenfalls heutzutage nicht mehr. Dem Pferd geht es da aber ganz anders. Es vertraut seinem Herdenfreund, solange keine Gefahr droht. Bei Gefahr orientiert es sich am Leittier und der Freund ist dann schnuppe, wenn es nicht zufällig der/die Herdenchef/in ist.

Ob die vermeintliche Gefahr eine ist oder nicht entscheidet dann der Boss. Wenn die Rollenverteilung klar ist, sollte dazu schlichtes (und vor allem innerlich wirklich gelassenes) ignorieren genügen. Wenn es noch nicht so klar ist, muss man vielleicht aktiv (vor allem sich selbst) beruhigen. Zum Beispiel einfach tief durchatmen (aber ohne deutliches Atemgeräusch = Schnorcheln und regt das Pferd auf und die Schultern strecken).

Liebe kann das Pferd meiner Meinung nach nicht einordnen, weil es das in unserem menschlichen Sinne nicht kennt. Das Pferd denkt schließlich nicht, sondern folgt nur seinen Instinkten.

Man kann Dominanz (nicht zu verwechseln mit sinnloser Gewalt, womöglich noch mit falschen Timing und aus eigener Erregung) in der menschlichen Begriffwelt natürlich auch die Respekt oder Akzeptanz ersetzen (Vertrauen ist für das Pferd ohnhin "nur" die Wirkung und nicht die Ursache). Aber da besteht dann meiner Ansicht nach die Gefahr menschlicher Mißverständnisse (so nach dem Motto: akzeptiere/respektiere mich so wie ich bin - das kann ein Pferd aber nicht).

Das ist natürlich nur meine bescheidene Meinung und zu Steppis Problem würde ich demenstprechend sagen: Wenn mein Pferd in einer vermeintlichen Gefahrsitution nicht mehr nach dem Herdenchef schaut und sich an diesem orientiert, gibt es ein Problem in der Rollenverteilung (sowas zeigt sich manchmal schon in Kleinigkeiten - Pferd rempelt mich schubbert sich an mir, steigt mir auf die Füße oder ist mit den Ohren nicht bei mir, wenn ich in der Nähe bin etc.)

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Beitrag von Archiv » 25.11.2005, 08:34

Hallo zusammen,

ich möchte mich Schatti und Pochi anschliessen. Ich bin auch jemand, der über die Frage der Dominanz und der guten Erziehung oft den Aspekt der Liebe vergißt. Pfister hat den Begriff der ´positiven Dominanz´ geprägt. Das trifft es für mich am besten. All zu oft ist mein Dominanzgehabe zu negativ. Und genau das führt meiner Meinung nach dazu, daß Dinge wie Rückwärtsrichten etc. in bekannter Umgebung klappen, aber in bedrohlichen Situtionen die Angst und damit der Fluchtinstinkt überwiegt.

Eigentlich hat mir meine Rika das schon vor über einem Jahr klar gemacht, aber ich vergesse es leider immer wieder.

liebe Grüße benzi

Der Steppenreiter

Wow...

Beitrag von Der Steppenreiter » 25.11.2005, 10:12

Niels hat recht und Schattenwolf auch und trotzdem fehlt doch etwas.

Dominanz ist ein Wort, unter dem wir uns allerlei vorstellen, es ist aber auch ein Fachbegriff, der eine Handlung beschreibt, nämlich die Handlung, die notwnedig ist, um das Vertrauen und die Aufmerksamkeit des Pferdes auf den Menschen zu richten.

Alle Tiere sind weitestgehend instinktgesteuert, denken also nicht bevor sie etwas tun, sondern zuerst handeln sie. Bei Fluchttieren ist diese Handlung sehr impulsiv, darauf gerichtet sich schnellstens vom Gefahrort zu entfernen und kann deshalb dem Menschen gefährlich werden. Beobachtet man junge Pferde scheint es so als übten sie dieses Verhalten sogar, einer erschrickt, alle rasen weg, dann erschrickt eine anderer, wieder rasen sie davon usw..

Wir suchen unser Heil selten in der Flucht, entweder stellen wir uns tot oder wir greifen an, unsere Beine sind einfach nicht schnell genug. Das sind unserer beider verschiedene Ausgangssituationen.

Ich suche immerwieder bei meiner Pferdeausbildung solche Stressituationen für Pferde, um zu prüfen, ob sie das Geübte noch umsetzen oder bereits ein anderes Programm läuft. Es ist relativ einfach dem Pferd in gewohnter Umgebung das Neue beizubringen, in der es sich entspannen kann. Andrerseits erfordert es ungleich größere Mühen und Verstehen, wenn wir das Geübte in fremder, vermeintlich gefährlicher oder anders interessanter Umgebung abverlangen.

Gelingt es, nennen wir ein solches Verhalten unter Menschen Gehorsam. Diese Worte Dominanz und Gehorsam scheinen für den modernen Menschen, wie aus einer anderen Vorväterzeit zu uns herüber zu gelangen. Sie vermitteln Werte und Anschaungen, die wir unter uns Menschen für gefährlich halten oder sogar krankhaft - "blinder Gehorsam", "dominante Führerschaft", "Domina" - devot.

Meine These ist nun die: "Wir gestatten niemand uns zu führen, deshalb können wir auch nicht führen." Und das wird bei der Pferdearbeit überdeutlich. Damit es uns jedoch nicht auffällt, machen wir Programmkino, es sieht nur so aus als ob wir führten.

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Beitrag von Archiv » 25.11.2005, 10:50

Deine These ist gut, sie ist sehr gut!

Ich lehne alles was mit Führung zu tun ab für mich ab. Woher kommt das? Ich habe in meinem Leben ständig Erfahrungen gemacht, die mich gelehrt haben, daß in diesem Land die Position in der sich jemand befindet nichts über seine Fähigkeiten aussagt. Egal ob Lehrer, Arzt, Lehrmeister, Automechanikermeister oder gerade eben wieder Polizisten oder BundeskanzlerInnen, alle haben eine Funktion, eine Ausbildung und doch sind sie unfähig. Unfähig in fachlicher Hinsicht oder in menschlicher Hinsicht oder beides.

Vielleicht sind die "Jünger" die einem "Pferdefachmann" hinterherlaufen viel mehr auf der Suche nach eigener Führung, als nach Führung für ihr Pferd? Vielleicht ist es die Sehnsucht einen Lehrer zu finden, der diesen Namen auch verdient?

Ich hab immer noch ein Bild von einer Gesellschaft in der die Funktionen wirklich nach Kompetenz vergeben werden. Und ich denke es gab Gesellschaften in denen das so war. Waren es diese Gesellschaften die auch ein großes Verständnis für das Tier Pferd hervorbrachten?

Unsere Pferde jedenfalls wissen sofort wem man bedenkenlos folgen kann und wem nicht....

liebe Grüße benzi

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 25.11.2005, 12:19

Benzi,
Nun fragt sich nur, woran sie es merken und wie lange das Versprechen gilt?

Kennst du den Satz von Richard Hinrichs:"Höflichkeit bis zur letzten Galgensprosse, aber gehängt wird doch!"

Woher wissen sie, dass der Eine bis zum Ende durchhalten wird, der andere aber nicht?

Weshalb vertrauen wir dem Einem, dem anderen aber nicht, noch bevor er seine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis gestellt hat?

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Beitrag von zanabo » 25.11.2005, 13:51

Original geschrieben von Der Steppenreiter

Ich suche immerwieder bei meiner Pferdeausbildung solche Stressituationen für Pferde, um zu prüfen, ob sie das Geübte noch umsetzen oder bereits ein anderes Programm läuft. Es ist relativ einfach dem Pferd in gewohnter Umgebung das Neue beizubringen, in der es sich entspannen kann. Andrerseits erfordert es ungleich größere Mühen und Verstehen, wenn wir das Geübte in fremder, vermeintlich gefährlicher oder anders interessanter Umgebung abverlangen.


Hallo Christian , ich denke in dem obigen Satz liegt eine Grundfrage , auch für Dich und Dein Pferd. Ein Herdenführer ist nur solange Chef , solange er kompetent für seine Herde arbeitet . Das heißt Du kannst Dich bei Deinem Pferd nicht entschuldigen , wenn Du es einmal oder öfters in für es "unkomfortable" Situationen hast reinrasseln lassen. Irgenwann , und das ziemlich bald, wird es Deine Führungsqualitäten anzweifeln und lieber für sich alleine entscheiden , als sich auf Dich zu verlassen. Und diese Entscheidung heißt instiktiv Flucht. Damit will ich keinesfalls sagen ,dass Pferde in Watte zu packen sind. Sie leben nun mal bei uns in der Zivilisation und haben den damit verbundenen Streß eben auszuhalten. Nur muss der Mensch in der Grundausbildung unter dem Thema "Von der Selbstbestimmung zur Fremdbestimmung" dem Pferd beibringen , dass es in Situationen entspannt , die ihm eigentlich fremd sind , dass es Situationen akzeptiert , die es sonst ablehnt und das nicht durch Gewöhnung oder Duldung. Sondern Du vermittelts Deinem Pferd mit wenigen Handgriffen ein Problemmanagment , indem es sich entspannt dem Ort des schrecklichen Geschehens zu wenden kann. Solange es die Sache nur aus Gewohnheit duldet , denk es immer noch an "nix wie weg".

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 25.11.2005, 16:15

naja - so abwegig ist das garnicht. Ich habe ein altes Buch aus den 50ern, da wird von einem alten Jemeniten berichtet, der Pferde hypnotisiert. Er kuckte sie an und bums fielen sie um.

Es gibt eine andere berühmte Geschichte aus Arabien. Ca 15 hundert Jahre alt. Als der damalige christliche Herrscher aus Abbesinien mit einem großen Heer Mekka angreifen wollte, kam er mit Elfanten. Als sie zum Sturm auf die Stadt sich aufgereiht hatten, kam ein Mekkaner ging zum Leitelefanten, flüsterte ihm etwas ins Ohr, der fiel auf die Knie und weigerte sich weiterzugehen. Es war nichts zu machen, der wollte nicht mehr!

Das mit der Gedankenübertragung ist trotzdem so'ne Sache, allzuoft meinen wir es sei so und es gelänge, tatsächlich aber ist es nur die Synchronizität zweier Begebenheiten, denen wir im Nachhinein eine besondere Bedeutung beimessen. Und weil wir so gestrickt sind Muster und Zusammenhänge zu erkennen, denken wir es handele sich um Gedankenübertragung.

Worin ich dir vorbehaltlos zustimme, dass Vertrauen dadurch gefördert wird, dass mein Gegenüber merkt, dass ich es beschütze, gerade wenn es brenzlich wird. Das war ja auch Zanabo's Kernaussage - vielleicht lasse ich es daran manchmal fehlen und fordere mehr, als ich zurückgebe. Muß ich prüfen...

Akronimus
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RE: Wow...

Beitrag von Akronimus » 25.11.2005, 17:04

Original geschrieben von Der Steppenreiter
Dominanz ist ein Wort, unter dem wir uns allerlei vorstellen, es ist aber auch ein Fachbegriff, der eine Handlung beschreibt, nämlich die Handlung, die notwnedig ist, um das Vertrauen und die Aufmerksamkeit des Pferdes auf den Menschen zu richten.
Ich denke, es gibt da einen feinen Unterscheid zwischen dominieren und führen.

Dominieren heißt erst mal nur, andere unter Kontrolle zu haben, bzw. seinen Willen durchzusetzen. Das kann man einem Pferd für normale Situationen mit den üblichen Mitteln beibringen. Ob dabei die Betonung mehr auf Diskomfort/Bestrafung bei Ungehorsam liegt, oder auf Belohnung bei Gehorsam, ist wahrscheinlich nur eine Frage das persönlichen Stils bzw. Systems.

Führen bedeutet dagegen, dass man sich und die allgemeine Situation unter Kontrolle hat. Das umfasst wesentlich mehr und bedeutet vielleicht für das Pferd, dass es ständig abfragen kann "dort ist es sicher". Ob das "dort" nun direkt beim Menschen, oder weit weg von einer nahen "Gefahr" ist, muss dann entsprechend erkennbar sein. Die Körpersprache oder eine entsprechende ständig abfragbare Kommunikation zwischen Mensch und Pferd sollte also erst mal stimmen. Der Optimalfall wäre dann wohl, wenn das Pferd bei einer Stresssituation zum entspannt dastehenden Menschen flieht, da es dort ja scheinbar sicher ist. Zuckt der Mensch aber als erstes zusammen ist das wohl eher ein Fluchtsignal.

So wie ich mir das vorstelle, müssten bei einem Menschen als Leit-/Führungswesen mehrere Grundvoraussetzungen stimmen: Zuerst mal sollte der Mensch so aufmerksam sein bzw. wirken, dass Gefahren von ihm früh erkannt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Punkt für den ersten Eindruck, den ein Mensch auf ein Pferd macht eine große Rolle spielt: Wirkt man ruhig und aufmerksam und erkennt/reagiert man auf kleine Aktionen des Pferdes? Ein weiterer Punkt ist dann vielleicht eine gewisse Dominanz, damit das Pferd nicht denkt: "Du willst dich gegen Situationen durchsetzen, in denen ich Angst habe? Du kannst dich doch nicht mal gegen mich durchsetzen!"
In einer Diskussion mit Sylvia zu dem Thema hatte sie das mal etwa so ausgedrückt: < Ein ausschließlich lieber Reiter ist für das Pferd nett, aber nutzlos.> Soviel zur Pferde-Kuschelromantik
:D

Das sollten jetzt nur allgemeine Überlegungen und keine "Kochrezepte" oder Weisheiten sein. Wissen tu ich das auch nicht, aber vielleicht bringt es ja was, wenn man ab und zu z.B. die gefährlich flatternde Plastiktüte souverän beseitigt und in aufgewickelt/gebändigter Form dem Pferd zeigt?
Wenn man dem Pferd zusätzlich positive Empfindungen/Emotionen vermitteln kann, ist das sicherlich auch sehr gut und wichtig, da es sich dann gerne führen lässt, aber zum Vermitteln von Führungsqualitäten imho nicht der Hauptpunkt.
"Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier"
(M. Gandhi)

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Beitrag von Cowboy » 25.11.2005, 19:45

Hi Christian,
Du suchst Dir ja immer Themen aus. Das ist ja genau etwas für mich.
Also, Parelli hat da eine sehr gute Einstellung zum Thema Partnerschaft:
Beim Pferd gibt es 3 Bereiche, die man trainieren muss, die Emotionen, den mentalen Bereich und die physische Komponente.
Meistens stimmt schon die emotionale Komponente nicht. Das bedeutet z. B., dass das Pferd lernt, seine Emotionen selbst unter Kontrolle zu halten – sich nicht wie ein Fluchttier zu benehmen. Also Selbstbeherrschung und nicht beherrscht werden. Wenn ein Pferd dies nicht lernt, muss der Mensch eingreifen und dann kann es nach hinten losgehen- der Streit ist vorprogrammiert.

Diese Komponenten gelten aber auch für den Menschen!!! Wenn ich meine Emotionen nicht unter Kontrolle habe, wird es nichts mit Vertrauen, Respekt etc.
Und hier happert es auch, welche Mensch ist in der Lage, sicht NICHT zu ärgern, auch wenn das Pferd etwas anderes im Sinn hat, oder wer packt nicht in die Zügel, wenn das Pferd losstürmt (Reflex Raubtier) Also nicht nur das Pferd lehren, selbst lernen!!! Wenn man weiß, dass Pferde Muskelleser sind, weiß man, was es beudeutet, wenn man sich aufregt.

Im Juli hatte ich ja die Gelegenheit, an einem Symposium zur DA teilzunehmen, dort war auch ein Professor, der mit behinderten Menschen arbeitet und somit auch Kommunikation aufbauen muss zu „Wesen“, die anders reagieren als normal.
Seiner Meinung nach ist die Bindung (z. B. Bindung von Kind zu Mutter) die wichtigste Komponente einer Partnerschaft, also auch bei der Arbeit mit Pferden.

Wichtige Punkte sind dort:
- Regeln, an die sich beide Seiten zu halten haben (wie oft bricht der Reiter die Regeln)
- Verlässlichkeit
- Das Recht, seinen Unmut zu zeigen.


Und da gingen bei mir echt die Lichter auf.
Wie häufig wird im NH und der Reiterei die Partnerschaft und Kommunikation angestrebt, aber wenn das Pferd mal etwas anderes sagt heißt es: halts Maul und mach!!!


Meine Stute hat die Angewohnheit, beim Gurten manchmal zu schnappen (nur Drohen) – was ich natürlich unterbunden habe.
Und was dann- ich merkte, dass sie jedes Mal einen harten Bauch hatte, wenn sie das tat – ihre Art zu sagen: bitte langsam, mir tut das weh. Seit ich das gemerkt habe, hat sich einiges geändert. Wenn sie droht, überprüfe ich den Bauch und lasse mir lange Zeit mit dem Angurten. Und dann zickt sie auch nicht.
Wenn man sich mal Mühe gibt, erlebt man das in vielen Situationen. Wie sagt Mark Rashid so schön, nicht immer flüstern, einfach mal zuhören.

Das Problem ist, dass es AM Anfang Pferde gibt, die wollen wirklich den Rang testen und beißen deshalb. Dies auseinanderzuhalten ist die Kunst. Aber wenn man sein Pferd lange kennt und eigentlich alles läuft…

Wichtig in der Arbeit ist für mich außerdem
- Gute Laune beim Pferd (jeder kennt den schlechtgelaunten Chef, da hat man keine Lust mehr zu arbeiten)
- Pferd muss wissen, dass ihm nichts von mir passiert (Sicherheit)
- Regeln einhalten – das gilt für beide
- Lernen erlauben, wie häufig probiert ein Pferd eine Lösung (try/ error) und wird dafür bestraft. So verdirbt man sich die Mitarbeit.
- Training der kleinen Schritte.

Deshalb nenne ich „meine“ Arbeit ja „gentle“ – ich möchte ein höfliches Pferd haben und möchte auch höflich zum Pferd sein.

Lg Thies

PS. Übrigens passiert es häufig, dass Pferde zw. 8 und 13 Jahren plötzlich wieder schreckhaft werden, warum auch immer. Die Erfahrung hat zumindest M. Geitner gemacht.
[url=http://www.foren.de/system/user_thies_b.html]
GENTLE-HORSE-FORUM[/url]

Uli der Knecht

Beitrag von Uli der Knecht » 25.11.2005, 19:48

@Akronimus
Stimme dir zu




Ich bin der Meinung, das man ein Pferd immer aus der Sicht eines Pferdes trainieren sollte, wenigstens sollte man versuchen, sich dementsprechend reinzudenken.

Den Respekt/das Vertrauen des Pferdes zu verlieren ist leichter als man vielleicht denkt. Das kann schon damit anfangen, das das Pferd krank ist (vielleicht auch nur eine Rückenkrankheit - schlechter Reiter...?), der Reiter/Trainer das aber nicht bemerkt und das Pferd weiter fordert. Das Pferd fühlt sich enttäuscht, und beginnt zu überlegen, ob man überhaupt ein souveräner Anführer ist, ändert sich nichts, dann wird es sich wohl oder übel eine Alternative suchen. Weil das Pferd aber keinen brauchbaren neuen Anführer findet, wird es den Part selbst übernehmen. Es wird dann vielleicht noch aus Angst gehorchen, aber wenns drauf ankommt und das Pferd entscheidet, daß es in dieser Situation in Panik verfällt, dann würd ich lieber nicht in seinem Weg stehen...

Wie ging doch der Satz?
"Behandle es wie ein Pferd und es wird dir überallhin folgen..."

Sagt sich einfach aber das Thema Pferdeverhalten ist leider sehr sehr komplex und erfordert eine Menge Beobachtungsgabe/-zeit.

Ich finde der beste Weg herauszufinden, wie ein Pferd zu einem steht ist, es auf auf den Acker auf eine saftige Grünbrache zu führen, das Pferd fressen lassen, Halfter runter und weggehen. Wenn einem das Pferd nicht spätestens dann nachläuft wenn man 30-40 Meter weit weg ist, dann darf man mal raten woran man ist...
(Alternativ sehr große Koppel -die das Pferd nicht kennt- verwenden, wenn man sich nicht sicher ist, ob das Pferd auch hinterherkommt.)

Noch eins: Den Respekt/die Funktion des Leittieres des Pferdes zu erreichen reicht nicht aus, man muß den Posten auch halten können...

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Pferd klebt

Beitrag von Archiv » 26.11.2005, 13:34

Das hier kann ich nicht so einfach ohne Zusammenhang hingeschmissen stehen lassen:

>>Ich finde der beste Weg herauszufinden, wie ein Pferd zu einem steht ist, es auf auf den Acker auf eine saftige Grünbrache zu führen, das Pferd fressen lassen, Halfter runter und weggehen. Wenn einem das Pferd nicht spätestens dann nachläuft wenn man 30-40 Meter weit weg ist, dann darf man mal raten woran man ist...
(Alternativ sehr große Koppel -die das Pferd nicht kennt- verwenden, wenn man sich nicht sicher ist, ob das Pferd auch hinterherkommt.)<<

Und was macht das Pferd wenn es angebunden ist und Du nur mal schnell nochmal ins Haus gehst? Steht es dann nach 10 Sekunden mit dem kompletten Anbinder hinter Dir in der Küche?
oder gilt das nur bei Halfter runter, dann frage ich mich allerdings, wie Du es dann auf Koppel läßt?!? oder hütest Du Tag und Nacht?

8-|

Oder hab ich das alles wiedermal total falsch verstanden ?!?, dann sorry!!!!! :anbet

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