Dominanz oder Programmkino

Alles zum Thema Pferde, Pferdeausbildung, etc.
Uli der Knecht

Beitrag von Uli der Knecht » 26.11.2005, 14:06

@tsa-wa-ke

was ich damit sagen wollte: wenn du das Pferd in eine ihm nicht vertraute Umgebung bringst und es dann frei lässt, dann sollte es dir folgen, weil es dich als deinen Anführer ansieht und ungern alleine bleiben will.
Jedenfalls hat das mein Pferd immer so gemacht, auch auf dem freien Feld, wo es ohne weiteres hätte weglaufen können.

Zum auf die Koppel bringen: Ich hab es mal auf eine völlig fremde Koppel gestellt. Natürlich konnte es nicht raus, aber es ist mir am Koppelzaun entlang (so 300m bis zum Weg) hinterhergelaufen, dort stehen geblieben und ich hab es ständig wiehern gehört, solange ich in Hörweite war...

In seinem bekannten "Lebensraum" war es natürlich kein Problem für mein Pferd allein gelassen zu werden, es kam allerdings immer zu mir um mich zu begrüßen. (Und nein, ich hab meinem Pferd nie, nicht eine einziges Mal, Leckerli gegeben oder es je aus der Hand gefüttert!)

Sorry, falls ich mich manchmal unverständlich ausdrücke... 8-|

Archiv
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Jeder hat seinen Weg

Beitrag von Archiv » 26.11.2005, 14:25

Und nun hier der Versuch, meinen Weg zu erklären:

Die ganzen Gurus zeigen doch, daß es nicht EINEN Weg gibt, sondern viele. Der Ansatz kann ähnlich sein aber ich denke, so einzigartig verschieden wir Menschen sind, so verschieden sind nicht nur unsere Ansätze und unser Wesen den anderen Menschen, Tieren gegenüber, da kann man niemals einfach 1 zu 1 etwas übernehmen und braucht sich nicht zu wundern, wenn es so nicht klappt. Das, was alle Gurus gemeinsam haben ist, das sich ihre "Technik/Methode" über einen längeren Zeitraum erst entwickelt hat, mit Ihrem Wesen Mensch. Also kein Anfänger kann sich irgend ein Guru-Buch greifen, es auswendig lernen und dann klappt es alles sofort am Schnürchen.
Die Beziehung Mensch Pferd ist schon so alt und bis jetzt haben wir es irgendwie miteinander ausgehalten, mal weniger, mal mehr besser. Komisch ist nur, das so selten von Problempferden, Beißern, Schlägern und Sonstiges in den letzten 3000 Jahren zu berichten ist. Sind wohl gleich alle geschlachtet worden ... .

EPISODE: Im Nachbardorf ist ein alter Bauer, der versteht nichts von Pferdeflüstern, kennt weder den einen noch den anderen Guru. Aber er kauft sich einen Dreijährigen, roh, weil sein alter Gustav übern Jordan ist, und spannt ihn an, fährt mit ihm , behutsam, mit dem alten Klapperkremser im Dorf rum, hält an, läßt ihn stehen (lange) fährt weiter, spannt ihn vorn Pflug und alles ist so harmonisch, friedlich und funzzt. Warum ?
Vielleicht,weil er nie darüber nachdenkt, weil das Pferd offenbar versteht, das hier eine Notwendigkeit besteht, das zu tun und: Weil der Bauer das Pferd in seiner Art RESPEKTIERT.
EPISODE Ende.
Vielleicht sollte ich hier ein Wort mit einbringen, daß bis jetzt hier noch überhaupt nicht vorgekommen ist: LIEBE. Er liebt sein Pferd, und das Pferd wohl ihn. Sie sind ein Team sollte man in Neudeutsch sagen. UND: Beide haben VERTRAUEN zueinander!

Auf dieser Schiene arbeite ich mit unseren Pferden und in zwingender Kombination von allen dreien. Ein Pferd verzeiht vieles, sehr vieles, wenn es merkt, daß wir es gut meinen. Ich möchte kein Pferd haben, daß ohne Seele nur das tut, was ich ihm eintrainiert (vielleicht geprügelt) habe, dann kann ich mich gleich aufs Moped setzen. Erst das Miteinander, der Freund und Partner, mit dem ich Abenteuer erlebe, mit dem ich vielleicht auch etwas Sportliches erreiche, macht doch das Leben mit dem Pferd toll. Und da fällt die Leittierrolle einfach so an, schon, weil ich meist bestimme, wanns losgeht und was wir machen, und weil das Pferd nicht ENTTÄUSCHT wird. (Au Weiha, da hab ich jetzt aber was geschrieben!)
Steppi verzeih! Ich reite nicht ins Gelände, UM an Hindernissen zu trainieren sondern es fällt zufällig an, das da was ist, was dann so nebenbei mit eingebaut wird (Denke an den alten Bauern, es passiert einfach und es gibt kein Gewese darum, und wenns nicht klappt auch nicht).
Bei Pferden erzeugt Gewalt oft Gegengewalt, Druck erzeugt Gegendruck, also wenn ich ins Gelände gehe, denkt mein Pferd nicht schon vorher : Was passiert bloß heute wieder, "was hat er sich diesmal Schreckliches ausgedacht, was ich lernen soll!" -> Gegenwehr ist schon vorher da. Reiter verkrampft sich auch: hoffentlich klappt das gleich - Pferd sucht den ganzen Ritt durch nach dem zu erwartenden Aufgaben - Ergebnis sicher nicht befriedigend. Vielleicht ist auch das Wollen des Reiters ein Druck, dem das Pferd zum Gegendruck führt.

Wir machen eher einen schönen Ausritt und dabei erleben wir Ereignisse, die wir gemeinsam bestehen, uns darüber freuen, das wir es unbeschadet gemeistert haben, überlegen zuhause das Ganze und gehen nächstes Mal mit mehr Selbstbewußtsein raus, vielleicht sind wir dann bei gleicher Situation schon viel gelassener, weil ja letztes Mal nichts Schreckliches passiert ist.
So wächst VERTRAUEN.
RESPEKT erlangt man durch sein Auftreten dem Pferd gegenüber, FAIR! Soverän! aber nicht Grob! sondern mit viel:
LIEBE! zu den Pferden muß man einfach mitbringen und haben oder schnellstens entwickeln.
Und, etwas Talent, um alles gut zu dosieren, aus Fehlern und Beobachtungen lernen und das Ganze auf mein WESEN zugeschnitten dem Pferd zukommen lassen, nicht gespielt oder auswendig gelernt, sondern ehrlich und offen. So wie die Pferde zu uns sind! Dann kann sehr vieles passieren, z. B. das das Pferd mit Euch durch Dick und Dünn , durch Feuer und Wasser oder auch durch die Wand geht !
(Siehe meine Bildergalerie)
Dies ist in groben Zügen MEINE Denkweise. Ich verurteile keine Andersdenkenden und hoffe, hiermit vielleicht dem einen oder anderen eine Anregung gegeben zu haben
UND ich hoffe, daß mir das hier keiner zu übel nimmt.

Uli der Knecht

Beitrag von Uli der Knecht » 26.11.2005, 17:44

@tsa-wa-ke

Ich kann dir nur zustimmen. Nach einem Kochrezept kann man beim Training von Pferden wahrlich nicht vorgehen. Das Grundkonzept mag immer ähnlich sein, aber jedes Pferd braucht am Ende seinen eigenen Weg.

Alleine die Erfahrung die man beim Training eines einzigen Pferdes macht, könnte wohl ein Buch füllen, deshalb ist die Diskussion hier sicher schwierig, man kann leider immer nur Bruchstücke anführen, was dann leicht falsch verstanden werden kann.

Für das nächste Pferd, trotz all dem Wissen das man sich bereits angeeignet hat, muß man wieder einen neuen Weg finden. Was man wirklich mitnehmen kann, ist das Verständnis für die Sicht der Welt aus dem Blickwinkel eines Pferdes. Dazu braucht man allerdings die Bereitschaft, sich für das Pferd zu öffnen, es nicht als "Maschine" zu betrachten und es nicht zu vermenschlichen.
Was man tut, sollte man tun, weil es beiden Beteiligten Spaß macht, nicht weil man zwanghaft etwas bestimmtes erreichen und nicht weil man jemand anders oder sich selbst etwas beweisen möchte.

Es ist zwar schön, wenn man vorzeigen kann, was man gemeinsam mit dem Pferd erreicht hat, aber zumindest mir ist es egal, ob mich irgendjemand irgendwann mit dem Pferd sieht, oder außer mir jemand weiß, daß ich ein Pferd besitze. Mir ist wichtig, Zeit mit einem wunderbaren Tier zu verbringen, es zu verstehen und mit ihm zu kommunizieren oder einfach mal nur gemeinsam in der Sonne zu liegen und zu faulenzen...

Niels

Beitrag von Niels » 26.11.2005, 18:11

Ich finde, dass hier wirklich viele wertvolle Hinweise und Denkanstösse zusammengetragen werden.

Es entspricht z.B. auch meiner Erfahrung das Dinge mit dem Pferd am besten klappen, wenn wir sie mit größter Selbtverständlichkeit und ohne viel Gewese tun. Das gibt dem Pferd unglaubliche Sicherheit.Leider ist man nicht jeden Tag von vornherein so souverän. Aus welchen Gründen auch immer mal nicht vorhandene innerliche Gelassenheit dann gezielt herbeizuführen ist aber nach meiner Erfahrung nicht ganz einfach.

Den Aspekt des besseren Zuhören/Beobachtens (statt des permanenten Einwirkens) finde ich auch sehr beachtlich.

Es tut einfach gut, nach einem so tollen Tag mit dem Pferd, wie dem heutigen, mit Eurer Hilfe über solche grundsätzlichen Dinge mal tiefgründiger nachzudenken. :-)

Der Steppenreiter

Respekt - Vertrauen - Liebe (Alles eine Frage der Zeit?)

Beitrag von Der Steppenreiter » 28.11.2005, 10:13

Tsa-wa-ke,
Bei so einem alten Bauern, wie du ihn beschreibst stehen ein paar meiner Pferde - und ich fragte mich lange Zeit, was macht er anders als ich.
Er wohnt seit seiner Jugend auf dem Hof, kennt dort jeden Grashalm und seine Viecher. Tränkt sie und füttert jeden Tag, ist immer da, wenn etwas passieren sollte.
Und ich? Ich habe manchmal nur am Wochenende Zeit und dann auf einmal ganz viel. Oder ich komme nur für zwei Stunden. Komme mit Energien aus meinem Alltag. Ich will hier nicht dem romantisierenden Softiegetue das Wort reden, doch oft fehlt uns, weil im Kopf noch verkrampft, umsichtiges, vorrauschauendes Denken, weil mit den Emotionen noch verpanzert, ein klares und offenes Ohr, weil im Körper müde, eine angemessene und schnelle Handlung.

Und trotzdem müssen wir lernen mit unseren Pferden zu arbeiten. Und je weniger Zeit uns zu Verfügung steht, um so disziplinierter müssen wir vorgehen. Doch wie oft ertappen wir uns, dass wir überhaupt keine Idee davon haben, was heute geschehen soll, wir stürzen uns ins Abenteuer Pferd - und drehen uns ohne Fortschritt im Kreis.

Früher bin ich auch mit meinen Pferden spazieren gegangen, ohne Führstrick und Hundeleine, einfach nur so. Ich hatte keine Ahnung von PNH oder Horsemanship oder, oder. Sondern einfach nur die Vorstellung, dass das sicher möglich ist, und siehe da es klappt. Die Pferde liessen mich nur solange vorrausgehen, bis ich ausser Sichweite war und dann kamen sie im Galopp angerauscht, stellten sich wieder zu mir und dann ging das Spiel wieder von vorne los. Ich fands toll - die Fussgänger auf dem Weg fanden's zum Fürchten... Ihnen zu liebe hab' ich's dann bleiben lassen.

Vertrauen - Respekt - Liebe usw. sind schöne Worte, doch Hand auf's Herz, wer kriegt das in seiner Familie, seinen Mitmenschen hin? Und dann kommt doch erst das liebe Vieh - oder sehe ich das falsch?

Archiv
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Pferdezeit

Beitrag von Archiv » 28.11.2005, 10:48

Hallo,
bin erleichtert, daß hier jetzt nicht nur Prügel für mich stehen ... .
Steppi
Also sind meine Beobachtungen gar nicht so falsch: Früher im Reitstall hatte der FUTTERMEISTER immer die besten Karten bei den Pferden. Er war ja jeden Tag da, gab Futter (Soll auch ein wichtiger Punkt sein). Ich habe dann meine Pferde zu mir geholt und trotz Hausbau, Arbeit usw. war ich doch den Pferden viel Näher/öfter dran vorbei, mal Hallo gesagt usw. als im Stall, wo ich dann nur abends kurz mal vorbeigeschaut habe. Muß mir aber wohl sehr geholfen haben, den Pferden näher zu kommen.

Auch muß was dran sein mit der GELASSENHEIT. Mir passiert es leider auch, das ich diese Punkte nicht beachte, niemand ist perfekt und ich schon garnicht! Aber das Vertrauen in meine Pferde und ein Neuanfang an einem anderen Tag helfen doch meist, neue Aufgaben zu bewältigen.

Aber nochmal mit der Zeit und dem Vorwärtskommen:
Mein erstes Pferd war ein Vollblüter, direkt von der Rennbahn weg. Vorderbeine kaputt, Kopf kaputt. Ich keine Ahnung von Reiten geschweige vom Pferd.
Was habe ich gemacht: Jeden Tag abends 2 Stunden mich zum Pferd gesetzt, Geputzt, Wunden versorgt und dann in die Box gesetzt und mit dem Pferd erzählt. Leider schien aber das Pferd das Ganze nicht so zu interessieren (dachte ich). Viel Später habe ich erst gemerkt, daß wohl die Stetigkeit, die Zuverlässigkeit und vielleicht auch die beruhigende Stimme dem Pferd geholfen haben, sich gedanklich ans Vergessen der Rennbahn zu machen. Ich bin später mit dem Pferd auf Show gegangen (Feuer, Kanonen, Schlachtendarstellung usw.) .
Nicht jeder hat die Zeit, aber vielleicht hätten 1 Stunde oder weniger auch ausgereicht. Vielleicht ist das Pferd auch ein Gewöhnungstier, daß uns irgendwann einfach in seine Herde aufnimmt, weil wir sowieso immer da sind, keine Ahnung.
Ich habe keine fertigen Resezepte und schon gar nicht will ich mich hier als Rezepteaussteller bewerkstelligen, vielleicht gelingt es uns auch durch diese Art von Kommunikation, das PFerd besser zu verstehen, indem wir unsere Erfahrungen teilen.

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Beitrag von Archiv » 28.11.2005, 11:35

Hallo zusammen,

danke erstmal Euch allen für das Niederschreiben Eurer Erfahrungen! Schon lustig, da wo Ihr vor Jahren ward bin ich heute. Eigentlich nicht viel Ahnung von Pferden und Reiten und doch jeden Tag mit ihnen zusammen. Ich beobachte sie, ich kenne ihre Eigenarten, doch immer wieder bin ich zu negativ, sehe nur die Dinge die nicht klappen. Unser junger Wallach ist voll in einer Flegelphase. Alles wird hinterfragt, Gelerntes scheint vergessen. Ich merke mal wieder, daß ich zu schnell ausraste, zu wenig Geduld habe. "warum muss ich mich mit über 40 noch an eines junges Pferd wagen?" Er vertraut mir nicht mehr so, wie er es noch vor einem Jahr gemacht hat. Hab ich zu viele Fehler gemacht? Damals der Traktor und die LKWs im Dorf, ich hab mich als schlechter Führer gezeigt, zweifellos, wie werde ich sein Vertrauen zurück erobern können? Reicht meine Geduld dafür aus?

Mal sehen was die Zukunft bringt.

liebe Grüße benzi

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zanabo
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RE:

Beitrag von zanabo » 28.11.2005, 12:21

Original geschrieben von benz

"warum muss ich mich mit über 40 noch an ein junges Pferd wagen?"

Mal sehen was die Zukunft bringt.


:D Ganz einfach.....damit Du mit 70 nicht nochmal mit einem jungen Pferd anfangen musst.

Mein alter Fjord wird nächstes Frühjahr 30 ( ich hoffe doch stark , dass er den Winter gut verbringt )und er ist z.B. auch heute noch der beste Jungpferdeausbilder den man sich denken kann. Ohne ihn , der die jungen Pferde als Handpferd durch alle "schlimmen" Situationen geschleppt hat , hätten mir die beiden Jungen wahrscheinlich lange nicht so vertraut wie sie es jetzt tun. Mit Hilfe von Leo haben sie alle brenzligen Situationen in aller Ruhe überstanden, was dadurch natürlich auch meine Position als Herdenführer deutlich gestärkt hat. ;-)

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 28.11.2005, 13:16

Hey Pia,

verrat doch nicht alle Tricks.... ;-)

Bei allem so denken, sofühlen, sosein wie Pferde, vorgeben eine gute Leitstute oder/und Leithengst zu sein, wir sind halt doch bloß Menschen. Und vielleicht wünschen sich Pferde ja auch manchmal so sein zu dürfen wie wir - so mit viel mehr Verstand und Wissen und Verantwortung....

(ganz schön viele "so's" im nur zwei Sätzen...)

dottore frutti
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RE: Jeder hat seinen Weg

Beitrag von dottore frutti » 28.11.2005, 16:24

Original geschrieben von tsa-wa-ke
Was passiert bloß heute wieder, "was hat er sich diesmal Schreckliches ausgedacht, was ich lernen soll!"


Ja, das ist genau der Punkt. Wie sagt der Ami so schön: This saved my day. Wenn wir Menschen uns mal was in den Kopf gesetzt haben, was einfach nur Banane ist, dann kann uns ein vernünftiges Pferd nur noch mit Ungehorsam stoppen. ;-) Was sollte man also besser tun oder vielmehr sein? Der alte Bauer war vermutlich "im Fluß", wie es früher einmal so schön hieß. Wir sind sowohl Teil der Natur als auch abgesondert von ihr, das macht es manchmal etwas schwierig (aber auch schön).

--

Zum "Führen und sich führen lassen" passt auch die Anekdote des weisen Schriftgelehrten, der von seinem Esel abgeworfen wurde. Auf dem Boden sitzend (seine Beulen zählend) dachte er über den Grund für den Abwurf nach, denn er wußte, dass nichts ohne Grund passiert. Er dachte darüber nach, dass auch seine Frau und seine Kinder ihm in jüngster Zeit nicht mehr gehorchten. Und jetzt sogar sein Esel! Und, da er weise war, hatte er ein Aha-Erlebnis: "Wenn ich nicht folge, dann folgt auch keiner mir. Wenn ich immer nur meinen Ego hinterherlaufe, dann muß ich mich nicht wundern, dass keiner mir hinterherläuft."

Manchmal braucht es ein paar Beulen, um das wieder zu lernen ...

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RE: Respekt - Vertrauen - Liebe (Alles eine Frage der Zeit?)

Beitrag von Archiv » 28.11.2005, 17:57

Original geschrieben von Der Steppenreiter
Vertrauen - Respekt - Liebe usw. sind schöne Worte, doch Hand auf's Herz, wer kriegt das in seiner Familie, seinen Mitmenschen hin? Und dann kommt doch erst das liebe Vieh - oder sehe ich das falsch?


Die Geschichte von Dottore Frutti zeigt doch genau auf, daß die Dinge alle zusammenhängen.

Ich hatte eben ein Erlebnis mit unseren Pferden, das diese ganze Diskussion in 5 Minuten wiedergespiegelt hat.

Ich hab beim Reinholen von der Koppel meine Stute vorlaufen lassen, die beiden anderen Pferde hinter mir, der Weg ist schmal. Die beiden hinteren Pferde wollten hintereinander laufen, doch dafür war ein Führstrick zu kurz, schon hier hab ich nicht gelassen reagiert. Dann sieht Rika in ihrer Führerposition ein Monster ca 100 Meter entfernt im Schnee. Ich versuche mit allen Mitteln ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, mache Druck, mehr Druck, dabei bin ich natürlich eingeschränkt, weil ich noch zwei Pferde am Führstrick habe. Ich verliere einen Strick und muss die andere Stute zu mir herrufen.

Was war geschehen:

Rika hat ganz gegen meine Erwartungen reagiert, ich war enttäuscht, gleichzeitig erregt und wütend durch die Enttäuschung. Bis zu dem Punkt wo ich einem Lebewese das ich liebe weh tue.

Genau diese Dinge spiegeln sich bei mir auch im Umgang mit Menschen wieder. Nur die Reaktion meines Pferdes ist so absolut, so eindeutig und unbestechlich, da hilft weder labern noch Druck. Deshalb kann ich von ihr lernen, davon profitieren dann hoffentlich auch die Beziehungen zu Menschen....... irgendwann, wenn ich nur lernfähiger wäre.

Ich hab die beiden anderen Pferde in den Stall gebracht und bin mit
Rika zu dem Monster, lange 100 Meter der Annäherung, etwas Druck etwas Belohnung, und endlich dort, es redet, es ist ein Junge der einen Schneemann baut allein im Schnee.

Ich bin traurig, ich hab zu viel Druck ausgeübt, war nicht gelassen, sie hat nur ihrer Führungspositon entsprechend gehandelt und wurde dafür von mir bestraft. Ich hab unbeherrscht reagiert, aber am Schlimmsten, ich hab über die Enttäuschung mal wieder die Liebe vergessen.

Ich hoffe ich kann draus lernen, ich hoffe irgendwann kann ich meine Enttäuschung zurückhalten und mich erst in den anderen rein versetzen in das Pferd und in den Mensch.

liebe Grüße benzi

Der Steppenreiter

Beitrag von Der Steppenreiter » 28.11.2005, 18:35

Da kommt mir ein Verdacht - ein ganz ungeheuerlicher, weshalb bezichtigen wir uns sogern unserer Fehler?

Lernen wir wirklich etwas daraus? Oder ist es das genaue Gegenteil? Erst dann wenn es gut war, haben wir das rechte Gefühl und erst dann wissen wir, was zutun ist? Wenn es nicht gut war, bleiben wir nur wieder mit einem Haufen Vermutungen, was wie hätte anders besser laufen können zurück.

Und ist nicht genau das auch die Schwierigkeit beim Bogenschiessen. Wir verlieren Ursprünglichkeit, weil wir nur auf unser Misslingen achten. Und genau dann klappt nämlich garnix mehr!

gerdnix
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Beitrag von gerdnix » 28.11.2005, 18:53

steppi,das mit laufen lassen beim führen kenn ich auch :-) ,hab das auch so gemacht weil ich dachte er kommt eh mit,machte er auch bis auf einmal ,da ist so 100 m zurück weil da das gras wundbar schmeckte ,er kennt die stelle jetzt noch,
ich merke bei mir immer noch das ich mir oder besser den pferd, nicht die zeit lasse zu lernen,obwohl ich das ja weiß das es besser ist,doch sind dann noch andere sachen im kopf und ich bin nicht wirklich da,mit kopf und gefühl.er macht das mir oft deutlich erst langsam und ab zu auch heftig,das schlimme ist das er das oft eher merkt als ich und wenn ich dann nicht zuhöre was er meint hab ich halt das problem. ich war ja am wochende unterwegs mit dem pferdle und eigentlich wollte ich nicht reiten da er noch die eisen drauf hatte,bin da aber doch rüber um mit bekannten weiter zureiten,angeblich wäre keine schnee bei ihnen,das ende vom lied ich war total gefrustet,weil sie bloß wege mit schnee raussuchten,flash sich alle paar meter aufstollte,und ich ständig bloß noch eis raus kratzte er sich die eisen sich halb abgezogen hat dadurch und ich bloß froh war als ich nach ungefähr 10 km fußmarsch mit ihn an kam ohne das er sich die knochen demoliert hat,hätte ich auf mein gefühl gehört wer das nicht passiert oder hätte ich vorher nochmal alles überlegt,wäre das nicht passiert.so war das eine unangehme erfahrung die ich bloß einmal machen möchte.so erlebt wahrscheinlich jeder irgendwelche sachen, aus dem er trotzdem noch was lernen kann.fehler wird es immer wieder geben im umgang mit menschen und pferden,ich versuche aber immer daraus zu lernen was mir komischer weiße bei pferden leichter fällt als bei menschen ;-)

liebe grüße gerdnix

gerdnix
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RE:

Beitrag von gerdnix » 28.11.2005, 19:06

[quote]Original geschrieben von Der Steppenreiter


Lernen wir wirklich etwas daraus? Oder ist es das genaue Gegenteil? Erst dann wenn es gut war, haben wir das rechte Gefühl und erst dann wissen wir, was zutun ist? Wenn es nicht gut war, bleiben wir nur wieder mit einem Haufen Vermutungen, was wie hätte anders besser laufen können zurück.


steppi ich glaube das ist ne einstellung zum leben als solches, meißtens personen bezogen,bis vor gar nicht so langer zeit wahr ein spruch von mir, ist ja nicht schlecht gewesen, also immer negativ denken,es ist nicht leicht so was zu kippen in, eh da war gut ,war super,weil eigentlich versuchen wir doch alle immer das beste zu geben was grad mögliche ist, was wir können,aber das wird heute nicht akzeptiert,alle sollen immer spitze sein egeal bei was ,ansonsten wirde einen das so eingeredet das man scheiße ist,das liegt an der verlogenen gesellschaft heute und hat die meißten menschen schon erfaßt und wenn man versucht auszubrechen hast du noch schlechtere karten.
und das verfolgt uns oder viele auch in der pferde ausbildung
gerdnix

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RE:

Beitrag von dottore frutti » 29.11.2005, 16:10

Original geschrieben von Der Steppenreiter
Da kommt mir ein Verdacht - ein ganz ungeheuerlicher, weshalb bezichtigen wir uns sogern unserer Fehler? Lernen wir wirklich etwas daraus? Oder ist es das genaue Gegenteil? Erst dann wenn es gut war, haben wir das rechte Gefühl und erst dann wissen wir, was zutun ist? Wir verlieren Ursprünglichkeit, weil wir nur auf unser Misslingen achten. Und genau dann klappt nämlich garnix mehr!


Das kappiere ich jetzt überhaupt nicht. Wenn man nicht aus Fehlern lernt, woraus denn dann? Das bedeutet ja nicht, dass man dauernd mit der Angst vor einem Misslingen im Nacken rumläuft (da bin ich Experte...). Sondern behutsam mit den Mitgeschöpfen umgeht, weil man keines unnötig verletzen möchte. :knuddel (ok, ich bin ein echtes Weichei!) Gute Gefühle helfen einem, den richtigen Weg zu finden, ok. Das heißt aber 10% Endorphinrausch und 90% Enttäuschung, Reue und sich Entschuldigen.

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