Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

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Exus
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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Exus » 31.08.2012, 21:46

Ich wollte wissen welche Geschwindigkeit man mit unterschiedlichen Techniken erreichen kann (+/- schlechte/gute Ausführung der Technik)

also (gleicher Bogen, Pfeil, Auszug, Zielwinkel, Entfernung,Person, etc)

aber mit unterschiedlichen Schusstechniken mit Chroni gemessen ;-)
da mann ja öfters in den Videos sagt, das der Bogen durch die Japanische Technik deutlich stärker ist ;D
dachte ich, jemand weis wieviel % 8)

- Daumen
-2 Finger
-3 Finger
-Japanische Technik

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Markus
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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Markus » 31.08.2012, 21:49

2 Finger und 3 Finger machen keinen Sinn, weil das nicht zum Bogen passt und daher mMn immer schlechter abschneidet. Daumenring und klassische Kyudotechnik wären dagegen interessant.

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von benzi » 31.08.2012, 22:01

dieser Vergleich geht praktisch nicht umzusetzen: es ist nahezu unmöglich bei der Auszugslänge des Kyudostils noch eine saubere mediterane Technik zu schiessen

Grüße benzi
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von captainplanet » 31.08.2012, 23:25

Wieso? Man braucht doch nur einen großen mediterranen Schützen mit langen Affenarmen und einen zierlich gebauten Kyudoka... O0
Bester Rindengrapscher von FC!!!

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Sateless » 06.09.2012, 12:13

Markus hat geschrieben:Das Problem ist einfach, dass alle "wissen", dass eine gute Technik einen Geschwindigkeitszuwachs bringt, aber keiner hat Messdaten.


Ich bin beim Lesen auf etwas gestoßen, dass ich hier genau reinpasst, bis auf den Kulturkreis. Es geht um Türken, statt Japaner. Wie einigen sicher bekannt ist, war das Flightschießen ein beliebter Sport, der mit sehr viel Sportsgeist und Opferbereitschaft ausgeübt wurde. Im Buch "Bogenhandwerk und Bogensport bei den Osmanen" von Joachim Hein ist beschrieben, dass ein Flightbogen je nach Masse eingeschätzt werden kann, wie weit er Pfeile werfen wird. Alles darüber wurde dem Schützen und seiner Technik zugeschrieben. Das geht, weil die Flightbögen untereinander sehr sehr ähnlich waren, bis auf das Zuggewicht natürlich. Es gibt einen Rekordschuss, bei dem jemand 1500 Längeneinheiten weit schoss, mit einem Bogen, der 1100 Längeneinheiten weit schießen soll. Das wären 36% mehr. Nur mal als Richtwert mit der gebührenden Skepsis, die man diesen Zeilen entgegenbringen darf.
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
.مع سلامة في أمان السهم و القوس

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Warbeast » 06.09.2012, 12:24

wenn ich net so sorge um meinem yumi hätt würd ichs ja machen :-)

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Toxophil » 08.09.2012, 14:26

Schießen ohne Drehspannung erzeugt meistens ein Anschlagen des Pfeils am Bogen während des Lösens oder kurz danach.
Das erzeugt dann ein typisches "schepperndes" Geräusch. Kann man praktisch bei jedem Anfänger beobachten.
Wenn man dann mal den Bogen raus hat, löst sich der Pfeil ohne Berührung - also sauber.
Ich möchte rein intuitiv behaupten, dass die Pfeilberührung einiges an Geschwindigkeit kostet.

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Wilfrid (✝) » 08.09.2012, 17:16

naja, der Bogen wird nicht stärker, nur durchs drehen kommt, richtig gemacht, mehr Dampf auf den Pfeil.
Wenn man sich ansieht, wie der Bogen sich "in der Hand/im Handgelenk" dreht, möchte man meinen, nicht die Spannung durch den Auszug, sondern das Drehen beschleunigt den Pfeil. Und die geschossenen Entfernungen, die Pfeilgewichte und die Zuggewichte scheinen mir da recht zu geben.

Die Pfeile sind vergleichsweise sehr schwer und die Zuggewichte für "normale" Bogenschützen eher im unteren Bereich. Trotzdem werden Entfernungen von über 100m ziemlich direkt, also nicht ballistisch geschossen.
Vielleich sagt dazu mal einer der Kyudokas was.
So Zuggewicht und Pfeilgewicht
da liegen die yumis zwischen 7-14 grpp, mehr zu den 14 hin, was ich gefunden habe.
Denn bogenbautechnisch müßten Yumis mit ihrer starken Asymmetrie und ihrer gewaltigen Länge bei den geringen Zuggewichten richtig lahme Teile sein.
man beachte hier mal die Abschußwinkel und Zielentfernung sowie die geringe Biegung das Bogens
http://www.youtube.com/watch?v=lcRYIXok71U

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Toxophil » 14.09.2012, 16:58

Als Daumenregel für's Kyudo kann man nehmen: Pfeilgewicht in gramm = Bogenstärke in kg + 11.
Beispiel: 15 kg Bogen mit 26 gramm Pfeilen.
oder:
33 lbs mit 400 grain.

Für die Heki-Schule im Speziellen gibt es noch diese Regel (copy-paste von Shokunin aus einem anderen Thread):
"Es gab für Pfeilgewichte in der Heki Schule aber auch schon andere historische Standards...
“Rokubu-Rokumon” - "Shichibu-Shichimon"
Rokubu entspricht 22-3 kg Bogen, Rokumon etwa 22.5g Pfeil, Shichibu - 26kg Bogen und Shichimon - 26g Pfeil.
Das ist quasi die "durch 1000 Formel" ... 1g pro kg Zuggewicht..."

Wenn man dieser Regel folgt, hätte man also ein besseres Verhältnis von Pfeilgewicht zu Bogenstärke.
Bezogen auf das Beispiel oben:
15 kg Bogen mit 15 gramm Pfeilen.
oder:
33 lbs mit 230 grain.
Ziemlich extrem und wird man mit heutigen handelsüblichen Alu- oder Carbonpfeilen für Kyudo nicht erreichen können.
Das funktioniert vielleicht mit Bambuspfeilen an denen man ordentlich herumschleift.
Ob solche leichten Pfeile für den Bogen auf Dauer gut sind ist auch eine Frage...

Meiner persönlichen Meinung nach dient die Bogendrehung dazu einen sauberen Abschuss zu erzeugen. Eine Messung der Pfeilgeschwindigkeit ohne saubere Technik ist sinnlos.
Es gibt auch im Kyudo keine Zauberei - der Pfeil fliegt so schnell wie das (mechanische) System es hergibt.

Martin1974
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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Martin1974 » 19.10.2012, 18:56

Liebe Leser und Schreiber,

mit Interesse habe ich diesen Thread gelesen und möchte meine Sichtweise dazu beitragen. Vorweg sei gesagt, dass ich weder von Kyudo noch von Physik Ahnung habe. Nur ein bisschen vom westlichen Bogenschießen. Nur daher habe ich mein Halbwissen. Wenn ich also Quatsch schreibe, seid gnädig ...

Meiner Meinung nach dürften die Kyudokas hier richtig und Sateless (ziemlich) falsch liegen. Sateless führt eine vereinfachte Rechnung vor - und räumt auch ein, dass sie vereinfacht ist, dies hier soll also bitte nicht als Meckern, Arroganz o. ä. missverstanden werden! Nur meine ich, dass die Vereinfachung das Ergebnis unbrauchbar macht:

Sateless geht zunächst zutreffend (!) davon aus, dass ein moderner Bogen, der nicht "stakt", pro Einheit Auszugslänge immer ungefähr gleichmäßig an Zuggewicht ZUNIMMT. Diese ZugewichtsZUNAHME darf aber nicht gleichgesetzt werden mit der Kraftübertragung vom Bogen auf den Pfeil im Zustand dieses Auszugs. In der Differentialgeometrie wäre das eine eine Ableitung des anderen: Während das Zuggewicht pro Zentimenter Auszug GLEICHMÄSSIG steigt, steigt die im Bogen gespeicherte Energie wohl eher EXPONENTIELL.

Das kann man sich eigentlich auch ganz gut klar machen, wenn man den Gedankengang etwas überspitzt:

Angenommen, der Bogen wird 80 cm ausgezogen (plus Standhöhe hat der Schütze also 1oo cm Auszug, was Sateless Beispiel entspricht). Löst der Schütze die Sehne, steht ihr auf dem ersten Zentimeter, den sie nach vorn schnellt (von 80 auf 79 cm Auszugslänge), 80/80tel der im Bogen gespeicherten Energie zur Verfügung. Eine Millisekunde später, wenn die Sehne sich von 79 auf 78 cm Auszugslänge bewegt, sind es nur noch 79/80tel an Energie usw. Hat die Sehne jedoch beispielsweise die Hälfte ihres Weges zurückgelegt und schnellt von 40 cm Auszug auf 39 cm Auszug zurück, hat sie nur noch maximal 40/80tel der ursprünglich vorhandenden Energie.

Die "Endauszugs-Zentimeter" übertragen mithin ganz erheblich überproportional Energie auf den Pfeil. 2,5 cm mehr oder weniger an Auszug machen also einen ganz entscheidenden Unterschied, der sicherlich bei 10 % oder mehr, keinesfalls bei den von Sateless angenommenen 2 % Energiedifferenz liegt.

Genauer sieht man das größenordnungsmäßig zutreffende Ergebnis in jedem der allseits bekannten Auszugsdiagramme der Bogenhersteller, wie beispielsweise diesem der Fa. Bearpaw: http://www.bearpaw-blog.de/bodnik-bows/ ... diagramme/

Dort ist das Zuggewicht (in lb) auf der Hochachse und der Auszug (in Zoll) auf der Längsachse aufgetragen. Die Fläche zwischen der Auszugskurve und der Längsachse ist die im Bogen bei der jeweiligen Auszugslänge gespeicherte Energie (2. Ableitung im Sinne der Differenzialgeometrie? Schule ist schon so lange her ...). Teilt man nun gedanklich die Grafik in eine linke und eine rechte Hälfte (beim hälftigen Auszug, logischerweise), erkennt man, dass die rechte Fläche (vom halben Auszug bis zum Vollauszug) viel größer ist als die linke. Je weiter der Bogen auf seinen Vollauszug zugeht, umso mehr Energie wird im pro Einheit Auszug zugeführt und um so mehr kann er auch an den Pfeil abgeben.

Wenn man jetzt noch ein bisschen grob vereinfacht und Energie dreist mit Geschwindigkeit gleichsetzt (Einstein dreht sich wegen E = mc² im Grab herum), kann man in Bogenschützensprache übersetzten:

Verstelle ich den Klicker meines olympischen Recurve um 2,5 cm nach vorne (KiSi Lee würde einen Herzinfakt kriegen, bei dem bloßen Gedanken), schieße ich auf 30 m (Kyudokas schießen meines Wissens auf 28 m) nicht statt einer 10 eine 9, sondern maximal eine tiefe 6.

Bleibt eigentlich nur noch die Frage, warum wir "westlichen" Schützen es nicht genauso machen wie die Kyudokas. Das liegt vermutlich daran, dass das westliche Schießen mit der (einseitigen?) Betonung des genauen Treffens teilweise andere Ziele verfolgt, als das Kyudo, bei dem (Achtung, das ist jetzt nur "Wiki-Wissen") Durchlagskraft traditionell immer noch eines der Ziele ist:

Die auf das Kriegsschießen des japanischen Mittelalters zurückgehende Methode des Kyudo ist (und nun kann Einstein aufhören, sich im Grab zu drehen ) besonders geeignet, die Durchschlagskraft eines Schusses zu erhöhen, denn sie eignet sich dazu, möglichst schwere Pfeile mit eher leichten Bögen und damit relativ langlebigen Bogensehnen (trotz der Verwendung von Hanf) , möglichst weit und schnell zu schießen (während die Methode, wegen ihrer schwierigen Erlernbarkeit, zu Lasten der Präzesion geht, sonst würden die Japaner bei der Olympiade wohl auch mit Yumis antreten ...). Energie (= Durchschlagskraft) ist eben das Produkt aus Masse (Pfeilgewicht) mal Geschwindigkeit zum Quadrat (E=mc²).

Beim heutigen Scheibenschießen wollen wir westlichen Schützen die Scheibe aber nur soweit penetrieren, dass die Pfeile stecken bleiben. Energie ist uns eigentlich wurscht, wir wollen nur Geschwindigkeit für eine flache Flugbahn. Wir können das also viel einfacher mit leichten Carbonpfeilen erreichen, statt mit der schwierigen Methode der Kyudokas. Dass unsere "Zahnstocher" an der Rüstung eines Samurai vermutlich abgeprallt oder zerbröselt wären, stört uns ja nicht ... Im Mittelalter, nicht nur im japanischen, war das hingegen ganz anders. Deswegen zogen auch die englischen Bogenschützen bis hinters Ohr und benutzten Bögen mit 80 Pfund und mehr Zugkraft (vgl. Pit Backerstaffe, Shooting the English Longbow). Nur ein toter Ritter war eben ein guter Ritter. Die englische Methode, Bögen mit extremer Zugkraft zu verwenden, hatte im Wesentlichen den Nachteil, dass die Bogensehnen ständig rissen. Dem Flagschiff Mary Rose von Henry VIII wurden z. B. laut Pit Bickerstaff (Ausgabe 75 von Bow International) für jeden Bogen jeweils 36 Pfeile und 3 (!!!) Sehnen geliefert (nein, da die Bögen im Kampf Schiff gegen Schiff eingesetzt werden sollten, sollte keiner der Pfeile wiederverwendet werden. Man ging also tatsächlich davon aus, 3 Sehnen auf 36 Schuss zu verbrauchen.) Diese Problem hatten die Samurai sicher nicht ...

Gruß
Martin

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Galighenna
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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Galighenna » 19.10.2012, 20:56

Willkommen hier Martin

Ich hab noch kurz eine Korrektur deiner Darstellung anzuführen
Martin1974 hat geschrieben:Liebe Leser und Schreiber,

[...]
Sateless geht zunächst zutreffend (!) davon aus, dass ein moderner Bogen, der nicht "stakt", pro Einheit Auszugslänge immer ungefähr gleichmäßig an Zuggewicht ZUNIMMT. Diese ZugewichtsZUNAHME darf aber nicht gleichgesetzt werden mit der Kraftübertragung vom Bogen auf den Pfeil im Zustand dieses Auszugs. In der Differentialgeometrie wäre das eine eine Ableitung des anderen: Während das Zuggewicht pro Zentimenter Auszug GLEICHMÄSSIG steigt, steigt die im Bogen gespeicherte Energie wohl eher EXPONENTIELL.

Da möchte ich Anfügen, das die gespeicherte Energie im Bogen keine Ableitung des Auszugs ist, sondern ein Integral der Kraft über den Auszug. Sie entspricht damit der Fläche unter der Kurve im Auszugsdiagramm. Die Grundannahme ist aber richtig, die Energie steigt nicht linear. Sie steigt aber nicht Exponentiell sondern Quadratisch.


Martin1974 hat geschrieben:Das kann man sich eigentlich auch ganz gut klar machen, wenn man den Gedankengang etwas überspitzt:

Angenommen, der Bogen wird 80 cm ausgezogen (plus Standhöhe hat der Schütze also 1oo cm Auszug, was Sateless Beispiel entspricht). Löst der Schütze die Sehne, steht ihr auf dem ersten Zentimeter, den sie nach vorn schnellt (von 80 auf 79 cm Auszugslänge), 80/80tel der im Bogen gespeicherten Energie zur Verfügung. Eine Millisekunde später, wenn die Sehne sich von 79 auf 78 cm Auszugslänge bewegt, sind es nur noch 79/80tel an Energie usw. Hat die Sehne jedoch beispielsweise die Hälfte ihres Weges zurückgelegt und schnellt von 40 cm Auszug auf 39 cm Auszug zurück, hat sie nur noch maximal 40/80tel der ursprünglich vorhandenden Energie.

An dieser Stelle darf nicht mit der Energie argumentiert werden, denn nicht die Energie beschleunigt den Pfeil sondern die Kraft. Da wir wissen, das die Kraft beim Auszug in unserer Annahme linear ansteigt, wissen wir auch das sie beim lösen wieder Linear abnimmt. Ebenso wird die beschleunigende Kraft am Pfeil im Schussverlauf linear abnehmen. Die Energie ist dabei irrelevant, sie hängt vom Betrag der Kraft und vom zurückgelegten Weg ab.

Martin1974 hat geschrieben:Wenn man jetzt noch ein bisschen grob vereinfacht und Energie dreist mit Geschwindigkeit gleichsetzt (Einstein dreht sich wegen E = mc² im Grab herum), kann man in Bogenschützensprache übersetzten:

Das ist leider deutlich mehr als dreist. Es ist schlicht nicht zulässig das gleich zu setzen, denn E=1/2 m * v². Die Energie hängt also Quadratisch von der Geschwindigkeit ab. Eine Halbierung der Energie hätte damit einen Geschwindigkeisverlust von 29,2% zur Folge.

Rechnung: Die Ausgangsenergie ist 1, die halbierte ist 1/2. Eingesetzt ergibt das: 1-sqrt(1/2)=0,292
Da sich die Masse nicht ändert und für diese m=2 eingesetzt werden darf, ergibt sich aus 1/2m eine 1 die man dann weg lassen darf.

Das ist nicht persönlich gemeint. Möchte nur die Zusammenhänge korrekt darstellen.
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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von Martin1974 » 20.10.2012, 01:30

Hallo Galighenna,

vielen Dank, dass du dir so viel Mühe gemacht hast, mein bestenfalls halbgares Geschreibsel zu korrigieren! Leider hast du dich damit als kompetent geoutet ;-), sodass ich nun natürlich die Ausgangsfrage des Thread in modifizierter Form an dich stellen muss:

Du schreibst, die Energie sei bei der Kraftübertragung vom Bogen auf den Pfeil irrelevat. Dies verstehe ich so, dass z. B. 2 % weniger Auszug auch wirklich nur einen um 2 % langsameren Pfeil ergeben, wie Sateless es vorgerechnet hat. Nun bin ich wahrlich kein schlechter Verlierer (sonst hätte ich meinen Bogen auch längst zu ... äh ... "Altcarbon" zerhackt ;-)), würde das also schon so hinnehmen. Was mich nur wundert ist, dass so viele Bücher, die die physikalischen Grundlagen des Bogenschießens für Laien wie mich darstellen, auf die Bedeutung der im Verhältnis zur Auszugslänge quadratisch zunehmenden Energie abstellen (z. B. Haidn / Weineck, Bogenschießen, S. 364 ff.; Bickerstaffe, Shooting the English Longbow, S. 23). Natürlich ist es vorstellbar, dass alle diese Autoren seit Jahren einfach nur stumpf voneinander abschreiben ("guttenbergen"? ;-)). Aber für sehr wahrscheinlich halte ich dies nicht. Könnte die im Bogen im Verhältnis zum Auszug überproportional gespeicherte Energie nicht doch irgendeinen Enfluss haben? Die "2,5 cm mehr" also doch von nicht nur untergeordneter Bedeutung sein, wie es der Empfindung der Kyudokas ja offenbar entspricht? Ich meine, klar, beim Kriegsschießen und auch noch beim heutigen Kyudo hat ein überproportional energiereicher Pfeil - Stichwort: Durchschlagskraft - seine eigenständige Bedeutung. Und natürlich ist es denkbar, dass die Kyudokas genau dies, die zusätzliche "Schärfe" des Schusses spüren. Aber die beiden vorgenannten Bücher befassen sich nur mit westlichem Schießen, denen könnte das doch egal sein, oder?

Viele Grüße und besten Dank im Voraus ;-)

Martin

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von shokunin » 20.10.2012, 07:10

Hallo und Willkommen Martin1974 :)

und Danke Euch beiden für die Physikstunde ;D

Wenn man versuchen will sich nicht in Formeln und Theorie zu verzettlen dann würde ich Euren Diskurs gern mal auf zwei Punkte reduzieren:

Erstens, prinzipiell, speichert ein Bogen mit 40# und 40" Auszug mehr Energie als ein Bogen mit 40# auf 28"?
Dann hätte der Yumi und das Schiessen von sehr langen Pfeilen schon mal in sich einen Vorteil...

Der zweite Punkt wäre, dass was das eigentliche Thema im Schiessen der Heki Ryu Insai Ha nicht primär der Auszug ist, sondern die Technik der Bogenhand. Die Kraftsteigerung kommt nicht davon, dass man weiter aufzieht als andere Schiessstile.
Das ist zu mindest die zu erklärende Theorie...
Es gibt diverse Schulen im Kyudo, alle schiessen die selben Bögen und die Auszugslänge ist entsprechend der Körpergrösse bei allen gleich. Die Heki Schule erhebt den Anspruch durch ihre Technik mehr Kraft aus dem Schuss herausholen zu können als andere. Das bezieht sich eben auf andere japanische Schiessstile die mit gleichem Gerät und Auszug schiessen.

Im Kyudo gibt es ein paar kraftsteigernde Techniken die den Schulen teils auch gemein sind.

Eine Drehung des Bogens machen alle. Sie korrigiert den Pfeilflug und macht ein scharfes Lösen möglich.
Scharfes Lösen ist immer gut für die Energieübertragung...

Alle Schulen versuchen auch den Körper "in den Bogen" zu bringen. "Mune wari" - " die Brust teilen" ist ein Begriff hier der das ganz gut beschreibt. Man schiebt und zieht kontinuierlich in Zielrichtung bis der Pfeil weg ist. Es gibt kein Ankern, kein Anhalten, weil das ein Zurücknehmen der Kraft bedeuten würden. Man schiebt den Bogen nach vorne (und zieht dagegen) bis der Schuss "platzt".
(Das ist der Aspekt der das Treffen schwierig macht - aus der Bewegung heraus zu schiessen, da muss absolutes Gleichgewicht herrschen...)
Der Körper tritt dabei, zumindest gedacht, in die Schussbahn vor. Anfänger machen das konkret um dieses Ausdehnen zu üben.
Wenn wir uns den Bogen vor dem Körper im vollen Auszug vorstellen, Schultern im Kyudo parallel zum Pfeil, dann ist der Arm leicht schräg dazu. Im Abschuss tritt der Körper nach vorne, dadurch verschiebt sich die Bogenhand nach vorne. Wenn die Schulter der Angelpunkt für Bewegungen des Armes ist, dann beschreibt die Hand ja einen Kreis wenn man den ausgestreckten Arm bewegt. Die Hand ist am weitesten vorne wenn der Arm in einer Linie mit den Schultern steht...

Man versucht also mehr Beschleunigungsweg zu erreichen und komplett in Schussrichtung zu arbeiten - das ist aber wie gesagt allen Schulen gemein - und ist den engl Langbogenschützen z.B. auch nicht fremd...

Wo es esoteisch wird ist dann eben in der Drehung...
alle Schulen machen sie, aber keine so aktiv und kontinuierlich wie die Insai Ha.
Alle drehen im Auszug, die Schützen der Insai-Ha drehen bis der Pfeil die Sehne verlässt.
Aus dieser Drehung soll auch mehr Pfeilenergie resultieren.

Wenn man in Kyudo-Kreisen fragt bekommt man gesagt "das ist halt so..." und dass jeder der Inagaki Sensei (den verstorbenen letzten Meister der Heki Ryu Insai Ha) schiessen gesehen hat dies auch sehen konnte.
Erklären, oder gar beweisen, bzw vorführen, konnte es mir bisher niemand.

Ich wäre sehr interessiert zu wissen wie eine Drehspannung auf den Bogen zu mehr Energie führt.
Die gespeicherte Energie ist ja fix - der Auszug ist der gleiche.
Durch das kontinuierliche Drehen wird also entweder die Energieübertragung verbessert oder es wird Energie in Form der Drehung zugeführt.
Problem für mich waren da auch immer die Kraftrichtungen... eine Drehspannung wirkt ja eher quer zum Pfeil...
ich habe es nie vestanden - das hält mich zwar nicht vom Üben ab, aber ich hätte schon gern gewusst wie es sich physikalisch erklärt.

Wenn da einer von Euch helfen kann wäre super :)

Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von doubleD » 20.10.2012, 09:06

Hmmm das ist bei mir unendlich lange her....

Also in meiner Jugend ... ;D

Wenn ich es damals in den späten 70ern und Japan war total hipp in der Zeit recht verstanden hab, kann man das drehen des Bogens/der Bogenhand wie das Fenster in modernen Bögen betrachten. Es ermöglicht steifere Pfeile/leichtere Spitzen und es geht weniger Energie verloren weil das durchbiegen der Pfeile weit geringer ausfällt. Es ist natürlich sehr individuell wie perfekt es gelingt.

..... Nunja so hab ich es wenigstens verstanden

Jochen
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Crossbow makers to the nobility, and manufacturers of a full catalog of personal arms and military weapons systems.
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Re: Kyudo Pfeil Geschwindigkeitssteigerung ?

Beitrag von shokunin » 20.10.2012, 10:35

Hi Jochen,

ich denke da stimmt schon einiges.

Das mit dem Schussfenster auf jeden Fall... durch die Drehung stellt es den Pfeil im Lösen etwas rechts raus und er kann trotz Biegung frei fliegen. Daher auch der Mangel an Interesse am Spinewert im Kyudo - man kompensiert mit Technik, und kann, wie Du sagst, leichte steife Pfeile schiessen. Es ist allerdings auch so, dass die Drehung, und der damit verbundene Querimpuls auf den Pfeil, zu einer grösseren Stauchung führt...
Aber klar, leichte steife Pfeile sind immer schneller - weniger Masse und weniger Schwingungen im Pfeil...
Das stimmt schon, wäre dann aber auch nur eine Materialschlacht - man schiesst die leichtesten Pfeile die der Bogen aushält... :-\

Der Punkt ist aber, dass es ja bei gleichem Gerät mehr Leistung geben soll...

Klar, was Du sagst stimmt - und in gewisser Hinsicht erklärt es evtl auch die Behauptung, denn nur mit guter Technik kann man auf trad. Bambusyumis sehr leicht Pfeile schiessen ohne dass sie sich zersetzen, hab' ich mir sagen lassen. Bei guter Technik halten auch die Sehnen länger heisst es. Die Energieausnutzung ist offenbar besser. Die Bogen-Eigenvibration ist auch geringer was beim Yumi evtl nicht ganz unwichtig ist, der Yumi tendiert schon etwas zum Schlackern...
Man kann also schon vielleicht sagen eine Technik bei der der Schuss in einer Bogendrehung quasi "ausläuft" hat evlt Vorteile was das Schiessen von leichten Pfeilen angeht. Es verbleibt viel Energie im Bogen wenn der Pfeil leicht ist und irgentwo muss die ja hin... evtl ist die Technik weniger eine "Energiezufuhr" als eine Ableitung der Restenergie... :-\

Wie gesagt, mir sind keine Messungen oder Studien bekannt wo das genau erklärt wird.
Man befasst sich seit Jahrzehnten mit der Frage der Kraftsteigerung - nicht nur an der Uni in Tsukuba oder in Sendai sondern auch hier.
Man hätte meinen können es gäbe dazu Messungen und physikalische Analysen der Technik.

Wie gesagt, alle Schulen haben zumindest eine Drehspannung im Moment des Ablasses gemein. die Korrigiert die Flugbahn und kompensiert für Spine-Diskepanzen.
Die Heki Schule dreht kontinuierlich den ganzen Schuss hindurch weiter.
Man ... das heisst die Physiker hier... :-[ ... müsste halt analysieren welche Kräfte da auf das Bogen Pfeil System wirken und was dann konkret die Auswirkungen sind... und eben ob sich eine Energiesteigerung physikalisch nachweisen lässt.
Wir schiessen ja immer noch in der selben Welt wie alle andern Bogenschützen, wenn es eine Kraftsteigerung gibt dann ist sie messbar, kalkulierbar, physikalisch begründbar...

Gruss,
Mark
"I don't believe it!!" (Victor Meldrew)

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