Drehwuchs-Problematik

Hölzer, Kleber, etc.
Indie12
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Re: Drehwuchs-Problematik

Beitrag von Indie12 » 30.04.2020, 12:35

Ich bin da bei Rabe.

Ein systematisches Drehen aufgrund von äußeren Einflüssen hab ich auch noch nie feststellen können.

Meine Mutter ist Försterin, und in der Forstwirtschaft wird davon abgeraten, in Beständen mit hohem Drehwuchsanteil Saatgut zu gewinnen, weil die daraus gezogenen Bäume sehr wahrscheinlich auch Drehwuchs haben werden... es wird also davon ausgegangen, dass es (überwiegend) genetisch bestimmt ist.

Bei der Abschätzung des Drehwuchses anhand der Rinde oder Aststände tue ich mich zugegebenermaßen bei einigen Arten recht schwer. Mal sieht´s ein Blinder, z.B. oft bei Pflaume, mal sieht man´s nie (Kirsche, Birke), mal läuft die längsrissige Rinde schön gerade und beim Spalten gibt´s böse Überraschungen (Holler). Und mal denkt man im Wald: "sieht gut aus", auch nach eingehender Betrachtung, dann spaltet man nen Propeller auf, und auf einmal sieht man die Zeichen ^^... Psychologie?!

Wie ists denn bei den Rindenbeobachtern (nur mal aus Intersse):

Liegt ihr meist richtig? Liegt ihr immer richtig? Ist´s 50/50?
Verarbeitet ihr immer dieselben Arten, sodass ihr einfach mega Erfahrung habt? oder gelingt euch das quer durch den Wald?

Gruß

Martin

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Re: Drehwuchs-Problematik

Beitrag von Spanmacher » 30.04.2020, 13:01

Ich bin mir nicht mehr sicher. Aber ich glaube, dass es Heidjer war, der das mal, meiner Meinung nach, recht schlüssig erklärt hat.

Wenn wir uns mal einen Baum vorstellen, dann kann es sein, dass auf der uns gegenüberliegenden Seite des Baumes Süden, also die Sonne ist. Also wird er in diese Richtung so viel Äste wie möglich ausbilden wegen der Photosythese.
Auf der uns zugewandten Seite befindet sich eine Wasserader. Also wird er in diese Richtung vermehrt Wurzeln ausbilden, um besser an Nährstoffe zu kommen.
Rechts ist die vorherrschende Windrichtung, weswegen der Baum darauf mit mehr Splintbildung reagiert.
Und nach links fällt das Terrain deutlich ab, sodass der Baum sich nach dort mit stärkeren Wurzeln abstützt.

Wir Bogenbauer ernten das Holz gewöhnlich, wenn es sich noch voll im Flegelalter befindet, also noch nicht wirklich die richtige Orientierung und Peilung hat.
Wenn wir nun den so gewonnenen Stammabschnitt aufspalten, dann werden die durch die o.a. Faktoren bedingten Spannungen im Holz frei und der Spaltling verzieht sich. Je feiner aufgespalten wurde, umso deutlicher der Verzug.
Ich spalte seit geraumer Zeit deswegen nur noch in Hälften. Feineres Spalten in Viertel mache ich erst, wenn das Holz eine Zeiltang getrocknet ist. Je nach Durchmesser lasse ich aber auch das bleiben und mache dann lieber einen guten Bogen aus einer Stammhälfte.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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Re: Drehwuchs-Problematik

Beitrag von Indie12 » 30.04.2020, 13:42

Der Effekt von Reaktionsholz ist unbestritten, nämlich dass sich durch die von dir geschilderten Vorgänge Spannungen aufbauen, die sich nach Spalten in Verwerfungen abbauen. Aber der Effekt tritt dann ja erst nach dem Spalten auf, zugegeben, teilweise nach sehr kurzer Zeit.

Aber richtiger Drehwuchs, also dass der Spaltriss schon anfängt um den Stamm zu schrauben, entsteht nicht erst durch Entspannung, der steckt schon drin... vermutlich genetisch bedingt halt.

Dazu dieser Lesetipp:
https://www.waldwissen.net/waldwirtscha ... s/index_DE

Und zum von Neumi angesprochenen Thema, das verdreht stabiler ist:
https://tu-dresden.de/ressourcen/dateie ... .05_13.pdf

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Re: Drehwuchs-Problematik

Beitrag von Spanmacher » 30.04.2020, 14:06

Indie12 hat geschrieben:
30.04.2020, 13:42

Aber richtiger Drehwuchs, also dass der Spaltriss schon anfängt um den Stamm zu schrauben, entsteht nicht erst durch Entspannung, der steckt schon drin...
Ja. Das stimmt wohl.
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.

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