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Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 25.03.2007, 11:46
von Solveig
Man findet nur wenige Informationen zum Pfeilbau im Mittelalter. Da ich zurzeit einen Pfeil aus dem Mittelalter nachbauen möchte und zwar einen Englischen Langbogen stellt sich mir die Frage, welche Werkzeuge und Materialien (welcher Leim? gab es schon Halbrundpfeilen? Hobel?...etc) im Mittelalter zum Pfeilbau verwendet wurden und welche Art von Pfeil gebaut wurde.
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 25.03.2007, 12:25
von Recke Chaust
Ich bin zwar kein Experte, aber einige Dinge weiß ich trotzdem:
Wichtige Hölzer waren wohl Esche und Birke, die sind zwar recht schwer, haben aber dadurch eine höhere Durchschlagskraft. Schließlich waren Bögen ja nicht für Turniere da, sondrn für Krieg und Jagd. Auch sonst wurde mit Masse nicht gegeizt, der Schaftdurchmesser konnte schonmal 1,5 cm oder mehr betragen und die Rekonstruktionen der historischen Spitzen sprechen ja für sich. Englische Pfeile hatten zumeist einen dreieckigen Federschnitt, deutsche Pfeilfedern ähnelten wohl eher einer Parabel, auch Parallelogramme hat es wohl gegeben. Einige historische Spitzen und Federformen findest du in diesem Shop:
www.pfeilmacherey.de
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 25.03.2007, 16:23
von Jolinar
Ist immer die große Frage woher der Pfeil stammen soll. Ein Englischer Kriegspfeil z.B. bestand aus Eschenholz mit Leinöl. Als Klebstoff wurde Knochenleim genommen, geschmischt mit noch zwei Zutaten die ich aus dem Kopf jetzt nicht genau weiß (die verursachten aba die grüne Farbe im Bereich der Wicklung). Spitzen waren normale Bodkins, Federn in der Old-English Form. Als Federn wurden Schwäne, Pfauen, Gänse oder Truthähne verwendet.
Eine richtige Nocke gab's nicht, sondern nur eine kleine Kerbe am Ende des Schafts.
Für die Wicklung nahm man gewachste Leinen.
Du kannst dir so ein gutes Stück bei nem Händler im I-Net bestellen, kostet glaub ich so um die 35 €. Die URL hab ich leider verlegt...
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 28.03.2007, 23:10
von Sanvean
@Jolinar: Truthahn????? Wer hat denn da in Geschichte gepennt

Schwan und alle Gänsearten ja, aber beileibe kein Truthahn! Der wurde doch erst 1492 entdeckt!
Schäfte: einmal quer durch die Botanik bitte! Aber Esche war am gebräuchlichsten.
Spitzen: Bodkins sind toll, ohne Zweifel, aber googelt euch doch mal den Katalog des British Museum oder des Mary Rose Trust. Da gibts seeehr viel mehr an Formen
Kleber: Alle Naturleime kommen in Frage, Hautleim, Knochenleim, Fischleim, Harz mit Holzkohle. Die geheimnisvolle Zutat ist übrigens Grünspan (Kuperoxid)
Gruß
Martin
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 28.03.2007, 23:23
von captainplanet
Sanvean hat geschrieben:
... Alle Naturleime kommen in Frage, Hautleim, Knochenleim, Fischleim, Harz mit Holzkohle. Die geheimnisvolle Zutat ist übrigens Grünspan (Kuperoxid)
Gruß
Martin
Harz mit Holzkohle? *dummschau* Nie gehört. Wozu die Holzkohle? Kann es sein daß Du Birkenpech meinst? Das fehlt nämlich in der Auflistung.
@ geheimnisvolle Zutat: Ich bilde mir ein ich hätt mal was von Kupfervitriol gelesen. Soll gegen Milben helfen. Das Zeug ist jedoch blau und nicht grün.
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 28.03.2007, 23:54
von Squid (✝)
Nimmstu frisches Baumharz, machstu warm bis es eindickt, hastu Klebstoff.
Und wenn du etwas gemahlene Holzkohle hinzugibst, erhöht das die Festigkeit.
Birkenpech klebt besser und ist was anderes.
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 00:31
von Lord Bane
Auf der alten Seite meine ich auch gelesen zu haben, dass die Engländer Knochenleim und die Wikinger Birkenpech nahmen.
Einen Hobel gab es bereits zu Zeiten des Merowingerreiches, also ist es anzunehmen, dass die Engländer den auch kannten. Auch stand in der alten Seite, dass wohl die Frauen der Fletchers die Befiederung übernahmen, da die Wicklungen sehr sehr fein waren.
Esche ist mir auch so, als ob das am gebräuchlichsten gewesen wäre. Wurde Birke nicht eher bei den Reiternomaden Asiens verwendet? Und wenn du dir die Zugstärken der Kriegsbogen mit jenseits der 100# überlegst mit Sehnen aus Pflanzenfasern (also 5mm oder dicker?) vorstellst, dann hätte doch jede Nocke den Pfeil zu brechlich gemacht, oder? Auch sind somit die Schaftdicken logisch.
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 00:55
von Lord Bane
Ich durchstöberte gerade nochmal das www und stieß dabei auf diese Seite : [url][http://www.pilemaker.de/inhalt/handwerk/pilemaker.html/url]
Da ist das auch mit dem Kupferzeugs drin erwähnt.
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 15:17
von Sanvean
@geheimnisvolle Zutat: Ich denk, es kommt auf das Kupfer als solches drauf an als auf die Verbindung.
Birkenpech kenn ich nur von den Wikis an abwärts in der Geschichte, z.B. bis zurück zum Neolithikum. Mir ist da kein Befund aus so später Zeit bekannt. Wurde zwar weiterhin als Klebstoff verwendet, aber wie gesagt, ich kenn keinen Schaft mit Spuren davon.
Gruß
Martin
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 15:54
von Jolinar
Sanvean hat geschrieben:
@Jolinar: Truthahn????? Wer hat denn da in Geschichte gepennt

Schwan und alle Gänsearten ja, aber beileibe kein Truthahn! Der wurde doch erst 1492 entdeckt!
Schäfte: einmal quer durch die Botanik bitte! Aber Esche war am gebräuchlichsten.
Spitzen: Bodkins sind toll, ohne Zweifel, aber googelt euch doch mal den Katalog des British Museum oder des Mary Rose Trust. Da gibts seeehr viel mehr an Formen
Kleber: Alle Naturleime kommen in Frage, Hautleim, Knochenleim, Fischleim, Harz mit Holzkohle. Die geheimnisvolle Zutat ist übrigens Grünspan (Kuperoxid)
Gruß
Martin
Grr, das Geschichte das wir machen ist in dem Fall nutzlos

Wann "ging" die Mary Rose überhaupt unter? Ich hab mich bisher nur mit den Funden beschäftigt, nicht mit dem allgemeinen Hintergrund.
Kupferoxid/Kupfervitriol macht durch die Verbindung mit den verschiedenen Leimen die grüne Farbe am Schaft aus

Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 20:58
von Sanvean
http://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Rose
Guckst Du, alles mal kurz auf einem Haufen. Weitere Sacehn im Netz kenn ich grad auch nicht auswendig, mußt leider selbst suchen.
Und soooooo nutzlos ist Geschichte überhaupt nicht (sprach der ehemalige Geschichtsstudent)

Der gute Puter war zwar schon ca 50 Jahre bekannt, als die Mary Rose sank, aber ich glaub kaum, dass man schon auf die tolle Idee kam, ihn zu Federn für Pfeile zu verarbeiten

Übrigens: Das erste, was sie mir im Archäologie-Studium beigebracht haben war, daß der tollste Fund ohne seinen Hintergrund wertlos ist.
Gruß
Martin
EDIT:
www.maryrose.org
da findest du wirklich viel!
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 21:36
von Jolinar
Ja, danke

Ich weiß dass Geschichte nicht nutzlos ist, mir gefällt Geschichte auch. Nur WIE wir Geschichte lernen bei uns, das liegt nicht wirklich in meinem Interesse, aber was solls...
Wer weiß? Die Leute im Mittelalter waren gar nicht so blöd. Vll. haben sie genau wie wir heutzutage sofort Sachen getestet und rumprobiert. Außer die Kirche hat gesagt, dass wenn sie Truthähne "benutzen", sie ins ewige Fegefeuer verbannt werden, schwer zu sagen...
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 29.03.2007, 22:19
von locksley
Bei den Truten kommts halt darauf an ob man die Pfeile der "Mary Rose" rekonstruieren will, oder die Kriegspfeile des hundertjährigen Krieges, bzw. der Rosenkriege. Damals war Amerika noch nicht wiederentdeckt.
Ansonsten sah der normierte Kriegspfeil lt. Roger Asham wie folgt aus.
Holz kann fast alles gewesen sein, Es wurde sowohl Esche als auch Birke oder Kiefer verwendet, oft auch andere Hölzer. Der Pfeil hatte eine Einheitslänge von 32" und war gebarellt. Angeblich hatten die Pfeile einen Durchmesse von 1/2 Zoll. Die Federn waren zwischen 6,5 und 7 Zoll lang und wurden mit Haut oder Fischleim geklebt. Die Nocke wurde durch ein Horninlay von einem Zoll Länge verstärkt. Die steigung der Federwicklung betrug drei Wicklungen pro Zoll. Das Kupfervitrol sollte verhindern das Mikroben den natürlichen Kleber zu stark zersetzen. Um die Pfeile bis zum Einsatz lagern zu können wurden sie zusätzlich durch die Federn gewickelt.
Pfeile für den militärischen Einsatz, waren im England des Hoch- und Spätmittelalters, in großem Stil gefertigte Massenware, deswegen die Normierung.
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 30.03.2007, 00:08
von Immi
@locksley:
hast Du mehr Informationen z.B. Bilder von den Pfeilen oder Linksunter denen man etwas wie eine genaue Bauanleitung finden kann.
Weis jemand wann Bronze- Nocken und Spitzen zum Einsatz kamen und wie die Pfeile aussahen?
danke und Grüße Immi
Re: Pfeilbau im Mittelalter
Verfasst: 30.03.2007, 10:15
von Lord Bane
In der Bronzezeit? Die Skythen hatten schöne dreiflüglige Bronzespitzen gehabt. Aber meines Erachtens wurde Bronze (ob nun roh oder aber mit Gold- oder Silberblech bezogen) im Mittelalter nur noch zu Schmuck verarbeitet.