RoLi hat geschrieben:Toxophil hat geschrieben:Durchrutschen des Bogens betrachte ich als schlechten Stil, egal welche Schule. Das kann niemals mit dem Ideal "Schönheit" der Shomen-Fraktion übereinstimmen. Wem der Bogen durchrutscht, der hält ihn schlicht falsch.
Toxophil,
das ist weder schlechter Stil noch falsches Halten. Das ist die Schwerkraft. Was Prof. Inagaki zu Yugaeri gesagt hat, kannst Du unter Schießtechnik / Kyudo Filme lesen.
Wenn, wie er sagt, nach dem Abschuss die Hand entspannt wird, rutscht der Bogen durch. Nicht so weit, wie beim Öffnen der Hand, aber er rutscht. Dafür sorgt die Schwerkraft.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich "exkomuniziert" (heißt das so?) werde. Das kann man auch in Filmen und auf Bildern unserer alten Meister sehen. Man muss nur die Brille wechseln und die weg legen, durch die man nur sieht was man sehen möchte oder was von anderen gesagt wird, was man sehen soll / darf.
Ich rede nicht dem bewussten Öffnen der linken Hand und dem damit produzierten Yugaeri / Durchrutschen das Wort. Das ist falsch. Aber dass der Bogen nicht durchrutscht ist auch falsch, es ist aber ein Unterschied in der Qualität des Schießens.
Grüße von Rolf, der mit sich gekämpft hat, das zu schreiben.
@RoLi
Das Privileg der Exkommunizierung ist allein den Ketzern vorbehalten, da sehe ich für Dich überhaupt keine Gefahr.
Nun ja, wenn jemanden der Bogen im Abschuss aus der Hand fällt, ist auch die Schwerkraft im Spiel.
Es gibt die entschlossene Hanare- Variante, bei der der Bogengriff während der den Schuss auslösenden Drehbewegung zunehmend bis zum Zanshin geschlossen wird. Wenn zusätzlich gewisse Kriterien erfüllt sind (insbesondere die Auslösung von links, die man selten sehen kann), dann stellt sich ein Yugaeri ein, ohne dass die Schwerkraft eine Chance hat den Bogen auch nur einen Millimeter nach unten rutschen zu lassen – das gehört zu meinem Erfahrungsbereich.
Eine ökonomischere Variante, bei der der Griff nur in der kurzen Zeitspanne intensiviert wird, wo der Pfeil an der Sehne ist (ca. 2-3/100 sec) und dann eine Entspannung erfolgt, würde ich bestenfalls den alten Meistern und den Leuten zugestehen, die das nach jahrzehntelanger täglicher Übung erreicht haben könnten – das liegt weit außerhalb meines Erfahrungshorizontes.
Der Weg dahin wird aber immer über die erstgenannte Variante gehen, weshalb das Durchrutschen des Bogens in der Hand bei Anfängern und normal Übenden auf einen nachbesserungsbedürftigen Griff und Krafteinsatz hinweist – der Tatsache weicht man mit den genannten (bequemen) Rechtfertigungen nur aus.
Dazu fällt mir Onuma ein, der mal auf die Frage, ob Kyudo bessere Menschen aus uns macht, wie folgt geantwortet hat:
*) Hierzu passt die bekannte Heki-Aussage (Onuma war Shomen-Schütze), dass der Schütze im Abschuss nackt wie ein Kind wird."Kyudo ist auch ein Sinnbild für das Leben. Im Schiessen erfahren wir eine Spiegelung unserer gegenwärtigen Persönlichkeit - wie du im Leben bist, so bist du auch im Schiessen.
Jemand der schlampig ist, wird ein Problem damit haben Anweisungen sorgfältig zu befolgen;
Jemand der aggressiv ist, wird mit anderen konkurrieren;
Eitle werden ihre Eitelkeiten pflegen und Fehler nicht zugeben;
Unentschlossene werden Entschuldigungen finden und den Schwierigkeiten ausweichen;
Geltungsbedürftige werden Anerkennung suchen;
Besserwisser werden unbelehrbar sein;
Anpassungsbedürftige werden den eigenen Weg verfehlen und der bequemen Meinung folgen;
Prahler werden prahlen und sich mit Erfolgen schmücken;
Rechthaber werden an ihren Fehlern festhalten und sie rechtfertigen;
Machthungrige werden ihre Meinung durchsetzen und sich in den Vordergrund rücken;
..................
Kyudo kann das von sich aus nicht ändern, aber es kann uns unsere Charakterschwächen offenbaren*. Dann hat das aus unserem Gewissen initiiertem Verantwortungsgefühl eine Chance die Probleme zu erkennen und die nötigen Änderungen vorzunehmen.
Dann wird er Schwätzer zum Schweiger - der Angeber bescheiden - der Mutlose sich aufrichten - der Zweifler zum wissenden Helfer -.........
und der Meister (das Gewissen) hat sein Werk getan.“
Grüße
Yabusame