Knick mit Sehne beseitigen

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Sontrix
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von Sontrix »

@don_quichotte
don_quichotte hat geschrieben:wenn das Holz schon etwas nachgegeben hat, sprich Stauchbrüche
Nee so heftig ist das nicht. Holler hält schon was aus, das ist für mich Osage, das in Deutschland wächst :D
Ich mach mal ein Bild vom abgespannten Zustand, da sieht man schön, dass das Holz für diesen Knick wenig Set entwickelt hat.
bauch direkt am knick
bauch direkt am knick
Sehnenbacking, das ich gestern aufgetragen habe
Sehnenbacking, das ich gestern aufgetragen habe
garnicht mal sooooo viel Set
garnicht mal sooooo viel Set
Ich bin mir relativ sicher, dass ich das mit Sehne korrigieren kann. Ich wollte eigentlich nur wissen wieviel ich dafür brauche,sprich 1mm oder 2mm.

don_quichotte hat geschrieben:Was ist das eigentlich für Holz? Bei der engen Biegung macht das eigentlich kein Holz mit, würde ich wagen zu behaupten. Wenn du den Bogen noch mit Sehne belegst, wird die Druckspannung im Bauch noch grösser und spätestens dann hast du vermutlich Stauchbrüche
Das geht: Der Holler ist recht breit und ziemlich druckfest. Die Indianer hatten ja auch solche Bögen. Zugegeben, die biegten sich auch im Griff, aber dafür zogen die ihre Bögen auch weiter aus. In einer Woche ist der Belag am Knick trocken, da sehen wir ob der Knick weg ist. In einem Monat ist das Sehnenbacking fertig, das ich auftrage um den Bogen reflex zu bekommen.
Und dann stell ich ihn unter "Präsentationen"
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don_quichotte
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von don_quichotte »

Hast recht, Holler ist eins der wenigen Hölzer, das eine solche Biegung mitmachen kann. Auf dem Foto com bauch erkenne ich leider gar nichts, zu unscharf und zu viele jpg-Artefakte.
Sontrix hat geschrieben:Der Holler ist recht breit und ziemlich druckfest
Das stimmt so nicht! Holler ist normalerweise nur mittel druckfest. Was ihn aber von vielen Hölzern unterscheidet ist seine Drucktoleranz ! ;)
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Snake-Jo
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von Snake-Jo »

@Squid und Don-Quichote: Die theoretischen Überlegungen teile ich, in der Praxis muss man noch ein paar weiteren Aspekten mehr Gewicht geben:
Sehne ist, wenn sie ausreichend lange getrocknet wurde, regelrecht hornhart. Sie ist wenig dehnbar, aber zugstabil, ähnlich wie Stahlbeton im Vergleich zu reinem Zementmörtel. Und es kommt auf die Schichtdicke sowohl von Sehne als auch von Holz an und deren Relation zueinander. (natürlich auch auf die Belastbarkeit von Holz am Bauch, was ja schon erörtert wurde).

@Sontrix: Das von dir ausgewählte Verfahren ist machbar auf breitem Hollunder, der auch nicht zu dick sein sollte.
Bei dem vorliegenden Bogen würde ich das Verfahren trotzdem nicht anwenden, weil ein Sehnenbelag sehr viel Arbeit macht, lange Trockenzeiten benötigt und zudem auf dicken Hölzern wenig Effekt zeigt.
Trotzdem in Beantwortung deiner Frage: Du benötigst eine Sehnenschicht von insgesamt mindestens 2 mm Schichtstärke, über der Knickstelle über 3 mm.
ralph_hh
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von ralph_hh »

Wenn die Sehne dehnbarer ist als Holz (weiss ich nicht), dann wirkt die doch nur deshalb, weil sie beim trocknen schrumpft und damit quasi vorgespannt wird.

Wenn der ganze Bogen belegt wird und der Rücken damit mehr Zug verträgt, bekommt der Bogen mehr Zuggewicht. Bei gleichem Auszug wird der Wurfarmquerschnitt also höheren Spannungen ausgesetzt und natürlich auch der Bauch stärker belastet.

Aber wie sieht das bei einer lokalen Reparatur aus, lokal mit Sehne verstärkt? Der WA Querschnitt ändert sich nicht nennenswert. Gleicher Auszug, gleiches Zuggewicht, also gleiche Spannungen bei gleichem Querschnitt. Aber der Rücken wird da lokal vorgespannt.

Gibt zwei Möglichkeiten:
1) Die Verformung wird lokal kleiner, die neutrale Faser bleibt wo sie ist und der Bauch wird lokal entlastet
2) Die neutrale Faser wandert Richtung Sehne weil die weniger Biegung zulässt und das Biegemoment wird durch entsprechend höhere Druckspannungen am Bauch aufgefangen.
Und, welche ist es?
Wär mal spannend, das in einem FEM Modell darzustellen...
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von don_quichotte »

Jup, ich denke auch, dass lokale Korrekturen möglich sind. Aber ein überlasteter Bauch lässt sich nun einfach nicht mit Sehne reparieren. Wenn die zu korrigierende Stelle schon etwas mehr Set angenommen hat als der Rest des Bogens, oder im schlimmsten Fall schon Stauchungen aufweist, machts die Sehne nur schlimmer. Meine Meinung.
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Snake-Jo
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von Snake-Jo »

@Ralph: Gute Überlegung.
Wenn ich eine Schwachstelle (z.B. eine Wurfarmstelle ist vertillert und hat zuwenig Dicke), mit Sehne belege, erhalte ich im Endeffekt die normale gewünschte Dicke an dieser Stelle (plus/minus), nur eben mit Holzstärke plus Sehnenstärke. Genauso kann man aber auch Holz nehmen, wenn man nur die fehlende Schichtstärke ausgleichen will. Sehne hat jedoch den Vorteil, sich beim Trocknen zusammenzuziehen. Nur leider klappt das nicht, wenn das Holz von vornherein zu dick ist. Die Relation muss stimmen, also optimal ist 5:3 (Holz zu Sehne). Dabei wird natürlich die fiktive neutrale Faser zur Sehne hin verlagert.

@Don Quichotte: Jein. Der lokale Sehnenbelag läßt das Holz an dieser Stelle nicht mehr so stark durchbiegen: Diese Stelle wird entlastet. Zudem ist bekannt, dass ein Sehnenbelag zwar ein schwaches Belly knittern lassen kann, aber trotzdem den Bogen zsuammenhält. Tim Baker hat das in der TBB3 unter "Preventing and solving problems" beschrieben.
Beispiel: Ein zugstabiles Holz mit schwachem Bauch wird durchgebogen: Es passiert ...Nichts! ..weil wir noch im Toleranzbereich sind und weiter biegen müssen. Wir biegen weiter: Das Holz knittert am druckschwachen Bauch, die Fasern werden zusammengeschoben, aber halten noch und .. der zugstabile Rücken reißt! Warum? Weil das plötzliche Zusammenschieben der Fasern am Bauch keinen Widerstand mehr bietet und somit der zugstabile Rücken auch über seine Grenzen belastet wird. Danach knallt dann auch der Bauch auseinander.
Nun haben wir Sehne drauf: Diese hält ein Vielfaches der Zugbelastung aus. Der Bauch knittert zwar, aber die Sehne hält! :o
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von Sontrix »

@ don_quichotte

Wenn ich den Knick mit Sehne belege, zieht sich Sehne zusammen und DIESE Stelle wird steifer, heißt also, sie biegt sich weniger. Und weniger Biegung bedeutet weniger Belastung. (das Holz hinter dem Knick wird natürlich mehr gebogen)

Das es den Bauch mehr belastet, wenn ich den Bogen gleichmäßig belege, habe ich nie bezweifelt

Edit: schaut euch den Beitrag von Snake-Jo ober mir an: DAS meine ich die ganze Zeit, und besser erklären geht nicht!
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von don_quichotte »

Sontrix hat geschrieben:Wenn ich den Knick mit Sehne belege, zieht sich Sehne zusammen und DIESE Stelle wird steifer, heißt also, sie biegt sich weniger. Und weniger Biegung bedeutet weniger Belastung.
Das habe ich auch nie bezweifelt. Aber ein Bogen mit Stauchbrüchen ist beschädigt und lässt sich nicht mit Sehne reparieren. Das wollte ich eigentlich sagen. Und wenn du kurz vor einem Stauchbruch bist und Sehne draufpappst, wird das vieleicht in manchen fällen funktionieren, in anderen aber zum Stauchbruch führen. Dieser Meinung bin ich nach wie vor. Deine Antwort auf Squids ersten Post, dass Sehne den Bauch entlastet, weil sie dehnbarer ist als Holz, die stimmte einfach nicht, so allgemein, wie sie da stand. Das muss man einfach differenzierter betrachten.
Snake-Jo hat geschrieben: Das Holz knittert am druckschwachen Bauch, die Fasern werden zusammengeschoben, aber halten noch und .. der zugstabile Rücken reißt!
Das mit dem Bruchschutz ist klar ;) Das hab ich nicht gemeint. Ich bin immer von Stauchungen ausgegangen. Die lassen sich durch Sehne nicht "reparieren".
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Galighenna
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von Galighenna »

Ihr müsst euch auch mal auf die Begriffe einigen. Was bedeutet eigentlich Zugfest, was bedeutet Dehnbar, was bedeutet Zugstark?

Hier die Antwort, das erleichtert die Beschreibung des Problems!

Zugfestigkeit: Die Zugfestigkeit eines Materials beschreibt, wie viel Zugspannung (Zugkraft pro Querschnitts-Fläche) auf ein Material wirken kann, entweder bis es reißt, oder bis es sich plastisch verformt. Die Dehnung des Materials spielt dabei keine Rolle

Dehnbarkeit: Die Dehnbarkeit beschreibt um welchen Faktor ein Material bei Einwirkung einer Zugspannung länger werden kann bevor es reißt. Beispiel: Gummi ist sehr Dehnbar. Es wird beim ziehen seehr sehr viel länger bevor es reißt. FastFlight ist sehr sehr wenig Dehnbar. Die Länge verändert sich kaum, selbst wenn man die ZUgspannung bis zum zerreißen erhöht. Plötzlich ist das Material gerissen. Die Zugspannung spielt dabei keine Rolle

Zugstärke: Die Zugstärke ist quasi eine Kombination aus Zugfestigkeit und Dehnbarkeit. Ein Zugfestes Material braucht sehr viel Kraft um es um einen gewissen Faktor zu dehnen, ein Zugschwaches Material braucht wenig Kraft um es zu Dehnen. Dabei spielen sowohl das Maß der Dehnung, als auch die dabei aufgewendete Kraft eine Rolle. Dabei kann man das von beiden Seiten betrachten: Ich teste verschiedene Materialien, in dem ich die Kraft messe die zu einer bestimmten Dehnung führt, oder ich teste, wie weit sich ein Material dehnt wenn es mit einer festgelegten Zugspannung belastet wird.

So, was ist Sehne jetzt?

Ist sie Dehnbarer als Holz? -> Ja
Ist sie Zugfester? -> Weiß ich gerade nicht, hat da jemand Daten? Ich denke Ja (Erfahrung, Bauchgefühl!)
Ist sie Zugstärker? -> Hängt davon ab ob und wie sehr sie Zugfester als Holz ist. Ich denke, sie ist damit auch zugstärker.

Was bedeutet das? Sehne ist Dehnbarer als Holz, weil sie sich bei Belastung stärker verlängern kann als Holz, bevor sie reißt. Gleichzeitig benötigt man aber dafür auch mehr Kraft.
Das ist der entscheidende Punkt, der dabei leicht vergessen wird und weshalb die Annahme, Sehne würde den Bauch nicht belasten, weil sie Dehnbarer ist als Holz, falsch ist.
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

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Snake-Jo
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Re: Knick mit Sehne beseitigen

Beitrag von Snake-Jo »

@Gali: Das ist der richtige Ansatz: Wir müssen uns immer die Definitionen vor Augen führen, sonst wird das nichts! :)

Leider kenne ich keine Werte für einen Sehnenbelag bezüglich Dehnbarkeit, Zugfestigkeit etc. Es hängt meine Meinugn nach weniger vom Tier ab, von dem die Sehnen stammen, als von der Trockenzeit und der Art der Verklebung. Wir haben ja keine reine Sehne vorliegen, sondern ein Sehne/Leim-Gemisch ähnlich wie Stahlbeton.
Wir müßten wirklich mal die physikalischenWerte ermitteln lassen. ::)
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